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158 — Wesen und meinen Kräften angemessen sei, und ich habe mich osl darüber in vertraulcn Kreisen ausgespro chen, daß ich es für ein Mißgeschick betrachten würde, wenn ick diesem Berufe entnommen und in eine an dere Sphäre versetzt werden sollte. Am Allerwenigsten konnte ich die Mission in mir finden, einen Höbern Posten in der Staatsverwaltung einzunehmcn. Man Hal einen aufgefundcnen Privat brief zu den Akten genommen, der in dieser Beziehung zu Betrachtungen Anlaß geben könnte. Ich balle die sen Punkt nicht für so wesentlich, als ich die Unter suchung durch Herbeifchaffung von Beweisen hatte vcr- jangern mögen; allein ich könnte es Nachweisen, daß ich, als derartige Gerüchte zu mir drangen, mit der entschiedensten Bestimmtheit und gegen Personen, wel che wissen, daß ich das, was ich mir vorgcnommen, gern zu halten pflege, mich schriftlich und mündlich dabin ausgesprochen habe, daß ich mich niemals zu Annahme einer solchen Mission entschließen würde. Man wiid dies nach der oben von mir gegebenen Schilderung meines ganzen individuellen Wesens voll kommen erklärlich finden. Andererseits aber wird man mir die Annahme der Wahl zum Mitglied« der provisorischen Regierung ein halten, und ich muß mich gegen diese anscheinende In- conscquenz vertheidigen. Jcb habe diese Wahl angenommen: 1) weil ein Ausweichen unmöglich war, 2) weil eine derartige Wirksamst,! der Natur der Sache nach nur von ganz ku zer Dauer sein konnte. 1. Ich habe bereits oben bei anderer Gelegenheit angegeben, daß ich ganz ohne Ahnung über das Wie? meines Einstchens für die Sache der Reichsverfasiung nach Dresden kam, daß eine vorzugsweise Berücksich tigung meiner Person durch die Nichlanwcsenbeii der hervorstechendsten Persönlichkeiten in der Linken der aufgelösten Kammer veranlaßt, daß aber auch, wie einmal die Sache lag, diese Wahl zur Nothwcndigkeit wurde. Und diese Nolhwendigkeit allein ist es gewe sen, welche mich zur Annahme zwang. Ich war ge kommen, um für die Sache der Reicksverfassung thä- tig zu sein. Eine Ablehnung der auf mich gefallenen Wahl war nach dem damaligen Stande der Dinge so gut, als ein Abfall von der Sache. Ort und Zeil lie ßen es unmöglich erscheinen, es überzeugend auseinan- derzusetzen, daß man ein brauchbarer Justizbcamter und ein nützliches Kammermilglied sein könne, ohne deshalb die Eigenschaften zu besitzen, die zu einer Stellung, wie dir in diesem Augenblicke mir übertra gene, befähigen. Man würde der Ablehnung ankere unehrenhafte Motive untergclegt haben. Auch einen solchen Verdacht hätte ich gern über mich genommen, wenn der Sache damit geholfen gewesen wäre. Aber ein solcher Verdacht würde auch der Sache geschadet haben. Ich hatte eine gesicherte Existenz, eine geachtete öffentliche Stellung im Staate und ne ben einem vorwurfsfreien Leben ein Familienglück, wie es in solcher Ungetrübtheit selten Vorkommen mag, in die Wagschale zu legen. Man schließt nicht mit Unrecht von der Größe Ver Opfer auf die Heiligkeit des Zweckes, von einem ehrlichen Rainen auf eine ehrliche Sache und ich durfte der letzteren den ersteren, da man ihn einmal von mir gefordert hatte, nicht versagen. 2. Daß aber eine derartige Wirksamkeit nur von kurzer Dauer sein konnte, lag in der Natur der Sache. Entweder wurde die Bewegung unterdrückt, — oder daS ganze Volk behauptete im festen, beharrlichen Wi derstande sein Recht. Für diesen Fall habe ich die zuversichtliche Hoffnung von Anfang an gehegt und bis zum letzten Augenblicke festgehalren, daß die Reichs» Verfassung einer so einmüthigen Erhebung de- Volkes gegenüber doch noch anerkannt werden würde. Der Vorgang in Würtemberg und der Hinblick darauf, daß durch die Eentralgewalt und Nationalversammlung eine Vermittlung zu Stande gebracht werden wurde, ließen diese Hoffnung nicht uigcrschtfcrtigk erscheinen. Meine Mission war dann sofort beendigt: ich wurde mit größter HerzenSerleichternng ein Mandat, welches mit Anerkennung der Rcicksoersassung erlosch, im Au genblicke niedcrgelegt haben. — Ich habe im Vorstehenden verschiedene Motive, die man mir möglicher Weise unterlegen könnte, die ich aber als solche zurückweiscn muß, einer sorgfältigen Prüfung unterworfen. Man wird fragen, welches die wahren Motive meiner Handlungsweise gewesen? Ich scheue mich nicht, darauf zu antworten: Die Liebe zum Volke und zu meinem Vaterlande. Ich weiß es, daß man dergleichen Behauptungen häufig damit ablehnt, daß man sie als Redensarten! bezeichnet, hinter denen sich andere geheime Triebfedern verbergen. Aber man sollte die Billigkeit beobachten, mit einer solchen Ablehnung nicht Mannern zu begeg nen, die für ihr Wort das Liebste und Theuerste, ihr Alles, das ganze selige Leben einer überglücklichen Fa milie zum Ünlerpfande eingesetzt haben. Dje Nachricht von der Volkserhebung in Dresden traf mich mitten im Vollgenusse der Freuden, wie sie der wiedergewonnene Heerd dem eben erst zurückgekedr- ten Gallen und Vater nur darbicten kann, gleich ei, nem vernichtenden Wetterstrahle- Denn mein Gewis sen rief mir laut zu, waS ich zu thun hatte, und der Erfolg stand in Gortes Hand. Leidenschaft und an gewöhnte Lasterhaftigkeit mögen unter allen Beding ungen zu Handlungen aus unedlen Motiven Veran lassung geben. Weder von dem Einen noch von dem Andern kann hier die Rede sein. Will man aber durchaus an ein Markten glaub«», wohlan, so sage ich: Der Preis muß der Waare ge- icchl sein; für ein wenhlofes Weltgut, für Gold, Ehre, Macht und Ruhm ist mir dieser Heerd, mit all' dem Glück, daS ex in sich schließt, nicht feil. Der Preis muß höher sein. Der Preis, den ich hierbei im Auge . hatte, war: Ein Vaterland, daS bei diesem Kampfe zu gewinnen oder zu verlieren war, und für daS Volk das gleiche Anrecht auf'S Vaterland, d. k., das Neckt der Sclbstgcsetzgebung, das Recht auf Repräsentation für Alle, vom ersten bis zum letzten Mann, wie s!.