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19 beweisen, was ihm aber nicht gelang. Da Müller also zu einem Ge- ständniß nicht zu bewegen war, erstattete der Hauptkassier Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und erhielt am Tage darauf nach seiner Nück- kehr von Nürnberg per Post von Müller ein Schreiben, worin Müller sich verpflichtete, im Interesse der Arbeiterbewegung die Mk. 78.— in Raten zurückzuzahlen. Er bedingte sich jedoch aus, sofern er den Be weis seiner Unschuld schwarz auf weiß erbringen würde, daß ihm das Geld zurückgezahlt werden müßte. Wenn nicht schon die Sache der Staatsanwaltschaft übergeben .worden wäre, hätte der Vorstand sich mit diesem Schreiben begnügt und abgewartet, ob Müller seinen Ver pflichtungen nachkommen würde. Die gegen Müller eingeleitete Anklage wurde von deniselben Amtsanwalt vertreten, der Ihnen schon aus der Anklagesachesache gegen den Nürnberger Beitragskassier Pfnndt bekannt ist, und hatte den Erfolg, daß Müller von der Anklage des Betrugs wegen Mangel von Beweisen freigesprochen wurde. Obwohl die An wesenheit der beiden Zeugen Werner und Schlicke in der Verhandlung sehr viel zur Klärung der Situation beigetragen hätte, hatte die Staats anwaltschaft erst darauf verzichtet, dann allerdings im Termin Ver tagung zur Ladung der Zeugen beantragt, das Gericht aber diese Ver tagung abgelehnt. Durch diese Freisprechrng war für den Verband der Fall Müller keineswegs geändert oder zu Müllers Gunsten ent schieden, sein damaliges Schreiben blieb von derselben Bedeutung, da er noch nicht „schwarz auf weiß nachgewiesen hatte", daß er unschuldig war. Der Vorstand schloß ihn daher aus dem Verband aus, wogegen Müller erst nach Verlauf von ca. 4 Monaten beim Ausschuß Beschwerde erhob und wird Ihnen dieser wohl des Weiteren berichten. Ein anderer Fall ist der des Schlossers Josef Krämer in München, der für den Verband allerdings durch seinen Austritt erledigt war. Da aber Krämer seinen Austritt erklärt hatte in dem Bewußtsein, daß er ausgeschlossen werden sollte, hielt es der Vorstand für am Platze, ihm, sofern er sich zum Beitritt meldete, die Aufnahme zu verweigern, weil er durch unredliche Geschäftsführung der von den Gewerkschaften in eigener Regie betriebenen Zentralherberge in München in einigen Monaten ein Defizit von Mk. 2000.— erzielte und, da die Metallarbeiter finanziell an diesem Unternehmen betheiligt waren, auch diese geschädigt hat. Der Fall mag deswegen hier Erwähnung finden, weil gerade die Münchener Delegirten auf der letzten Versammlung durch ihr für Krämer abgegebenes Leumundszeugniß eine Rektifikalion des Verstandes, der Krämer seines Vorlebens wegen nicht traute, durch die Generalversamm- herbeiführten. Von den Bestimmungen des H 3 Abs. 6 s. muß leider sehr häufig durch die Ortsverwaltungen selbst Gebrauch gemacht werden, da, wie aus den Abrechnungen hervorgeht, einzelne Mitglieder gar zu weit mit ihren Leistungen an den Verband zurückbleiben. Rechnet man im Jahre 1892 die durchschnittliche Zahl der männlichen Mitglieder auf 24 422, so zahlten diese zusammen Mk. 138885.05 an Beiträgen, mithin jedes einzelne Mitglied Mk. 5.69 — 38 Wochen; im Jahre 1894 bei einer Durchschnittszahl der männlichen Mitglieder von 30698 zahlten diese Mk. 180804.45, also jedes einzelne Mitglied Mk. 5.89 — 39 Wochen, so daß der Rest im Jahre 1892 rund 14 und 1894 rund 13 Wochen beträgt, was 1892 Mk. 51286.20, 1894 Mk. 59874.60, also zusammen 2*