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Hohmstein-Enlstthaler TageblallmSLMM Nr. 6-- Sonnabend, den 10. März 1928 3. Beilage Seutsch-Wtirol Ein geschichtlicher Rückblick von E. W. Deiniger In seiner großen Rede über die Südtiroler Frage, die gemeinsam mit der Erwiderung des Bundeskanzlers Dr. Seipel den Unwillen der Faschisten hervorrief, hat der Tiroler Abgeord nete im österreichischen Nationalrat Dr. Kolb die italienische Behauptung, daß die Deutschen erst seit fünfzig Jahren nach Südtirol eingewandert feien, als eine Ungeheuerlichkeit zurückgewiesen Diese italienische Eeschichtsfälschung kann nicht scharf genug bekämpft werden, denn sie bildet den Hauptvorwand für die gewaltsame Jtalia- nisterung Deutsch-Südtirols. Die Einwanderung der Deutschen ist nicht vor fünfzig Jahren erfolgt, sondern unmittelbar nach der großen Völkerwanderung, welche die Italie ner als „invasioni barbariche" zu bezeichne» lie ben. Wohl war vorher ganz Tirol, mit ihm Bayern bis zur Donau und die heutige Ost- schweiz unter dem Namen Raetia eine römische Provinz, doch könnte diese Tatsache längst nicht genügen, um italienische Ansprüche auf Deutsch-Südtirol zu begründen, denn mit dem gleichen Recht dürfte Mussolini auch Frankreich als früheren römischen Besitz für Ita lien fordern. Genau so wie im altrömischen Gallien die Kelten die ursprüngliche Bevölke rung bildeten, waren es vor allem Teile dieses Volles, die neben Etruskern vor der Besitzergrei fung Naetiens durch die römischen Legionen dort in den Bergtälern längs der Etsch wohnten. Ilm das Jahr 500, als Rom dem Ansturm der Germanen erlegen war, drangen von Süden her ostgotische Siedler in das heutige Welsch- Südtirol ein, machten es zur Nordmark des Rei ches Dietrichs von Bern und gründeten Nieder lassungen, die heute noch als deutsche Sprach inseln im rein italienischen Gebiet liegen. Hier zu gehören die Orte Lusarn im Asticotal, Ge reut, Floruz und Palai im Fersental und Sie delungen in den Sieben Gemeinden. Beschränkte sich diese gotische Kolonisation von Italien her nur auf kleinere Gebiete, so erfolgte aus dem Norden ein« andere germanische Ein wanderung großen Maßstabes. Gegen Ende des sechsten Jahrhunderts drangen nämlich von der Bayerischen Hochebene herüber die Boarier, die Vorfahren unserer heutigen Bayern und Deutsch- tiroler, nach Raetien ein und stießen bis in die Gegend südlich von Bozen vor, wo sie mit den inzwischen zu den Herren Italiens gewordenen germanischen Langobarden zujammentrafen. Die nun beginnende Germanisierung des nur dünn bevölkerten Landes erfolgte auf friedlichem Wege; wahrscheinlich war die Masse der Einge- wanderten so groß, daß ein Widerstand der Räter und der wenigen romanischen Siedler von vornherein erfolglos schien. Die Bevölkerung ging zum größten Teil in den eingewanderten Deutschen auf; geringe Teile der Räter erhiel ten sich aber noch unvermischt in höher gelegenen Seitentälern, wo sie auch heute noch — im Gröd- nerjal, im Fassatal, im Lampilltal um Enne- berg — als Ladiner in einer Stärke von zwan zigtausend Seelen leben und sich ebenso gegen jede Jtalianisierung sträuben wie die Deutschen in Südtirol. Das deutsche Element erwies sich im ganzen Einwanderungsgebiet als das weitaus stärkere, und nach drei Jahrhunderten erinnerten nur noch einige Ortsnamen an die früheren rütischen Ein wohner. Die eingewanderten Boarier konnten ihre neue Heimat mit vollem Recht als ihr Eigentum bezeichnen, da sie fast überall aus un bebautes Land gestoßen waren, ihre Aecker selbst urbar gemacht und nur selten rätische Bauern oder romanische Ansiedler aus deren Besitz ver trieben hatten. Seit dieser Germanisierung ist das Schicksal des