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HohmMn-KuMaler Tageblaü un-LnMger Nr. 6<» Sonnabend, den 10. März 1928 2. Beilage Amtliche Hauptversammlung -er Lehrerschaft an den Berufsschulen der Schulaussichtsbezirke Stollberg und Glauchau Am 5. März 9,30 Uhr eröffnete Herr Be zirksschulrat Dr. Rudloff, Stollberg, im ..Braunen Rok" zu Oelsnitz i. E. die Jahres hauptversammlung der Lehrerschaft an den Be rufsschulen der Schulaufsichtsbezirke Stollberg und Glauchau und begrüßte die gesamte Be rufsschullehrerschaft, die Vertreter der Behörden und die zahlreich erschienenen Gäste. Hierauf erteilte er das Wort Herrn Berufsschulober lehrer Gäbler, Leipzig, zu seinem Vortrag: „Bildungsziele und Bildungswege der Berufs schule". Der Redner führte folgendes aus: Aufgabe der beruflichen Schule ist die Heranbildung eines Nachwuchses, der durch seine körperlichen, intellektuellen und seelischen Kräfte wie durch sein berufliches Können im jeweiligen Wirt schaftsleben vollwertige Arbeit zu leisten, am Leben der Volksgemeinschaft teilzunehmen ver- mag und zu eigener verantwortungsbewußter Lebensgestaltung befähigt ist. Der theoretische und praktische Unterricht der beruflichen Schulen hat den Beruf als Ausgangs- und Mittelpunkt. Danach sind die Bildungsstoffe auszuwählen. Der Unterricht soll a) in Ergän zung der praktischen Tätigkeit durch theoretische Unterweisung, durch praktische Anleitung uno Gewöhnung das berufseigene Denken und Arbeiten schulen und somit die Grundlage für die Entfaltung eines begründeten Berufs bewußtseins entwickeln helfen; d) die kulturellen und wirtschaftlichen Zusammenhänge und Be dingtheiten unseres Gemeinschaftslebens aus dem Berufsleben heraus erkennen lehren; c) gegenüber Einseitigkeiten des Berufs alle Möglichkeiten psychischer und physischer Ergän zung erfassen. Eines besonderen Religions oder Weltanschauungsunterrichtes bedarf es da zu in den beruflichen Schulen nicht, da ihre Bil- dungsstoffe reiche Gelegenheit bieten, auch sitt lich-religiöse Kräfte lebendig zu machen. Jugend pflege hat in den beruflichen Schulen als Er ziehungsprinzip schlechthin zu gelten. Ihre Ilnterrichtspraxis haben die beruflichen Schulen so zu gestalten, daß jedes einzelne Lehr fach auf der Grundlage des Arbeitsprinzips die ihm innewohnenden Bildungswerte klar heraus arbeitet und der Erziehungsarbeit innerhalb des Unterrichts nutzbar macht. Die pädagogische Eigenart der beruflichen Schulen verlangt volle Selbständigkeit in Aufsicht und Ver waltung. Die Organisation des be ruflichen Schulwesens ist so durchzuführen, daß sie die gesamte volksschulentkassene Jugend von 14—18 Jahren umfaßt, soweit sie nicht allge meinbildende Schulen besucht. Ihr Aufbau muß in zweckmäßiger Ausgestaltung die Berufsvoc- schulung, die neben der Lehrzeit hergehende Schulung und die Weiterbildung über die Schulpflicht hinaus umschließen. Ein einheit licher Bildungsgang ist herauszuarbeiten, der, von der Volksschule beginnend, Aufstiegsmög lichkeiten verschiedener Art eröffnet. Der kul turellen Bedeutung der beruflichen Schulen muß ihre Anerkennung innerhalb des deutschen Vil- dungswesens entsprechen und ihre außerordent lichen pädagogischen Möglichkeiten müssen sie Men übrigen Schulgattungen gleichwertig an die