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Hohmstein-Ernstthlckr Tügeblall un-Llyetzer Nr. 260 Donnerstag, den 7. November 1929 2. Beilage MWM Ser UWWm vsr MMilDdW MWaukn Bon Professor Dr. Friedrich Behn, Mainz Es gibt unter den unendlich langen Perioden vorgeschichtlicher Kulturentwicklung kaum eine, die in weitesten Kreisen so volkstümlich wäre wie die der Pfahlbauten. Es ist genau ein Jahr hundert vergangen, seit 1829 eine ungewöhnliche Trockenheit die Spiegel der Schweizer Seen ko weit senkte, das; breite bisher vom Wasser über spülte Randgebiete nunmehr trocken lagen. In diesen Uferstreifen, die bald wieder überflutet wurden, zeigten sich nun Gruppen enger oder weiter gestellter senkrechter Pfähle. Zu einer wissenschaftlichen Untersuchung kam es aber erst, als im Winter 1858/54 eine neue und noch stär kere Trockenzeit eintrat, und nun begann eine rege Forschertütigkeit an den Usern der Schwei zer Seen, von der eine stattliche Reihe wissen schaftlicher Veröffentlichungen, insbesondere die „Pfahlbauberichte" Zeugnis "nblegen. Der schlammige Seeboden hat all jene Stoffe in glänzender Frische bewahrt, die unter gewöhn lichen Lagerungsbedingungen unweigerlich bald vergehen, Holz und andere Pflanzenreste, Ge webe und selbst Brot. So konnte hier ein völlig geschlossenes Bild des damaligen Lsbensraumcs gewonnen werden, wie es sonst nirgends möglich war, und man belauschte das Leben des Alltncss, wie es sich vor drei bis vier Jahrtausenden ab gespielt hatte, bis in seine verborgensten Winkel hinein. Der Pfahlbau ist ein bautechnischer Gedanke, der weder zeitlich noch räumlich begrenzt ist, und Pfahlbauten stehen noch heute in tropischen Län dern, vor allem auf den malaiischen Inseln. Nach ihrem Borbilde dachte man sich auch die vor geschichtlichen Pfahlbauten Mitteleuropas als hoch über dem Wasserspiegel auf senkrechten Tragpfählen stehende Plattformen mit einzelnen Häusern oder ganzen Dorfschaften darauf. So rekonstruierte man kleine Modelle für die Museen und große an den Seen selbst, wie noch vor kurzem in Unter-Uhldingen am Bodensee. Man hatte sich dabei niemals darüber Gedanken gemacht, ob die ganz verschiedenen klimatischen Boraussetzungen die einfache Uebertragung tro pischer Wohn- und Bnuformen auf mitteleuro päische Verhältnisse überhaupt zulieszen. Hier über gaben umfangreiche Ausgrabungen willkom menen Aufschluß, die das Urgeschichtliche Institut der Universität Tübingen seit etwa einem Jahr zehnt im südwürttembergischen Etaatsried aus- führt, wo schon früher gesicherte Spuren von Pfahlbauten festgestellt waren. Es ist das Ge biet des ehemaligen Federsees, der früh verlan dete und vertorfte und von dem heute nur noch eia ganz kleiner Nest bei Buchau übrig ist. Das schnell wachsende Torfmoor hat hier die Sied lungen der Vorzeit verschlungen und sehr wesent liche Teile der Bauten in gutem Erhaltungszu stände konserviert Hier liegen zwei Ciedelnngen übereinander, beide noch der letzten Steinzeit angehörend, doch durch einen gewissen Zeitab stand voneinander getrennt. Die Hausformen sind verschieden: die der oberen, also jüngeren Schicht bestehen aus kleineren, einräumigen Häuschen, die straßenweise gereiht liegen; an mehreren Stellen ist ein Baublock als Platz frei geblieben. Hier war von allen Anfang an kein Zweifel, daß die Bauten nicht auf erhöhten Plattformen über dem Wasser gestanden hatten, sondern mit dein Boden unmittelbar auf der Moordecke auflagen. Die Häuser der unteren, älteren Siedlung sind größer, durchweg zwei- räumig und oft mit