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j Me Gasihausnamen ! (Nachdruck verboten.) Der auffallende Unterschied in den Gasthausnamen I von einst und heute scheint darauf hinzudeuien, daß auch ! hier eine zwar langsame, aber beständige Modewandlung > vorliegt — oder richtiger vielleicht: Kulturwandlung. Statt des anheimelnden „Zur Post" — „Zur Linde" — ! „Zum grünen Kranz" erscheinen heute Namen wie f „Royal", „Continental", „Terminus", die oft ebenso un verständlich und undeutsch wie sinnlos sind. Die uralte j Sitte, Gasthöfe durch Namen zu bezeichnen, hat sich, ob- ; wohl sie einem ganz einfachen, heute nicht mehr vorliegen- ' den Anlaß entsprang, bewährt, und der Gasttzausname, der I zumeist auch den Ruf des Hauses in sich faßt, ist auch für > die neue Zeit unentbehrlich geblieben, nur daß man von >, den einfachen zu großartigeren Bezeichnungen überging. > Das Gasthausgcwerbe hat seinen eigentlichen Ursprung i im Mittelalter, im Aufblühen des Handels, des Bürger- , tums und der Städte; damals entsprang es jenem schon ! vorhandenen primitiven Herbergswcsen, das an sich durch I die Pilgerzüge hcrvorgerufen war. Nicht immer fand der I Pilger ein gastfreies Kloster zur nächtlichen Rast; so ent- ! standen Herbergen; der Handel benutzte sie und mit seiner ! Ausdehnung wurde der Bedarf nach solchen Unterkunfts stätten größer. In den Städten begannen Handcltrei- ! bcnde des Lebensmittelgewerbcs, wie Bäcker, Fleischer, f Brauer usw., reisende Gäste aufzunchmen, und um ihnen ihr Haus kenntlich zu machen, hängten sie irgendein I ihrem Gewerbe entsprechendes Zeichen über die Tür, das ; weniger ein Aushängeschild als ein Erkennungszeichen ' und Ersatz für die früher nicht üblichen Hausnummern war. So entstünden Bezeichnungen wie „Zum Bäcker", > „Zum Kringel", „Zum roten Ochsen", „Zur Kanne" usw., > wie sie in kleinen alten Städten noch heute zu finden sind. Bald wurde das Geschäft umfangreicher und dehnte sich zu einem selbständigen Gewerbe aus. Nach dem be- ! währten Muster galt cs nun, auch den neu entstandenen ! selbständigen Gasthäusern ein Zeichen und damit einen I Ramen zu geben. Oft wurde die Lage (etwa „Zum I Schlagbaum") maßgebend oder die Nähe eines Baumes ! („Zur Linde", „Zum grünen Baum"). War das Haus ! für hohe Gäste berechnet, so wählte man entsprechende hochklingende Namen, wie „Zum Römischen Kaiser", > „Zum König von England". Willkürlich gewählt waren ; besondere Zeichen wie „Zum Stern", „Zur Sonne", „Zum i goldenen Kreuz", „Zum schwarzen Bären", „Zu den drei Königen" oder „drei Mohren", deren es eine ganze , Reihe gab, von denen das berühmteste in Augsburg noch ! heute besteht. Manches Haus hatte den „grünen Kranz" I oder ein paar stattliche Hirschgeweihe an seiner Front I und hieß dann „Zum Hirsch" „Zu den drei Hirschen". ! Oder aber man wählte das Landeswappcn oder sonst ein ! Wappen; daher dann „Goldener Adler", „Weißes Roß" (das hannoversche Wclfenroß), „Zum Greifen" und „Zum ' wilden Mann". Als die Post am Ausgang des Mittelalters s eine allgemeine Perkehrseinrichtung wurde, entstanden i meist in Verbindung mit den großen Poststationen neue I Gasthäuser mit den Namen „Zur Post", „Alte Post", > „Posthorn". Oft bevorzugten Angehörige einer