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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192804238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19280423
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19280423
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-04
- Tag 1928-04-23
-
Monat
1928-04
-
Jahr
1928
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läuterte er die allgemeinen Forderungen der Hausbesitzer: Weg mit der Sozialisierung, keine Einmischung des Staate« in die Privatwirt schaft. Schatzmeister Faßmann erstattete den Kassenbericht, der ein erfreuliches Bild zeigte. Als Tagungsort für den nächstjährigen Ver bandstag wurde Limbach in Aussicht genommen Im Verlaufe der Tagung wurde u. a. noch mit geteilt, daß der Verein für die Hochwasser geschädigten in Mittelfrohna 4450 Mark zurück erhalten habe. Für die Verteilung dieses Be trages wurde ein besonderer Ausschuß gewählt. Nachdem der Haushaltplan genehmigt worden war, hielt Landlagsabgeordneter Hentschel Aue, einen sehr beifällig aufgenommenen Vor trag über „Hausbesitzerfragen im sächsischen Landtag". Anschließend sprach Studienrat Lehm. Schönau, in trefflicher Weise über das Thema '„Wirtschaftspartei und Stellungnahme des Hausbesitzes zur bevorstehenden Neichs- tagswahl". —* Starker Schneefall auf dem Crzgebirgs- tamm. Im ganzen Erzgebirge, besonders aber in den Kammgebieten, hält der Schneefall mit unverminderter Stärke an. Der Fichtelberg meldet eine Schneetiefe von 35 Zentimetern, auf dem Keilberg wurde sogar eine Schneehöhe von 55 Zentimetern gemessen. —* Eine wichtige Entscheidung für die Chem nitzer Textilindustrie. Der Handelskammer Chemnitz ist von amtlicher Seite die Mitteilung zugegangen, daß der englische Untersuchungsaus schuß die Einführung von Schutzzöllen für Wirk waren abgclehnt hat. Nach Auffassung der Chemnitzer Handelskammer ist sonach mit der Einführung von Schutzzöllen weder für baum wollene und wollene Strümpfe und Trikotagen nicht zu rechnen, die für den 24. April in Aus sicht genommen war. —* Die Handelskammer zur Berwaltungs- resorm. In der letzten Vollversammlung der Handelskammer wurde zur Frage der Ver waltungsreform eine Entschließung angenom men, in der die Handelskammer den Schick- schen Entwurf begrüßt und die tatkräftige Ver folgung des Zieles einer Vereinfachung und Verbilligung der sächsischen Staatsverwaltung rls entschieden geboten erachtet. —* Nundfunk-Probe-Schreiben. Auf Ver anlassung des Deutschen Stenographenbundes veranstaltet am Dienstag, dem 24. April, 19,45 Uhr bis 20 Uhr die „Deutsche Welle" ein Probe schreiben für Kurzschrift, das von den anderen Sendern übernommen worden ist. Diktiert wird in der gleichbleibenden Schnelligkeit von 150 Silben 10 Minuten lang. —* Tierseuchen im Glauchauer Bezirk. Nach dem amtlichen Bericht des Landesgesundheits amtes über den Stand von Tierseuchen in Sach-, sen am 18. April waren im Bezirk der Amts hauptmannschaft Glauchau folgende Tierseuchen zu verzeichnen: Schweineseuche und Schweinepest in einer Gemeinde und einem Gehöft,' Eehirn- rüaenmarksentzündung der Pferde in einer Gemeinde und einem Gehöft. —* Anträge auf Härtebeihilfe» nach dem Kriegsschädenschlußgesetze. Die