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WOiMiWkr UM Erscheint jeden Wocheittag nachmittags — Fernspr. Nr. II u. 28. PostsLkckkonw Leipzig 23-164. — Gemeindegirokoitto 14. Bankkonten: Commcrz-und Privat-Bank Zweigstelle Hohen stein-Ernstthal — Tarmstiidler und Nattonaibank Zweig niederlassung Hohenstein-Ernstthal. — Unverlangt eingesandte Manuskripte werden nicht zmiickgeschickt. - Einsendungen ohne Namensnennung finden keine Ausnahme UN- ANDM Bet Klagen, Konkursen, Vergleichen usw. wird der Brutto betrag in Rechnung gestellt Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung deS Betriebes der Zeitung, der Lieferanten oder der Besördeirmgseinrick»- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Licserung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung des Bezugspreises. Hohenstein -Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Generalanzeiger für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrund. Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdors, Reichen bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, Et. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg. Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Tiefes Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts, des Finanzamts und des Stadtrats zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörde» der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Truck und Verlag von Dr. Alban Frisch. 79. g^hrg. Rr. 390 Bezugspreis balbmonatltch !M Goldpfemttg« ctuschlielttich Träncrlob» Sinnabe- d, den 28. Dezember 1929 >cu Nachweis werden 25 Goldviciintgc berechnet. — I Wortschlachl in der französische« Kammer Ein gcheimnWMss MemoraMU res MsrschM Zoch Frankreichs Mindestforderungen im Haag ' Paris, 27. Dez. In der Freitagvormittagssitzung der franzö sischen Kpmmer sprach als erster Franklin Bouil lon. Er erklärte, er und seine Freunde hätten ihr Möglichstes getan, um die Schwierigkeiten zu beseitigen, denen sich die Regierung seit dem Versailler Vertrag gegenüber befunden habe. Er erinnerte daran, daß es Reichskanzler Mül ler gewesen sei, der den Versailler Vertrag unterzeichnet habe. Der Redner fragte, ob es nicht schwerwiegend genug sei, wenn dieser Reichskanzler erst nach dem Locarno-Vertrag er klärt habe, daß Deutschland endgültig auf El- saß-Loth ringen verzichte. Dies sei der beste Beweis für die Art, wie Deutschland den Versailler Vertrag anerkenne. Briand erwiderte, Graf Oberndorfs, der Ver treter des Zentrums habe ebenfalls betont, daß die Frage von Elsaß-Lothringen endlich be graben sei. Franklin Bouillon stellte dieser Erklärung des Grafen Oberndorfs die des Prälaten Kaas ge genüber. Briand habe gestern erklärt, daß der Locarno-Vertrag aus der Konferenz von Can nes hervorgegangen sei. In Lannes sei jedoch die Rede von einem französisch-englisch-belgischen Bündnis gewesen und gerade um auf dieses Bündnis zu antworten, habe Deutschland den Ge danken von Locarno verbreitet. Briand erklärte hierzu, daß in Cannes beab sichtigte Abkommen habe ausdrücklich auch Deutschland einschließen sollen. Trotzdem sei es richtig, daß die Initiative für Locarno von Deutschland ausgegangen sei. Franklin Bouillon hob weiter hervor, daß das Unangenehme des Locaruovertrages darin bestehe, daß man England zum Schiedsrichter eingesetzt und ihm erlaubt habe, sich der Ver antwortung zu entziehen. Briand antwortete hierauf, daß der Locarno- Vertrag sich auf die Satzungen des Völkerbundes stütze. Franklin Bouillon hob weiter her vor, daß der Locarno-Vertrag nach Aus sage Stalins doch nicht daran gehindert habe, Rußland Waffen zu liefern, wäh rend Rußland das Reich mit Gasen ver sehe. In den Berliner Salons würde man gern einige Monate Bolschewismus auf sich nehme», wenn hierdurch der Versailler Vertrag zerstört würde. Er bat die Regierung, die notwendigen Garantien zu verlangen, um die Kontrolle der BZZ durchzuführen, ferner die Rhein landbesetzung im Falle der Nichterfüllung des Youngplanes zu verlängern. Briand erwiderte dem Redner, daß er, wenn er wirklich logisch wäre, die Regierung auf- sordern müßte, ihren Plan zu verlassen. Franklin Bouillon ging jedoch auf diese Erklärung Briands nicht ein, sondern ver langte von der Regierung Maßnahmen zur Zer störung der noch vorhandenen mili tärischen Bahnen am Rhein. Briand belehrte ihn nunmehr darüber, daß die von ihm kritisierten Bahnbauten von der Rheinarmee