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MMMWIkl WM! unüAn^iM Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Erscheint jeden Wochentag nachmittag» — Fcrnspr. Nr. II u. 2ö. Postscheckkonto Leipzig 23464. — Gemeindegirokonto 14. 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Dieses Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts des Finanzamts und des StadtratS zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Nr. 127 Dienstag, den 4. Juni 1929 s j 79. Jahrg Regelung der Markfrage Ein Brief Schachts an Young — Ministerialdirektor Ritter Sonderbev-llinächtigter Sas Mselraien M Lie «« MMon .Dresden, 4. Juni Zn der am Sonnabend abgehaltenen Sitzung der sozialdemokratischen Landtagsfraktion und der Landesinstanzen der Sozialdemokratischen Par tei wurde selbstverständlich auch die Frage der Regierungsbildung in Sachsen behandelt. Nach Meldungen einzelner bürgerlicher Vlätjer, die von der sozialdemokratischen Presse als zum Teil unrichtig bezeichnet werden, soll sich in Sicher Sitzung eine ganz erdrückende Mehrheit gegen die Beteiligung der sozialdemokratischen Fraktion an einer Großen Koalition ausgesprochen haben. Die Veröffentlichungen der sozialdemokratischen Presse über die Sonnabendsitzung enthalten Mit teilungen über diesen Beschluß nicht, wohl aber wird ein M i n d e st p r o g r a m m veröffentlicht, das die Sozialdemokratische Partei für eine Re gierungsbildung aufstellen will. Dieses Pro gramm befaßt sich hauptsächlich mit sozialen Fra gen. Unter anderem wird eine soziale Umgestal tung der Steuergesetze verlangt, vor allem die Aufhebung der Stundungsverordnvng für die Mietzinssteuer, jedoch unter Schonung Ler wenig leistungsfähigen Hausbesitzer, Lie Aufhebung der Verdoppelung der Zuschläge zur Grund- und Ge werbesteuer- die Erhebung einer Vaulandsteuer, Neuregelung der Verteilung der Steuerauteile unter Berücksichtigung der Notlage der Gemein den, Erhöhung der Zuweisung an den Lastenaus- gleichsstock. Ferner wird Lie Ablehnung finan zieller Sonderzuweisungen an die Kirche gefor dert. Die Erwerbslosigkeit soll durch verschiedene Maßnahmen bekämpft werden, der Achtstunden tag soll in den staatlichen Betrieben und Anstal ten eingeführt werden. Der Arbeiterschutz soll be sonders bei Bau- und Bergarbeitern ausgeb aut werden. Zur Durchführung des Wohlsahrtspflege- gesetzes sollen ausreichende Mittel bereitgestellt werden, ebenso für die Schulkinderspeisungcu. Weiter ist in dieser Sitzung beschlossen wor den, Len Reichstagsabgeordneten Fleißner für die Wahl des M i n i st e r p r ä s i de n t e n vor zuschlagen. Wenn es auch nach der bisherigen Haltung einesteils der sozialdemokratischen Führerschaft und andernteils ihrer Presse den Anschein haben kann, als ob die Sozialdemokraten der Großen Koalition gegenüber sich ablehnend verhalten wollen, so kann doch nicht mit Bestimmtheit ge sagt werden, daß die Große Koalition für Sach sen damit endgültig erledigt wäre. Bestehen bleibt einmal die Tatsache, daß die unklare Hal tung der Nationalsozialisten den Bestrebungen um Herbeiführung einer Negierung auf der Grundlage der alten Koalitionsparteien große Schwierigkeiten in den Weg legt, und daß zum anderen in gewissen bürgerlichen Kreisen immer noch mit der Großen Koalition, wenn auch viel leicht erst nach einigen Monaten, gerechnet wird. Man begegnet sogar in parlamentarischen Krei sen der offen ausgesprochenen