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Nr. 1K5. Puttnttzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 27. Dezember 1918. Sette 2. -- -- - ..... -- —- Toni" wurde von den Spielern in der allerbesten Weise erledigt, alle Zuhörer wurden in Gedanken in «in kleine» bayrischer Dorf im Hochwald versetzt. Alle Anwesenden verließen befriedigt den Saal und wünsch ten so ein Konzert bald wieder. Ohorn. (Sesang »- Ko nzert.) Da« am ersten Weihnachttfeiertege im Gasthof »König Albert Eiche' vom Männergesangverein „Ltederkranz' veranstaltete Konzert hatte zahlreich« SangsSsreunde herbeigezogen, sodsß der grüßt Saal vollständig besetzt war. Den fleißigen Sängern und ihrem wackeren, zielbewußten Liedermeister bracht« e« einen vollen, unbestrittenen Erfolg. Fein durchgearbeitet, wurden alle Chöre mit vollster Hingabe vorgetragen. Zart und innig erklan- gen: »Heimkehr' und »Holderbusch', mächtig: »Fried rich Rotbart', Männerchor mit Orchester, welche» un- sere Ort»kaprlle mit bestem Gelingen stellt«. Nicht zu vergessen ist auch da» prächtige Kostümduett »Meißner Porzellan", da» von reizender Wirkung war. Auch zwei humoristisch« Doppelquartette: »Käfer und Blume' und: „Die rote Nas" wurden gut vorgetragen: Ganz vortrefflich wurden auch die theatralischen Darbietun gen gespielt. Die erste derselben, „Joseph Heydertch" oder „Deutsche Treue", Drama von Theodor Körner, dem edlen Fretheittkämpser und Freiheittdichter de» großen Jahre» 1813, verherrlicht in ergreifender Weise die treue Hingabe eine» braven, todermutigen Solda- ten für seinen Offizier. An zweiter Stelle wurde „Kälberbrüten", ein Schwank drastischer Art voll er- götzlichen Humor» von Han» Sach», dem Nürnberger „Schuhmacher und Poet", vor 400 Jahren, gespielt. An letzter Stelle gelangte zur Aufführung: „Die Rosel vom Schwarzwald", ein vortreffliche» Singspiel mit viel Humor. Sämtliche Stücke wurden «»»gezeichnet wiedergegeben, sodaß die zahlreichen Besucher rauschen- den Beifall spendeten. Alle» in allem: E» war ein ganz vortrefflicher Abend! 8t. Mittelbach. (Weihnacht»-Feier.) In ihrem traulichen Gasthofssaale erlebte die Mtttelbacher Ge meinde am 25. Dezember eine recht gemütvoll« Weih- nacht»f«ter der Schulkinder und ihre» Herrn Lehrer» Vogler. Fröhliche Chorgesänge, zarte Sololteder, hüb sch« Deklamationen wußten viel vom Lob de» l. Christ kinde» und vom ungefügen, doch gutmütigen Meister Nikla» zu künden. An den hellen, frischen Stimmchen der Kleinsten zumal weideten sich Ohr und Herz ! Und die Weiheklänge de» neuen Harmonium» nahmen sich im stillen Raume prächtig au». Da zog di« Andacht wie ein Hauch durch all« Sinnen leise. - In wahrhaft rührender Weise gelangte zuletzt ein Gesamisptel vom Holzschnitzer zur Aufführung, worin Beruf,fletß und Bravheit, aber auch bittere Armut dirigieren. Doch di« menschenfreundlichen Wichtelmännchen, abgesehen von dem trolltgen Ofenbankschläfer, sowie der gütige Ruprecht gleichen mit ihren reichen Gaben die Härten de» Schicksal» glücklich wieder au» und gießen Frieden und Freude in jede» Herz. Möge da» innig« Ver- hättni» zwischen Lehrer und Gemeinde, zwischen Klei nen und Großen, der traute familiäre Geist und Sinn, wie sich» bei dieser Feier so wohltuend offenbarte, in Mittelbach allezeit bestehen bleiben. Bantzen. (Au» zet chnun g en.) Bei der Firma G«br. Weigang, Steindruckrret und lithographische Kunstanstalt, erhielten 90 Angestellte, di« 25 Jahre und länger im Dienste gestanden haben, AuSzeichnun- gen und Anerkennungsurkunden. Bautzen, 26. Dezember. (Eisenbahnunglück) Auf der Linie Bautzen—Radibor—Löbau ist am heili- gen Abend, den 24. Dezember, abend» 7 Uhr der von Weißenberg kommende Personenzug auf Bahnhof Ba ruth aus einen dort haltenden Güterzug von hinten aufgefahren. Die Lokomotive