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Nr. 155. Pul»nitz«r Wochenblatt. — Sonnabend, den 27. Dezember 1913. Seite 6. Kö»ig»palast zu London erstrahlte. Die erreichte die stattliche Höhe von 40 Fuß und zwar mit einer Fülle von Geschenken, die einen Wert von über 200000 M darstellten, beladen. Einige Jahre später stellte der Herzog von Norfolk in Arundel Castle einen Riesen- weihnachtsbaum zur Ergötzung der Kinder seiner Päch- ter aus. Der fast 70 Fuß hohe Baum war mit Spiel zeug, Schmucksachen und anderen Dingen im Werte von fast 100 000 M behängt. England ist überhaupt — neben Amerika — da» Land der kostbaren Weih» nachtlbäume. Dort werden teilweise riesige Bäume aufgeputzt. E» gibt Familien im vornehmen Westen London» und vor allem unter dem englischen Land- adel, bei denen am Weihnachtsabend Bäume von 50 bi» 100 Fuß Höhe erstrahlen. Natürlich bedingt solch ein Banm schon eine ganz gehörige Halle. Im Lon- doner Kristall-Palast, in dem alljährlich eine Weih. nachtSbescherung armer Kinder stattfindet, mißt der Baum gewöhnlich sogar über 100 Fuß, manchmal ist er schon 120 Fuß hoch gewesen. Die einzelnen Ge schenke werden an die Zweige gehängt, die übrigen» zum großen Teil etngebohrt werden müssen, und ein solcher Baum hat, wenn er .geputzt* ist, dann leicht einen Wert von 90 bi» 120 000 Mark. Den Höhe- punkt in der Kostbarkeit der Christbäume hält aber, wie in so manchen Dingen, Amerika. Der amerika nische Millionär Jame» Clement» schmückte im Jahre 1897 einen Weihnacht-baum mit den Goldklumpen au» Klondike, die den früheren Etsenbahnbremser zum Nabob gemacht hatten, und ließ den Stamm über einem Haufen Zwanzigdollargoldstücke sich erheben. Der Wert diese» Baume» betrug rund 350000 Mark. Ein Millionär in Chikago machte einen Weihnacht»- bäum durch aufgehängte Juwelen zu einem Wert- gegenstände im Betrag« von 250 000 Kronen. Ob diese Protzen glücklicher sind am HMgen Abend, al» irgendeine arme Familie, die in ihrer engen Stube im Glanze der flackernden Kerzen eine» kleinen Weth- nacht»bäumchen» da» Christfest begeht? * (Die Weihnacht»psesferkuchen de» Kaiserhaus«».) Wie in jedem Bürgerhaus«, be steht auch bei »Kaiser»* der Brauch, Pfefferkuchen auf den WeihnachMisch zu legen, und wer an der ve- sch«rung im Schlosse teilnimmt, erhält auch sein Teil von dem großen Kuchenstück, da» der Mundkoch de» Kaiser» zuteilt. Die Prinzen und Prinzessinnen, die Generäle a la suite und die Adjutanten finden «» auf ihrem Tiller vor den kostbaren Geschenken, die ihnen im Mufchelsäal de» Neuen Palai» beschert werden: Ehe aber der Kaiser seine Gaben verteilt, nimmt er selbst seinen Weihnachtrpfefferkuchen entgegen, und e» ist ein Vorrecht einiger Kompagnien de» Ersten Garde regiment», ihren obersten Kriegsherrn damit zu be schenken. Seit Jahrzehnten ist es ein Potsdamer Hof- bäcker, der für den Kaiser und die beim 1. Gardere giment stehenden Prinzen diesen WeihnachtSpfefferku- chen zubereitet und mit Widmungszeichen in Marzi- panguß auSgestattet. Der WeihnachtSbesuch der Kai- serS in der Kaserne gibt seinen Grenadieren Gelegen heit, den mit der Inschrift: »Weihnachten 1913*, dem Gardestern und der Kompagnienummer versehenen Ku- chen zu überreichen. Jede Kompagnie liefert den Ku chen für den zu ihr gehörenden Prinzen. Die Leib- kompagnie bestellte außerdem noch für die Prinzen Eitel Friedrich, Adalbert und Joachim die zweite für den Kronprinzen und die vierte Kompagnie für ihren Hauptmann, Prinz O»kar, den Festkuchen. Prinz Joa chim wird auch noch von der siebenten Kompagnie mit dem Pfefferkuchen bedacht. Diese Pfefferkuchen