einem nicht überdachten Vorplatz versehen; auch hier bilden sie ganze Straßenzüge. Es fanden sich nun zwischen den Balkenlagen der Hausböden auch senkrechte Pfähle, und man meinte deswegen, „echte" Pfahl bauten nach der allgemein mit diesem Begriff verbundenen Vorstellung zu haben, und hat das ältere Dorf danach im Bilde rekonstruiert. Aber gerade diese Grabungen gaben uns die klaren Be weise für die Unrichtigkeit der alten Vorstellung an die Hand. Die senkrechten Pfähle, die an geblich eine erhöhte Hausbühne getragen haben, stehen nämlich keineswegs an den dafür geeig neten Stellen, sind für Tragpfähle durchweg viel zu schwach und vor allein zu wenig zahlreich fein erheblicher Teil von ihnen muß zudem noch den oberen, jüngeren Bauten angehören), als daß sic imstande gewesen wären, eine Plattform mit einer größeren Belastung zu tragen. Astgabeln, auf denen die Schwellbälken nufruhen könnten, ind in verschwindend geringer Zahl vorhan den, doch teils gar nicht aus den tieferen Schich ten, teils ebenfalls wieder zu schwach. Die Lage von Fundstücken unterhalb der Hausböden und neben ihnen, die Beobachtung der Vegetation an beiden Stellen, die vereinzelte Stellung der Häu er ohne Zwischenverbindung, und ebenso die ungestörte Lagerung der Fußböden in glatten Reihen nebeneinander, alles spricht entscheidend dafür, daß die „Pfahlbauten" im Fedcrseegebiet nicht swie heutige Badeanstalten) auf erhöhten Plattformen über offenem Wasser gestanden haben können, sondern ebenfalls unmittelbar auf der Decke der moorigen Randzone des Sees auflagen. Der Valkenrost unter den Haus böden und die spärlichen senkrechten Pfähle dien ten dem sehr durchsichtigen Zwecke, sowohl das Einsinken als auch das seitliche Ausweichen der Böden auf dem schwanken Untergrund zu ver hindern. Es besteht somit kein grundsätzlicher Unterschied konstruktiver Art zwischen den beiden Steiuzeitdörfern im Federseebecken; beide sind ausgesprochene Moorsiedlungen. Vor kurzem fand sich eine günstige Gelegen heit, an einer ganz anderen Stelle diese Ergeb nisse zu überprüfen. Das starkenburgische Ried zwischen dem Rhein und dem Westfuß des Oden walds-; wird von zahlreichen Wiesenschleifen, Resten alter Rhein- und Neckarläufe durchzogen, ein für Pfahlbauten hervorragend geeignetes Ge biet. Diese sind denn auch seit Jahrzehnten dort angetroffen, doch noch niemals systematisch durch forscht worden. Im vergangenen Herbst konnte nun ein Stück eines steinzeitlichen Pfahlbaues in einer verlandeten Schleife des ehemaligen Neckarlaufes bei Goddelau unweit Darmstadt archäologisch, geologisch und palüobotanisch unter sucht werden, und das Ergebnis war eine volle Bestätigung der neuen Erkenntnisse vom wahren Wesen der Pfahlbauten. Von den 12 in Godde lau noch vorhandenen senkrechten Pfählen reich ten nur drei in den festen Sandboden des Fluß bettes hinab, alle anderen endeten bereits höher in einer aus der Verlanduugszeit des Wasser laufes stammenden Moorschicht. Die Oberbauien fehlen, sie sind bei einer geologisch und botanisch einwandfrei erkennbaren Hochwasserkatastrophe zerstört. Solche Pfähle sind natürlich ganz und gar nicht geeignet, eine größere Belastung zu tragen, sie sind wie am Federsee lediglich Fixie- rungspfähie gegen das seitliche Ausweichen der Häuser. An den Rändern des pfahlbaureichen Boden sees liegt fast regelmäßig vor der steinzeitlichen Siedlung noch eine bronzezeitliche des zweiten Jahrtausends weiter draußen im See. Man sah den Grund dafür allgemein darin, daß Techniken und Geräte der Metallzeit es