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bekannt, hatten sie durch ihre Einigkeit auch erreicht, daß der 1. Mai durch Arbeitsruhe gefeiert wurde, und dies, trotzdem der Fabrikant eine Gegenliste im Geschäft zirkuliren lassen und seine „Mitarbeiter" zur Zeichnung auf diese in einer Ansprache angefeuert hatte. Diese Niederlage stieß dem Fabrikanten übel auf, und suchte er den Konflikt dadurch zu provoziren, daß er die Fürsprecher der Arbeiter, wie man so landläufig sagt, „hinausgraulen" wollte, und als ihm dies nicht ge lang, einen derselben direkt auf's Pflaster setzte. Die Entrüstung der Arbeiter darüber ist begreiflich, und ebenso, daß sie sich einen derartigen Schlag nicht stillschweigend gefallen ließen. Eine sofort abgehaltene Versammlung behandelte dann auch diese An gelegenheit und kam einstimmig zu dem Resultat, die Maßregelung durch Arbeitsniederlegung zu beantworten, was allerdings nicht in dem Maße, wie es beschlossen, geschah. Dies war allerdings ein Fehler, nicht aber traf hier die Verwaltungen und das Streikkomitee, sondern lediglich die Streikbrecher selbst die Schuld. Zudem muß gerade der Fall in Frankfurt a. Main ganz besonders beurtheilt werden, weil die Schwierigkeiten ganz besondere waren. Zunächst wurde seitens derPolizei mit der erdenkbarsten Strenge Verfahren. Die Portierstube war in eine Polizeiwachtstube umgewandelt, die Pferde der reitenden Schutzmann- schast waren am Fabrikthor angebunden, in der Fabrik selbst waren Schutzleute postirt, die darüber wachten, daß den „Getreuen" des Herrn Kleper„der Versucher fern blieb". Eine Verständigung mit den Arbeitenden war den Streikenden so gut wie zur Unmöglichkeit gemacht, ebenso war das Postenstehen und vor allen Dingen die Verständigung etwa Zureisender ausgeschlossen. Dies alles hat man bei Beurtheilung der Niederlage in's Auge zu fassen und dann wird man zu einem anderen Urtheile kommen, speziell wenn man daran denkt, daß nicht die von außen herkommenden arbeitslosen Schlosser, sondern gerade die Streik brecher im eigenen Lager den weiteren Kampf unmöglich machten. Hätten sich die Letzteren dazu verstehen können, wie ein Mann nur- einige Tage zusammenzustehen, so wäre der Erfolg trotz des Zuzuges, trotz der polizeilichen Absperrung und trotz des großen Portemonnaies des Herrn Kleyer unzweifelhaft den Arbeitern zugefallen. Ein Kampf von prinzipieller Bedeutung war der Streik in der mecklenburgischen Waggonfabrik in Güstrow, und lag demselben folgende Ursache zu Grunde. Einem Kolonnenführer waren 6—7 Arbeiter unterstellt, die derselbe allwöchentlich nach seinem Belieben bezahlte, wobei es mehrfach vorkam, daß Arbeiter an ein oder zwei Lohnzahlungen nichts bekommen haben. Diese Mißstände kamen in Gewerkschaftsversammlungen zur Sprache und dem Fabrikdirektor zu Ohren. Letzterer stellte, anstatt den Wünschen der Arbeiter näher zu treten, Erhebungen darüber an, wer im Holz- resp. Metallarbeiter-Verband ist, und entließ zunächst 3 Arbeiter „wegen Arbeitsmangel". Ein hierauf von den Arbeitern an die Direktion ge richteter Brief blieb unbeantwortet und reagirte die Fabrikleitung nur insofern darauf, als sie mehrere Arbeiter fragte, ob sie im Verbände wären oder nicht und ihnen im Bejahungsfälle eröffnete, daß sie ihre Entlassung zu gewärtigen hätten. Eine hierauf von den Arbeitern zum Unterhandeln gewählte viergliederige Kommission wurde von der Direktion nicht empfangen, sondern sofort entlassen und den Arbeitern