de» Personenzuge» wurde schwer beschädigt; die Puffer find abgebrochen und die Maschine selbst ist zusammengedrückt. D«»glichen find «uch die nächstfolgenden Güter- und Personenwagen bedeutend demoliert. Menschen sind nicht verunglückt, Ler Loknmottvführer hat dadurch sein Leben gerettet, daß er im letzten Augenblick der Gefahr von der Ma schine abgesprungen ist. Da» Unglück ist dadurch ge schehen, daß die Einsahrttwetche zum Bahnhof nicht richtig gestellt und auch nicht beleuchtet war; dazu kam noch, daß vollständige Finsternis herrschte. Um 8 Uhr traf bereit» ein Htlf»zug ein, der die Reisenden nach Bautzen wetterbeförderte. Bautzen, 26. Dezember. (Der Landwirtschaft liche Krei» verein) für da» Königl. Sächs. Mark graftum Oberlausttz hielt hier am 23. d. M. seine 152 Au»schußoersammlung ob, die von Landwirten der Lau- fitz und darüber hinau» stark besucht war. Der Vor sitzende Geh. Oekonemterat Dr. Hähnel auf Kupprttz und bei Hochkirch gab einen Ueberbltck über die gegen wärtige Lage der Landwirtschaft. Die Futteroerhält- niffe seien jetzt äußerst günstig, sodaß in dieser Hin- stcht di« Vermehrung de» Viehbestände« nicht» ent- gegensteh«. Leider greife die Maul- und Klauenseuche wieder stärker um sich. Die auSschetdenden Vorstand»- mttglteder wurden wtedergewählt. Beschlossen wurde, tm nächsten Jahre in Uhyst a. T., Puttnitz, Hochkirch und Görlitz Tierschauen, sowie in Großnaundorf, Dob- ranitz, Doberschütz, Weißenberg, Obercunner»dorf und Bischheim bei Kamenz Stallschauen abzuhatten. Krei». direktor Dr. Gräfe-Bautzen hielt einen Vortrag über Maßnahmen zur Hebung und Förderung der Schweinezucht. Leipzig. (Vereitelter Raubmord.) Ver- «it«lt worden ist hier zwei jungen Burschen di« Ab sicht, einen Raubmord zu begehen. E» handelt sich um den 1891 in L«ipzig geborenen Kontoristen Jona» und den 21 jährigen Arbeiter Schmidt. Sie hatten sich unter verdächtigen Umständen in der Retchelstraße eingemietet und wurden verhaftet. Bei ihrer Ver nehmung wurde sestgestellt, daß fie zwei gerissen« Ein. Mieterdiebe find, und daß fie einen Raubmord oder mindesten» einen räuberischen Ueberfall geplant hatten. Sie hatten vereinbart, einer Ladeninhaberin in d«r Wtndmühlenstraße, deren Verhältnisse sie genau au»- kundschaftet hatten, den Brillantschmuck im Werte von über 1000 Mark zu rauben, nachdem fie diese mit einem schweren Hammer niedergeschlagen hatten. Sie waren bereit» einig« Mal bei der Frau gewesen und hatten ihr Dienstmädchen zu entfernen verstanden. Zur Ausführung der geplanten Tat sind sie aber nicht ge kommen. cagssgesevrevle. Deutsches Reich. Berlin, 23. Dez. (Einigung zwischen Aerzte und Krankenkassen.) Die auf Anregung de» Staatssekretär» Or. Delbrück ein- geleiteten Einigung»oerhandlungen m dem bekannten Konflikt zwischen Krank«nkass«n und Aerzten haben gestern zum Frieden geführt. Da» befürchtete Jntort- mtstlcum tritt also nicht ein. — (Aufforderung -um Massen streike strafbar.) Ein« sozialdemokratische Zeitschrift war kürzlich offen für den Generalstreik eingetreten. Da» Landgericht 1 in Berlin hatte in diesen Aeußerungen eine Aufforderunng zum Ungehorsam gegen die Ge- setze gesehen und den verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Da» Reich»gericht hat den Einspruch gegen do» Urteil ver- warfen mit der Begründung, der Generalstreik, der plötzlich und unerwartet autbrechen solle, könne nur durch einen Vorstoß gegen die Gewerbeordnung und da» Bürgerliche Gesetzbuch durchgeführt werden. Die Aufforderung zu einem solchen Streike sei also die Aufforderung zum Ungehorsam gegen di« Gesetz«. — (Neubestimmungen für die Befrei ung vom Militärdien st.) In der Wehrordnung greifen vom neuen Jahre ab eine Anzahl Neubestim- mungen Platz, von denen die wichtigste folgende ist: Zurückstellungen