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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192804238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19280423
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19280423
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-04
- Tag 1928-04-23
-
Monat
1928-04
-
Jahr
1928
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kolonialer Betätigung werden wir un verrückt sesthalten. Wir erstreben auf dem Gebiet der Finanzen und Steuern eine Minderungdes schwer auf dem Volke lastenden Steuerdruckes, Ver einfachung der Steuergesetzgebung, gerechtere Verteilung der Steuern. Wir bekennen uns zu dem Gedanken der sozia len Gesetzgebung. Wir treten für ein Rentner- versorgungsgesetz ein. Die uneinge schränkte Erhaltung des Berufsbe- amtentums und Wahrung seiner Rechte ist uns eine selbstverständliche Forderung. Der Er haltung und Festigung der Reichswehr gilt unser unablässiges Bestreben. Bei den Beratungen des Neichsschulge- setzes haben wir stets den christlichen Grund charakter der Schule betont. Wir haben uns ge wehrt gegen die Antastung der Schulhoheit des Staates, gegen die Klcrikalisieruiig des Schul wesens, gegen die Verletzung der Lehr- und Ge wissensfreiheit der Lehrer, gegen die unnötige Aufbürdung hoher Kosten auf die Gesamtheit der Steuerzahler durch Einrichtung lebensun fähiger Zwergschulen. Unser Ziel war das Zu standekommen des Neichsschulgesetzes auf der Grundlage der Neichsverfassung. Das Gesetz ist gescheitert durch die Schuld derer, die über spannte klerikale Forderungen im Sinne der Schulbestimmungen des bayerischen Konkordates erhoben, die Koalition ohne Grund gekündigt und dadurch die Weiterberatung des Gesetzes verhindert haben. Die Deutsche Volkspartei verlangt die org a- nische Weiterentwicklung der Ver fass ung auf dem Wege zur Stärkung der Reichseinheit, sie erstrebt eine durchgreifende und umfassende Neuordnung der gesamten inner staatlichen Verwaltung, Klarheit und Uebersicht- lichkeit des Vehördenaufbaues, verbunden mit möglichster Einschränkung des Staatsaufwandes, Ueberwindung der Kleinstaaterei durch freiwil ligen Zusammenschluß. Retch-tve-r und Fememorde Deutsche Regierungsstellen verantwortlich? * In Stettin wird seit einigen Tagen in einem neuen sog, Fememordprozeß gegen An gehörige der Organisation Roßbach verhandelt. Während die bisherig« Verhandlung ohne be sondere Ereignisse verlief, kam es am Freitag zu einer tleinen Sensation, als Rittmeister a. D. Freiherr v. Loen als Zeuge erklärte, die Or ganisation Heinz habe von 1920 bis 1922 mit Wissen einer Regierungs st eile etwa 200 Fememorde planmäßig durch geführt und in jedem einzelnen Falle an die Regierungsstelle Bericht erstattet. Der Zeuge bestätigte dann die Aussagen des Zeugen von Bedungen, daß die Reichs wehr Len Roß - bachleuten den Befehl erteilt habe, einen Verräter von Waffen lagern unschädlich zu machen. Er selbst hätte da mals einen Waffcnverräter seiner vorgesetzten Dienststelle übergeben. LlKnn dieser einen Fluchtversuch gemacht hätte, Hütte er ihn ohne weiteres erschossen. Im übrigen habe die Orga nisation Roßbach die Waffen von der Reichs wehr in Stettin und Stargard abholen können. Zu diesen gegen das Reichswehrministerium erhobenen indirekten Beschuldigungen der mo ralischen Verantwortung für LieFeme- inorde bei den Noßbachformationen in Pommern erfahren wir vom Neichswehrministerium fol gendes: Die Einsetzung