ermöglicht hätten, weiter in das freie Wasser hinauszubaucn. Die bedeutsamen klimageschichtlichen Forschungen der beiden letzten Jahrzehnte haben indessen gezeigt, daß im zweiten vorchristlichen Jahrtausend, einer Zeit größerer Wärme und Trockenheit, auch die größeren Gewässer zusammenschrumpften. Dis Pfahlbauten des zweiten Jahrtausends liegen demnach ebenso wenig im freien Wasser wie ihre Vorgänger in der Steinzeit, auch sie sind Ufer bauten auf der Oberfläche des Moorgrundes. Die Errichtung von Pfahlbauten hat jedenfalls weder wirtschaftliche noch etwa gar hygienische, sondern ausschließlich forlifikatorische Gründe. Mooriger und schlammiger Boden aber bietet dem Angreifer unverhältnismäßig schwerere Hindernisse als das leicht zu überwindende offene Wasser. Wir müssen uns also damit ab finden, daß wir uns Jahrzehntelang ein irriges Bild von den Pfahlbauten gemacht haben, aber was sie vielleicht nun an Romantik ver lieren, gewinnen sie dafür an wissenschaftlicher Richtigkeit. Aus unserem RmMenküMen Als Friedrich Wilhelm III sich seine Zähne in Ordnung bringen lassen wollte, mußte er zu d-r sein Zwecke nach Paris reisen. * Ein schöner Vogel, der „Bienenwvls" füllt sich ungestraft den Kropf mit lebenden Wespen Kaiser Friedrich I. hielt dem Papst Aleran der III. bei seiner Aussöhnung mit diesem bw Venedig den Steigbügel. * Bis in die 50er Jahre des vorigen Jahi Hunderts mußten sich die englischen Soldaten selbst ausrüsten. Der Staat lieferte nur den Paradefrack, Hose und ein Paar Stiefel. Zu einer Schlittenfahrt der „Allerhöchsten Herrschaften" während des Wiener Kongresses wurde der Schnee in Körben zusam menget ragen Zu dem Rüstzeug der Mittelalterlichen „Helfer" d. h. Sanitäter gehörten Cchweinekoi und Hasenhaare, Totenaugen und Drachenblut, daneben Glüheisen und die Aderlaßschrepper. * Auf der ägäischen Insel Kos freit nicht der Mann um die Braut sondern das Mädchen um den Bräutigam. - sr Als die englichcn Truppen nach Rangun, im Delta des Jravadi, kamen, starben so viele am Klima, daß sie den Ort Golgatha nannten. * Schon Perikles hat den Gedanken eines Par laments, und zwar eines allgemeinen griechischen gehabt. Iss MAHN WM GM Sciz,)c von Hans Albrecht, Kassel Bei einer militärischen Turnübung hatte sich der Unteroffizier Fritz Reimer schwer verletzt Er war vom Neck gestürzt und besinnungslos hatte man ihn vom Platze getragen Im Laza rett konstatierte der Arzt eine schwere, innere Verletzung, und lange, lange Zeit lag Reimer krank danieder. Endlich kam der Entlassungstng. Draußen im Garten des Lazaretts grünte und blühte der Frühling, als Reimer ins Leben zurüctkehren durfte. Er hatte vor der Beförderung zum Vizefeldwebel gSftande» — nun war es aus mit dem aktiven Dienst! Eine besondere Vergün stigung erfuhr der Halbinvalide, indem man ihm eine gute Bürostellung im Militärdienste über tragen hatte. — Am Morgen des Abgangstages, nachdem die üblichen Formalitäten erledigt worden waren, stand der Unteroffizier Fritz Reimer vor dem Militärarzt, der ihn in Behandlung gehabt. Der joviale Doktor war dem Manne, den er als tüchtigen und strebsamen Soldaten gekannt, schon in den gesunden Tagen freundlich gesinnt ge wesen und hatte aufrichtigen Anteil an seinem Schicksal genommen. Den so ruhigen und still ergebenen Patienten, den Menschen mit dem guten, edlen Herzen hatte er nun kennen und schützen gelernt. Jetzt stand er ihm zum letzten Male gegen über. „Also Sie kommen fort von hier, Unteroffi zier Reimer! Nun, bei allem ist es noch ein Trost, daß Sie nicht einfach