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Nr. 44. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 10. April 1WS Seite 2. s) Es gehören hierzu insbesondere: Die Ersatzreservisten bis mit Jahresklasse 1902 (die Jahresklasfe ist auf dem Deckel des Erfatzreserve-Passes zu ersehen), die bei einer Aushebung oder einem Krieg ersatzgeschaft als dauernd untauglich bezeichnet Worden sind; b) Die unausgebildeten Landsturmpflichtigen 1. Aufgebots, das sind die im Alter von 20 bis 39 Jahren, die bei der allgemeinen Landsturmmusterung ausgehoben, ausgemustert und diejenigen, die bereits bei einem Truppenteil eingestellt, aber wegen körperlicher Fehler wieder entlassen worden sind. 2. Die Invaliden- und Rentenempfänger ohne Unterschied, ob sie militärisch ausgebildet oder nicht militärisch ausgebildet sind. vsr Musterung untsrttegen nickt: 1. Die von der Oberersatzkommission bei der Aushebung für dauernd untauglich Bezeichneten. Hierunter fallen nur diejenigen Personen, die einen Ausmusterungsschein (gelben Schein) erhalten haben. 2. Personen, welche infolge Verurteilung zu Zuchthausstrafe ausgeschlossen oder durch Straferkenntnis aus dem Heere oder der Marine entfernt worden sind, ferner diejenigen, welche sich zur Zeit nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. 3. Die in Heil- und Siechenanstalten Untergebrachten. 4. Die als dauernd unabkömmlich Anerkannten. 5 Die unansgebildeten Landsturmpflichtigen 2. Aufgebots, das sind die in der Zeit vom 4.—31. Dezember 1869 und in den Jahren 1870, 1871, 1872, 1873, 1874 und 1875 Geborenen. Die von der erneuerten Musterung Betroffenen haben sich umgehend und zwar spätestens bis vonnerstag, vsn 15. 6prN 1915 bei der Ortsbehörde (Stadtrat, Bürgermeister, Temeindevorstand) ihres Aufenthaltsortes zur Stammrolle anzumelden. Hierbei sind die Militärpapiere (Militär paß, Ersatzreservepaß und Landsturmschein) mitzubringen und bei der Ortsbehörde mit vorzulegsn, aber nicht abzugeben. Die Beorderung zur Musterung erfolgt rechtzeitig durch die Ortsbehörden mittelst Bekanntmachung in ortsüblicher Weise. Kamenz, am 6 April 1915. ßönlgNcks Lrsatzkommisfion des Nusbsbungsbszirks Kamenz. Ar Wichtigste. Am 1. April 1316 befanden sich in deutscher Gefangenschaft 242 364 Franzosen, 609 360 Russen, 40367 Belgier und 20 827 Engländer — 812 808 Mann. Nach Feststellungen Anfang März belief sich die Gesamtzahl der bis dahin von den Deutschen im Osten und Westen erbeuteten Geschütze auf 6510. Im Waldgebirge der Karpathen setzten die Russen ihre fron talen Vorstöße unter schonungslosester Ausnutzung ihres Menschenmaterials fort; 1600 unverwundete Russen wur den dabei gefangengenommen. Der Erfolg der Osterfchlacht in den Karpathen, die etwa 10 000 unverwundete Gefangene uud zahlreiches Kriegsmaterial etnbrachte, ist ein unbestrittener, wenn auch teilweise noch heftig gekämpft wird. Ununterbrochene russische Angriffe beiderseits des Loborczata» les wurden unter ganz bedeutenden Verlusten des Feindes zurückgeschlagen. Von unseren Unterseebooten wurden in der zweiten Märzhälfte 17 englische und 11 französische Handelsdampfer torpediert. Auf die zweite Kriegsanleihe wurden bisher 1640 Millionen Mark eingezahlt, das sind mehr als die Hälfte der Gesamt zeichnung. Deutschland erklärte sich in seiner Antwort an Amerika zur Ent schädigung für die Versenkung des amerikanischen Damp fers ..William Frye" bereit. Ein englisches und ein französisches Kriegsschiff liegen schwer beschädigt in der Bucht von Mudros. 