der Organisation „Roßbach" in Oberschlesien ist ohne Zutun des Reichswehr mini st eriums geschehen und wenn ein Zeuge bekundet, daß auch au einen Pfiff hin die Roßbacher aus Pommern verschwanden und in Oberschlesien wieder auf tauchten, so kann dieser Pfiff nur von einer politischen Zentral st eile, höchstwahrscheinlich von dem damaligen Staats kommissar für Oberschlesien, Herrn Spiecker, erfolgt sein. Das Reichswehrministerium kann darüber nichts b e k u n de n, ob die behaupteten 200 Fememorde in Oberschlesien Tatsache sind und ob die in der Stettiner Gerichtsver handlung genannten „Regierungsstellen" ihre Kenntnis dem Reichskanzler mitgeteilt haben. Es legt den allergrößten Wert auf die zeitliche Unterscheidung der Vorgänge von 1920, die sich in Pommern ereignet haben und der späteren in Oberschlesien. Der in der Verhandlung zi tierte Befehl des Reichswehrgruppenkom mandos vom 19. Februar 1920, in dem es heißt, es sei selbstverständlich der Verrat mit allen Mitteln verhindert worden, dieser Befehl ist Lem Reichswehrministerium nicht bekannt. Sein Vorhandensein wird angezwcifelt, da Reichswehrkommandos nur in Königsberg in Preußen, Berlin, Kassel und Bayern bestanden haben, mithin Dienststellen, deren örtliche Lage es ausschließt, daß sie den in Pommern untcr- gebrachten Noßbachformationen Befehle zugehen lassen konnten. Von der preußischen Negierung hören wir dazu noch: Diese Darstellung (des Rittmeisters a. D. von Loen, ist geeignet, den Eindruck zu er wecken, daß preußische Regierungs- Sie Wahlen Pari», 22. April Die Wahlen haben sich in ganz Frank reich, soweit bis zum späten Nachmittag Nach richten vorliegen, ohne Zwischenfälle vollzogen. Der Wahlakt begann um 8 Uhr und wurde um 6 Uhr geschloffen. In Paris zeigte sich vor den einzelnen Wahllokalen im Lause des Nachmittags die übliche Tätigkeit, die im Her anschleppen der säumigen Wähler besteht. Im übrigen haben die verschiedenen Parteien im Laufe der vergangenen Nacht durch auffallende Plakate für ihre Kandidaten geworben. Die Wahlbeteiligung soll sowohl in Paris als auch in der Provinz stärker gewesen sein als im Jahre 1924. Briand, Herriot und Tardieu wiedcrgewiihlt Paris, 22. April Die Wahlhandlung ist ruhig verlaufen. Es werden nur wenige Zwischenfälle von unter geordneter Bedeutung gemeldet. Es werden ge meldet die Wiederwahlen von Briand, Herriot und Tardieu, außerdem aus ländlichen Bezirken die Wiederwahl von sechs der Gruppe Marin angchörenden Abgeordneten. In Mülhausen im Elsaß hat der Sozialist Grumbach, der in Stichwahl steht, die höchste Stimmenzahl erlangt, an zweiter Stelle steht der aus dem Haegy-Prozeß bekannte Advokat Kraehling (Autonomist). In Straßburg steht Peirotes (Soz.) im Stichwahlkampf mit dem Linksrepublikaner. Der autonomistische ehemalige Redakteur der „Zukunft", Schall, hat 0600 Stimmen erhalten. Das Ergebnis bis heute früh Paris, 23. April Havas gibt um 12.30 Uhr nachts den Stand der Wahlen wie folgt an: Wahlergebnisse lie gen aus 199 Bezirken vor. Gewählt sind 6 6 Kandidaten. In 133 Bezirken müs sen Stichwahlen stattfinden. Die Eewühl- stellen Lies« Untaten stillschweigend gebil ligt oder doch nicht mit genügender Schärfe ver folgt haben. Die preußische Negierung legt nämlich Wert darauf, daß die in Frage kom menden - Behörden, nämlich das schlesische Ober präsidium, Ler Polizeipräsident von Breslau und Ler Abstimmungskomnnsfar für Oberschle sien niemals von diesem Vorkommnissen