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Sonnabend, 17. Mai 1913 1. Beilage zu Nr. 59. Krankreich. In der französischen Rüstungsfrage folgt Zug auf Zug. Eben erst hat die Kommission den Kredit von 420 Millionen angenommen und am Donnerstag hat die französische Regie- rung in der Frage der Einbehaltung des letzten Jahrganges nach einer bewegten Sitzung ein glänzendes Vertrauensvotum «.halten. Man entsinnt sich, rme großen Anfeindungen die Re- gierung ausgesetzt war, als sie mit diesem Plane an die Osffent- lichkeit trat, man warf ihr Staatsstreich, Rechtsbruch und son- stige schöne Dinge vor, und selbst in gemäßigten Kreisen war man gegen diese Maßnahme, die schwere wirtschaftliche Nach- teile im Gefolge haben muß, insbesondere erhob sich in akade mischen Kreisen eine lebhafte Opposition. All das hat aber nichts vermocht, und auch Jaures konnte im letzten Moment nicht mehr retten, was nicht mehr zu retten war. Ministerpräsident Barthou wies einfach auf die äußere Lage hin unter Betonung, daß trotz einer gewissen Besserung keineswegs alle Schwierig, keilen behoben seien und daß noch manche Probleme der Lö sung harrten. Auch b ieb er entgegen dem deutschen Dementi dabei, daß zwischen beiden Armeen ein Unterschied von 180000 Mann bestehe, womit er die Regierungsmaßnahme der Zurück behaltung der letzten Jahresklasse begründete. Seine Argu mente schlugen denn auch ein. Vielleicht hatte die Regierung ein Vertrauensvotum mit solcher Mehrheit selbst nicht einmal erwartet. Dies zeigt deutlich, von welchem Geiste man in Frank reich beseelt ist, indem man jenseits der Vogesen alles gut heißt, was den Machthabern im Interesse des militärischen Schutzes erforderlich erscheint. Der Zurückbehaltung des letzten Jahr ganges fehlt zweifellos jede rechtliche Grundlage, denn das neue Gesetz über die dreijährige Dienstzeit existiert in Wirklichkeit noch nicht, und die vor zwei Jahren einberufenen Soldaten sind zur Fahne unter Bedingungen getreten, die man nicht so ohne weiteres umstürzen kann Daran kehrt man sich aber in Frankreich eben nicht, das Wohl des Staates geht über Prin- ztpienfragen. Für das Heer alles, das ist jetzl dort die herr schende Parole, und die Hoffnung lugt hindurch, von diesem Instrument möglichst bald Gebrauch machen zu können. Es läßt sich nicht leugnen, daß keineswegs chauvinistische Schichten allein es sind, die eine agressive Tendenz verfolgen sondern daß auch neuerdings die amtliche Politik unzweifelhaft hiervon geleitet wird. Den Beweis hierfür liefert die gesetzliche Hal tung gegenüber dem Dreibund während der Balkanwirren und die jetzt bekannt gewordenen Forderungen, die der französische Botschafter in Konstantinopel hinsichtlich Vorderasiens der Pforte übermittelt hat. Man mag zu Herrn Jaures stehen wie man will, man wird sagen müssen, daß er ein offenes Auge dafür hat, daß Frankreich im Begriff ist, sich in eine Politik zu stürzen, die nimmermehr zum Guten führen kann. Hom Hatkan. Bulgarien und seine Verbündeten. Wie«, 16. Mai. Der »Pol. Korrespondenz" wird au» Sofia gemeldet, in politischen Kreisen Bulgarien» habe man allgemein den Eindruck, daß die serbische und die griechische Regierung durch ihre Haltung eine Verschleppung der Unterzeichnung der Friedens präliminarien verursachen und daß diese Wirkung auch den in Belgrad verfolgten Absichten entspreche. In Anbetracht dieser Umstände soll der bulgarische Dele gierte Dr Danew von der Regierung angewiesen sein, unverzüglich nach seiner Ankunft in London aus die Unterzeichnung der Präliminarfriedens zu dringen, und zwar auch in dem Falle, daß die Vertreter der anderen Verbündeten diesem Wunsche eine Weigerung entgegensetzen würden. An eingeweihter Stelle herrscht die Geneigtheit vor, die rasche Ueberwindung dieser Schwierigkeiten zu erwarten und man glaubt die Meinung aurdrücken zu dürfen, daß da- Zustande- kommen des Friedens unmittelbar bevorsteht. Die provisorische Verwaltung SkutariS. Skutari, 16. Mai. Die Montenegriner Übergaben heute tue öffentlichen Gebäude durch ihre Offiziere an die Offiziere oer das betreffende Stadtviertel be hauptenden fremden Macht. DaS Verhalten der Monte- negriner war und ist durchaus lobenswert. Die ge- landeten Truppen werden vorläufig meist in Klöstern untergebracht. Der Polizeidienst