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Adorker Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von dcb Post: 1 Thaler, bei Bestellung bet Blattes durch Botengele-enhelt: 22 Ngr. S Pf. H9. Mittwoch, Bei der Gefahr des Absolutismus und der Fremd- Herrschaft, mit der wir von Oesterreich bedroht werden, und bei der Schwäche und Thatcnlosigkcit, welche die ser Gefahr gegenüber. in dem preußischen Cabincte herrscht, ist es ein Glück zu nennen, daß dem listigen Feinde die Maske vom Gesichte gefallen ist, daß er selbst, freilich ohne eS zu wollen und ohne es zu wis sen, Deutschland gezeigt hat, welches seine Absichten sind. Man stelle sich vor, der österreichische Gesandte in London hätte das Protokoll nicht unterschrieben, er Härte, ohne, wie es Bunten gcthan, laut zu prote- stircn, auch nur Ausflüchte gemacht; , man stelle sich vor, es hätte das Wiener Eabinrt, gleich dem preußi schen, dem Kurfürsten entschieden seine Mißbilligung LiuSgedrückt über dessen frevele- und verwegenes Bc- gmnen; wie hätte da alle Welt sich über den deutschen Sinn, über die, wie immer auch vereinzelte Kundge bung von Nechtsgcfuhl sich gefreut, wie hätten selbst die Gegner solches anerkennen müssen! Man stelle sich nun vollends vor, cs hätte Graf Thun, der österreichi sche ,,Präsidialgesandte bei der Bundesversammlung," der kurhessischen Regierung ein „Bis hierher und nicht weiter!" „im Namen der BundcSbehörde" zugeruscn - - wie wäre da der Bundestag zu Ehren gekommen bei Feinden selbst! Seine Freunde hätte» dann die sen sagen dürfen: „Ihr seid den wilden Fanatikern in der Politik gleich, die jede Negierung hassen, eben weil sie den Namen Regierung trägt; ihr hasset den Bundestag, weil Euch der Nam« ein Gräuel ist." Herr v. Koller hat aber das Londoner Protokoll unterschrieben, und die Organe des Fürsten Schwar zenberg haben uns überdies noch rund kerausgesagt, warum er cS gethan: damit Preußen im Norden nicht stark werden möge; dieselben sagen uns ferner, daß man dem Bundesbeschlusse vom Jahre 1848 neu zu interpretiren beabsichtige; und neben diesem Eommen- tar in Worten steht das Thatcn-Commentar die freund schaftliche Beziehung zu dem Reichsfeinde, die Bun- desgenosscnschost mit demselben, die Berathungcn, wel che man mit ihm pflegt, wahrend man vorgiebt, es sollen dieselben Deutschlands Heil schaffen. Und wenn cs auch nicht erwiesen ist, das die kur- hessischen Wirren von Oesterreich gcsäet sind, so liegt rs doch klar am Tage, daß der Kurfürst und seine 25. September 18Ä0« Helfershelfer von Oesterreich in ihrem Thun errputhigt, daß die Wirren selbst von Oesterreich als Mittel de« nützt worden sind und noch benutzt werden. Der wie- dererwachende Bundestag zeigt, daß eS ihm nur an der Kraft, nicht an dem Willen fehlt, um zu lhun, was der Kurfürst und sein Hassenpflug gewollt: die Berfassung in Kurhessen zu vernichten. Der Bundestag kann seinen Pferdefuß nicht vcr- bergen; und das ist ein großes Glück für uns. Denn die Schwachen werden nun auf idrer Hut sein. — Die Frage ist jetzt, welches sein Reich sein wird. Preußen und die übrigen Univnsstaaten haben sich von ihm für immer losgesagt und wie die Dinge im Laufe der Zeiten sich auch gestalten mögen, daS wird nimmermehr eintrelcn, daß Preußen wieder in mittel» bare Abhängigkeit von Oesterreich gcräth, wie dicü bis 1848 der Fall gewesen. Indem aber der Bundestag über Preußen seine Herrschaft nicht auSzudchnen vermag, ist ihm solche über das sogenannte Nord- und Mitteldeutschland ver schlossen. Mag immerhin das Plenum von Hanno ver, von Mecklcnburg-Strtlitz beschickt sein; diese Län der sind vom Süden, in dem Oesterreich vermittelst des Bundestages herrscht, durch eine weile Strecke abgeschlossen, ihre Regierungen werden sich in dieser Jsolirthcit nicht zu erhalten vermögen. Dasselbe gilt von den beiden Hessen, wo überdies noch die Bewoh ner ihre Anhänglichkeit an der Union unaufhörlich be kunden. Nicht ganz so verhält es sich allerdings mit Sachsen, das an Oesterreich grenzt und durch man- chcrlei geschichtliche Erinnerungen mit ihm verknüpft ist, dessen Dynastie mit der österreichischen den Glau ben gemein hat, dessen dcrcinstigcr Thronfolger end lich, gleiches Alters mit dem jugendlichen Habsburger, der jetzt auf dem österreichischen Throne ützt, durch ein zärtliches Frcundschaftsband, wie es sich in diesem Le bensalter so leicht knüpft, mit dem jungen Kaiser ver, Kunden ist. Bleiben wir aber vor der Hand bei der Thatsache stehen, daß der Bundestag sein Reich nicht über das Gebiet hinaus zu erweitern vermag, welches derma, len unter ihm steht; welche Aussichten er innerhalb desselben hat, mag eincr folgenden Betrachtung vorbe. halten sein.