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Adorter Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung de» Blatte« durch »otengelegenheitt 22 Ngr. » Pf. 44. . Mittwoch, so. Oktober 1850. In dem gegenwärtigen Augenblick, wo abermals die Anqclegcudett Deutschlands vor das Schiedsgericht deS russischen Ezarrn gebracht worden, fällt unS gerade ein Artikel ein, den das Journal des Debats gelegentlich der ersten, im vergangenen Frübjahre abgetzallenen War schauer Eolifcrcnz brachte. Dieser Artikel schloß mit der für Deutschland traurigen Sentenz: Deutschland «ß nabe daran, seinen Protektor gefunden zu haben; der Meinung des Journal des Debats nach aber ist das Proiekloral die moderne Horm der Fremdherrschaft. Je mehr die auswärtige Presse in den deutschen Angele- gendcilrn srindfelig gegen Preußen auftritt, desto drin gender ist die Pflickl, denjenigen', »eiche den Absolu tismus genug Haffen, um das russische Protektorat de- mutbigend zu finden, zu erklären, wem sie denn eigent lich jenes trojanische Geschenk zn verdanken haben, daß <s nicht das vielfach angefeindcte Preußen, sondern ihr verhätschelte- Oesterreich ist. Wir unsererseits glauben uns um so mehr dazu bereifen, al- wir nicht in den Verdacht kommen können, besondere Verehrer der avs- wärligen Politik unseres Kabinets zu sein. Das in die Erscheinung tretende russische Protektorat datirt von dem Lage, wo die russischen Bajonette in Ungarn «in- ruckten. Das stolze Haus Habsburg war verloren, wenn der russische Ezar ihm nicht seine Armee zu» Dis« Posilion gestellt halte. Ein Volk ruft nicht ungestraft die Hulse «ineS fremden Volkes an. Di« Geschichte lehrt, daß der Preis dafür stets die Unabhängigkeit des dulisbcdurftigen Volkes war. Diese Erscheinung hat quch angesangen, sich bei Oesterreich zu bewähren. Seit Umerdruckuug de« österreichischen Ausstandes lhul daS Wiener Kadinet nichts ohne d-n Beirath — wir wol len kein sur Otsterreich herbere- Wort gebrauchen — des russischen Kaisers. Von W'»n auL ist der Streit mit Preußen zuerst vor da- russische Forum gebracht worden. DaS aber wird man der preußischen Regie rung nicht verübeln dürfen, daß sie dem Gegner nickt das Terrain allein überlassen wollte, und da österrei chischer Seits Unterhändler nach Warschau gesandt wurden, daß Preuß«» ein Gleiche- lhat. Sv war es im Frühjahr und so ist es jetzt. Das Betreten der kurhcssischen Etappenstraßen durch die preußischen Truppen ist vor der Hand wohl nur als em Erperimcnliren mit thatsächlicherPolitik Seitens deS preußischen Kabinets anzusehen. In derselben Katego rie steht die drohende Haltung gegen die baierischen Truppen. Die preußische Regierung giedt sich bis jetzt noch der enlschicd«nen Erwartung hin, daß Baiern, welche Bedeutung auch immer die von demselben zu« sammcngezogcne Operations-Armee Haden möge, diese Truppen nicht.'in Kurhessen einrücken lassen werde. Daß «der die Baiern wirklich am 23 Okt. in Kur- Hessen «inrücken sollten, scheint unzweifelhaft zu sein; «den so wahrscheinlich ist e-, daß die entschiedenen Be fehle, welche dem kommandirenden General v. d. Grö ben ertheill wurden, die Veranlassung waren, daß ih nen von Frankfurt aus Gegenbefehl zugeschickl wurde.') Sie blieben deshalb an der Grenze stehen und erwar ten vielleicht auch noch die österriichischen Neservetrup- pen. Vor allem aber wird man die Ergebnisse der Konferenzen zu Warschau abwarten, ehe weitere ent scheidende Schrille gelhan werden. Erinnerungen aus den Jahren ISIS und von Karl von Raumer. Indem wir «us diesem interessanten und empfeh- lungswerlhen Werk«, dessen Schildern«» «us einer gro ßen Epoche des deutsche» Vaterlandes nur Sclbster- ledtes mit den frischen Farben der Wahrheit und der eigenen Anschauung enthalten, «irrige Abschnitte aus« zugsweis« miltheilen, seien zur bessern Einführung der« selben deS Verfassers einige Worte „zum Abschied a» die L«s«r" vorgesetzt. „Ick schrieb diese Blätter in der traurigsten Zeit, da die in den Freiheitskriegen wieder erkämpfte Ehre Deutschlands schmachvoll geschändet ward und wir zum, Hohn und Spott der andern Völker wurden. . j Ein tiefer Schmerz verzehrte mich. Da« Würd'gc scheidet, andre Zeiten kommen, n- Es lebt ein anders denkendes Geschlecht, Was thu' ich hier? Sie sind begraben alle, Mit denen ich gewaltet und gelebt, Unter der Erde liegt schon meine Zeit, Wohl dem, der mit »er neuen nicht mehr braucht zu leben. ') Wir erinnern daran, daß Radowitz die dem Geueral v. Grdben ertheill« Weisung dem ösrerreich. Eesandlen mittheilte.