Militärpflichtiger auf Grund besonde rer, im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehener Verhält nisse können au»nahm»weise von der Ersatzbehörde 3. Instanz verfügt werden, die vorläufige Entscheidung über au»zuschließend« Militärpflichtige kann aus Grund der von dem Ziotloorsttzenden der Ersatzkommisston bet» gebrachten Unterlagen ohne är-tliche Untersuchung von den ständigen Mitgliedern der Ersatzkommisston schrift lich getroffen werden. I!I Die Donnerstag-Nnrnrner des pnlsniher Iß Wochenblattes erscheint schon Mittwoch, ! den 3(. Dejember und gelangt von nach- III .'. mittags 5 Uhr ;ur Ausgabe England. London, 26. Dezember. (London ohne Zeitungen.) Die Londoner Zeitungen ka- men überein, am gestrige Weihnachtsfeierrage keine ein- ztge Au-gabe erscheinen zu lassen. Türkei. Konstantinopel, 26. Dezember. (Der Sultan ist schwer erkrankt; daher wird heute die Ze remonie de» Selamlik nicht stattfinden. — Ismail Hakki Babangade, der frühere Unterrecht»minister, ein angesehene» Mitglied de» Komitee» für Einheit und Fortschritt, ist gestern plötzlich gestorben. Konstantinopel, 26. Dezember. (Die deutsche Militärmission.) Während de» Galadiner» aus der Deutschen Botschaft wurden verschiedene Toaste «»»gebracht. General Liman von Sander» sagte hier bei, während er sich dem türttschen Krteg»miuister zuwandte, daß die deutsche Militärmisston, wenn man ihr frei Hand lassen würde, sodaß sie für alle nichtbrfähigten Offiziere den Abschied resp. die Ver- setzung beantragen könnte, imstande sein würde, in zwei Jahren au» dem 1. Armeekorps ein moderne» Armeekorp» zu machen. Amerika. Washington, 26. Dez. (Darneueameri- kanische Bankg«i« tz.) Da» neue Ftnanzgesetz er streckt sich nicht allein auf die bet den Banken bereit zu haltenden Reserven, sondern e» bildet die Grund- läge einer vollständigen Neuorganisation de» amertka- Nischen Bankwesen». Nach diesem Gesetz werden die Banken, die bisher keine Verbindung mit einander unterhielten, unter gewisse vom Staate etnzuttchtende Banken, 8 oder 12, untergeordnet nach demselben Sy- stem, wie e» in Deutschland und England durch dt« Reichsbank und die Bank von England verkörpert wird, nur hat man e» in Amerika für nichtiger gehalten, nicht nur eine einzige Reichrbank, sondern Staat»- banken für jeden einzelnen Staat zu bilden. Die Ge schäftswelt steht dem Resultat de« Gesetzes mit großem Optimismus entgegen und glaubt, daß durch da» neue Gesetz Handel und Industrie neu aufblühen werden. Dom Aakka«. Die Verhandlungen über den englischen Vorschlag in der Jnselfrage. Wie», 26. Dezember. Wie dt« „Neu« Freie Presse' von diplomatischer Sette erfährt, ist der englische Vor schlag überr dtt Aufteilung der AegäischSN Inseln in Verbindung mit der Lösung der südalbittttschen Frc -- gen noch immer nicht von allen Großmächten ange nommen. So sympathisch da» Wiener und da» Ber- liner Kabinett dem Vorschlag gsgenüberstehen, so ha ben fie sich bi» jetzt weder in ablehnender, noch in annehmenden Sinne dazu geäußert, weil fie da» erste Wort in dieser Frag« d«m zunächst interesfietten Ita lien überlassen. Wie nun mit Bestimmtheit virlautet, soll Italien geneigt sein, den englischen Vorschlag an zunehmen, wenn ihm gewisse Kompensationen für die der italienischen Regierung durch dt« Besetzung und Verwaltung drs Dodekaneso» entstandenen Ausgaben zug«standen werden, lieber diesen Punkt finden nun Verhandlungen statt, die einen so günstigen B«rlaus nehmen, daß man hoffen darf, daß diese letzte au» der Liquidierung de» Balkanproblem» resultierend« Frage baldigst ihrer definitiven Lösung zugesührt werde. Kus aller Welt. Kuxhave», 24. Dezember. (52 Seeleute er trunken.) Nach den jetzt vorliegenden genauen Mel- düngen hat die letzte Sturmwetterperiode im Gebiet der Elbmündung und der Nordsee ungemein schwere Menschenopfer g«sordert. E» haben, soweit da» dte»- seittge Seegebiet bez die von und nach der Elbe fah renden Dampfer in Frage kommen, 52 Seeleute den Tod in den Wellen gesunden. Cardiff, 26. Dezember. (Absturz eine» Für- derkorbe».) Auf den hiesigrn Kohlenminen stürzte ein Förderkorb mit Minenarbettern tn die Tiefe. 