Handelskammer Chemnitz machte die bezirkseingesessenen Fir men darauf aufmerksam, daß nach dem Kriegs- schüdenschlußgesetze vom 30. März 1928 (RGBL. I S. 120/1928), das am 1. April 1928 in Kraft getreten ist, ein Betrag von 37 Millionen Reichsmark zur Verfügung gestellt worden ist, aus dem für Schäden der im Liquidations- schädengesetze oder in der Gewaltschädenverord- nung behandelten Art, auf deren Ersatz ein An spruch nicht besteht, aus Gründen der Billig keit eine Beihilfe gewährt werden kann. Be rücksichtigt werden aber nur Schäden, -ie durch den Verlust oder die Beschädigung voll Gegen ständen eingetreten sind. Es können hierbei insbesondere Geschädigte nicht berücksichtigt werden, deren Ansprüche unter das Reichsaus gleichverfahren fallen. Die Anträge sind beim Reichsentschädigungsamte für Kriegsschäden, Berlin SW. 68, Oranienstraße 95, bis spätestens 31. Juli 1928 und wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Aus lands hat, bis zum 30. September 1928 zu teilen, später eingehende Anträge werden nicht ieriicksichtigt. — Chemnitz, 22. April. Auf der Bergstraße geriet ein vier Jahre altes Mädchen unter einen fahrenden Lieferkraftwagen. Der Kraft wagenführer bremste stark und konnte zu seiner Freude feststellen, daß dem Kinde nichts ge- chehen war. Es kroch unter dem Wagen hervor .md lief schleunigst nach Hause. — Chemnitz, 22. April. Vor dem hiesigen Schöffengericht hatte sich der 25 Jahre alte Krankenkassenangestellte Karl Hermann Flor- chütz wegen Unterschlagungen im Gesamtbeträge wn etwas über 10 000 Mark zu verantworten. )er geständige Angeklagte gab seine Verfeh lungen zu, meinte aber, daß der von ihm verun treute Betrag in keinem Falle 5000 Mark über steige. In der Verhandlung wurde festgestellt, daß Florschütz während seines Dienstes liederlich mit dem vereinnahmten Gelds umgegangen ist, so daß die Möglichkeit, daß auch Geld gestohlen worden ist, nicht von der Hand gewiesen wer den könne. Das Urteil lautete auf sieben Monate Gefängnis. Das Gericht billigte ihm für die letzten drei Monate der Strafe eine zwei jährige Bewährungsfrist zu, da die Straftat größtenteils auf Leichtsinn zurückzuführen sei. — Chemnitz, 22. April. Als am Sonnabend mittag ein Radfahrer auf der Theaterstraße einem Personenkraftwagen ausweichen wollte, wurde er von einem Lastauto überfahren. Drr Bedauernswerte wurde schwer verletzt kn da« städtische Krankenhaus übergeführt. — Am Harthauer Berg verlor ein 16jähriger Arbeiter die Gewalt über sein Fahrrad. Er kam zu Fall und erlitt so schwere Verletzungen, daß sich seine Ueberführung in das Krankenhaus erforderlich machte. — Leipzig, 22. April. In dem Neubau des Meßhauses Petershof will man ein unter irdisches Kino von großen Ausmaßen bauen Der an sich großzügige Plan begegnet aber ge wissen Schwierigkeiten. Man hat ein solches unterirdisches Kino besichtigt, das in einem Neubau in Berlin eingerichtet worden ist und hat von maßgebender Berliner Stelle hören müssen, daß seit Inbetriebnahme dieses Kinos sich doch mancherlei Bedenken gegen eine solche Art der Unterbringung eines Lichtspieltheaters geltend gemacht haben. Rundfunk-Ecke Dienstag, 24. April Leipzig Welle 365,8 — Dresden Welle 275,2 I0.M: Börse. — 10.05: BerkelirSsunk. Wetterbericht. — 10.20: TaacSorvaramm. — 10.25: TaneSnachrichten. — 11.45: Wetterbericht. Wastcrstanösmclduimc«. — 12.00: MiitagSmusik. — 12.5,0: Werbenachrichten. — 12.55: Hcitanaabc. — 13.15: Taaksuachrichten Börse. — 13.25: Wcrbenachrtchten. — 14.45, >5.30. 