Seite stellen. Tie Regelung des Berechti gungswesells für die beruflichen Schulen hat dem Rechnung zu tragen. Die äußere Organi sation muß in ihrem Aufbau der beruflichen Struktur des Schulbezirkes entsprechen und durch Zusammenfassung kleinerer Schulbezirke zu Ver bänden auf Grund wirtschaftlicher und geo graphischer Verhältnisse leistungsfähige Schulen schaffen. Zweckentsprechende eigene Schulge bäude mit Lehrwerkstätten, die sowohl der Er gänzung der Lehre als auch der Ausbildung Ungelernter dienen und mit den Fortschritten der Technik dauernd Schritt halten müssen, sind zu errichten. Für die Mädchenberufsschuie sind außerdem zur Vorbereitung der Schülerin nen auf den künftigen Beruf als Hausfrau und Mutter die entsprechenden Werkräume einzu richten und zum Zwecke schulischer Auswertung ist Verbindung mit sozialen Anstalten zu schaf fen. Jugendpflege und Jugendfürsorge ver langen, daß alle beruflichen Schulen mit den erforderlichen Jugendwohlfahrts- und Fürsorge einrichtungen versehen werden. Engste Zu sammenarbeit mit den Wirtschafts kreisen ist Vorbedingung für erfolgreiche Schularbeit. Sie mutz unterstützt werden a) durch sinngemäße Gestaltung des Ausbil dungswesens der Jugendlichen mit grundsätz licher Anerkennung des Tagesunterrichts und Beseitigung des Lohnabzuges für die in die Arbeitszeit fallenden Unterrichtsstunden; bs durch sinngemäße Regelung des Prüfungswesens und dessen Verbindung mit der Schule. Die be sonderen Aufgaben der beruflichen Schulen setzen voraus eine berufspraktische — und wissenschaftlich — insbesondere pädagogisch und psychologisch — gründlich durchgebildete Lehrerschaft, deren Ausbildung grundsätz lich die Hochschule übernehmen muß. Im Werk unterricht können besonders geeignete Berufs praktiker die Ausbildung übernehmen. In der sich anschließenden regen Aussprache wies u. a. Herr Oberschulrat Hertel, Glau chau, auf das wenig beachtete und kümmerlich" Dasein der kleinen ländlichen Zwergberufs schulen hin. Er bat die gesamte Berufsschul- lchrerschaft, ihr Augenmerk besonders auf dieses Gebiet zu richten. Zum Schluß der Versamm lung hob Herr Bezirksschulrat Dr. Rudloff bervor, daß der Verbandsbüdung im Bereiche der Berufsschule wie der Hilfsschule natürliche Grenzen gezogen seien. Auch wünschte er, daß die Didaktik des Berufsschnlunterrichts grund sätzlich behandelt und systematisch dargestellt werde. Die Versammlungsteilnehmer hielt am Nachmittage noch ein kleines Vergnügen zu sammen, das vom Bezirksverein Glauchau-Stoll berg veranstaltet wurde. MmieM Skizze von Ernst Hengstenberg Wie die Zeit vergeht! Wenn Professor Henzmann auf die Jahre zurllckblickte — nun — so ging es ihm wie jedem: er wußte nicht, wo sie geblieben waren. Nur wenn er zuweilen diesen oder jenen seiner alten Schüler traf, >dann überkam es ihn plötzlich, daß er zählen sund zurückdenken mußte. Aber Henzmann war der letzte, der senti mental gewesen wäre: er lehrte Mathematik. Seine Fächer hatten oas Gefühl nie stark in Anspruch genommen, er hielt es mit dem Ver stand. Aber so ein Wiedersehen mit diesem oder jenem aus dem ersten Abiturientenjahrgang, den er selber als Klassenlehrer geführt hatte, das löste doch sehr geteilte Gefühle in ihm aus. Prächtig, was das für Kerle geworden waren: der eine