werden in der Potsdamer Hosbäckerei Lehmann nach einem alten als »Geheimnis* gehüteten Rezept hergestellt. Sutter-Preise auk bissigem wocksnmarkle. Sonnabend, den 27. Dezember 1913: — 4 Stück Mk. 2.60 und 2.70. — NoAWn aus demLzl. Aandesaml Pulsnitz. veburten: Meta Elsa, T. des Wirtschaftsbesitzers Julius Paul Zimmermann in Friedersdorf 1t). — Anna Else, T. des Stetnarbetters Ernst Emil Weitzmann in Weißbach IL. — Arno Gerhard, S. des Markthelfers Ernst Bruno Hiller in Pulsnitz Meißner Seits. — Marie Johanne, T. des Zimmer meisters Bruno Hermann Gräfe in Pulsnitz Meißner Seits 49 <Z. — Lisbeth Herta, T. des Fabrikarbeiters Oswin Arthur Kühne in Niedersteina 36. — Rosa Erna T. des Steinarbeiters Mar Alfred Schäfer in Obersteina 22. Eheschließungen: Der ledige Fabrikarbeiter Anton Richard Förster mit der ledigen Fabrikarbeiterin Marie Hulda Heinze, beide wohnhaft in Ntedersteina. — Der ledige Fabrik arbeiter Emil Edwin Rammer in Großröhrsdorf mit der ledi gen Wirtschaftsgehilfin Ida Martha Garten in Niedersteina. — Der ledige Zimmermann Alwin Oswin Kind in Lichtenberg mit der ledigen Zuschneiderin Emma Frieda Frenzel in Puls- nitz Meißner Seits. — Der ledige Fabrikarbeiter Otto Mar Förster in Niedersteina mit der ledigen Fabrikarbeiterin Anna Frieda Oswald in Obersteine. — Der ledige Fabrikarbeiter Emil Bruno Haufe mit der ledigen Fabrikarbeiterin Flora Elsa Hennig, beide wohnhaft in Ohorn. - Der ledige Fabrikarbei- ter August Arthur Wendt mit der ledigen Fabrikarbeiterin Frieda Olga Heinrich, beide wohnhaft in Niedersteina. — Der ledige Bandweber Otto Gustav Mürer mit dem ledigen Dienst mädchen Emma Frieda Georgi, beide wohnhaft in Pulsnitz Meißner Seits. — Der ledige Fabrikarbeiter Franz Arthur Haufe in Ohorn mit der ledigen Fabrikarbeiterin Frieda Rosa Seifert in Vollung. — Der ledige Steinarbeiter Paul Oskar Hausdorf in Häsltch mit der ledigen Wirtschaftsgehilfin Sidonie Lina Girrten in Pulsnitz Meißner Seits. — Der ledige Für- bereiarbeiter Richard Mar Kühn mit der ledigen Arbeiterin Ida Flora Militzer, beide wohnhaft in Pulsnitz. — Der ledig; Kutscher Johann Mikolaiczyk mit der verwitweten Näherin Frieda Anna Rentsch geborene Reinke, beide wohnhaft in Pulsnitz. Gestorben: Anna Marie Schäfer in Obersteina, 3 Jahre, 11 Monate, 7 Tage. MreAssn-rraLkrickten. Pulsnitz. Sonntag, den 28, Dezember, Sonntag nach Weihnachten: '/,9 Uhr Beichte uud heil. Abendmahl > Gastar Stanae g , Predigtgottesdienst (Gal. 4, 4-7) s «stange. Lieder: Nr. 46, 1—3; 159; 297, 1-3; 8; 51, 4-5; 6 Sprüche: Nr. 13; 14. 5 Uhr Beichte und heil. Abendmahl Pfarrer Schulze. V,8 „ Familienabend im unteren Gasthof zu Niedersteina. Mittwoch, den 31. Dezember: 6 Uhr Sylvestrrgottesdienst Pastor Stange. 8 , , in der Schule zu Ohorn Pastor Köhler. Kollekte für den allgemeinen Kirchenfonds. Donnerstag, den 1. Januar 1914, Neujahrsfest: V,9 Uhr Beichte und heil. Abendmahl 9 , Predigtgottesdienst (Röm. 8, 24-28) j PfarrerSchulze. Lieder: Nr. 62, 1-4; 264; 56, 1-4; 59, 7-9. Sprüche: Nr. 15, 17. 5 Uhr Predigtgottesdienst 5. Mose 33, 27) Pastor Köhler. Gaben für die Heidenmission werden bis zum Jahres schluß erbeten. Srotznaunvork. Sonntag, den 28. Dezember, nach Weihnachten: 9 Uhr Predigtgottesdienst. (Gal. 4, 1—7.) OdsrNcktenau. Sonntag, den 28. Dezember, Sonntag nach Weihnachten: 9 Uhr Predigtgoltesdienst (H. stuä. tbeol. Sponnaus). 2 , Taufe. 