18.00. 10.00: Börse. Lonnadend nur 15.4». — 16.50 beim, 17.15: Wcrbeuach. richten. — 17.55 bczm. 10.00: Börse tanbcr Sonnabend». — 20.05: Wcrbcnachrlchten. sMontaa: 15.30. 15.45, 17.50 Börse», iDicnstaa: 15.50, 16.00, 16.08, 17.50 Börse». 15.00: Leseproben aus Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt. — 19.30: Opernmusik. 18.05: Frauenfunk. — 18.30: Französisch für Anfänger. — 19.00: Prof. Borkowsky, Naumburg a. d. Saale: Naumburger Stadtkultur. — 19.30: Steuerrundfunk. 19.45: Rundfunkwettschreiben für Stenographie. — 20.00: Wettervoraussage und Zeitangabe. — 20.15: Bauernschnurren. Nezitat.: Karl Ekert. — 21.20: Ans der ostjiidi- schcn Literatur. — 22.15: Pressebericht und Sportfunk. — 22.30: Unterhaltungsmusik. Deutsche Welle 1250 12.00: Französisch für Schüler. — 15.25: Men schenkunde (für Schüler). — 14.30: Kinderstunde. 15.35: Wetter- und Börsenbericht. — 16.00: Die Grundlage der Romantik. — 16.30: Einführung in die moderne Musik: Richard Strauß. — — 17.00: Nachmittagskonzert aus Leipzig. — 18.00: Flächen- und Raumrechnung (Anfänger einführungskursus für Facharbeiter und Werk meister.) — 18.30: Französisch für Anfänger. — 19.00: Die Wissenschaft vom Charakter. — 19.45: Probewettschreiben für Einheitskurzschrift. — 20.10: Sendöspiele: Franz Lehärs „Fras- quita", Operette in drei Teilen. — Anschl. Prossenachrichten. Sprechsaal «I»te»d»»a«» »»«er »teier Nudrtk «berntam« Gchriitlettuaa »ur dir vretarkvttLr BeraalMorlun«.» Wer sei»«» Hund lieb hat — läht ih» »Icht wilder»! Jedermann schimpft heute aus das schlechte Wet ter. das zwischen Sturm, Schnee und Regen hin- und herschwantt. Nur der Hüter des Ataides und des Wildes macht ein vergnügtes Gesicht, trotzdem ihm eine Eraupelschicht am Hutrand sitzt und die Regen tropfen ihm ins Gesicht klatschen. Warum'? Weil dies einmal Tage sind, an denen nicht überall im Walde Hinz und Kunz ihre Foxe, Psifsis usw. her umlaufen lassen! „Solches Wetter kann selbst diese Plase nicht vertragen" knurrt der Erünrock zufrie den, wobei er mit dem harten Wort natürlich nur die Köter meint. Aber Scherz beiseite! Selbst :oer seinen Pfifft über alles lobt, ist damit nicht der ßslicht entbunden, sich auch gegenüber der übrigen Tierwelt anständig zu verhalten. Wie sieht cs heute orauben in Wald und Feld aus? In federn kleinen Raingebllsch, das die Landwirtschaft hat stehen lasst n, in Saat- und Kleefeldern in jeder Dickung befinden sich Wochen stuben. Hier brütet Frau Lerche auf ihren Eiern, dort bangt Mutter Hase um ihre zarten Jungen, und dort wieder zieht die hochbesä aqene Nicke lang sam durch die Dickung, in der sic bald ihre Kitzen setzen wird. Nun kommt mit SH.rzen und Lachen die Schar der Spaziergänger an, bald dahinter, bald davor mit Jifs und Jass ein oder mehrere Köter, die selbstverständlich frei laufen dürfen, denn — „Faxt ist ja so brav!" Gerade dieser brave Faxt hat jedoch in dem