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Beilage zn Nr. 36. Dienstag, 23. März 1915. 67. Jahrgang. ÄllsMungMMdnW P den RekanMachunge» des Reichskanzlers nm 25. Januar nnd 25. Februar M5, kelreffend die Zicherffellnng van MMomlcn (ReichSgrsetzblatt Sette 45 und 109). 8 1- Zuständige Behörde im Sinne von § 1 der Bekanntmachung vom 25. Januar 1915 ist dar Ministerium des Innern. 8 2. Zuständige Behörde im Sinne von 8 2, 1 ist der Amtrhauptmann der Bezirke, in dem sich die zu enteignenden Schweine befinden; soweit hierbei exemte Städte in Frage kommen, ist der Krri»hauptmann zuständig. Der Kreishauptmann ist berechtigt, seine Zuständigkeit auf einen Kommissar zu übertragen. 8 3. Die Schiedsgerichte der § 2, 4 der Bekanntmachung vom 25. Januar 1915 find von den Kreirhauptmannschaften alrbald zu bilden. Ihre örtliche Zuständig keit hat sich in der Regel auf den Bezirk einer AmtShauptmannschaft zu erstrecken; doch kann in Landerteilen, in denen verhältnismäßig geringe Bestände an Schweinen gehalten werden, die Zuständigkeit einer Schiedsgericht» auf mehrer« Bezirke ausgedehnt werden. Die Beisitzer sind von den landwirtschaftlichen Kreirvereinen und den Handelskammern der Kreishauptmannschaft unverzüglich vorzuschlagen. Für eine ge- genügende Anzahl von Vertretern der Mitglieder der Schiedsgerichte in Behinderungsfällen ist Sorge zu tragen. Die landwirtschaftlichen KreiSvereine haben weiter eine Anzahl Vertrauensmänner <8 10, Z 11) zu benennen. 8 4. Maßgebender Schlachtviehmarkt im Sinne von 8 3, 1 der Bekanntmachung vom 25. Januar 1915 ist für den Regierungsbezirk Bautzen Dresden Chemnitz Chemnitz Dresden Dresden Leipzig Leipzig Zwickau Zwickcu. 8 5. Berechtigt, die Enteignung von Schweinen zu beantragen, find 1. Sächsische Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern, wenn sie zugleich die Versicherung abgeben, die zu enteignenden Tiere alsbald schlachten und al» Dauerware aufstapeln zu wollen; 2. Sächsische Konservenfabriken, soweit sie auf Grund eine» allgemeinen Abkommen» mit dem Ministerium de» Innern Schweinefleischkonserven für die unter 1 genannten Gemeinden Herstellen und sich verpflichten, die enteigneten Schweine hierzu zu verwenden. 8 S Die Enteignung ist vom Unternehmer (8 5) unter Vorlegung der nach 8 6 erforderten Unterlagen und unter Angabe der Bedarf» bei dem Ministerium des Innern zu beantragen. E» ist nicht erforderlich, daß der Antrag ein,n bestimmten Biehbefitzer oder Enteignungrbezirk benennt. Da» Ministerium de» Innern entscheidet darüber, ob und in welchem Umfange dem Anträge stattzugeben und in welchem Bezirke (8 2) die Enteignung vorzunehmen ist. 8 7. Der mit der Enteignung beauftragte Amtrhauptmann oder Krei»hauptmann bestimmt die mit der Enteigung zu treffenden Viehbestände und die Zahl und Art der zu enteignenden Schweine. Er erläßt alsbald die Aufforderung zur Ueberlaffung dieser Schweine an den GntetgnungSunternehmer. In der Aufforderung ist auf die ihr durch 8 2 deS Gesetze», betreffend Höchstpreise, vom 4. August 1914 in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1914 (Reichsgesetzblatt Seite 513) verliehene Rechtswirkung hinzuweisen, insbesondere auch darauf, daß ein Einwand, die in Anspruch genommenen Tiere seien zur Erfüllung früherer Ver käufe bestimmt, unwirksam und daß eine Verbringung der Schweine zu anderen Schweinehaltern, um sie dort weiter füttern zu lassen — soweit er sich nicht um Schweine handelt, die nach 8 8 dieser Verordnung der Enteignung entzogen sind — verboten ist, sowie daß Zuwiderhandlungen gemäß 8 6 Ziffer 3 de» Höchstpreis- gesetzeS mit Gefängnis bis ,u einem Jahre oder mit Geldstrafe bi» zu 10 000 M bestraft werden. Dem Besitzer ist nachzuloffen, die Enteignung dadurch abzuwrnden, daß er die zu enteignenden Tiere binnen 6 Tagen, vom Empfange der Aufforderung ab, entweder selbst schlachtet oder zum Zwecks der Nbschlachtung einem öffentlichen Vieh- und Schlachthofe innerhalb Sachsen» zuführt. Den Nachweis hierüber hat er durch eine Bestätigung seiner Gemeindebehörde, oder im zweiten Falle, der betreffenden SchlachthosSverwaltung dem Amtshauptmann oder Kreishauptmann längsten» am Tage nach der Schlachtung oder Zuführung zu erbringen; unterläßt er dies, so treffen ihn die Kosten de» wetteren Verfahren» einschließlich der dem Unternehmer durch die Unterlassung erwachsenden Auslagen. 