genehmigt worden seien. Das ein zig gefährliche sei der Plan gewesen, den Deutsch land für die Zukunft aufgestellt habe. Die Vot- schafterkonferenz hübe sich aber mit diesem Plan beschäftigt und sei zu einer Verständigung mit Deutschland gelangt» wonach diese Baupläne u m 12Jahre hinausgeschobcn worden seien. Außerdem habe Frankreich das Recht, nach Ab lauf dieser 12 Jahre eine weitere Hinaus-> ischiebung zu verlangen. Selbst Vie Generäle der Nhcinarmee, Guillaumat und Baratier, Hüt ten erklärt, daß Frankreich von Deutschland alle notwendigen Zusicherungen erhalten habe. Er, Briand, habe seine Pflicht getan. Franklin Bouillon behandelte hierauf die dem Reich erteilte Erlaubnis, drei neue Nheinbriicken zu bauen, „die doch nur dazu dien ten, Deutschland einen Zugang nach Saarbrücken zu verschaffen." Briand protestierte gegen diese Auslegung im Namen der Rheinlandarmee. Es sei wohl nicht möglich baß das Abkommen mit Deutsch land, das von allen Alliierten gutgcheißen sei, sich mit der Sicherheit Frankreichs nicht vertrage. Schließlich verliest Abgeordneter Keks; ein angeblich von Foch stammendes Memoran dum, in dem es u. a. heißt: Deutschland ist durch seinen Bevölkerungszu wachs und durch seine ungeheuere Industrie Frankreich überlegen. Deutschlands innere Wie deraufrichtung macht schnelle Fortschritte, und sein Ansehen im Auslande wächst rasch. Deutsch land bekennt sich stets zu einer von der franzö sischen Moral verschiedenen Auffassung, nämlich das Macht Recht schafft und daß der Krieg abscheuliche Grausamkeiten sogar gegen un beteiligte Personen rechtfertige. Die Beziehun gen Frankreichs zu Deutschland sind durch Ar tikel 426 des Versailler Vertrags geregelt, der Berlin, 27. Dez. Die Berliner Botschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika teilt mit: Botschafter Schurmau bestätigt die Nach richt, daß sein Nii cktrittsge such vom Präsi denten angenommen worden ist. Der Bot schafter hat diese Maßnahme schon seit einiger Zeit erwartet und in Voraussicht dessen hat seine Familie Berlin im September endgültig ver lassen und in ihrer Wohnung in Neuyork Auf enthalt genommen. Der Botschafter hat es für die Pflicht eines guten Soldaten gehalten, bis zu seiner Abberufung auf seinem Posten zu ver bleiben. Er wird jetzt Berlin verlassen, sobald er es ermöglichen kann und im Laufe des Mo nats Januar in Neuyork cintreffcn. Schurman >die Erfüllung der Neparatious- und Entwaff- I nungsbestimmungen zum Gegenstand hat. Der ! Beginn der Ausführung des Dawesplanes kann I nicht als eine Erfüllung angesehen werden. Die i Entwaffnunzsklauseln sind ja zum Teil erfüllt, aber wesentliche Punkte sind noch zu regeln: die Polizei, unerlaubte Verbände und Verei nigungen, Veräußerung von militärischen Ge bäuden, Befestigungen bei Königsberg usw. Frankreich würde sich bei einer Räumung des Nheinlandes in einer außerordentlich schwie rigen Lage befinden, 1. weil die seit dem Kriege desorganisierte Armee noch nicht entsprechend den neuen Grenzen reorganisiert worden ist, 2. weil die neue Grenzlinie noch nicht mit einem entsprechenden Befestigungssystem versehen ist, 3. weil die französischen Grenzgegenden den An griffen der feindlichen Flieger ausgesetzt sind. Die Einschränkung der Vcsctzungsdauer, die der Ver sailler Vertrag Vorsicht, war von der französi schen Kammer gebilligt worden im Austausch ge gen die von der amerikanischen und der eng lischen Negierung zu übernehmenden Verpflich tung, Frankreich im Falle einer neuen deutsche» Gefahr zu Hilfe zu kommen. Diese Verpflichtung besteht nicht mehr. Man erkennt also, welchen Gefahren Frankreich ausgesetzt sein würde, wenn die französische Negierung sich bereit erklären sollte, die Bcsetzungssristen noch weiter herabzu setzen, und wenn sie nicht unverzüglich die Arbei te» zur Befestigung der neuen Grenze, zur Re organisierung des Heeres und zum Schutz der Grenzbeoölkcrung aussühre» läßt. s Botschafter Schurina», der sich in den vier einhalb Jahren seiner Berliner Amtstätigkeit außerordentlich verdient gemacht hat, steht im 76. Lebensjahr. Trotz dieses, auch für einen Diplomaten verhältnismäßig hohen Alters hat er das schwierige Amt eines Botschafters sehr ge schickt und erfolgreich verwaltet. Dabei be schränkte sich sein Interesse nicht nur auf Dinge der Politik und der Diplomatie. In zahlreichen wissenschaftlichen Vereinigungen hat sein Name einen außerordentlich guten