Augenblick, in dem sein Herr ihn lobt, die Jung- Häschen in die Nase bekommen, fährt zu, und aus ist mit drei frischen gesunden Wesen, Ne obendrein im Herbst ihre guten Braten und Ertrag gebracht hät ten. Daneben hetzt Karo die Rehc durch den Wald, ein paar Köter schlichen sich an, uno — die Ricke ist verloren, entweder wird sie gen sen oder tranl- gehctzt. Den Hunden aber, die zu chren Herren zu rückkehren, traut man nichts Böses m, oder — man streicht ihnen verräterisches Haar, Federn oder das Blut der Opfer schnell vom Fang ab, damit es nie mand merkt und behauptet kühn weiter, sie seien unschuldig. „Einmal ist keinmal", tagt der Hunde- liebhaber in solchem Falle. In Wirklichkeit ist aber Im InchMkgebll-t mit lolnem stu» nnS sioucß wlt8 bunsiciik Zeile desongers gescliStzk. Ist! mügerLckisum beste!? «ja Mscbe, wie NSnSe unst sivrper schriest uno Usinüsich «urb pm icdüam'iiM hctzmuk Um Heimat UN- Scholle . Roman von Max Treu 1g) (Nachdruck verboten.) Mamsell Breit nickte eifrig. „Ja, ja! Aber für Ihre Kinder haben Sie keine Bange, Herr Hallstedt! Seit Sie aus dem verfluchten Franzosenland zurück sind, weht hier eine andere Luft! Die Zügel der Gäule schlei fen nicht mehr am Boden, und die Leute wissen, daß ein Herr da ist, der sich nicht auf der Nase Herumtunzen läßt!" „Gut, wenn sie es wissen!" sagte Hallstedt. »Ja", fuhr Mamsell Breit fort, „sie wissen es! Aber mit dein Andreas, dem Pferdeknecht, müssen Sie mal ein kräftiges Wort reden —" Hallstedt, der aufgestanden war, horchte auf und setzte sich wieder. „Was ist mit dem?" „Er hetzt die Leute durch einander! Die Knechte und die Mägde! Hinter allen ist er her und will sie für sich gewinnen — sie sollen ihm nachfolgen, sagte er —" „So? Na, da wollen wir ein Ende machen. Schicken Sie ihn mir herein!" Ein paar Minuten später stand Andreas vor seinem Herrn. Er schien zu ahnen, was kommen würde. Trotzig zusammengekniffen waren seine Lippen, und in den Augen funkelte ein böses Flimmern. „Der Herr hat mich sprechen wollen!" sagte er nach kurzem Gruße. „Ja, Andreas! Ich habe gehört, daß Sie Unfrieden und Unruhe unter meinen Leuten auf dem Gute stiften wollen —" „Wer sagt das?" ,/Darauf kommt es nicht an! Ich habe es von jemand erfahren, dem ich Glauben schenke! Er lügt nicht und verklatscht niemand. Sic aber möchte ich fragen: Hat er recht?" Der Knecht räusperte sich ein wenig, ehe er antwortete: „Ich sag nur das, was wahr ist! Nur das sag ich den Leuten!" „Und was nennen Sie wahr?" „Nu — daß wir unsere Lage verbessern müssen! Man ist doch sozusagen auch ein Mensch —" „Gewiß! Ich wenigstens habe Sie noch für keinen Ochsen gehalten! Und Sie auch immer wie einen Menschen behandelt — oder nicht!" „Gott ja, Herr Hallstedt! Seit Sie wieder hier sind, geht ja alles besser! Aber vorher —" „Da habt ihr doch machen können, was ihr wollt! Niemand legte euch einen Zügel an! Gefiel euch das denn nicht?" „Nee! Ordnung muß sein!" „Gut, daß Sie es einsehen! Dann werden Sie mir auch helfen, Ordnung zu halten! Wer den jeden Unfrieden abwehren — nicht wahr?" Andreas dreht« an seiner Mütze. „Na, ja! Aber jetzt ist eine neue Zeit, Herr Hallstedt —" Er stockte. „Weiter, weiter!" drängte Hallstedt. „Spre chen