Arzt, der andere Rechtsanwalt, beide im Städtchen geblieben, ein dritter Pastor in der Nähe auf dem Laude; der vierte war ins Fach des Professors übergegangen und lehrte irgendwo in Hannover; und der letzte wirkte in einer Stadtverwaltung. An den Rhein hatte das Schicksal ihn verschlagen. Zuweilen, wenn der Professor den Arzt oder den Rechtsanwalt traf, dann sprachen sie dar über und freuten sich jedesmal, daß der Krieg sic alle wieder lebend entlassen hatte. Und doch waren die Gefühle geteilt, mit denen der Pro fessor gerade dieses ersten Jahrgangs gedachte. Die früheren Schüler standen überall schon mitten im Leben, besaßen Titel, Aemter, Wür den, hatten schon etwas zu sagen und drängten seine, des Professors Generation, langsam aus ihren Posten. Henzmann maß sein eigenes Leben gerade an diesem ersten und ältesten Jahrgang. Ja, ja, die Zeit verging. Nun wurde zum fünfundzwanzigsten Male die Reife prüfung abgehalten, und für Professor Henz mann sollte es das vorletzte Mal sein; nächstes Jahr zum Oktober hatte er die Altersgrenze er reicht. Dann wurde er in den Ruhestand ver setzt. Das war es, was ihn bedrückte. Seit Jähren wußte er es, und lebte wohl oder übel immer näher auf diesen Tag zu. Solange er noch weit war, fürchtete er ihn nicht. Fünf Jahre zum Beispiel, was sind fünf Jahre nicht für eine endlose Zeit! Professor Henzmann war wirklich nicht empfindsam. Alle Zukunft wurde einmal Gegenwart, gewiß. Aber fünf Jahre! Es war tröstlich, wenn man ausrechnete, daß es über achtzehnhundert Tage waren. Welch eine unendliche Zahl! Spielerisch multiplizierte er sie im Geist gelegentlich mit 24, um die Un summe von Stunden auszurechnen. Das ge schah wohl auf einem seiner Spaziergänge, die er täglich vor die Stadt hinaus unternahm. Dann waren es nur vier Jahre. Unwahr scheinlich, wie es zugegangen war. Wie wenig Substanz solch ein Jahr doch hat. — Drei Jahre! Es gab immer noch über tausend Tage. — Zwei Jahre!! Der Termin wurde drohender. Das Bösartige, das in der Festsetzung der Alters grenze von 65 Jahren lag, fraß innen irgendwie, es störte die Ruhe zuweilen. Ach was, es kam nur gelegentlich. Da war die tägliche Arbeit. Jeder konnte sich überzeugen, daß der Professor seine Kräfte noch spielen ließ wie der Jüngste. Manchen Reformen war er nicht hold, zugs geben. Aber das ging den anderen ebenso, die dreißig Jahre jünger waren als er. Wander tage gab es da neuerdings an Stelle des frühe ren Jahresausfluges. Professor Henzmann lief mit seinen Primanern nm die Wette. Die wollten meist nicht so weit, wie er sie führte. Die Hauptsache aber war ja der Dienst, der Unterricht. Nein, auch der Schulrat, der mit l seinem mathematischen Fachberater kam, mußtet zugeben, daß es der Professor jedem der jüngere« Kollegen voraus tat. Nun also! Wozu denn Abbau? Wozu denn einen Termin setzen, der das einzig Läh mende war, als Henzmann sein letztes Dienst jahr mit einer Frische antrat, wie nur einer. Wozu ihm zum Deliquenten machen, welcher der Vollstreckung eines Urteils entgegen leb»? War nicht eines der Schlagworte, an denen die Welt so reich geworden war, individuelle Be handlung, wie sie ein guter Lehrer übrigens immer und im angebrachten Maße angewendet hat? Hatte er nicht auch ein Recht daraus> Jeder konnte