eine Ahnung gehabt haben. Wär« dies der Fall gewesen, wäre selbstverständlich von ihnen mit den Machtmitteln des Staates durchgegrif fen worden. Cs wird weiter für ausgeschlossen er klärt, daß eine Sonderbehörde, die von den drei oben genannten Stellen eingesetzt war, irgend etwas von Liesen Dingen gewußt hat. Die Ahndung dieser Vorkommnisse ist nach Auffas sung der preußischen Regierung lediglich Sache der Staatsanwaltschaft gewesen. Das Preußi sche Justizministerium hat zu dieser Angelegen heit noch nicht Stellung genommen. Um die Fünsmarlstücke Eigene DrabtMeldung Berlin, 23. April In ausländischen Zeitungen ist die Meldung verbreitet, daß die deutschen Fünfmark stücke, deren Annahme im Ausland« auf Schwierigkeitengestoßensei, aus dem Ver kehr gezogen werden sollen. Aus Kreisen des Finanzministeriums hören wir hierzu, daß diese Nachrichten frei erfunden sind. Neue Erdstöße in Bulgarien Sofia, 22. April Nach Meldungen aus dem Erdbebengebiet wurden in der vergangenen Nacht in Philip- popel, Tschirpan, Vorissovgrad und Umgebung wiederum mehrere schwache Erdstöße verspürt. In der nördlich von Philippopel gelegenen Ortschaft Golema Konare stürzten infolge eines stärkeren Erdstoßes etwa zehn Häuser ein, und außerdem wurden die Kirche, die Schule und die Zweigstelle der Land wirtschaftsbank beschädigt. Von auswärts lau fen fortgesetzt Hilfsmittel für die Heimgesuchten ein. Der Papst übermittelte durch den Apostoli schen Delegaten in Sofia, Monsignore Noncali, 100 000 Leva. Das amerikanische Rote Kreuz andte 8000 Dollar. Konzert des Zither- und Mandolinen-Vereins „Eintracht" Hohenstein-Ernstthal stg. Wir können immer wieder feststellen, Loß der Zither- und Mandolinen-Vcrein „Ein tracht" sich in weiten Kreisen unserer Einwoh nerschaft größter Beliebtheit erfreut. Wir können uns nicht entsinnen, jemals ein Konzert des Vereins erlebt zu haben, das schwach besucht gewesen wäre. Auch das 1. Konzert in diesem Jahre, das der Verein am vergangenen Sonn abend im Schützcnhaus veranstaltete, war wiederum stark besucht. Es wurde schon wiederholt von berufener Seite gesagt, daß der Zither- und Mandolinen- Berein „Eintracht" einen bedeutsamen Faktor m Frankreich ten verteilen sich wie folgt auf die Parteien: Rechtsstehende 2, Rechtsrepublikaner (Marin) 27, Linksrepublikaner 16, Rechtsradikale (Lou- cheur) S, Radikale 8, Sozialrepublikaner (Pain- leve) 2, Sozialisten 6, Kommunisten 0. Gewählt sind u. a. Handelsminister Bokanowski, der radikale Abgeordnete Malvy, der sozialistische Abgeordnete Paul-Boncour, der elsässische Abge ordnete Pfleger; neu gewählt wurde der frühere radikale Senator und Minister Francois Albert. Die sozialistischen Abgeordneten Blum und Lachin stehen in Stichwahl. Dag bisherige Wahlergebnis Etaene Drabtmclduna Paris, 23. April Innenminister Sarraut gab heute morgen der Presse folgende Ue verficht über das Wahlergebnis: Gegenüber den 612 zu wählenden Abgeord neten liegen aus 602 Wahlbezirken die Ergebnisse vor. Ein Wahlbezirk auf Kor sika und neun aus den Kolonien stehen noch aus. Während im ersten Wahlgang 178 Abgeord nete gewählt wurden, müssen noch 427 Stichwahlen stattfinden. Die gewählten Abgeordneten verteilen sich auf die Parteien wie folgt: Demokratisch-Republikanische Union 72, Linksrepublikaner 41, Radikale Republikaner 18, Nadikalsozialisten 16, Republikanische Soziali sten 4, Sozialistische Arbeiterpartei 14 und Kommunisten 13. Bezüglich der Haltung