Landes immer an die deutsche Heimat gebunden gewesen. Zum ersten Mal und am auffälligsten kam diese Zusammengehörigkeit mit dem bayerischen Stammland zum Ausdruck, als im Vertrag von Verdun (843) Tirol bis zum Ortler und Schiern dem rein germanischen Reich Ludwigs des Deut schen zugeteilt wurde und nicht dem aus deut schen und romanischen Gebieten vereinten Neich Lothars, welche» doch das heutige Italien ein schließlich des jetzigen Welschtirols umfaßte. So galt damals schon, vor beinahe elf Jahrhunder ten, Tirol bis Bozen als rein germanisches Land. Wo bleiben da die fünfzig Jahre, von denen die Italiener sprechen! Um die Mitte des zehnten Jahrhunderts be gann eine neuerliche, wenn auch schwächere deutsche Bewegung nach Süden. Durch Kaus wurde von Bauern aus Mitteltirol Grundbesitz im Etschtal erworben und das Gebiet zwischen Vozen und Salurn zu dem deutschen Land ge macht, das es auch heute noch ist. Klar und deutlich zeichnete sich damals vor einem Jahr ¬ tausend schon die Grenze des deutschen Sprach gebiets gegen Welschland ab: Im Westen am Ortler beginnend lief sie zur Laugenspitze, bog scharf nach Süden ab, zog am Westrand des brei ten Etschtales entlang, kreuzte den Fluß ssüdlich von Salurn, stieg am Nordrand des Fleimser- nnd Fassatals hinauf, klettert« über den Rosen garten und das Erödnertal zur Raschütz hinüber, wandte sich östlich zu den Eeislerspitzen und verlies von dort aus in gerader Linie über die Rot wand und Pfannspitze zur Kärtner Grenze. Dies Gebiet war damals rein deutsches Land und ist es bis auf die kleine ladinische Insel im Eam- pilltal um Enneberg sprachlich und völkisch bis heute geblieben. Schon einmal in seiner nun dreizehn Jahr hunderte alten Geschichte hat sich Deutsch-Süd tirol in einer Lage befunden, die der jetzigen gleicht. Im Jahre 1810 wurde das Land südlich von Klausen Bayern, dem es kurz vorher ange gliedert worden war, entrissen und dem napo leonischen Königreich Italien einverlebt. Da veranstalteten die Deutsch-Südtiroler unter den Bajonetten der französischen Soldaten eine macht volle Kundgebung für das Verbleiben bei einem deutschen Staat. Sie wandten sich in einem Manifest an König Maximilian I. und baten, „daß die Grenze zwischen Bayern und Italien der Sprache und der Stammesangehörigkeit ge mäß gezogen werde." Sie bezeichneten es als aller Welt bekannt, daß die Etsch bis hinunter zur Brücke von Lavis (südlich Salurn) seit Jahr hunderten zum deutschen Tirol gerechnet werde. Die Tiroler Kundgebung hatte aber napoleoni scher Willkür gegenüber keinen Erfolg; Deutsch- Südtirol wurde von Bayern getrennt und blieb bis zum Jahre 1814 bei Italien, um dann noch einmal für 105 Jahre zum alten österreichischen Vaterland zurückzukehren. Dem amerikanischen Eeschichtsprofessor Wil son blieb es Vorbehalten, in die Fußstapfen Napoleons zu treten und das rein deutsche Ge biet Südtirols einem fremden und allem Germa nischen feindlichen Staat wehrlos auszuliefern, nachdem er noch wenige Monate vorher die Mit telmächte mit den Lockungen seiner berüchtigten vierzehn Punkte zur Waffenstreckung veranlaßt hatte. Im Artikel 9 dieses Wilsonfchen „Glau bensbekenntnisses" hieß es ausdrücklich: „Eine Berichtigung der Grenzen Italiens nach dem klar erkennbaren nationalen Besitzstand soll durchgefiihrt werden." Wie ist dieser Artikel be folgt worden? Das Martyrium Deutsch-Süd tirols zeigt es zur ewigen Schande der Väter der Verträge von Versailles und St. Germain. Ak WM N Mk Hochbetrieb in Genf. — Worte, nichts wie Worte. — Immer »och Ehe-Scheidungsreform.