Klang. In aller Erinnerung ist noch die am 5. Mai 1928 erfolgte Ernennung Schurmans zum Ehrendoktor der Universität Heidelberg für Verdienste, die er sich um die Universität erworben hat. Man kann ohne jeden Vorbehalt sagen, daß der Rücktritt des in Deutschland außerordentlich beliebten Botschafters großes Bedauern verur sachen wird und daß man ihn nur ungern schei den sieht, denn er hat sich seit der Zeit seines Amtsantrittes im Juni 1923 die Wertschätzung und das Vertrauen aller derjenigen erworben, mit denen er in Berührung kam, sei es in per sönlicher, sei es in amtlicher Beziehung. * Neuyork, 27. Dez. Wie aus Washington verlautet, nimmt man an, daß der Präsident mit der Ernennung eines neuen Botschafters für Berlin nicht lange zögern wird. Genannt werden in unterrichteten Kreisen einstweilen zwei Namen: Eugen Meyer, dersrü- her den amerikanischen Finanzausschuß geleitet hat, nud der gegenwärtige Botschafter in der ! Türkei, Grew. Briand erklärte unter der größten Unruhe der Kammer, von dieser Note keine Kenntnis zu haben. In höchster Erregung rief er unter dem Beifall eines großen Teiles der Abgeordneten seinem Gegner zu, er könne sich nicht denken, von wem Reibel die Note erhalten habe. Das von Foch unterzeichnete Dokument sei ihm als Außen minister bisher nicht vor Augen gekommen. Wenn Reibel jetzt die Existenz eines solchen Schriftstückes enthülle, sei er — Briand — ver pflichtet, aus gewisse Fragen zu antworten, was sehr folgenschwer sein könne nnd wofür Reibel die Verantwortung trage. Es sei un denkbar, daß ein Marschall, in den jeder das größte Vertraue» setze, Note» verfasse, sie dem Präsidenten der Republik übergebe und nichts darüber dem Außenminister mitteile, und eines Tages komme nun ein Abgeordneter und werfe ein solches Schriftstück in die Aussprache. „Für wahr, eine traurige Angelegenheit", so schloß Briand «»ter dem Beifall der meisten Kammcrmitgliedcr. * Im Laufe der Nachmittagssitzung hielt Tardieu eine vielbeachtete Rede. Die Aufgabe der Re gierung im Haag werde es sein, das begonnene Werk jetzt zu vollenden. Man dürfe erwarten, daß die zweite Haager Konferenz geringere Schwierigkeiten bieten werde als die erste. Frankreich werde aber an folgenden Forderungen sesthalten müssen: 1. Die Unteilbarkeit der ungeschützten deut schen Jahresraten mit allen ihren Folgerungen. 2. fordert Frankreich, daß an die Stelle der militärischen Besetzung die wirtschaftlichen Pflich ten Deutschlands zur Erfüllung der Poungzah- lungen gesetzt werden. Sicherlich werde der Friede nicht besser als auf diese Weise geschützt werden können. Tardieu kam dann auf den Versailler Frie- dcnsvertrag zu sprechen und erklärte, daß er sicherlich eine Menge von Lücken aufweise, doch dürfe man nicht vergessen, daß er Frankreich und Lothringen befreit habe. Tardieu schloß mit folgenden Ausführungen: Die Enthüllungen des Abgeordneten Reibel über die Denkschrift Fochs seien von diesem schon im Juli 1929 andeutungsweise benutzt worden. Es wäre klüger, sich an die Veröffentlichung des Weltbuches zu halten und nicht das Vertrauen der Militärführer zu mißbrauchen, insbesondere, wenn sie bereits gestorben seien. Die Auffassung des Generals Foch habe geschwankt. Zuerst habe er die Annektion des Rheinlandes verlangt, dann dessen Besetzung und zwar bald unter die sen, bald unter jenen Bedingungen, doch habe er auch behauptet, daß er für den Fall, daß ge nügende Garantien gegeben würden, das Rhein land verlassen wolle. Es sei an der Zeit, der artige Niederschriften zu vergessen und in die Zukunft zu blicken, statt stets in die Vergangen heit. Die Regierung messe der Besetzung der dritten Zone keine große militärische Bedeutung bei, jedoch eine um so größere psychologische. Im übrigen stünde es fest, daß, wenn im Haag dieSchlußverträge nicht unterzeichnet würden, auch das Rheinland nicht geräumt werden würde. Wenn die Kammer meine, daß die Regierung weder nach London, noch nach dem Haag gehen solle, so solle sie es heute noch sagen, damit die neue Regierung Zeit fände, sich für neue Taten vorzubereiten. Nach kurzen Ausführungen des Berichterstat ters wurde zur Abstimmung über den 8 1 des erste» Kapitels des Haushaltes des Außenmini steriums geschritten, zu dem die Negierung die Vertrauensfrage gestellt hatte. Die Abstimmung brachte eine Mehrheit von 342 gegen 17 Stim men für die Negierung bei 23."> Enthaltungen. SchurmE tritt MrLW