der ge wählten Abgeordneten gegenüber der gegen wärtigen Negierung äußerte sich der Mini ster, daß weit über die Hälfte sich be reits für die Politik der gegenwär tigen Regierung ausgesprochen habe. Zu gleicher Zeit wird das Ergebnis der end gültigen Wahl der Linksrepublikaner Moritz de Rothschild, Reynaldy Pierret, Etienne Flandin und des früheren Ministers Le Troc- quer bekannt. im Musikleben unserer Stadt darstellt. Seine Darbietungen verraten nicht nur die gute Schule eines tüchtigen, befähigten Dirigenten, sondern sie zeugen auch von einem großen, be achtlichen Können der Spieler. Durch die Be gleitung von Streichmusik werden die Musik stücke doppelt wirksam. Die Vortragsfolge des Sonnabend-Konzertes hinterließ wiederum einen starken, nachhaltigen Eindruck. Dirigent und Spieler befanden sich in bester Form. Alle waren von der Liebe zu ihren Instrumenten und Zur Musik erfüllt. Das Konzert begann pünktlich 8 Uhr. Hierin zeichnet sich der Zither- und Mandolinen- Vcrein „Eintracht" von allen anderen Vereinen unserer Stadt aus. Er schreibt in seinen An zeigen: „Beginn 8 Uhr" und beginnt auch zur festgesetzten Stunde. Meistens herrscht aber sowohl in der Stadt als auch auf dem Lande die Unsitte, daß der Beginn irgend einer Ver anstaltung wohl auf 7 oder 8 Uhr festgesetzt ist, die Veranstaltung in den meisten Fällen aber eine halbe, bis eine Stunde später beginnt. Den weitaus größten Teil unseres Publikums tut Pünktlichkeit not. Deshalb ist es begrüßens wert, wenn ein Verein sich die Aufgabe gestellt hat, das Publikum zur Pünktlichkeit zu erziehen. Im ersten Teil der Vortragsfolge spielte der Zitherchor. Er folgte willig dem Stab seines Leiters. Die Stücke, die er bot, verrieten eine genaue, gewissenhafte Vorarbeit. Deshalb ist es wohl zu verstehen, daß am Schluß des ersten Teiles der Beifall außerordentlich stark war. Das Konzert begann mit dem Marsch von Ludwig „Vom Fels zum Meer", der die Stim mung zu den folgenden Stücken schuf. Dann folgte der bekannte Walzer von Kollmaneck „Lockende Sirenen", dessen süße Klänge sich in die Herzen aller einschmeichelten. Weit über den Rahmen sonstiger Solo-Darbietungen hoben sich das „Andante" für Violine und Zither und die „Humoreske" von Grünwald, von den Herren Berthold und Miedtank in großer Mei sterschaft geboten. Dann folgte Swpbodas Konzert-Ouvertüre II, die dem Zitherchor noch einmal Gelegenheit gab, sein Können zu be weisen. Im zweiten Teil der Vortragsfolge spielte der Mandolinenchor. Wieder eine vorzügliche Wiedergabe derStücke! Wieder das bereitwillige Folgen dem Dirigenten! Und wieder die treff liche Vorarbeit! Zuerst wurde der Pilgerchor aus „Tannhäuser" von Richard Wagner ge boten. Es ist zu verstehen, wenn Musikfreunde und Musiker gegen die Wiedergabe von Overn- musik durch einen Zither- und Mandounen- Verein oder auch einen Konzertina-Verein sind. Wenn Opernmusik aber so vorzüglich gespielt wird wie vom Mandolinenchor des Zither- und Mandolinen-Vereins „Eintracht", dann müssen alle Vorurteile verstummen. Selten habe ich den Pilgerchor so schön gehört, wie von diesem Mandolinenchor. Auch die Lustspiel-Ouvertüre „Im Krug zum grünen Kranze" von Kollmaneck wurde vorzüglich dargebotcn. Ritters „Sehn sucht", Romanze für Mandolinen-Doppclquar- tett und Cello-Solo, traf den Volkslicdton. Die Spieler fanden starken Beifall. Zum Schluß wurde ein größeres Werk von Macchiochi auf- ocführt: „La Festa del Grano" („Das Ernte