— Wahlvorbereitungen. Von innerem politischen Mitarbeiter Berlin, 9. März Eine Woche Genf liegt hinter uns. Wer das Programm der diesmaligen Ratstagung mit seinen 32 Punkten genau durchstndicrt hatte, wußte ja von vornherein, daß keine Frage zur Sprache kommen würde, die uns direkt anginge. Zumindest vor den Kulissen nicht. Es scheint aber, daß die Privatunter haltungen auch bischer nur in beschränktem Maße stattgesunden haben, was im Interesse des Völkerbundes nur zu begrüßen ilt, da diese Separationen schon seit geraumer Zeit den Un willen der Mittelstaaten erregt haben. Es ist also dieses Mal alles ganz friedlich zugegangen. Auch die Affäre der Waffenverschiebungen von Szent Gotthard wird nicht so weittragende Fol gen haben, wie es zuerst den Anschein hatte. Also wäre alles in schönster Ordnung. Leider kann man das von unserem häus lichen Zuständen nicht behaupten. Der „Fall Phoebus" zieht immer weitere Kreise, und es scheint, daß man um die Veröffentlichung der Denkschrift des Sparkommissars nicht hernm- kommen wird. Während sich die Verhandlungen über diese Affäre mindestens zunächst noch in dem Empfangszimmer der Reichskanzlei ab spielen, ist das Schauspiel, das der deutsche Reichstag in dieser Woche der Oesfentlichkeit geboten hat, auch gerade kein fehl erfreuliches zu nennen. Reden, nichts wie Reden! 20 Redner sagen 20 Mal dasselbe. Auf diese Art sind gerade zwei Etats erledigt worden, und nun hat man sich bis zum Dienstag vertagt, um dem Haushaltsausschuß für seine Arbeiten etwas Luft zu schaffen. Der Reichstag bat noch zwei Wochen Zeit. Wenn man sich einmal überlegt, was in diesen 17 Arbeitstagen noch geschafft werden muß, könnte man beinah zweifeln, daß das Pensum wirklich bis zum 31. März erledigt wird. Neben dem Plenum tagen auch die Aus schüsse. Hier wäre vor allem der Rechtsau» schuß -u nennen, der die Ehescheidungsreform durchberaten soll, obwohl diese, wie Reichs justizminister Hergt erklärt hat, garnicht zu dem Notprogramm gehört. Darob große Ver stimmung beim Zentrum und den Deutsch- nationalen. Sie wollen nicht mehr mitmachen, denn sie werden fortwährend überstimmt, da bei fast allen wichtigen Punkten die Vertreter der Volkspartei mit der Linken zusammen stimmen. Die Ehescheidungsreform dürfte aber doch kaum aufzuhalten sein. Dieser Reichstag wird sie nicht mehr erledigen, wohl aber der nächste, in dem «ventuell manche Bestimmung noch schärfer formuliert werden dürfte, als es jetzt der Fall sein würde. Diesem kommenden Reichstag gehören alle Gedanken der Politiker. In allen Parteien hat die fieberhafte Tätigkeit eingesetzt, die jeder Svahl vorauszugehen pflegt. Die Listen für den Reichstag und für den Preußischen Landtag werden ausgestellt. Daß es dabei nicht ohne sehr unerquickliche häusliche Auseinander setzungen abgehen kann, liegt auf der Hand. Die verschiedenen Interessengruppen innerhalb der einzelnen Wahlkreisverbände liegen sich in den Haaren. Jede möchte ihren Vertrauens mann an erster Stelle auf der Liste unter bringen. Der interne Kampf ist kürzer, aber vielleicht nicht weniger erbittert als der eigent liche Wahlkampf. Persönliches, allzu Persön liches spielt vielfach mit hinein, und man kann sich bekanntlich über alles eher verständigen als gerade über solche personellen Fragen. Ver schiedene prominente Parteimitglieder (das gilt, wohlverstanden, für alle Parteien) haben sich auf di« Suche nach einem Wahlkreis be geben. Dazu gehören, um nur zwei Namen zu nennen, Hans Luther und Josef Wirth, denen beiden von ihren eigentlichen Wahlkreisen höf lich, aber energisch abgcwinkt worden ist. Dr. Luther scheint bei der Deutschen Volkspartei überhaupt nicht viel Glück zu haben und will nun sein Heil bei den christlich-nationalen Bauern versuchen. Die dürften, wenn nicht alles täuscht, im neuen Reichstag in beachtens