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Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blatte« durch Botengelegenhei», SS Ngr. S Pf. 14. Mittwoch, 3. April 1850. I»r. Joseph als Dertkeidiger Les Buchhändler E. Keil, Herausgeber des Leucht. thurmS. Am 22. März stand der Buchhändler E. Keil in Leipzig wegen eines in Nr. 19 des Leuchtthurm be findlichen Artikels aus Wien vor den Assisen in Leip zig, angeklagt des Verbrechens deS Hochvcrraths, so wie der Aufreizung gegen die Regierung. Nachdem der Staatsanwalt Baumgarten die stärksten Stellen in seiner Anklage hervorgeboben hatte, begann vr. Zoseph: Dürfte ich von der mir durch ein besonderes Ver trauen deS Angeschuldigltn mir angewiesenen, bei größ ter Sicherheit und Zuversicht auf die Sache, di« ich vertheidige, doch um der Ungewißheit des Erfolgs wil len beängstigenden Stellung weichen und dahintreten, wo Sie, Geschworne, ihre Aufmerksamkeit versammelt hallen zum Wahlspruche über daS Freihcitsleben eines Mannes, der wahrlich njcht zu den schlechtesten unse- rer Mitbürger gehört, so würde ich als Geschworner auf dir erste Frage, welche das Gericht zu stellen hat, die Frage, ob der Angcschuldigte Verbreiter des ihm zur Last gelegten Artikels sei, mit einem kurzen Ja antworten. Allein kommt die Frage an mich, ob er dadurch sich deS Verbrechens der Aufreizung gegen die Regierung Sachsens, ob er einer des Hochverraths vorbereitenden Handlung sich schuldig mache, so ant- wort« ich eben so kurz und fest Nein! — Nein, denn nicht nur das kalte berechnende Unheil des Verstan des, nicht nur die Vergleichung der bezüchtigten Hand lung mit dem positiven Gesetze schreibr mir jene Ant wort vor, sondern sie liegt auch in dem warmen RecheZ- gefühle des Volks, welche- auS ihnen spricht. Beides ist nicht verschieden, beides ist Cink, denn in dem gut- geordneten und gesetzeswürdigen Gesetzen aufgebauten Staate gibt eS kein positives Recht, welches nicht mit dem öffentlichen Rechtsbewußtsein des Volks in Ein» klang sich legt,. Was Ihr RcchSgefühl Ihnen lehrt» das wird daher auch mit dem positiven Recht zusani- menfallen. Der Redner erörtert nun di« Rechtsbe- ständigkcit der Anklage, zeigt, daß die eine vom Staats- anwalt zurückgcnommene Anklage (staatsgefährliche Handlung) nicht bloß der Kürze der Verhandlungen wegen, sondern auch ihrer gesetzlichen Unstatthaftigkeit wegen zurückzunehmen gewesen sei, denn die eine Handlung, die nur vorbereitende Handlung zum Hochvcrralhe, der stärker bestraft werde, al- staatsge fährliche Handlung, könne, nicht stärkeres Vergehen ge gen o«S Ausland sein, was sie müßte, wenn die ge fallene Anklage richtig gewesen. Es gebe übrigens eins vorbereitende Hardlu g zu staatSgefährlichen Hand lungen in Rücksicht aut Criminalstrafbarkeit gar nicht. Er wolle nicht auf die Rechtserürtcrungcn über die Anwendbarkeit der vom Staatsanwalle angezogcnen Vergehen auf den angeschuldigte i Artikel sich einlas sen, da, wie er gehört, schon vor ihm dieses Gebiet so tief in scharfen Kanten durchackert und klar durchkreuzt sei, daß er sich Wiederholungen schuldig machen müßte. Er fühle, daß bei einem solchen Unternehmen er auch nur im Sckatten des Lichtes d.r vorhergegangenen Tage stehen würde. Nur daS Unentbehrlichste wolle er andeuten. Vorbereitung zum Hochverrat!) werde nicht durch bloßes Wort, durch daS schriftliche Wort begangen, sondern dazu bedürfe es der Anschaffung körperlicher, zum Zweck führender Mittel. Diese An sicht sei von der Criminalbehörde des Appellationsge- richts zu Zwickau bethäligt worden, indem der Präsi dent derselben den dortigen Staatsanwalt, als er eine gleiche Rechtsanficht wie der hiesige Herr Staatsan walt ausgesprochen, cvrrigirt habe; verkenne er auch nicht, daß die abweichende Ansicht der hiesigen höher» Behörde gleiche Achtung verdiene, so sei doch auch je-