Meinung, daß, selbst wenn die alte Koalition jetzt zustande käme, diese vielleicht nur eine vorübergehende Erschei nung sein würde, und in absehbarer Zeit, je nach dem die Dinge in Berlin sich gestalten, der Gro ßen Koalition weichen müßte. Am heutigen Dienstag wird zum ersten Male der alte interfraktionelle Aus schuß unter Hinzutritt von Vertretern der Fraktion des Landvolkes tagen, um die Ver handlungen über die Herbeiführung einer Negie rung der alten Koalition aufzunchmen. Nach Lage Ler Sache ist nicht damit zu rechnen, Laß in dieser Sitzung irgendwelche positive Ergeb nisse erzielt werden. Voraussichtlich wird man sich darauf beschränken, Erklärungen der einzel nen Fraktionen über ihre grundsätzliche Ein stellung zur Frage der Regierungsbildung und Paris, 3. Juni In der belgischen Markfrage hat der Vor sitzende der deutschen Gruppe, Neichsbankpräsi- Lent Dr. S ch a ch t, an den Vorsitzenden des Sach verständigenausschusses, OwenS) oung, folgen den Brief gerichtet: Sehr verehrter Herr Vorsitzender! In Ergänzung der Unterhaltung, die ich am letzten Sonnabend mit Ihnen in der belgischen Markfrage gehabt habe, beehre ich mich, Ihnen mitzuteilen, daß die deutsche Negierung bereit -ist, folgende Maßnahmen zu ergreifen: 1. Unverzüglich ein pactum de contrahendo mit Ler belgischen Negierung (sei es durch No tenwechsel, sei es Lurch ein gemeinsames Proto koll abzuschließen, wodurch die beiden Regie rungen sich verpflichten, Verhandlungen auf einer neuen Basis anzunehmen mit dem Ziel einer end gültigen Regelung der Markfrage; 2. diese Verhandlungen alsbald aufzunchmen und darüber übereinzukommen, daß diese Ver handlungen abgeschlossen werden sollten, bevor der neue Neparationsplan von den Negierungen in Kraft gesetzt wird; vielleicht auch über die Wahl des Ministerpräsi denten herbeizufllhren. Da die Nationalsozia listen an dieser Sitzung nicht teilnehmen, wird das weitere wohl zunächst davon abhängen, ob und in welcher Weise sich die Nationalsozialisten zu den Absichten Ler in der interfraktionellen Arbeitsgemeinschaft zusammen gekommenen Frass tionen zu äußeren willens sind. Jedenfalls wird man sich wieder auf sehr langwierige Verhand lungen gefaßt machen müssen. VMM NMÄW Berlin, 3. Juni Der letzte Tagungsabschnitt des Reichstages vor der großen Sommerpause nahm heute seinen Anfang. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantrag ten die Deutschnationalen, daß die Negierung noch vor Stresemanns Abreise nach Madrid dem Reichstag über das Ergebnis der Pariser Konfe renz Rede und Antwort stehe. Gegen die Deutsch nationalen, die Kommunisten und Nationalsozia listen wurde das deutschnationale Verlangen ab gelehnt. In einer über das übliche Maß hinaus ver längerten Sitzung wurde dann endlich die 2. Be ratung des Etats für Ernährung und Landwirt schaft zu Ende geführt. Minister Dietrich teilte mit, daß für Lie Z o l l f r a g e n, Lie das Brotge treide berühren, ein Sachverständigen ausschuß eingesetzt ist, und daß Liese Fragen noch vor der Sommerpause erledigt werden sollen. Die übrigen Zollfragen sollen in Verbindung mit den sich aus der Pariser Rcparationskonferenz ergebenden Wirtschaftsfragen in einer Sonderta gung des Reichstages im Sepiember behandelt werden. Ter Landwirtschafisetal wurde schließ lich unter Ablehnung vieler Acnderungsanträge nach Len Vorschlägen des Ausschusses angenom men. Ein kommunistischer Antrag auf Bereitstel lung