werter Stärke erscheinen, und werden voraus sichtlich keineswegs nur di« Noll« eines An hängsels der Deutschnationalen Nolkspartei spielen. Auch bei der Deutschen Volkspartei ist man sehr hoffnungsfreudig, während die Deutsch- ,rationalen sich nicht verhehlen, daß sie dieses Mal einen überaus schweren Wahlkampf zu führen haben werden. Der Völkisch-nationale Block richtet seine Angriffs fast ausschließlich gegen sie, und die Agitation der deutschen Re- sormationspartei wie der Volksrechtspartei des Drafen Posadowsky geht zum größten Teil ebenfalls auf ihre Koste». Hinzu kommt nun das Ausscheiden eines Teiles der Bauernschaft, das sich ebenfalls bemerkbar machen wird. Auf der anderen Seite haben sie allerdings be gründete Hoffnung, am „Stahlhelm" einen starken Rückhalt zu finden, wofür sie aller- >ings als Gegenleistung diesem Frontkämpfer bund starken Einfluß auf die Zusammensetzung ihrer Listen haben einräumen müssen. Außer dem verlautet aus zuverlässiger Quelle, daß sie neben dem Freiherrn von Gnyl auch den Staatsminister a. D. von Löbell und den Justiz rat Heinrich Claß an führender Stelle kandi dieren lassen wollen, um sich die Stimmen des Reichsbürgerrats wie des Alldeutschen Ver bandes zu sichern. Interessant ist, das man in manchen Wahl kreisen der Deutschen Volkspartei auch ausge- prochen« Vertreter der schärseren Tonart aus >i« Lists gesetzt hat, wie auch die Demokraten zahlreiche Vertreter ihrer entschiedenere» Rich tung kandidieren lassen. Beim Zentrum ist nur interessant, daß Wirth und Roeder aus geschifft worden sind, also die beiden Männer, di« in punkto Schulgesetz gegen di« Fraktions disziplin verstoßen haben. Augenblicklich ist der Kampf, wie schon ge sagt, ein interner. Aus der Hitze, mit der er vielfach geführt wird, kann nian schon erniessen, wie überaus heftig der eigentliche Wahlkampf werden wird. Hoffentlich wird der Wahltermin o gelegt, daß dieser Kampf zeitlich eng be grenzt ist. Mkl M MW Eine WothsnWau Leipziger Messe-Rekord — Di- starke Beteiligung dec Auslandes — Ammer wieder Hoffnungen und Be denken — Fortdauer der Arbeiterfchwierigleiten — Auch die Eeldoerhältnisse hemmen — Erfolg der neuesten Dollar-Anleihe — Zögernde Tätigkeit der Anleihe-Beratungsstelle — Die Börse bleibt unsicher und heftig schwankend — Dioidendenerhöhungen und Dividendenriickgäng« Von unlerrm «rrllner Handrwmttardrtter Berlin, 9. März Im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Inter esses st«ht gegenwärtig begreiflicherweise die in diesen Tagen begonnen« und inzwischen in der' Hauptsache beendigte Leipziger Messe. Wenn auch eine endgültige Ueberstcht über das Ergeb nis noch nicht vorliegt, so steht doch außer Zwei fel, daß nicht nur die räumliche Ausdehnung und die Zahl der Aussteller einen neuen Rekord dar stellen, sonder» daß auch die Beteiligung der Schau- und Kauflustigen außergewöhnlich groß gewesen ist. Der Eingang von Aujträgen ist in manchen Abteilungen schon während der Messe tage dementsprechend lebhaft gewesen. Im übrigen bleibt nun abzuwarten, in welchem Maße diese Riesenausstellung weiterhin die Kauflust anregt, und die vielfach recht großen Hoffnungen die wünschenswerte Erfüllung sin- den. Besonders zu betonen ist die stattliche Be teiligung des Auslandes, die ebenfalls alles bis her dagewesne überholt hat, und die in erfreu licher Weise Zeugnis davon ablegt, daß der gute Weltruf deutscher Leistungssähigkeit entschieden weiter an Boden gewonnen hat. Die hierdurch zweifellos verstärkte Zuversicht in eine Fortdauer der bis jetzt noch immer vorwiegend befriedigend allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung wird gleichzeitig durch neue günstige Berichte über die