Sie von der neuen Zeit!" „Na, ja, die ist doch da, und wir müssen sie benutzen! Ein höherer Lohn ist nicht mehr als recht und billig!" „Jeder Arbeitgeber kann nur den Lohn zah len den ihm seine Arbeiter verdienen helfen! Und was bei mir in den letzten Jahren verdient ist, das wissen Sie selbst am besten! Mein Geld beutel hat ein großes Loch, glauben Sie es mir!" „So sagen die Herren alle! Aber sie machen große Vergnügungsreisen nach Berlin und der Arbeiter schindet sich für sie!" Hallstedt fuhr auf. „Was ich in Berlin getan habe, ist meine Sache!" „Wir wollen ja doch bloß das Unsere " „Noch niemals hat jemand bei mir geklagt, daß er hungrig vom Tisch aufgestanden sei oder nicht die Mittel für seine sonstigen Bedürfnisse gehabt habe! Und es war Friede in meinen Mauern! Und so soll es bleiben!" „Ja, Herr, aber die neue Zeit " „Lassen Sie mich mit dieser neuen Zeit un geschoren, Andreas! Ihr Wesen besteht darin, daß sich jeder auf Kosten des Nächsten die Taschen füllen will! Helft mir das Gut auf bauen, helft mir, daß der Acker wieder seine Frucht, der Obstbaum sein Obst trägt, helft inir, daß sich die Viehställe wieder füllen — und ihr sollt euch nicht über mich zu beklagen haben, aber jetzt kann ich nicht — fordert nichts Un mögliches von mir! Wenn Sie aber trotz allem, was ich Ihnen sagte, auf Ihrer Ansicht beharren dllten, und wenn Sie" — er hob die Stimme »in wenig — „si rtfahrcn wollen, meine Leute unzufrieden zu machen, so ist für Sie kein Platz mehr auf dein Gute!" „Niemand kann mir meine Gesinnung ver bieten —" fiel der Knecht ein. „Wenn dies« Gesinnung sich in mörderischer und hinterhältiger Weise gegen mich richtet, wehre ich mich dagegen! Ich warne Sie, An dreas! Halten Sie, wie alle anderen Ruhe! Sonst gehen Sie!" „Jetzt — vor Weihnachten — in Schnee und Eis?" „Es ist nicht meine Schuld, wenn es dahin dmmt!" „Sie dürfen mich nicht Knall und Fall da vonjagen " „Sie erhalten ihren Lohn für die volle Zeit!" „Sie setzen mich ohne Kündigung auf die Straße?" Die Zornesader auf Hallstedts Stirn schwoll drohend an. „Weil ich mir mein Haus nicht anzünden lassen will! Und nun genug! Sie gehen! Noch heute! Hier ist Ihr Lohn doppelt und dreifach!" Er schob ihn einige Banknoten zu. „Hundert und mehr Jahre ist Friede in die sem Haus« zwischen Herrschaft und Gesinde ge wesen, und Fried« soll es bleiben, und die Stänker und Zänker mögen die Türe von drau ßen zumachen! Und damit basta und Gott be fohlen, Andreas!" In den Augen des Knechts blitzte es auf, drohend, unheimlich. „Wir leben nicht mehr unter der preußischen Knute — geben Sie acht!" „Vor Ihrer Drohung schützt mich mein gutes Gewissen, und, wenn es sein muß, meine gute Faust! Genug der Redereien! Sie gehen — sowie Sie Ihre Sachen gepackt haben!" Er hatte die Tür geöffnet — der Knecht ging hinaus. „Christ!" rief Hallstedt. Der Alte kam. „Der Andreas packt noch heute seine Sachen zusammen und verläßt das Haus " „Gott sei Dank! Ich Habs dem Herrn schon immer sagen wollen, daß es mit dein nicht länger geht. Aber Sie waren so traurig und hatten so viel Sorgen, Herr Hallstedt, und da hab ich gedacht! mach dem Herrn nur das nicht noch ichwerer und halt lieber selbst die Augen offen. Al-cr nun