25000 Mann der Dardanellenerpedition sind nach Aegypten abgegangen. In Südwestafrika mutzten die Truppen der südafrikanischen Union vier Mellen südlich Kubub zurückgehen und dort Lager aufschlagen. In Südumbrien (Italien) fand Donnerstag nacht wiederum ein starkes Erdbeben statt. Zu Otto Weddigens und seiner getreuen Mitkämpfer Heldentod. Tiefe Trauer erfüllt die Herzen aller Deutschen! Der mutige Seeheld Otto Weddigen hat mit seiner tapferen Be satzung vom Unterseeboote „u 29" den Heldentod gefunden. Wohl starben schon Tausende tapferer Helden den Helden tod und zur See haben sich auch Graf Spee und die Füh rer Müller und Mücke herrlich ausgezeichnet und auch noch andere Führer deutscher Kriegsschiffe Hervorragendes geleistet, aber den Seehelden Otto Weddigen erfüllte doch ein ganz besonderer Wagemut und eine starke Entschlossenheit in einer Weise, datz es wohl am Platze erscheint, seiner und seiner Ge treuen Taten nun noch zu gedenken, wo sie auf dem Grunde des Meeres ruhen. Otto Weddigen und seine Getreuen ha ben das bleibende Verdienst, zuerst mit der jüngsten und ge fährlichsten deutschen Waffe zur See, mit den Unterseebooten, dem verruchten englischen Feinde gezeigt zu haben, datz seiner anmatzenden und ungerechten Oberherrschaft zur See sehr wohl ein Ende bereitet werden kann, und der erste große deutsche Erfolg zur See gegen England mar Otto Weddi gens Werk. Welch ein Jubel erhob sich in allen Gauen Deutschlands, als im September vorigen Jahres der Tele graph die Kunde brachte, datz Otto Weddigen mit „v S" am 22. September aus der Höhe von Hoek von Holland die drei englischen Panzerkreuzer „Hogue", „Cressy" und „Abukir", jeden durch einen wohlgezielten Torpedoschuß vernichtet hatte. Eine dumpfe Ahnung beschlich damals die Bewohner Eng lands, datz die neue furchtbare Waffe der deutschen Unter seeboote, von der deutschen Technik auf die höchste Leistungs fähigkeit gebracht, eine Wende im Seekriege und auch eine Wende für Englands Seemachtstellung bringen würde. Und es vergingen nicht vier Wochen, da vernichtete Otto Weddi gen mit 9" wieder den englischen Kreuzer „Hawke" und nur mit Mühe und Not entging der englische Kreuzer „The- seus" demselben Schicksal. Als dann in Deutschland die neuen verbesserten und vergröberten Unterseeboote in Tätig keit gegen England traten, war natürlich Otto Weddigen einer der berufendsten Führer für ein neues großes Unter seeboot Von ,17 9" ging er aus „v 29" über, und auch mit diesem Unterseeboote ward er bald der Schrecken aller eng lischen Gewässer. Mitte März brauste ein neues Lied von dem Helden Otto Weddigen durch die deutschen Lande: In der Irischen See hatte sein „17 29" die vier britischen Han delsdampfer „Headland', „Andalustan", „Indian City" und „Ademun" und bald darauf bei Star Point den französischen Handelsdampfer .Auguste Conseil" versenkt. Und nun nach diesen Erfolgen ohnegleichen die erschütternde Meldung, datz am 26. März Otto Weddigen mit seinen Wackeren von „u 29" von schwerem Schicksal ereilt wurde. Kein Bericht verkündet die näheren Umstände, unter denen „v 29" ver nichtet wurde. Sank es nach ruhmvollem Kampfe mit feind lichen Schiffen? Ward es durch ein rammendes Schiff zer schnitten? Erlag es dem tückischen Ueberfall durch einen englischen, mit Geschützen bewehrten Handelsdampfer, der seine Schändlichkeit hinter einer neutralen Flagge barg? Wir wissen es nicht, und wir werden es vielleicht nie erfahren. Die Berichte der englischen Admiralität, die etwa