5 „ Beichte und hl. Abendmahl. Mittwoch, den 31. Dezember: 7 Uhr abends Sylvestergottesdtenst mit Predigt. Donnerstag, den 1. Januar 1914, Neujahr: y Uhr Festgottesdienst mit Predigt. Wochengebetslieder: 61; 160. LlcÄionbsrg. Sonntag/den 28. Dezember, Sonntag nach Weihnachten: 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. Getraut: Edmund Alwin Thieme, Fabrikarbeiter in Friedersdors bei Pulsnitz, ledig, und Meta Elsa Höfgen, Wirtschaftsgehilfin hier, ledig. Obsrgsrsdork. Sonntag, den 28. Dezember, Sonntag nach Weihnachten: '/,9 Uhr Deichte und heiliges Abendmahl. 9 „ Predigtgottesdienst. Begraben: Friedrich Wilhelm Berndt, Bleichereibe sitzer und Kirchenvorsteher in Obergersdors, im Alter von 78 Jahren, 3 Monaten, 17 Tagen. — Johanne Eleonore Auguste verw. Wendt geb. Böhme, hinter!. Witwe, /MN stilkt Nerve«, Muskeln, Glieder. Herr Pcukert, inval. Fliblikve.iuilcl in Klosterfreihcit, schreibt: »Der Baisau, leistet mir vor allen anderen Mitteln die besten Dienste gegen MuSkel- u„d Nervenschwache/ Flasche SO Pf. und 1 M. in den Apotheken. Echt mit Schutzmarke »Doppelt reu/verlangen! Gleichzeitig empsohlen bei Nervenschwache, Kopfschmerz: Kopfschmerz» Pastillen Schutzmarke .Doppelkreuz' SO Pf. und 1 M.. Gichtwatt« .Doppelkreuz' SO Pj. sondern aus eigenem hohem Interesse an dem kunstgeschicht lichen Werk des berühmten französischen Gelehrten, das die Baronesse ins Deutsche zu übertragen hatte. Es führte sie zurück in die Romantik des Mittelalters; die poesieumflosse nen Gestalten der provencalischen Minnesänger beunruhigten ihre Träume. Mit Schlaf und Wachen kämpfend glaubte sie sich umbraust vom Sturmgesang des wilden Jägers, der mit seinem ganzen Trotz durch die Lüfte zog, bis das Stöh nen der wütend durcheinander gepeitschten Baumzweige, das Knacken und Brechen zur Erde geschleuderter Aeste sie vol lends erwachen ließ. Nach ein paar Stunden häufig gestörten Schlummers satz Marie Luise nun schon wieder längst an ihrem Schreib tisch. Die ihrem schönen Gesicht eigene reizvolle Wangen röte lietz nicht ahnen, wie übernächtig und abgespannt, ja wie in geradezu unbehaglicher Stimmung die Baronesse sich befand. Sie wollte auch nicht, datz es Herta merken sollte, die eben seufzend klagte: „Gott, welch' gräßliche Beleuchtung! Ich kann in dem trüben, schwankenden Licht kaum die Farben unterscheiden, und dazu ists so ungemütlich kalt, ich sehe, Liesel, Du frierst, aber dem wollen wir gleich abhelsen, im Korb siegt ja noch ein^Häuschen Kohlen, ich will sie sofort ihrer Bestimmung Ihren Worten die Tat folgen lassend, ergriff das lieb reizende Mädchen die Kohlenschaufel und schüttete die vor handenen schwarzen Diamanten auf die noch glimmende Glut im Ofen, schraubte die Berschlutztüre wieder fest und sagte, zur Schwester gewandt: „So, nun werden wir bald eine angenehme Zimmer- Temperatur erhalten". „Danke, Kleine, danke! Du bildest Dich wirklich zu einem fürsorglichen Hausgeist aus", lietz Marie Luise sich vernehmen, ohne im Schreiben isinezuhalten. „Meinst Du? O dann", — mit der Machtvollkommen heit einer unsichtbaren Hoheit reckte Herta ihre schlanke Ge stalt, ihre klare weiche Stimme klang pathetisch — „befehle ich Dir, sogleich die Feder hinzulegen und Deinen erschöpfen Newen stundenlange Ruhe zu gönnen". Und als Marie Luise, nur wortlos die Schultern zuckend, ihre Arbeit sort- etzte, fuhr Hertha in ihrem natürlichen, herzigen Tone fort: „Ich spreche nicht im Scherz, Liebste! Sicher Haft Du wieder die halbe Nacht hindurch geschrieben, die tiefen Schat ten unter Deinen Augen veraten mir — und statt dann am Morgen den versäumten Schlaf nachzuholen, sitzest Du nun schon wieder stundenlang an: Schreibtisch. Mutz das sein, Marie Luise? Wenn Du nun infolge von Ueberanstrengung erkrankst — ach Gott — Liesel, was dann?" Aus dem Ton