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»« -s«»«.--ü»srs-rES«!««S LL ßl Ls L -K!LZS° «rr44L,ÄAL LZ k-ä» - S "" <v— Scheu und schüchtern zögerte er, faßte schließlich lin- l kisch meine Hand und schüttelte sie herzlich. „Haben Sie etwas trockenes Zeug für mich?" fragte ! ich den Koch. „Ja, Herr,* erwiderte er diensteifrig. Er glitt zur j Küchentür hinaus mit einer Schnelligkeit und Geschmeidig- » keit, die mir weniger katzenartig als ölig erschienen. In ! der Tat, diese Schlüpfrigkeit war, wie ich später erfahren l sollte, wahrscheinlich seine hervorstechendste Eigenschaft. ! „Und wo bin ich?* fragte ich Johnson, den ich mit » Recht für einen von den Matrosen hielt. „Was für ein ! Fahrzeug ist dies und wo geht es hin?* „Von den Farallonen nach Südwest,* erwiderte er I langsam und planmäßig. „Schoner „Ghost* auf Robben- > fang nach Japan.* ' „Und wo ist der Kapitän? Ich muß ihn sprechen, so- I bald ich mich umgekleidet habe.* Johnson blickte verlegen und verwirrt drein. „Käptn . Wolf Larsen, es ist am besten, wenn Sie vorsichtig mit ! ihm reden. Er ist verrückt heut morgen. Der Steuer- I mann * Aber er vollendete den Satz nicht. Der Koch war , wieder hereingeglitten. ! „Es ist besser, du machst, daß du wegkommst, Uonson,* l sagte er. „Der Alte sucht dich an Deck und heut ist es am I besten, ihm nicht in die Quere zu kommen.* Johnson wandte sich gehorsam zur Tür, wobei er I mir über die Schulter des Kochs hinweg in einer merk- I würdig feierlichen, unheilverkündenden Weise zuwinkte, I als wollte er die unterbrochene Bemerkung bekräftigen . und mir ans Herz legen, ja recht vorsichtig mit dem Ka- I pitän zu reden. Über dem Arm des Kochs hingen einige zerknüllte, I häßliche Kleidungsstücke, die einen säuerlichen Geruch aus- ! strömten. i „Sie sind feucht gewesen, Herr,* erklärte er, „aber ! Sie werden sie schon tragen müssen, bis ich Ihre am I Feuer getrocknet habe.* Während ich mich am Holzwerk festhielt, gelang es I mir mit Hilfe des Kochs, in ein rauhes wollenes Hemd > zu schlüpfen. Bei der Berührung überlief mich eine ! Gänsehaut. Er bemerkte mein unwillkürliches Zusammen- , zucken und Gesichterschneiden und grinste: „Ich will nur i hoffen, daß Sie sich nie im Leben an so was gewöhnen I müssen. Eine feine Haut, die Sie haben. Ich hab' gleich I gemerkt, daß Sie ein feiner Herr sind.* War er mir schon auf den ersten Blick unsympathisch I gewesen, so wuchs mein Unbehagen noch, als er mir jetzt I beim Ankleiden half. Seine Berührung allein war mir I widerlich. Ein billiges Baumwollhemd mit ausgefran- , stem Kragen und Flecken, die ich für Blutspritzer hielt, I wurde mir unter einem Strom von Entschuldigungen i übergezogen. Ein Paar schwerer Seestiefel umschloß I meine Füße und dazu wurde ich mit hellblauen, ausge- , Waschenen Überzughosen ausstaffiert, deren eines Bein ; ungefähr zehn Zoll kürzer als das andere war. „Und wem habe ich für all diese Herrlichkeiten zu ! danken?* fragte ich, als ich voll ausstaffiert dastand. Der Koch richtete sich auf. „Mugridge, Herr,* sagte ! er kriecherisch und über sein weibisches Gesicht legte sich i ein fettiges Lächeln. „Thomas Mugridge, Herr, zu I Diensten.* ! „Schön, Thomas,* sagte ich. „Ich werde dich nicht ; vergessen, wenn meine Kleider wieder trocken sind.* Ein sanfter Schimmer überzog sein Gesicht und seine ! Augen leuchteten, als wären in der Tiefe seines Wesens ; seine Vorfahren lebendig geworden mit der dunklen Er- ; innerung an die Trinkgelder im vergangenen Leben. „Danke, Herr,* sagte er demütig. Genau wie eine I Schiebetür glitt er beiseite und ich trat aufs Deck. Ich ; war noch schwach von dem langen Aufenthalt im Wasser. ; Ein Windstoß packte mich und ich wankte über das i schlingernde Deck, einer Ecke der Kajüte zu, an der ich I mich festhielt. Mein erster Gedanke war, daß ein Mensch, ; der einen Schiffbruch überlebt und Auge in Auge mit ; dem Tode gestanden hatte, eigentlich mehr Aufmerksam- i keit verdient hätte, als mir zuteil wurde. Außer einem I Matrosen am Rad, der neugierig nach der Kajütenecke ; guckte, schenkte mir niemand