von 5 Millionen Mark für Kindersi>eisungen wurde gegen die Kommunisten und National sozialisten abgelehnt, ebenso ein kommuni stischer Mißtrauensantrag gegen den Neichs- ernährungsminister Dietrich. Gegen die So zialdemokraten und Kommunisten wurÄe eine Entschließung des Handelspolitischen Ausschusses auf Anpassung der Fleisch- 3. die deutsche Negierung hat M i n i st e r i a l- direktor Ritter zu ihrem Sonderbeooil- müchtigtcn für diese Fragen ernannt; er ist bereit, die Verhandlungen alsbald zu eröffnen. Der wesentliche Inhalt der vorhergehenden Punkte ist dem belgischen Gesandten in Berlin mitgeteilt worden, dessen Antwort von der deut schen Negierung erwartet wird. Die deutsche Ne gierung hat diesen Vorschlag in dem Geiste des Entgegenkommens und mit dem festen Willen ge macht, dieses Hindernis für die normale Ent wicklung der freundschaftlichen Beziehungen zwi schen den beiden Ländern zu entfernen. Ich hoffe, daß diese Feststellungen alle Miß verständnisse beseitigen werden, die hinsichtlich der Stellung der deutschen Negierung in der bel gischen Markfrage bestehen. Im Hinblick aus diese zurzeit bestehenden Mißverständnisse wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie den übrigen Mit gliedern des Ausschusses von der Stellungnahme der deutschen Negierung, wie ich sie hierin darge legt habe, Mitteilung machen würden." Der Brief ist vom Vorsitzenden an sämtliche Ausschußmitglicder verteilt worden. zölle an die Lebendviehzölle angenommen; Ler weitere Ausschußantrag, der eine Erhöhung der Speck- und Schmalzzölle wünscht, wurde zu rückgestellt. Auf der Tagesordnung der Dienstag sitzung, die um 3 Uhr beginnt, steht der Haushalt des Reichswirtschaftsministeriums. SHttSssM- M MUiW MmlchlMSerKW Dresden, 3. Juni Bei den heute stattgehabten Lohnverhand lungen im sächsischen Steinkohlenbergbau, die unter Leitung des vom Reichsarbeitsministerium als Sonderschlichter bestellten' Regierungsrats Dr. Brahm stattfanden, wurde folgender Schiedsspruch gefüllt: Die Grundlöhne der Arbeiter über Tage vom 24. Jahre an, Lohu- stuse 9, werden vom 1. Juni 1929 ab auf 3.87 Mark normiert. Die Erundlöhne Ler übrigen Arbeiterkategorien erhöhen sich entsprechend. Die übrigen Bestimmungen der Lohnordnung bleiben bestehen. Die Gültigkeit läuft bis zum 31. Oktober 1930. Rach 18 Zchrsn WH! Die Staatsaugehörigkcitsvcrhälttnsse Bewohner von Hantsch und Sandnu Berlin, 3. Juni Die zum Hultschincr Lande gehörenden Ge meinden Haatsch und Sandau sind, wie der Amtliche Preußische Pressedienst einem Nundcr- laß des Ministers des Innern entnimmt, infolge nachträglicher Erenzsestsetzung mit Wirkung vom 16. Mürz 1922 an d ie T s che ch o s l o w a ke i gefallen. Auf Grund des Artikels 84 des Versailler Vertrages und des Staatsangehörig keitsvertrages zwischen Deutschland und der tsche choslowakischen Republik haben die deutschen Neichsangehürigen, die beim Inkrafttreten des Versailler Vertrages ihren Wohnsitz in Haatsch und Sandau hatten, mit Wirkung vom 10. Ja nuar 1920 unter Verlust der deutschen Neichs- angehörigkeit die tschechoslawischc Staatsangehö rigkeit erworben. Ein Optionsrccht ist ihnen nach- trüglich nicht zugebilligt worden. ? i MWlmgderReichshahn Ncichsvcrkehrsministcr Stcgcrwald über die Ge schäftslage bei der Reichsbahn — Das Kanalpro gramm — Die Zuwendungen an den Luftverkehr Berlin, 3. Juni Bei dc'r heutigen Beratung des Etats des Neichsverkehrsministers