als Invalide kalt ge stellt worden sind! Wenns auch mit dem Front dienst vorbei ist. . . Man muß sich eben dem Geschick fügen und beugen, mein Lieber! Sie kommen ja auf einen ganz annehmbaren Posten, daß Sie es aushalten können. Und nun vor allem den Kopf hoch und beherzt der Zukunft entgegengeschritten! Nur nicht den Mut ver lieren — das ist die Hauptsache im Leben!" — „Herrn Stabsarzt danke ich noch besonders für all' die Sorgfalt, die ich erfahren, und die..." „Papperlapapp — nichts da von Dank! Wir beide wollen froh sein, daß sich die Sache soweit noch glücklich gemacht hat. Schlimm genug sah ha im Anfang schon aus! Sie werden aber auch (Nachdruck uerlwtcu 1 fernerhin Ihrem Gesundheitszustand stets Auf merksamkeit widmen müssen..." Er räusperte sich, um fortzufahren: „Besonders um einen Rückfall vorzubeugen, wissen Sie! Dergleichen ist immer gefährlich. Vorsichtig leben, recht auf der Hut sein bei et waigen körperlichen Anstrenglingen, Gemütser- regungen vermeiden... Nun, Cie kennen meine Verhaltungsvorschriften und werden Sie befol gen! Denn..." Der Stabsarzt hielt inne. Dann setzte er, sichtlich bewegt, hinzu: „Nun Lebewohl und Gott befohlen, Reimer! Ich wünsche Ihnen herzlich alles Gute!" — „Herr Stabsarzt — darf ich meinen Ent lassungsschein ... ? Der Doktor war jetzt offenbar betroffen. „Wie — den Schein wollen Sie Aber Sie haben doch sonst Ihre Papiere, nicht wahr? Das genügt ja schon! Alles weitere wird dann von hier aus erledigt." — Fritz Reimer sah den Sprechenden scharf ins Auge. Weshalb nur wollte man gerade hier eine Ausnahme von der sonst üblichen Gepflogenheit machen? Sollte er etwas nicht wissen Eine dunkle Ahnung wälzte sich ihm auf die Seele. „Ich möchte doch gehorsamst gebeten haben, Herr Stabsarzt! Es wäre doch besser, wenn ich den Schein selbst in den Händen habe, sobald ich ihn brauche..." Fast unwillig war der Arzt geworden. „Aber um alles — warum versteifen Sie sich auf das Papier?! Ich sage Ihnen doch, Sie wer den es gar nicht brauchen — das nötige wird Ihrem neuen Kommando schon überwiesen wer den. Lassen Sie also das Stück Papier!" — ,Lerr Stabsarzt!?..." Auf Reimers Antlitz kam und schwand die Farbe, sein Atem ging schwer. Der Doktor kämpfte mit sich, man merkte es ihm an. „Nun, wenn Sie's absolut so wollen — ver weigern kann ich es am Ende nicht! Sie regen sich ja schon ganz auf und ich habe Sie doch ge beten ..." Der Unteroffizier zwang sich zur Ruhe. „Ich bin an Selbstbeherrschung gewöhnt und ich bin kein Feigling. Herr Stabsarzt! Mas es auch sein mag, das mir — wohlwollend verschwie ¬ gen sein sollte... Ich kann es vertragen, die Wahrheit zu hören. Und ich muß sie keimen, um meiner selbst und meiner Zukunft willen!... „Nun denn" — langsam, zögernd und schwer kamen die Worte über des Arztes Lippen — „hier haben Sie den Schein! Ich hätte ihnen so gerne verschwiegen, was Cie nun erfahren, Reimer!" Dieser nahm das Papier und entfaltete es. „Nochmals also", fuhr der Stabsarzt fort, „Ruhe und Gefaßtheit haben Sie nötig! Sehen Sie, was Sic da lesen, ist ja traurig, sehr trau rig, gewiß! Aber nach menschlichem Ermessen ... Cie sind ja noch jung, Unteroffizier! Wenn man erst 25 Jahre zählt, kann man noch zuversichtlich hoffen und wenn's auch da steht, daß . . . daß Sie nicht alt werden könnten . . . wir Aerzte sind ja auch dem Irrtum unterworfen, wir alle . . . wir können uns immerhin auch einmal täuschen .." Er hatte warm und eindringlich gesprochen und legte nun die Hand beruhigend auf die Schulter des Unteroffiziers, der totenblaß