8 8. Die Enteignung ist, foforn sich der Antrag der Unternehmer» nicht ausdrücklich auf Schweine höherer Gewichtsklassen richtet, nur auf Schweine zwischen 60 und 100 lex Lebendgewicht zu beschränken. Der Enteignung unterliegen nicht: s) Eber und Zuchtsauen, b) Hochzuchten, c) Schweine au» Beständen, deren Besitzer sich binnen 4 Tagen nach Empfang der Aufforderung schriftlich gegenüber der enteignenden Behörde verpflichtet, zur Fütterung seins» Bestandes weder zur Saat noch zur menschlichen Ernährung geeignete Kartoffeln noch Kartoffelflocken zu verwenden und zugleich nachwrist, daß er hierzu durch die gesicherte Zufuhr von WtrtschaftSabfällen oder durch den Besitz von Krastfuttermitteln für mindesten» 3 Monate imstande ist. Jede Zuwiderhandlung gegen diese VerpflichtungSerklärung wird, gleichviel ob fit von dem Besitzer, seinen Angehörigen oder seinem Gesinde begangen wird an dem Besitzer mit 100 M Geldstrafe oder Gefängnis bi» zu 14 Tagen bestraft und führt zur nachträglichen Enteignung de» gesamten Bestände». 8 9- Die enteignende Behörde hat, um unnötige Weitläufigkeiten und Kosten für die Beteiligten zu vermeiden, die gleichzeitig vorzunehmenden Enteignungen nach Möglichkeit in derselben Gemeinde oder in dieser und den unmittelbar angrenzenden Gemeinden vorzunehmen und bei den größeren Beständen zu beginnen. 8 10. Von dem Erlaß der Aufforderungen nach 8 7 ist der Unternehmer alsbaro unter Angabe der Personen, gegen die sie gerichtet worden find, zu benachrichtigen. Er hat mit den Aufgesorderten binnen 1 Woche nach Empfang der Benachrichtigung wegen Ueberlaffung der Schweine durch einen mit behördlichem Ausweise ver- sehenen Bevollmächtigten an Ort und Stelle unter Zuziehung de» Vertrauensmannes de» landwirtschaftlichen Kreikverein» oder einer zur Abschätzung in Seuchrnfällen in der betreffenden Gemeinde berufenen Person, oder, wenn keine dieser Personen ohne Zeitverlust zu erlangen ist, de» Gemeindevorstandes oder dessen Stelloer- treter» zu verhandeln. Da» Ergebnis der Verhandlungen har die zugezogene Person dem Amtrhauptmann oder Kreishauptmann spätesten» am folgenden Tage anzuzeigen. Dieser hat hiernach zu entscheiden, ob da» Enteignungsverfahren sortzustellen ist; die» unterbleibt, wenn der Unternehmer darauf verzichtet. Die Aufforderung verliert ihre Wirkung, wenn der Unternehmer innerhalb der hierfür angesetzten Frist nicht in Verhandlung wegen der Ueberlaffung eintrttt. 8 11. Die schriftliche Anordnung der Enteignung enthält den AuSfpruch, daß da» Eigentum an einer bestimmten Zahl von Schweinen bestimmter Gewichttklaffen au» dem Bestände eine» bestimmten Besitzer» dem Unternehmer der Enteignung übertragen wird. Gleichzeitig ist der Vertrauen»mann des landwirtschaftlichen Kreis- verein» oder eine zur Abschätzung in Seuchenfällen berufene Person zu beauftragen, sofort die von der Anordnung betroffenen Schweine innerhalb de» Bestand» zu bestimmen und durch ein mit Farbe auf dem Rücken der Tier« aufgetragene» L kenntlich zu machen. Dem Unternehmer ist von dem Erlasse der Anordnung auf kürzestem Wege, nach Befinden telegraphisch, Kenntnis zu geben, ebenso dem zuständigen Schiedsgericht. 8 12- Der Vorsitzende de» Schiedsgericht» hat diese» zur Festsetzung der Uebernahmepretse an Ort und Stelle in der Regel spätesten» für den übernächsten Werktag einzuberufen und hiervon auf kürzestem Wege den Unternehmer und den Biehbefitzer unter Mitteilung von Ort, Tag und Stunde zu benachrichtigen. Die Festsetzung der Uroernahmepreise erfolgt ohne Rücksicht auf die Anwesenheit der Beteiligten und ist in einer Niederschrift zu beurkunden. 8 13. Im Interesse der richtigen Ermittelung de» Lebendgewichts der zur Enteignung gelangenden Schweine ist eS dem Viehbesitzer untersagt, diese während 12 Stunden vor dem PreitfeststellungStermine zr füttern oder zu tränken. 8 14. Der Uebernahmeprei« ist nach der Bekanntmachung de» Reichskanzler» vom 25. Februar 1915 unter Berücksichtigung de» Marktpreises sestzusetzen, wobei al» Marktprei» sür Schweine in den Gewichtsklassen zwischen 80 und 100 ic§ die dort unter b genannten Beträge zu gelten haben. Der Marktpreis ist derjenige Preis, von dem anzunehmen ist, daß ihn der Vtehhalter an den für ihn nach Z 4 dieser Verordnung maßgebenden Schlachtvieh- markte erhalten würde, wenn er da» Tier zum Zwecke de» Verkauf» dorthin verbracht hätte. Daraus ergibt sich, daß er diesen Preis bei der Enteignung am Ab- nahmeorre nicht schlechthin sondern nur nach Abzug der ungefähren Aufwande» zu fordern hat, den di« Verbringung de» Tiere« nach dem Schlachtoiehmarkte ihm verursacht haben würde. Auch wird da» Schiedsgericht in Fällen, wo der Biehhalter trotz angemessenem Prei»anyebote den freihändigen Verkauf abgelehnt und so die Enteignung notwendig gemacht hat, nach billigem Ermessen die hierdurch dem Unternehmer erwachsenden Kosten ganz oder teilweise ,u berücksichtigen haben.