ist geregelt. Weiter ist geplant, nach der Abreise der Kommandanten unter einem englischen Kapitän eine vorläufige Verwaltung etnzurtchten, der von jeder Nation der erste Offizier angehört. Heroorgehoben sei, daß die Nationen im besten Einvernehmen arbeiten. Heute konstituierte sich hier eine Art von Parlament, zunächst nur für die Stadt. E» kamen nämlich Vertreter der verschiedenen Anschauungen zusammen, um zunächst Vorschläge für die Verwaltung der Stadt zu machen. Neben diesem Etadtrat steht eine Art von Herrenhaus, oder richtiger Mentor, natürlich der Rat der ersten Offiziere, die al» Befehlshaber des LandungSkorpS, auch nach der Ab reise der Admirale und Kapitäne hierbleiben. Der von den Vertretern der Stadt vorgeschlagene neue Zolldirektor für Albanien wurde heute den Komman- kanten bei der täglichen Konferenz vorgestellt. Die Malifforen kommen noch immer in großer Zahl an. Sie lasten sich von den Wachen an den Zugang», straßen willig entwaffnen. Nus aller Welt Potsdam, 16. Mai. (F a mili en-T r i g ö d i e.) In dem Potsdamer Forst wurden heute vormittag ge- gen 10 Uhr der Kellner Wieland aus Potsdam und sein 17 jähriger Sohn Max, sowie sein 12 jähriger Sohn August als Leichen aufgefunden. Wieland wur- de heute früh noch in der Gegend der Ravensberge gesehen und hat scheinbar in der achten Stunde den Doppelmord an seinen Kindern und den Selbstmord verübt. Er soll mehrere Kinder gehabt und sich in wirtschaftlichen Sorgen befunden haben. Frankfurt. (Der unerquickliche Sänger wettstreit.) Nicht geringes Aufsehen erregt in rhei nisch-westfälischen Sängerkreisen eine Mitteilung de- »Niederrhein. Volksztg.', wonach die Mitglieder des Posener Lehrer. Gesangvereins versicherten, daß sie im Vorjahr vom Kultusminister gebeten wurden, am Kai- serwettstreit teilzunehmen. Als Antwort aus eine die Unkosten betreffende Anfrage seien ihnen sofort 3000 Mark als Reise-Unterstützunp gewährt worden. Ange sichts der starken finanziellen Belastung der am Wett streit beteiligten Vereine, besonders aus Arbeitskreisen wollen die niederrheinischen Sänger jetzt eine Aufklä- rung von der Regierung verlangen. — Hierzu sei be- merkt, daß eine solche Erklärung wahrscheinlich dahin gehend abgegeben werden wird, daß anderen Vereinen sicher auch Beihilfen gewährt worden wären, wenn sie sie beantragt hätten. Hat der Kaiser doch persönlich dem Gelsenkirchener Gesangverein, dessen Erscheinen in Frankfurt in Frage gestellt war, weil er sich keinen Extrazug leisten konnte, einen solchen gestellt. WaudSbeck, 17. Mat. (Brave Tat.) Auf dem Exerzierplätze bet der Horner Rennbahn hörte der Herrenreiter Leutnant Braune, als er mit einem Zug der 4. Eskadron der WanSbecker Husaren eine Uebung ritt, Hilferufe. Ein 12 jähriger Knabe war ins Master gefallen. Seine deS Schwimmens unkundige Mutter, ebenso die 15 jährige Schwester sprangen ihm nach Alle drei Personen waren dem Lokalanzeiger zufolge, dem Ertrinken nahe. Leutnant Braune sprang vom Pferde setzte in voller Uniform in» Master und rettete Sohn und Tochter. Der Husar Lowak sprang seinem Leutnant nach, und versuchte die Mutter zu retten. Diese klammerte sich an den Soldaten und zog ihn mit sich in die Tiefe. Nun sprangen zwei andere Hu- saren ins Master und diese brachten e» fertig, ihren Kameraden und die Frau zu retten. EberSwalde, 16. Mai. (Doppelselbstmord eine» Berliner Liebe»paare».) In Forst bei Eberswalde wurden der 25 jährige Arbeiter Paul The- deran aus Berlin und das 21 jährige Dienstmädchen Selma Beuster, da» bei einer Herrschaft in Wilmer», dorf in Stellung war, erschossen aufgefunden. Th., der verheiratet war, jedoch von seiner Frau getrennt lebte, lernte da» Mädchen vor kurzer Zeit kennen, und faßte den Entschluß es zu heiraten. Der von ihm angestrebten Ehescheidung stellten sich so große Schwte. rigketten entgegen, daß die Aussicht aus eine Vereini- gung der beiden Liebenden immer geringer wurde, und au» diesem Grunde sich die beiden daher entschlos sen, gemeinsam den Tod zu suchen. München, 16, Mat. (Ein -reiste» Gauner, stückchen.) Ein unbekannter Gauner ließ durch eine Mittelsperson in einem Bankgeschäft an der Nsuhau- serstraße auf einen gefälschten Scheck 18 000 Mark er. heben und verschwand mit dem Gelbe. Erst später wurde festgestellt, daß der Scheck