fest") für Mandolinenchor und drei Männer stimmen. Der erste Satz schildert das Erwachen am Morgen, im zweiten erklang eine fröhliche Neveillc. Der dritte Satz war ein brausendes Loblied der Sonne, der Erwcckerin der Natur. Der vierte Satz schilderte die Stimmung nach dem Feste. Abgesehen davon, daß die Stimmen manchmal von der Musik etwas zu stark über tönt und der Gesang daher undeutlich wurde, wurden Dirigent und Chor dem Werke, das hohe Anforderungen an beide stellt, glänzend gerecht. Der Beifall war so stark, so lebhaft, so begei stert, daß der Kehrreim des dritten Satzes noch mals wiederholt werden mußte. Der Verein darf mir dem großen Erfolg seines ersten diesjährigen Konzerts zufrieden sein. Er hat sich die alten bisherigen Freunde erhalten und neue gewonnen. Mag er nun weiterschreiten auf seiner bisherigen Bahn, nach immer höheren Zielen st-eben und sie zu er reichen suchen. Solange dem Verein Herr Mied tank als Dirigent erhalten bleibt, braucht man um seine Zukunft nicht zu bangen. Dirigent und Spieler fühlen sich als ein Ganzes. Möchte es ferner so bleiben, dann darf der Verein sicher sein, daß immer seine Konzerte — wo sie auch veranstaltet werden mögen, in unserer Stadt oder auswärts— den gleichen starken Beifall finden wie bisher. Nach dem Konzert folgte ein Ball. KorMt NK des Ehrs-mM in Gersdorf Der Mannergesangverein „Licdcrkranz" zu Gers dorf veranstaltete am Sonnabend, dem 21. April, ein Konzert, dessen Ertrag dem Fond für das Ehren mal zufliehen sollte. Das Konzert war gut besucht. Zur Aufführung gelangte eine Alpcumär, die den Titel trügt, „Der Jäger vom Königssee". In unse rer Zeit üubcrn sich im geistigen Leben unseres Vol les zwei gegensätzliche Strömungen. Die eine drängt die Kräfte nach der Peripherie. Auscinanderstre- bcnd, verlieren sich ihre Aeutzerungen in der Nach ahmung fremden Gcistesgutes. Sie endet in der Verflachung deutschen Lebens. Die andere Strömung kämpft gegen Fremdtümelei und sucht deshalb zu- rllckzufiihren zu den Quellen deutscher Kraft und deutschen Volkstums. Dieser zweiten Strömung zu dienen, mag wohl die Absicht des Männcrgcsangvcr- eins „Licderkranz", wie auch des Dichters und Kom ponisten, Adolf Klages, gewesen sein, als er die ge nannte Alpenmär schuf. Einfach, schlicht und volks tümlich ist der Grundgedanke der Handlung, der hier erzählend oorgetragen wird. Einzelne Gelegenheiten sind aber benutzt worden, um die Phantasie spielen zu lassen und — das zeigt sich deutlich in der musi kalischen Bearbeitung — das Märchenhafte ins Romantische zu steigern. Die Handlung selbst greift das alte Lied von Liebe und Leid auf. Sie bringt aber keine tiefen Verwicklungen, die ins Tragische hinübcrleitcn, sondern — das ist echt märchenhafte Darstellung — durch den Zauber der gütigen Feo wird die Gefahr des Todes gemildert. Alles löst sich zur Zufriedenheit. Der Schlug fordert direkt her aus, Parallelen zum Märchen von Dornröschen an- zustcllen. Sanft, aus freudigem Dur aussteigend, be ginnt das Orchester. Sehnsuchtsvoll erhebt sich aus ihm die Oboe, und ihr Schalmeienton verkündet ein dringlich den Bergfrieden. Ein frischer, gemischter Chor beschreibt die vielseitige Welt der Alpen und gewinnt in dem Jodeln der „Buben und Dirnen" den Höhepunkt. Nach einem Prolog spinnt eine Deklamation die Handlung. Wir schauen das am Seeufer kauernde, in die Berge gedrängte Häuschen mit seinem blumigen Gärtchen. Wir bewundern Kathei, die allerschönste der