haben Sie doch wohl alles gemerkt, oder die Mamsell hals Ihnen gesagt — nee, Herr Hallstedt, das ging ja nicht mehr mit dem Mann: so einer wie ein Zündholz,' wo es anreibt, da gibts Feuer! Und das Zündholz kümmert es nicht, ob nachher das ganze Haus brennt." ,.Na, gib dich zufrieden, guter Christ! Das ündholz haben wir nun aus dem Haus getan es soll uns nicht mehr schaden!" „Das ist gut so, Herr Hallstedt! Alle die anderen — sie sind so liebe, gute Leute — und da kommt denn der eine dazwischen und redet und redet, und sie hören ihm zu mit aufgesperr ten Mäulern und fragenden Augen, — na, und dann ist das Elend bald da! Aber nun wird es besser werden — Gott sei Dank!" Draußen fiel der Schnee in dichten Flocken. Es war Winter geworden. Schiver lag der Rauch über den Dächern, nur da und dort stieg er als wehende Fahne in das Flockengewimmel empor. Krähen flogen durch die Luft mit müdem Flügclschlag, als habe der Winter ihre Kraft gelähmt. Auf der Straße, tie draußen vor dem schönen, schmiedeeisernen Ei ter, die das Gut umgab, vorüberzog, trollten die Kinder, Schlitten fahrend und Schneemäner bauend. Ihr Jauchzen schallte herein. Aber d: ht und dichter fiel der Schnee auf sie nieder. Hallstedt preßte di« heiße Stirn gegen die Fensterscheiben. „Winter!" sagte er leise vor sich hin. „Drin, nen und draußen! Ob noch ein' al ein Früh ling kommt?" Mamsell Breit trat ein. Hallstedt ging ihr entgegen. „Einen schönen Gruß", sagte sie, „von Herrn L-chrer Fahlmann uno von Fräulein Johanna — ach nee! Schwester Johanna, heißt es ja! — und Herr Hallstedt möchte do-h heute nach mittag mit den Kindern zum Kiffe kommen. Der Bote wartet auf tUescheid." Ein sonniges Leuchten ging über Hallstedts ernste Züge. „Bestellen Sie wieder einen schönen Gruß und wir würden heute nachmittag um V-4 Uhr da sein!" Und als die Mamsell die Tür hinter sich ge schlossen hatte, setzte er für sich h nzu: „Der Winter erdrückt mich — ich muß den Frühling suchen gehen!" 11. Kapitel So ging er denn am Nachmittag den Früh ling suchen. Jus Lehrerhaus, Liesbeth und Friedel begleiteten ihn. Und auch sie waren ihm ein Stück Frühling, wilde Reiser zwar, aber di« ichere Hand des Gärtners wird sie schon zurecht, »ringen. Nur die Sonne fehlte noch, die große, alll>e!ebende Sonne. Johanna kam ihnen entgegen. „Willkommen, Ernst! Wir haben einen Kuchen gebacken aus — aus — na ja, aus be sonderem Anlaß! Der Vater wird ihn nachher schon bekanntgeben. Und wir hiben euch ge» beten, daß der Kuchen ausgegessen werden soll." — Die Kinder waren schon voraus. „Wie war cs in Berlin?" fragte sie leise. „Wie geht es Vera?" „Sie ist mit ihrem Lose zufrieden —" Hanne!« senkte den Kopf. „Die Arme! Und du, Ernst?" „Ich habe nur das große Bedauern für sie, wie man es für einen toten, in seiner Blüte geknickten Menschen hat — cs fuhrt kein Weg mehr zu ihr zurück und von ihr zu mir hinüber. Der Nest ist Sache des Gerichts." „Armer Ernst!" „Bedaure mich nicht! ^dauert werden macht weichlich,' und ein zerbrochenes Hans steht davon nicht wieder auf. Das liegt nun alles hinter mir, wie ein böser Traum — nur ein Riß im H«rzen ist geblieben." (Fortsetzung folgt.)
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