irgendwelche Beachtung. ; (Fortsetzung folgt.) l Er sprang ans Ruder, schob den anderen beiseite und . drehte fieberhaft das Rad, während er gleichzeitig irgend- I welche Befehle schrie. Aber das Schiff schien seinen Kurs j fortzusetzen und war fast im selben Augenblick im Nebel I verschwunden. Ich suhlte, wie ich in eine Ohnmacht glitt, und ver- ! suchte mit aller Willenskraft gegen die erstickende Leere I und die Dunkelheit, die mich zu überwältigen drohten, anzu- I kämpfen. Kurz daraus hörte ich Ruderschläge, die immer , näher kamen, und die Stimme eines Mannes. Als er I ganz nahe war, hörte ich ihn ärgerlich sagen: „Zum I Donnerwetter, warum rufst du nicht?* „Er meint mich.* 1 Mit diesem Gedanken versank ich in Leere und Finsternis. * * * Ich schien in einem mächtigen Rhythmus durch un- ! geheure Räume zu schwingen. Flimmernde Funken I sprühten und schossen an meinen Augen vorbei. Als ich > die äußerste Grenze meines Schwunges erreicht hatte und ! gerade zurückschwingen wollte, ertönte donnernd ein I Riesengong. Der Rhythmus meines Fluges wurde immer kürzer. - Schwung und Rückschwung wechselten mit verwirrender ! Hast. Immer häufiger und schrecklicher donnerte der I Gong. Dann war mir, als würde ich über rauhe Sand- > » flächen geschleift, die weiß in der Sonne glühten. Der ! Gong dröhnte und toste. Ich rang nach Luft, atmete ! schmerzhaft und öffnete die Augen. Zwei Männer I knieten neben mir nnd beschäftigten sich mit mir. Der > mächtige Rhythmus, den ich empfunden hatte, war das ! Rollen des Schiffes im Seegang. Der entsetzliche Gong ! war eine Bratpfanne, die bei jeder Bewegung des Schiffes I klirrte und rasselte. Der scheuernde, sengende Sand waren > Harle Männerhände, die meine bloße Brust rieben. Ich ! krümmte mich vor Schmerz und hob den Kopf ein wenig. ! Meine Brust war rot und wund und ich konnte winzige i Blutstropfen aus der zerrissenen, entzündeten Haut her- > vorquellen sehen. „Jetzt ist's genug, Uonson," sagte der eine der ! Männer. „Kannst du nicht sehen, wir schrubben ihm ja I die ganze Haut ab!" Der Uonson Angeredele, ein Mann von schwerem ! skandinavischem Typ, hörte auf, mich zu reiben, und erhob k sich verlegen. Der Mann, der gesprochen hatte, war zart- ! gliedrig mit fast weiblichen Zügen. Eine schmutzige I Leinenmütze und ein ebenso schmutziger Leinenschurz um ! die Hüften verrieten, daß er der Koch in der entschieden ' sehr schmutzigen Kombüse des Schiffes war, auf dem ich I mich befand. „Ra, wie fühlen Sie sich jetzt, Herr?* fragte er mit ! der gezierten Untertänigkeit, die auf Generationen trink- : geldbeflissener Ahnen schließen ließ. Als Antwort versuchte ich mich zu erheben, Uonson ! half mir auf die Füße. Das Rasseln und Klirren der I Bratpfanne zerrte entsetzlich an meinen Nerven. Ich griff ! zur Stütze nach der Holzbekleidung — sie war so I schmierig, daß sich mir die Eingeweide im Leibe um- I drehten —, langte nach dem scheußlichen Gegenstand, i holte ihn vom Nagel herunter und verkeilte ihn sicher im ; Kohlenkasten. Der Koch lächelte über meine Nervosität und drückte I mir einen dampfenden Becher in die Hand. Es war i ein widerliches Gesöff — Schiffskaffee —, aber die ? Wärme belebte mich doch. Während ich langsam das Ge- i tränk schlürfte, warf ich hin und wieder einen Blick auf ! meine wundgeriebene, blutende Brust. Dann wandte ich i mich an den Skandinavier. „Vielen Dank, Herr Uonson," sagte ich, „aber meinen ! Sie nicht, daß Ihre Behandlung etwas gewaltsam war?* Eher aus meiner Bewegung als aus meinen Worten I fühlte er wohl den Vorwurf heraus. Er hielt mir die » Hand hin; sie war schrecklich rauh. Mit leichtem Schauer I ließ ich die meine über die hornartigen Schwielen gleiten. „Ich heiße Johnson, nicht Uonson," sagte er in aus- ; gezeichneten», wenn auch etwas langsamem und eine Spur » fremdländischem Englisch. In seinen blaßblauen Augen erschien ein milder Pro- > test, aber dazu eine schüchterne Offenheit und Männlich- I keit, die mich ganz für ihn einnahmen. „Vielen Dank, Herr Johnson," verbesserte ich mich I und streckte ihm meine Hand hin.