Nation, ! eines Staates aus irgendeinem Grunde ein bestimmtes I Gasthaus, das ihnen zu Ehren den Namen „Russischer — I Englischer — Preußischer Hof" annahm, was dann auch ! Nachahmung fand, wo es, wie in kleinen Städten, schwer- ! lich angebracht war. Nicht selten auch unterhielten Städte an anderen Plätzen eigene Gasthäuser für ihre Reisen- j den, wie z. B. Hamburg, das seit dem 16. Jahrhundert ; auf dem Klingenberg in Lübeck die „Hamburger Herberge" betrieb, aus der später das noch heute existierende „Hotel Stadt Hamburg" wurde; ebenso hatte Hamburg in Stade > ein eigenes Gasthaus. So war die Veranlassung zu dem ! Namen „Stadl so und so" gegeben, der dann weiterhin I auch ohne ähnliche Voraussetzung beliebt wurde. So vielseitig nun im Lause der Jahrhunderte die j Bezeichnungen, die jetzt eigentlich nur noch ein sinnbild- > liches Aushängeschild darstellten, geworden waren, so » hatte sich doch das einfache „Gasthaus" beständig er- I halten. Erst mit der Eisenbahn, die einen ungeheuren I Zuwachs des Reiseverkehrs mit sich brachte, kam die Be- ! nennung „Hotel" aus. Mit diesem Wort hatte man früher ! in Paris die Stadtwohnungen des Adels, die Gesandt schaftspaläste benannt, dann übertrug man es auf die i Gasthäuser, die sich erst jetzt in großzügiger Weise der s modernen Entwicklung anzupassen begannen. Der Hotel- > Palast ist erst eine Errungenschaft der neuesten Zeit und I die ersten großzügigen Unternehmungen dieser Art mit » Hunderten von Räumen entstanden erst in den vierziger » Jahren des letzten Jahrhunderts. Zu ihnen paßten die ! alten biederen Bezeichnungen nicht mehr, an deren Stelle I dann oft sehr nichtssagende Namen getreten sind. B. W. : vergiüylle. i Auf dem Berge steht die Hütte, Wo der alte Bergmann wohnt; Dorten rauscht die grüne Tanne Und erglänzt der ganze Mond. In der Hütte steht ein Lehnstuhl, Ausgcschnitzelt wunderlich, Der darauf sitzet, der ist glücklich, Und der Glückliche bin ich! Auf dem Schemel sitzt die Kleine, Stützt den Arm auf meinen Schoß; Äuglein wie zwei blaue Sterne, Mündlcin wie die Purpurros'. Und die lieben blauen Sterne ! Schau'n mich an so himmelgroß. Und sie legt den Lilienfinger I Schalkhaft auf die Purpurros'. > Nein, es sieht uns nicht die Mutter, ! Denn sie spinnt mit großem Fleiß, Und der Pater spielt die Zither Und er singt die alte Weis'. Und die Kleine flüstert leise, i Leise mit gedämpftem Laut: Manches wichtige Geheimnis Hat sie mir schon anvertraut. « „Aber seit die Muhme tot ist, Können wir ja nicht mehr gcb'n Nach dem Schützenhos zu Goslar, Dorten ist es gar zu schön. Hier dagegen ist es einsam Aus der kalten Bergcshöh', Und des Winters sind wir gänzlich ; Wie begraben in dem Schnee. Und ich bin ein banges Mädchen, Und ich fürcht' mich wie ein Kind ! Por den bösen Bergcsgeistern, Die des Nachts geschäftig sind." Plötzlich schweigt die liebe Kleine, Wie vom eig nen Wort erschreckt, Und sie hat mit beiden Händchen Ihre Äugelein bedeckt. Lauter rauscht die Tanne draußen Und das Spinnrad schnurrt und brummt, Und die Zither klingt dazwischen Und die alte Weise summt: „Fürcht' dich nicht, du liebes Kindchen, Por der bösen Geister Macht! Tag und Nacht, du liebes Kindchen, Halten Englein bei dir Wacht!" Heinrich Heine. '