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4 Fortsetzung. „Aut keinen Fall Ich brauche mein Geld notwendig genug zu unterem Lebensunterhalt" „Dafür werde ich ivrgen. Hast du noch Geld?" „Nur noch einige Schillinge." „Zeig' einmal her " > „Edgar ich bitte dich" „Sei doch kein Närrchen Wir sind doch stets gut mitein ander ausgekommen - also zeig mal, was du hast" Lachend holte er aus ihrer laiche eine Hand voll Silber geld hervor und wart es aus den Tilch. „Sieh' da — das sind ja fünfundvierzig Schilling!" ries er, „ein kleines Vermögen! — Na Schatz hier hast du tuns Schillinge zurück — das andere ist die Einlage in mein Ge schäft und du iollst sehen, morgen bringe ich es dir mit guten Zinsen zurück" Damit erhob er sich und strich ihr mit der Hand schmei chelnd über die braunen Haare „Bist eine gute Frau, Linchen," sagte er, und seine Stimme nahm einen weicheren Klang an. „Last nur gut jein — es wird auch wieder besser werden mit uns — mir müssen ja dach nun einmal zusammenhallen Und da, Fredy mein kleiner Kerl da schenke ich dir diesen blanken Schilling Kauf' dir Kuchen dafür " „Edgar, willst du nicht heute abend zu Hause bleiben?" bat Lina die innerlich erfreut war, dast sie ihr übriges Geld gerettet hatte. „Ich bereite dir ein gutes Abend essen " „Heute kann ich nicht, Linchen! Ich habe mich mit eini gen Freunden verabredet. Aber morgen bleib ich bei euch, und am Sonntag'fahren wir auss Land — in der Stadt ist es da doch langweilig. Also aus Wiedersehen Linchen! Lege dich nur ruhig nhlasen. ich komme ipät heim" Er strich seinem Sohn über die blonden Locken kloprtc seine Gattin liebkosend aus die Wange und ging pfeifend davon, den alten, schäbigen Zylinderhuf schief aus einem Ohr. Lina «eufzte tief aus Das ging nun Abend für Abend so. Den lag verschlief er die Nacht verbrachte er mit liederlichen Genossen am Spieltisch oder trieb sich lonäwie umher wenn er kein Geld zum Spielen hatte Was war aus dem flotten, eleganten Manne geworden, der sich einst in Linas Herz gestohlen und es derartig betört hatte, dast sie ihm alles geopfert. Vaterhaus und Heimat um seinet willen verlassen! In der ersten Zeit — drüben in Amerika — war es ihnen ja noch leidlich ergangen, solange das Geld anhielt, welches Edgar sich in verbrecherischer Weise angeelgnet hatte Aber die an sich nicht unbeträchtliche Summe war unter leinen verlchwenderiichen Händen rasch zmammenge- jchmolzen und eines Tages standen sie da dem Nichts ge genüber — gerade damals, als Ser kleine Fredy das Licht der Welt erblickte. 1 (Nachdruck verboten.) Edgar hatte sich aufzuraffet, versucht. Er wollte arbei- ten — aber was hatte er gelernt? Er wurde Kellner in einem eleganten Cafe Dort kam er mit Epielerkreisen in Verbindung und das war lein Verderben. Immer tiefer sank er. Er lebte schließlich nur noch vom Spiel, und als ihm der Boden in Neuyork zu Heist wurde, benutzte er einen grösteren Gewinn den ihm der Zufall in den Schoß warf, um nach London zu übersiedeln Hier begann das alte Leden wieder Gewinn und Verlust wechselten ab — oft waren Lina und ihr Kind dem Hunger preisgegeben. Sie sah sich nach Verdienst um, sie fand hier und da auch kleine Arbeit — doch jchliestlich brach sie unter all der Not und Lem Jammer zusammen, und in ihrer Verzweiflung schrieb sie an ihren Vater, ihn flehentlich bittend, ihr und ihrem Kinde zu helfen. Dast die Hilfe so rasch und ausgiebig eintreffen würde, hatte sie nicht gehofft Um so inniger war ihre Freude, und mit neuer Hoffnung sah sie in die Zukunft. V. Lina gewann neue Kraft und Festigkeit, seit sie ihr« und ihres Kindes Zukunft gesichert wußte. Sie verbarg ihrem Gatten sorgfältig, woher die Mittel zu ihrem bes seren Leben kamen und Edgar Rau, wie er sich jetzt nannte, war allzu leichtsinnig und bequem, als dast er sich eingehend danach erkundigt hatte. Ihm genügte die Angabe seiner Frau, dast sie lohnende Arbeit gesunden habe, und da er sie jetzt oster an Stickerei und Wäsche arbeiten sah. war er auch von der Wahrheit ihrer Angabe vollkommen über zeugt. Dast das Geld von ihrem Vater kommen könne, daran dachte er nicht, wustte er doch, wie zäh der alte Böhmer an seinem Gelbe hing, und daß er seiner Tochter ihre Flucht mit ihm niemals verziehen hatte. Lina überlegte, ob sie dem Rat ihres Vaters folgen und sich von Edgar trennen sollte Eie vermochte es nicht. Ein Rest der alten Liebe lebte immer noch in ihrem Herzen, und neue Hoffnung blühte in ihr auf, ihn am Ende doch noch einem besseren Leben zuführen zu können. Er hatte sie doch auch nicht verlaßen in Not und Sorge, er hatte icin Wort gehalten und sie zu seiner ehelichen Gattin gemacht, und er war der Vater ihres Kindes, das er auch in seiner Weise lieb hatte. Nur auf einen Punkt bestand sie mit aller Entschiedenheit: sie wollte hinaus aus der dumpfen Gasse des verrufenen Ostens der Rieien-, ftadt London hinaus aus dem schmutzigen Haus und den ärmlichen Zimmern, in denen man kaum atmen konnte. Als ihr Mann einmal auch am Tage nicht nach Hause kam, fuhr sie mit dem kleinen Fredy nach dem Vorort Finley hinaus und mietete dort ein kleines, bescheidenes Häuschen das in einem zierlichen Gärtchen stand Das Häuschen war vollständig, wenn auch einsach möbliert.