arbeiten, so lange seine Kräfte ausreichten. Warum er nicht? Das saß wie ein Dorn im Fleisch. Das schuf in dem zufriedenen Manne, der sein ganzes Leben der Arbeit gewidmet hatte, so etwas wie Bitterkeit. Er sprach nicht davon. Aber sein« Frau sühlte, wie es in ihm wuchs. Sie spür« auch, wie er alterte, wie seine Spannkraft im letzten Vierteljahr vor dem Termin plötzlich nachlicß. Es schien jetzt oft, als grübelte er längst vergangenen Dingen nach. Das hatte er früher nie getan. Alle unguten Stunden, die in keinem Menschenleben fehlen, wurden in ihm wach und bedrückten ihn. Nur im Unterricht, da war er frisch wie je. Aber es wurde noch einmal besser mit Henz mann. Eine Verfügung beließ ihn ein halbe» Jahr über den Abbautermin hinaus im Dienst. Der Nachwuchs war spärlich geworden, man wußte sich nicht zu helfen. Am Abend diese» Tages kam der Professor mit etwas schwerem Kopf nach Hause. Er hatte zwei frühere Echü- ler, den Arzt und den Rechtsanwalt, getroffen und mit ihnen den Aufschub des Urteils gebüh rend gefeiert. Dieses halbe Jahr, o, es war «in unerwartetes Zumaß zu seinem Leben. Mit dem geklärten Eenußvermögen de» Alter» kostete er Tag für Tag aus. Er führte noch ein mal eine Generation durchs Examen, öffnete ihr gleichsam die Tür, die für sie ins Leben führte. Ihm aber schloß sie sich für immer. Jetzt gab es keinen Aufschub mehr. Nun gehörte er zu den Ausgedienten ... Weiß jeder, wie lang ein Tag sein kann? Ein Tag in unfreiwilliger Mutz«? Kein« Krankheit, die Geist und Körper lähmt. Rüstig, frisch, arbeitswillig — aber di« Tür zur gewohnten Tätigkeit ist von innen verschlossen und verriegelt. Das angegraute Haar des Professor» wurde weiß. Seine alte Straffheit verfiel. „Nanu, was. fehlt Ihnen denn? Sie haben es doch jetzt so gut?" sagte man unbedacht zu ihm. „Arben fehlt mir", erwiderte er ernst, daß der ander« erfchrak. Eines Tages hieß es: Professor Henzmann zieht fort. Kopfschtttteln, Verwundern! Aber es war so. Er floh die Stätte seiner Arbeit. Reisen hatte nichts genutzt. Gar nichts durfte dort Zurückbleiben, wo er den größten TeU seine» Lebens verbracht hatte, dann konnte er vielleicht vergessen, hoffte er. Aber einen alten Baum verpflanzt man nicht. Er gedeiht nicht mehr im neuen Erdreich. Ein halbes Jahr nach feinem Wegzuge starb Professor Henzmann. Woran? Nun, am Ab bau! Vorsu88«1isuenÄ dsben ^vir HvieÄer einmal kür 8ie eingedsukt un«i recktriertfg — Ke» dieser Neuerung aui «iem ^eäerinsrdte — grobe ^bsckiüsse getätigt. Heute dsden 8ie äea Lrkoig, inäem ^vir ru Legion üer LriLdIskr r 8si8on, «Zs ze«ker neue 8edude brsuckt, Iknen ru «lein niedrigen 8peri»Iprei8 von 12 5V eine »ukrergewödnlicde 1liU8«vsdl in moäernen, daltbsren un«i vor ollein gut pL88en«Sen 8ekuden dringen. Leockten 8ie tolgenrle 8peLisI Artikel» Merrsnseduds u. -8tie§e! Kelloppeltv Neeeandaidsctiub« ln »rti«arr un«> kneblg. 8cd«arro vvoUxuer gell. Norronatiekel mit u. olm« Luekkappa s Oksmmtr am Ma/m/v/as Oksmnilr 6 ve. Viet»! Ito>i»^ma««Ioi> 8ti«»ol, «rübe z, di. 38 - Lnett »alb- »eüull« — Norrca 8tioi«I mit U MW LU »» roiakaeblS« «beige — — elkenbela — d!aa — rat). Luxue- AN ^ic EL UZt n Nuibscduk mit komteb ^bxütxen —^kenllgenLbl« kioeilla 8port- «cbube iu teiaxten Nalleterben — Neebelegant« Ltaxelpxaee.