der Stimme,- den,Blicken und Mienen der Sprecherin sprach eine so rührende, ehrliche Besorgnis, datz Marie Luise in unwillkürlicher Bewegung die Schwester zärtlich an sich zog und müde lächelnd versicherte: „Liebe, kleine Törin, ängstige Dich nicht um mich. Meine Nerven vertragen eine durchwachte Nacht sehr gut. Uebri- gens mutzt Du heut mit dem rasenden Sturmgeheul rechnen! WurdestzDüsnicht auch gestört?" „O ja, freilich! Aber abgesehen von dieser grausigen Nacht schliffst Du tast immer zu wenig, weil .Du Dir '.Ar beiten ausbürden läßt, die in zu kurzer Zeit beendet; sein müssen und Dich über Gebühr angreisen. Auch nicht die kleinste Erholungspause möchtest Du Dir gönnen. Das kann und darf nicht so weiter gehen!" „Latz gut sein, Kleine!" sagte Marie Luise sanft, wäh rend ihre schlanken-Finger liebkosend über Hertas dunkle Haarwellen glitten. Was willst Du auch eigentlich? Müs sen wir denn nicht dankbar sein, wenn wir genügend eine uns zusagende und leidlich ^lohnende Arbeit erhalten)?" Hertas seinem Gehör entging die verhaltene Bitterkeit in der Schwester Stimme nicht. i „Dankbar für einen Verdienst", wandte sie eifrig ein, „den Du mit Deiner,'.Gesundheit bezahlst? Nein das bin ich nicht und Du " „Aber Kind", fiel Marie Luise ein wenig geduldig.ein, wir könnens doch nicht ändern!" „Wir könnens, wirs— kaufen eine Schreibmaschine!" triumphierte Herta. Ein Moment der Verblüffung — dann wiederholte Marie Luise, wider Willen lachend: „Eine Schreibmaschine? O, Du kluges Schwesterlein,".weißt Du, was solch ein Ding, wenn es wirklich gut und nutzbringend kostet?" „Nan?" fragte H-rtha gffpm.si. „Drei- bis fünfhundert Mark — eine für uns uner schwingliche Summe". „Ach! So teuer!? drang es kleinlaut über Hertas Lippen. Aber im gleichen Augenblick erhellte sich ihr reizen des Gesicht. „Es gibt einen Ausweg, Marie Luise! Man erhält Schreibmaschinen aus Abzahlung, ich las es in der Zeitung". „Nein, Kleine! Eine Baronesse Eckartsburg kauft nichts auf Abzahlung!" lautete die stolz abwehrende Äntwort. Sie klang der jungen Schwester wie ein Vorwurf, unter dem ihre Wangen sich röteten. Da durchzuckt sie em neuer Ge danke, in ihren dunklen Augen blitzt es frohlockend aus, mit beiden Armen Marie Luisens Nacken umschlingend, flüsterte sie ihr insIOHr: „Ich weiß Besseres! Meine Liesel erhält doch eine Schreibmaschine, bitte, sage dazu nicht nein, bitte!" „Ohne zu wissen, was Du vorhast? Begehe um Him melswillen keine-Unbesonnenheit, Herta!" „Bewahre! Ich möchte — weißt Du —" stotterte Herta unter Marie Luisens ernst forschenden Blicken in lieblicher Verlegenheit, „ich besitze io viele Schmucksachen, die ich nie mals tragen werde, da ist besonders —" fuhr sie, einem Einwurf der Schwester zuvorkommend, hastig fort, „eine ur alte Armspange, weißt Du, von meiner längst verstorbenen Pate, Exzellenz v/ Armfeld. Ich glaube, sie nämlich die Armspange — mit dem aus acht oder zehn Brillanten be stehenden -Schloß würde durch Verkauf wohl noch eine etwas höhere Summe erzielen, als die Schreibmaschine kostet. Still, Mütterlein", sie schloß mit ihren rosigen Lippen Marie Lui sens Mund — „keinen Widerspruch. Du hast soviel, Gott, schon soviel für mich getan, laß mich nun auch mal — es wäre mir eine so große, große Freude -" „Hör auf, Liebling, höre aus!" Marie Luise, Tränen in den blauen Augen, drückte in tiefer Bewegung Herta fest an sich. „Hätte sich mir meines Schwesterchens goldenes Herz nicht schon ost und oft offenbart, wäre es jetzt geschehen. Ich danke Dir tausend-, tausendmal, aber Dein Opfer an nehmen kann ich nicht". Fortsetzung folgt.