wichtigsten Zweige der Industrie des weiteren gefördert. Ins Gewicht fallt hierbei namentlich, daß der Stahlwerksverband eine erneute Ver mehrung der AuslandLestellungen und gleichzei tig auch eine Besserung der im Ausland zu er zielenden Preise meldet, und daß auch in erster Linie bei den großen Eleltrizitäts- und Bau- Unternehmungen weitere Auslandsaufträge in Unterhandlung stehen oder bereits abgeschlossen worden sind. Umso mehr ist es zu bedauern, daß die an dieser Stelle schon wiederholt hervorgehobenen Störungspunkt« nicht schwinden wollen, sondern neuerdings sogar noch eine Verschärfung erfah ren haben, die in wachsenoem Maße dazu bei trägt, den Ausblick zu trüben. Gerade die Hoff nungen, die sich an das nunmehr in Gang kom mende Frühjahrsgeschäft knüpfen, erleiden hier durch eine immer fühlbarer werdende Beein trächtigung. Besonders groß und bedenklich find die Schwierigkeiten, die die Beilegung der Gegensätze zwischen Arbeitnehmer und Arbeit geber bereitet. Während aus der eine» Seite sich die Kündigungen der Tarif- und Arbeits- zeitabkommen fortgesetzt mehren, ist andererseits den Bemühungen, die hieraus sich ergebende Kon- fliksstimmung zu bannen, bis jetzt nur langsam und in unzulänglichem Maße ein Erfolg be- jchieden. Ein besonders unerfreuliches Kennzei chen hierfür bietet der Verlauf der Einigungs verhandlungen in den Berliner Metallarbeiter- ftreitigkeiten, deren Behebung ungewöhnlich lange dauert. Inzwischen haben auch die Nuhr- kohlenbergarbeiter von neuem in schroffer Form ihre weitgehenden Forderungen wiederholt und gleichzeitig den Streik bis aufs Messer angekün- digt. Daß unter diesen Umständen die wirt- chaftliche Unternehmungslust ernstlich gehemmt wird und daß Zurückhaltung und Unsicherheit immer mehr Platz greifen, kann angesichts der ernsten Gefahren und schweren Folgen, die diese Arbeiterbewegung in sich schließt, nicht Wunder nehmen. Immer wieder ist daher an all« Be teiligten die dringende Mahnung zu richten, alles aufzubieten, um die drohende Katastrophe zu vermeiden. Leider nehmen auch die deutschen Eeldver- bältnisse andauernd eine Entwicklung, die allen Voraussagen widerspricht und gleichsalls immer mehr dazu beiträgt, die Entwicklung von Indu strie und Handel zu hemmen. Statt der sonst um diese Jahreszeit und namentlich z» Beginn eines Monats eintretenden Vermehrung des Geldangebotcs und Verbilligung der Zinssätze -st dieses Mal sogar noch eine Verknappung und Verteuerung eingetreten. Es ist eine viel be sagende und ebenso ungewöhnliche Erscheinung, daß selbst an der Börse sür täglich kündbare Darlehn heute noch 7'/- bis 9 Prozent gefordert und bewilligt werde», und oaß auch der Privat diskont sich nur V» Prozent unter Neichsbanksatz stellt. Erstklassige Warenwechsel mit Bankgiro find sogar zum Reichsbanksatz zu 7 Prozent an geboten, ohne stets prompt Nehmer zu finden. Der inzwischen erschienene Ausweis der Reichs- bank über die letzte Februarwoche spiegelt die unerfreuliche Lage des deutschen Geldmarktes deutlich wieder und läßt natürlich auch die Hoff nung aus eine, wenn auch nur bescheidene Er mäßigung des Neichsbankdiskonles bis auf mci- .cres nahezu gänzlich schwinden. Abzuwarten bleibt nun, ob und in welchem Maße die lebhaften Bestrebungen, den Zufluß von Auslandsgcldern wieder stärker in Gang zu bringen, von Erfolg sein werden. Hierbei darf nicht übersehen werden, daß die Beratungs, stelle sür Ausländsanleihen als die entscheidende Instanz nach langer Pause erst jetzt ihre Tätig« leit wieder aufzunehmen gedenkt, und anschei nend vorerst leine Neigung verspiirt, dir vor» licgrnden Auslandanleihegenehmigungsanträge, drr«, Zahl degr«iflicher»eis« beträchtlich ist, in