Dirndeln und den chmucken Heini, ihren Geliebten. Der sangesfrohe feiger Heini läßt sein Lied erklingen. Der Frohsinn des Burschen quillt auch aus der Musik, die, teilweise arbig ausmalend, die Melodie umrankt. Der ver endende Text zeigt uns, wie der Jäger bei Kathei Einkehr hält, gerade als die Vie-geschäftige die Gei- ben den Gcibbuben aus dem Stalle lätzt. Ein drei stimmiger Chor schildert frisch und hoffnungssroh den Zug der Eeiübuben nach den Matten. In der fol genden Deklamation offenbart Heini der Kathei den Grund seines langen Ausbleibens. Er ist einem weihen Eemsbock hoch am Watzmann droben auf die Spur gekommen. Ihn will er jagen, er soll der Hochzeusbraten werden. Kathei warnt und erzählt dem Geliebten, wie der alte Kräutcrsepp ihr ein Lied gesungen von „der Feen Zaubergarten", aus dem auch die weihen Gemsen stammen. In der nun fol genden Ballade, die mit dem zweiten Lied der Kathei zusammen vielleicht die reifste Stelle musika lischer Durchführung bietet, wechseln eine Moll- und Dur-Partie: Auf der einen Seite grollend und dro hend die „saligen Fräulein", deren Zauberschloh von dem kühnen Jäger bedroht scheint, auf der anderen Seite ausblühend im freudigen Dur die warnende und bittende Seele der Kathei. In der folgenden Deklamation finden wir die Ucberleitung zu dem Bartholomüusfest. Der zu Ende gehende Braut stand soll in diesem Feste einen freudigen Abschluß finden. Das Orchester beginnt im Walzertakt. Der Ehor singt zu Ehren des Brautpaares ein Lied auf den Heini. Der Komponist hat hier eine Dichtung von Viktor v. Scheffel untergclegt, die die bayrischen Volkstypen (Flickschuster, Eromnutter, Hirt, das Dirndel, das über gebrochene Treue weint) plastisch darstellt. Frcudid aufquellend versinkt das Orchester darnach wieder in Klage. Die Geigen mimen in einer weichen Moll-Partie, zart ausspinncnd, das Lie» bcswch. Am Schluß aber erstrahlt immer wieder in neuer Gestaltung das Spitzenmotiv „Der Heini von Steier". Auch die Holzknechtbuben suchen Heini zu- zujubeln. Ein gemischter Ehor bietet Ausschnitte aus dem Leben dieser urwüchsigen Naturkinder. Ver- hältnismäbig zeitig kehren Kathei und Heini vom Feste heim. In ihrer Kammer träumt die Kathei von dem schönen Tag und baut Lustschlösser für die Zukunft. Ein nettes Sopransolo bringt immer triumphierend die Freude der Kathei über die bal dige Hochzeit, anderseits tritt als Gegensatz warnend eine andere Gewalt in den Glücksbercich dieses Dirn dels: „Es ist ja noch nicht ganz so weit!" Die nun folgende Barkarole versucht zu malen, wie die letzten Burschen und Dirndeln beim Klang der Mandolinen in prächtiger Mondschcinnacht den See überqueren. Eine Mandoline erklingt, von den Geigen begleitet. Die Barkarole ist leider etwas bläh gefärbt. In der folgenden Lhorszenc sehen wir den Jäger Heini. Im Mondcnschein steigt er hinauf zum Watzmann, um den weihen Gemsbock zu erlegen. Ein Blick zum Haus der Liebsten, und weiter klimmt er empor. End lich zeigt sich ihm der Vock. Wie Heini aber das Feuerrohr anlegt, umgeben ihn die „saligen Jung fräulein" mit ihrem Zauber. Diesmal soll er dem Tod entgehen, und als Hochzeitsangcbinde wollen sie ihm Sorgen und Not bannen, wenn er in Zu kunft nicht wieder den Bergfrieden hier oben stört. Am nächsten Morgen bringt inan den kühnen Jäger einem Toten gleich ins Secwirtshaus. Diese ganze Lhorszenc, die musikalisch fein untermalt ist.
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