im Haushaltsausschuß des Reichstages ergriff zum Schluß der Aus sprache Neichsuerkehrsminister Stegerwald das Wort, um Auskunft über verschiedene Fragen zu erteilen. Er teilte mit, daß die künftige Stellung der Reichsbahn sich in den nächsten Ta gen entscheide. Die Reichsbahn müsse aus der internationalen Umklamme rung heraus. Der Minister gab die gegen wärtigen Belastungen der Reichsbahn für politi sche Zwecke auf 11 0 0 M i l l i o nen Mark an. Für die Zukunft schwanke die Belastung, die die Reichsbahn aufzubringen haben werde, zwischen 645 und 665 Millionen Mark'- Der an den 1100 Millionen noch fehlende Rest sei eine inner deutsche Angelegenheit. Der Minister fuhr dann fort: Wir mugeu uns allseitig klar werden, daß die deutsche Wirt schafts- und Finanzpolitik durch die Pariser Ver einbarungen sich vor eine gründliche Neuorientie rung gestellt sieht. Sie muß sich jetzt daraufein stellen, daß wir für viele Jahrzehnte jährlich 2 Milliarden Mark an die Siegerstaaten des letz ten Weltkrieges abzuführen haben. Im laufen den Jahre rechnet die Reichsbahn mit einer Ein nahme einschließlich der Veförderungssteuer von 5,7 Milliarden, die Neichspost mit 2,6 Milliarden Mark. Insgesamt dürfte die deutsche Volkswirt schaft für die Beförderung von Menschen, von Nachrichten und von Gütern jährlich 11—12 Mil liarden Mark verausgaben, das ist etwa der 6. bis 7. Teil des deutschen Volkseinkommens. Unter den Verkehrsmitteln steht an Bedeutung die Reichsbahn an erster Stelle. Ihre Lage ist ge genwärtig vor folgender Situation: Die Massen güter sind seither relativ billig befördert wor den, während für die übrigen Waren gemäß dem geltenden Werttarifsystem die Frachten erheblich höher liegen. Ein nicht geringer Teil Ler letz teren Waren wandert immer mehr ab von der Schiene zum Lastkraftwagen, so daß Lie Massen güter schließlich mehr und mehr zur Hauptein- uahmequelle werden. Auch die Anlcihepolitik der Reichsbahn hat seither mit großen Schwierigkei ten zu kämpfen. Wenn Lie Reichsbahn in noch stärkerem Maße ein Förderungsinstrument der deutschen Wirtschaft werden soll, so ist das m. E. nur auf zwei Wegen möglich. Entweder die Reichsbahn muß stärker von den politischen Ver pflichtungen entlastet werden, ober cs müs sen ihr für Vorzugstarife in den Grenzge bieten oder für ähnliche wirtschaftliche und natio nale Zwecke, die ich persönlich für notwendig halte, Z u w e n d u ng e n aus Reichsmit teln überwiesen werden. Daneben müssen aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden für eine langfristige und wirtschaftlich tragbare An leihepolitik großen Stils. Dabei handelt cs sich aber, auf lange Sicht gesehen, nicht um einige Hundert von Millionen, sondern um mehrere Milliarden Mark. Dem Verkehrsministerium ist vielfach der Vorwurf einer uferlosen Kanalbau politik gemacht worden. In Wahrheit entspricht das Ausbauprogramm des Reiches dem Pro gramm der Länder, das bei Uebernahme der Wasserstraßen auf das Reich bereits eingeleitet war. Die Verpflichtungen an die Länder wegen des Mittellandkanals, auch des SUdflügels des selben, müssen erfüllt werden. Neben der Wasser straßenpolitik sind die Zuwendungen Les Reiches und die Art ihrer Begebung an Len Luftverkehr und die Luftfahrtindustrie stark umstritten. Das dürfte sich nicht ändern, solange die Subventionen des Reiches audauern. Eine Wirtschaftlichkeit des Luftverkehrs und der Luftfahrtindustrie gibt es der