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Adorker Wochenblatt. Mittheil ungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung dct Blattes durch Botengelegenheit: SS Ngr. 5 Pf. ^0. Mittwoch, L. Oktober 1850. Zur Charakteristik Otto HeubnerS. Wir geben in Nachfolgendem den Schluß auS der kresflichen ,,Sclbflvcnheidigung Heubners in seiner aus Hochveiralh gerichteten Untersuchung"'). Er spricht in diesem Abschnitte von den persönlichen Motiven, welche ibn bei seiner Handlungsweise leiteten. Der Leser wird dier einen liesen Blick in den edlen großherzigen Cha- lakter unsres unglücklichen Heubner tbun können. ,,Man dürr häufig den Borwurf, daß sich an der gleichen Belegungen nur solche Leute betdeiligten, die Nichts zu verlieren und Alles zu gewinnen batten, oder solche, die mit ihren eignen Zuständen unzufrieden, auS einem gewissen Ueberdrusse an dem Bestehenden nur nach Neuerungen strebten, oder endlich solche, die, von einem fehlerhaften Ehrgeize verleitet, in dem Umsturz der gegebenen Verhältnisse die Leiter zu einem Glanz und eigner Machlentfallung erblickten. Alle diese Motive muß ich zulvckweisen. Ich halte ein überreichliches, ganz gesichertes Aus kommen und wußte nichts von einer Nahrungs- oder Lebenssorge irgend einer Art. Ich halte für meine Per- svn und in meinem Haushalte nach meinem individucl- äcn Wesen und nach der ganz damit übereinstimmenden Gcsinnungswcisc meiner Gatlin äusserst wenig Bedürf nisse. Die Letztere ist eine vortreffliche Wirthin, wir vermochten es, mit dem, was uns zu viel beschiedcn war, manche Lücke anderswo auszugleichen, und führ ten dabei im Besitze von drei geistig und körperlich ganz gesunden Kindern ein so glückliches Leben, daß unsere ungetrübte Heiterkeit nur hie und da durch den Zweifel an der Möglichkeit der Fortdauer eines so be- vorzuglen Lebcnslooscs gestört wurde. Den gewöhnlichen Freuden der Gesellschaft habe ich nur seilen und immer mit halbem innern Widerstreben, um den Verhältnissen die nölyige Rechnung zu tragen, deigewohnt. Die Abende habe ick, abgesehen von den wenigen Stunden, welche gemeinnützige Vereine in An. Ipruch nahmen, in der Regel nie anders als zu Hanse verlebt, und selbst in jene Vereine führte mich nur die ') Dieselbe ist ;um Besten seiner Familie in Zwickau bei 2bost il5 Ngr.) hcrausgcgcben und können wir dieselbe unsern Lesern nicht angelegentlich genug empfehlen. Uebcrzeugung, daß man nach Kräften nützlich sein müs se, nicht der Trieb nach vermehrtem geselligen Umgang und die Lust daran. Denn ein unwiderstehlicher Hang zu einem einsa- men und zurückgezogenen Leben, ganz beschränkt auf die Freuden, die Familie und Natur gewähren, ist mir von frühester Kindheit an bis jetzt eigenlhümlich ge» blieben. So habe ich, um ein Beispiel anzuführrn, während meines ganzen fast zwölfmonatlickcn Aufent haltes in Frankfurt und Dresden nicht ein einziges Mal ein Theater oder ein Concerl besucht, und bin fast nie an einen öffentlichen Vergnugungsort gekommen. Bei einer Uebersiedelung von dem einen Wohnorte zum andern mußten Jahre verfließen, ehe ein kleiner Cirkel von Freunden sich bildete, an die ich mich auf vertrautere und innigere Weise anzuschließen vermochte. Ich befand mich am wohlsten bei dem regelmäßigen Wechsel der gewöhnlichen Tagesarbeit und der häus lichen Erholung in der Familie, und meine einzige Freude waren kleine freundschaftliche und Familienfeste, größere Spaziergänge und, wenn es sein konnte, wei tere Ausfluge an schöne Naturpunkte. Ich gebe diese Charakteristik der Wahrheit gemäß, finde auch kein Sclbstlob darin, denn cs ist eben nur der Ausdruck einer Individualität, die man sich nicht selbst gegeben hat, und die eben so wohl ihre Schatten als ihre Lichtseite in sich tiägt. Wenn man aber dem Gesagten Glauben deimißt, so wird man nicht behaupt ten können, daß ich Ursache gehabt Härte, mit meiner Lebenslage unzufrieden zu sein, oder daß mich der Wunsch hätte beseelen können, irgend eine Abänderung in derselben cintrcten zu lassen. Dasselbe fand im Hinblick auf meinen Beruf statt. Wenn ich manchen gegen mich gemachten Acußcrungen und sonstigen Wahrnehmungen trauen daif, so besaß ich die Kraft, den Anforderungen desselben zu genügen, und ich habe mich immer bestrebt, dem nach demselben Zwecke gerichteten Willen die nöthige Festigkeit zu geben. Ich habe mich auch mehrfacher Beweise von Liebe und Zutrauen Seilen meiner Gerichts, und Amts-Un tergebenen zu erfreuen gehabt. Hierdurch hatte ich die feste Ucberzcugung gewonnen, daß der mir angewiesene Wirkungskreis eines praktischen Instizbeamten meinem