gewor den war. Der Doktor fühlte, wie ein heftiges Beben, ein schwer unterdrücktes Schluchzen den Körper des jungen Mannes erschütterte. Wohl preßte er die Zähne aufeinander, und konnte es doch nicht hindern, daß ihm eine Träne ins Auge trat. Dann aber stieckte Fritz Reimer in jäher Be wegung dem Arzte, dem treuen, wohlmeinenden Doktor die Rechte hin. „Es ist ja jo schwer, Herr Stabsarzt, das zu wissen... und doch, gut ists, daß ich es weiß' Eltern habe ich ja nicht mehr aus der Welt, auch sonst niemanden, der mir nahe steht ... da muß ich es ja schließlich überwinden, aber. .. für Ihre Güte, Ihr Wohlwollen . . . dafür möchte ich dan ken, Herr Stabsarzt, herzlich danken! Ich werde ilie vergessen, wie..." Der Arzt drückte tief bewegt Reimers Hand. „Sie wollten es ja nicht anders, lieber Rei mer! Und nochmals: Gott befohlen! Wenn Sie Rat und Hilfe brauchen sollten — mich werden Sie bereit finden. Nur standhaft bleiben, hören Sie? . . . Leben Sie wohl! . .." Er ging. Fritz Reimer allein. Draußen grüßte der Frühling durch die Fensterscheiben, im Grün und Blütenflor Vogelgezwitscher. Und rings lachen der Sonnenschein!... Noch einmal blickte der Unteroffizier starr auf das Papier in seiner erbebenden Hand. Dann wehrte er dem tiefen, heftigen Schmerze nicht lau gcr. Denn da stand der Vermerk, der sein Schick sal enthielt. Er hatte nach ärztlichem Ermessen nurn och längstens zwei Jahre zu leben! Ein Jahr lang schon war Reimers in seiner neuen Vürostellung. Es ging ihm gesundheitlich keineswegs schlecht. Wohl sah er bleich und lei dend aus, aber der Dienst sagte ihm zu, und die Vorgesetzten übten jede Rücksicht und Schonung aus, zumal sie Reimers strenges Pflichtgefühl und seinen Arbeitseifer erkannten. Und wieder war es Frühling geworden. Fritz Reimer hatte um Urlaub nachgesucht und erhielt ihn. Wie freute er sich auf die Er holungsreise nach dem Kurort im lieblichen Thüringer Land! — An einem Hellen Maienlag kam er dort an. Bald fühlte er sich ganz heimisch. Er fand eine gute Pension und sorgsame Verpflegung und nun lebte er auf im Waldesfriedeu dieses reizvollen Erdenflecks. Und nun trat etwas Neues in sein Leben Die Liebe begegnete ihm!... Auf einem Ausflugsort traf er mit einer jun gen Dame zusammen —, zufällig geschahs. Oder war es Bestimmung, daß diese beiden Menschen sich lieben lernten auf den ersten Blick? Sinnend hatte sie auf der Waldbank gesessen, als er in früher Morgenstunde kam. Beide waren dann allein in der herrlichen Gotteswelt: hoch oben strahlte der Frühlingshimmel und de- Hochwalds Rauschen umgab sie. Sie hatten ein Gespräch miteinander begon nen, von der Naturschönhcit des Landes redeten sie, von ihrem Woher und Wohin. Und schließlich sprachen sie von ihrem Leben. Niemand störte sie in dem Austausch der Betrachtungen und Er innerungen. Die köstlichen Morgenstunden aber knüpften sacht das unsichtbare und unGs!'-"-" Band einer reinen Liebe. — Else Kelling war Waise wie er. Cie stand allein im Leben, auf sich selbst gestellt. In einer mitteldeutschen, großen Provinzstadt be trieb sie ein eigenes Putzwaren- und Modege- schnft. Kaum sah man ihr an. daß sie schon nicht mehr im jugendlichen MädchenaUer stand. Neun- undzwanzig Jahre war sie alt. Stattlich und von hohem Wuchs, ging von ihrer ganzen Er scheinung etwas Festes, Kraslbewußtes aus. Blondes Haar umrahmte in dichter Fülle ihr ausdrucksvolles, sympathisches Gesicht mit den dunklen, sprechenden Augen, die den Ernst des Lebens nach der Eltern frühem Tode schon so zeitig schauen gelernt. (Schluß folgt)