18 M1- nenarbeiter wurden verletzt, davon 7 tödlich. London, 26 Dezember. (Die gesangenge halt e n e G e l i« b t e.) In der Angelegenheit der in einem abgeschlossenen Zimmer de» verstorbenen Recht», anwalte» Couch Vorgefundenen Frau wird noch be- karmt, daß e» sich um «ine Ltebe»affäre handelt. Die Frau sagte au», daß fie seinerzeit freiwillig da» Zim mer betreten habe, da fie in Couch verliebt gewesen sei. Zwischen der Frau de» verstorbenen Rechttan walte» und ihr habe e» dann einen großen Auftritt gegeben, worauf sie, da fie mehrere Tage keine Nah rung zu sich genommen habe, ohnmächtig geworden sei. Al» fie wieder zur Besinnung kam, habe fi« alle» verschlossen gefunden. Konstantinopel, 26. Dezember. (Auf Grund ge- raten) Der Dampfer „Niger", der 700 Walfahrer an Bord hatte, geriet bet Tschtschm«, unweit Smyrna auf Grund. Der Dampfer hat stärke Beschädigungen erlitten. Calumet (Nordamerika), 26. Dezember. (30 Per sonen bei einer Weihnacht».Feier ver brannt.) Bei einer Weihnachttseier brach plötzlich ein Brand au». E» entstand eine große Panik. Drei ßig Personen kamen in den Flammen um. Vermischtes. — (Der Herr Minister selber) Von dem Eisenbahnminister eine» der grösten deutschen Staa ten erzählt man sich jetzt ein amüsante» Erlebnis, das so reizend ist, daß man e» fast für — erfunden Hal- ten möchte. Fuhr da der Herr Minister neulich aus Inspektion. Natürlich stand ihm Coupe erster Klasse zur Verfügung, da» er aber mit einem anderen Passa gier teilen mußte. Da» war «in offenbar selbstherr licher Herr — er legte seine bestieselten Füße rückfichtt- lo» auf die gegenüberliegenden Sitzpolster. Der Herr Minister suchte ihn durch einige mißbilligende Blicke auf da» reglementwtdrige Benehmen seiner Füße auf merksam zu machen. Vergeben». Auch al» der Mi nister sein Mißfallen in Worte kleidete, änderte der Fremde sein Betragen nicht. Sein« Schuhsohl«n lie ßen e» sich auch fernerhin auf den staatlichen Eisen» bahnpolstern wohl sein. Dem Minister rötete sich die Stirn — al» gar nicht» mehr fruchtete, entnahm er seiner Brusttasche seine Visitenkarte und überreichte fie dem Reisenden. Der, der Überla» sie aufmerksam — und steckte sie dann setnerseit» in seine Tasche. Seine Füße: seine Füße blieben aber aus den Polstern. Am nächsten Haltepunkt de» v-Zuger ließ der Minister empört den Zugführer rufen, um sich über den rück stchttlosen Passagier zu beschweren, der zufällig an dteser Station am Ende seiner Reis« angtkommen war, Der Zugführer erreichte ihn gerade noch auf dem Per- ron, um ihn über die Beschwerde zu vernehmen. Statt jeder Antwort griff der Fremde in seine Brusttasch«, überreichte dem Zugführer eine Visitenkarte und ging davon. Der Zugführer la» die Karte, kraute sich ver legen Hinterm Ohr und sagte dann zu der beschwerde- führenden Exzellenz: „Ja, bester Herr — da kann ich Sie auch nich viel machen Da» war nämlich der Herr Minister selber . . .' Neueste direkte Mel-rmge« von Hirsch'» Telegraphen-Bureau. Straßburg, 27. Dezember. (Nachklänge zur Zabern-Assäre.) Da in der Gerichttverhandlung gegen den Leutnant v. Forstner sestgestellt worden ist, daß die Soldaten Seim Durchmarsch durch Dettweiler ein nicht wiederzugebende» zotige» Lied gesungen ha ben, hat der kommandierende General v. Deimling durch Korp»besehl daran erinnert, daß der Kaiser solch« 2t«d«r beim Militär nicht gern hat und ein Verzeich- ni» der gestatteten Lieder existiert. — Daß da» 167.