Noch kom men, können gerade in diesem Falle kaum als lautere Quellen der Wahrheit dienen. Der Seeheld Otto Weddigen und seine Getreuen sind tot, aber der Geist, der sie beseelte, er wird in der deutschen Flotte vorbildlich und lebendig für alle Zeiten bleiben, und in der Heldengeschichte des deurschen Va terlandes werden die Namen dieser Helden weiter leuchten. Kapitänleutnant Otto Weddigen war am 18. September 1882 als Sohn eines Fabrikbesitzers und Ratsherrn in Herfurt in Westfalen geboren. Er war am 10. April 1901 in die Marine eingetreten und am 25. April 1912 zum Kapitänleut nant ernannt worden Seine Brust zierten das Eiserne Kreuz i. und il. Klasse und der hohe Orden „Lour le mente". Kurz vor Kriegsausbruch hatte sich Otto Weddigen mit einem Fräulein Brede aus Hamburg vermählt. HeldWeddigen! Du starbst fürs Vaterland, Wie, ach so viele, vor dir schon gestorben! Du hast dir R u h m für alle Zeit erworben, DeinName wird als Vorbild stets genannt! Die neue Waffe hast du so gebraucht, Datz sie dem Feind Tod und Verderben brachte, Der ob der .Pest" erst höhnte nur und lachte .... Jetzt wissen wir's, w i e g u t die Waffe taugt! Bahnbrecher warst du, vorbildlicher Held, Wir wissen es, was wir in dir besessen, Und was du tatest, das bleibt unvergessen So lange Deutsche leben in der Welt! Du sankest mit den Deinen in die Flut — Um diese Helden alle latzt uns trauern! Doch England hör' es: andre Helden lauern, Beseelt von gleichem Seemannsgeist und Mut! Zer Weltkrieg. Großes Hauptquartier, S. April 1915. Amtlich wird gemeldet: Westlicher Kriegsschauplatz. Aus den völlig zusammengeschossenen Ortschaf ten an der Yser wurden die Belgier wieder ver trieben. 2belgischeOfsiziere,100Ma«n und LMaschiuengewehre fielen dabei i n unsere Hand. — Als Erwiderung auf die Be schießung der hinter unserer Stellung gelegenen Ortschaften wurde Reims, in de n Ansammlun gen von Truppen und Batterien erkannt wur den, mitBrandgranaten belegt. — Nörd lich des Gehöftes Beau-S6jour, nordöstlich Le Mesnil, entrissen wir gestern abend den Fran zosen mehrere Gräben. LMaschinenge- wehre wurden erbeutet. Zwei Wieder eroberungsversuche während der Nacht waren erfolglos. — In den Argonnen miß glückten französische Infanterie-An griffe, bei denen die Franzosen erneut Bomben mit betäubender Gaswirkung verwendeten. — Die Kämpfe zwischen Maas und Mosel dauern mit gesteigerter Heftigkeit an. Die Franzosen hatten bei den gänzlich erfolglosen An griffen die schwersten Verluste. — In der Woevre-Ebene griffen sie vormittags und abends erfolglos an. Zur Besitznahme der Maashöhe bei Eombres fetzten sie dauernd neue Kräfte ein; einAngriss aus dem Seloufe-Walde, nördlich St. Mihiel, brach an unferen Hinder nissen zusammen. — Im Aillq-Wald sind wir im langsamen Fortschreiten. — Westlich Apremont mißglückte ein französischer Angriff. — Französische Angriffe erstarben bei Flirey in unserem Artillerieseuer, führten aber nördl. u. nordöstl. des Ortes zu erbittertem Hand gemenge, in dem unsere Truppen die Oberhand gewannen und den Feind zurück warfen. Nächtliche Vorstöße der Franzosen waren hier erfolglos. — Auch im Priester walde gewann der Feind keinen Boden. — Ein Versuch, das von uns besetzte Dorf Beyange-la- Grande, südwestlich Chateau Salins, zu nehmen, scheiterte. — Am Sudelkopf wurde 1 Mann des französische» 334. Regiments gefangen, der Dumdum-Geschosse bei sich führte. — Am Hart mannsweilerkopf fanden nur Artillerie kämpfe statt. Oestlicher Kriegsschauplatz. Oestlich Kalwarja haben sich Gefechte entwickelt» die noch nicht abgeschloffen find. — Sonst hat sich auf der Ostfront nichts Wesentliches ereignet. (W. T.-B.) Ober st e Heeresleitung. Großes Hauptquartier, 10. April. Amtlich wird gemeldet: Westlicher Kriegsschauplatz. Die Zahl der bei Drie-Grachten gemachten Ge fangenen erhöht sich auf 5 Offiziere, 122 Mann und 5 Maschinengewehre. — In der Champagne nördlich Beau-Sejour räumten unsere Truppen die am 8. April genommenen, gestern Abend aber durch schweres französisches Feuer zerstörten Graben und wiesen einen französischen Gegenangriff ab. — Der Kampf zwischen Maas und Mosel hielt mit großer Heftigkeit an. — An den von den Franzosen als von ihnen gemeldeten gewonnenen Orten Fromezcy und Gussainville östlich Verdun ist bisher noch nicht gekämpft worden, da diese Orte weit vor unseren Stellungen liegen. — Zwischen Orne und den Maashöhen erlitten die Franzosen gestern eine schwere Niederlage. Alle Angriffe brachen in unserem Feuer zusammen. — An der Com- breShöhe faßten sie an einigen Stellen un serer vordersten Linie vorübergehend Fuß, wurden aber durch nächtliche Gegenangriffe teilweise zurück- gcworfen; die Kämpfe dauern an. — Auch die An griffe gegen unsere Stellung nördlich St. Mihiel waren erfolglos. — Kleinere Vorstöße auf der Front Ailly—Apremont wurden abgewiesen. — Bei Flirey waren die Kämpfe wohl infolge der schweren Ver luste des Feindes vom 7. und 8. April weniger lebhaft. Hier fielen 2 Maschinengewehre in un serer Hand. — Auf der Front Remenauville—Prie sterwald wurden sämtliche französische Angriffe zu- rückgeschlagcn. Am Westrand des Priestcrwaldes verlor der Feinde endgiltig alle Teilen unserer Stellungen, in die er Ende März eingedrungen war. — Ein abermaliger Versuch Bezange-la-Grun- de südöstlich Chateau Salins uns zu entreißen, be zahlten die Franzosen mit dem Verlust einer gan zen Kompagnie, die völlig aufgerieben wurde; 2 Of fiziere und 101 Mann als Gefangene blieben in unserer Hand. — In den Vogesen hat sich die Lage nicht geändert. Oestlicher Kriegsschauplatz. Oestlich und südlich Kalwarja hatten die Russen mit ihren «ngriffsorrsuchen kein Glück; sie wurden wieder- holt unter schweren Verlusten zurückgeschlagen. — Im Uebrigen auf der Ostfront keine Veränderung. (W-T -B.) Oberste Heeresleitung. Dom östlichen Kriegs-SWOtz. Der österreichisch-ungarische Generalstabs bericht. Wien. Amtlich wird verlautbart den 9. April, mittags: An der Front in den Ostbeskiden herrscht im allgemeinen Ruhe. Im Waldgebirge setzt der Gegner seine frontalen Vorstötze unter schonungslosester Ausnutzung seines Men schenmaterials in andauernden Sturmangriffen fort. Berge von Leichen und Verwundeten kennzeichneten die im wir kungsvollsten Geschütz- und Maschinengewehrfeuer unserer Stellungen liegenden russischen Angriffsselder. 1600 unver wundete Feinde wurden in den gestrigen Kämpfen gefangen. An allen übrigen Fronten keine besonderen Ereignisse. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes, v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. Russische Grausamkeiten im Kaukasus. l.v. Asnstantinopel, 8. April. Die russischen Trup pen im Kaukasusgebiet haben, nach Meldungen aus Erze- rum, unter dem Einfluß geistiger Getränke, die sie sich trotz des scharfen Alkoholverbotes noch immer zu verschaffen wis sen, schändliche Grausamkeiten gegen die türkische Bevölke rung verübt. Sie überfielen die schutzlosen Bewohner der Grenzdörfer und schändeten Frauen und halberwachsene