gefälscht war. München, 16. Mat. (Ein Alpenhotel in Flammen.) Nach einem Telegramm der „Münche- ner Zeitung" au» Jnn»bruck steht da» Alpenhotel „Jägerhof" in den Stubaier-Alpess in Flammen. Der vorherrschende heftige Wind bedroht die nahe Ortschaft Schönberg. Da» Hotel war bei Aurbruch de» Feuer» glücklicherweise nur schwach besetzt. Hallea. S., (6 Mai. (LineaufregendeZagd.) Der Direktor des Zoologischen Gartens in Halle, l)r. Stau- dinger, wurde gestern nach Unteröbblingen (Mansfelder Seekreis) gerufen, weil ein in der dortigen Gegend um herirrendes Raubtier Menschen und Tiere in Schrecken versetzte, vr. Staudinger konnte bald feststellen, daß das Tier ein amerikanischer Silberlöwe, ein Puma, war, der aus einer Menagerie, die in der Nähe ihre Zelte aufge- schlagen hatte, entwischt jein mußte. Nach einer auf regenden Jagd gelang es, die Bestie, die übrigens von Natur aus nicht besonders mutig veranlagt ist, in einen Stall zu treiben und gefangen zu setzen. Das Tier ist seinem Besitzer wieder zugestellt worden. London, 16 Mat. (Selbst gewählte Hin- richtung»art.) Im Staate Nrwada der Nord, amerikanischen Union haben die zum Tode Verurteil- ten da» Recht, sich die Art der Hinrichtung selbst zu wählen. Sie können sich entscheiden, ob sie durch den 65. Jahrgang. Strang, die Feuerwaffe oder den elektrischen Stuhl sterben wollen. Am vergangenen Mittwoch sollte in Reno ein gewisser Mercowitsch, der im vorigen Jahre einen angesehenen Bürger der Stadt ermordet hatte, hingerichtet werden. Der Mörder wollte, wie er selbst sagte, wie ein Soldat sterben und wählte sich deshalb die Feuerwaffe. Anscheinend in bester Launs ging er zum Richtplatz, lächelte da» Publikum freundlich an und tanzte zum Abschied den in Amerika sehr moder nen Tanz Turkey Trat. Auf dem Rrchlplatze wurde er auf einen Sruhl angeschnallt und drei Gewehre, die automatisch in Betrieb gesetzt werden können, wurden auf da? Herz des Drliquenten eingerichtet. Von den Geweh ren waren nur 2 geladen, sodaß keiner der Schützen beim Einrichten wissen konnte, ob da» Gewehr,da» errichtete,den tödlichen Schuß bringen werde: Dann setzte der Henker automatisch die Abzüge in Bewegung nnd Mercowitsch war auf der Stelle eine Leiche. Newyork, 16. Mai. (Großfeuer in Buffalo.) In Buffalo zerstörte ein Großfeuer die Speicher der Erie Railway Cy.; in den Speichern befanden sich 700000 Bushel Getreide. Ein andere» Lagerhau» wurde gleichfalls von dem Feuer zerstört. Die Flam men griffen sodann nach Buffalo Crek über und oer- nichteten die Häuser der Newyork Railwai Cy. Der Schaden beläuft sich auf 20. Millionen Mark. — (Wer liebt, ist komplett verrückt!) Dieser harte Wort stammt au» dem schönen Munde einer Frau. Die bildhübsche Amerikanerin Frau Wag staff ruft e» in der Zeitschrift „Internal Magazin" au». „Nieder mit der Liebe!' lautet ihre Parole. Denn die Liebe ist die Ursache de» Verfall», der Ner- vosttät und der sittlichen Verderbtheit der Menschen. Wer liebt, ist, sagt die schöne Frau Wagstaff, komplett verrückt. Es find noch andere liebenswürdige Dinge, die die temperamentvolle Dame in die Welt schleudert. Aber e» ist zu fürchten, daß Frau Wagstaff wenig Zustimmung finden wird. Die Menschen find so ziemlich alle — komplett verrückt. ^oges-kalender Stadtrat: Ratskanzlei, Polizeikanzlei mit Ein wohnermeldeamt (Rathaus 1 Treppe): Geöffnet Werk- tags 8—12 Uhr vormittags, 2—6 Uhr nachmittags; Sonn abends 8 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags. Stadt- lasse und Stadtsteuereinnahme (Rathaus Erdge schoß): Geöffnet Werktags 8—12 Uhr vormittags; Sonn abends 8 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachm. Städtische Sparkasse (Rathaus Erdgeschoß): Geöffnet Werktags 8—12 Uhr vormittags, 2 —4 Uhr nachmittags; Sonnabends 8 Uhr vorm bis 1 Uhr nachm. Standes amt (Rathaus 1 Treppe): Geöffnet Werktags 8—11 Uhr vormittags. Pfarramt: Geschäftszeit Werktags 8—12 Uhr vormittags Schule: Sprechstunden Dienstags, Mittwochs, Freitags und Sonnabends vormittags 11—12 Uhr; außerdem Dienstags und Donnerstags 6—8 Uhr abends. Volksbibliothek (in der alten Schule): Geöffnet Sonntags 11—12 Uhr vormittags. Königliches Amtsgericht: Geöffnet Werktags 8—12 Uhr vormittags, 2—6 Uhr nachmittags; Sonnabends 8 Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags. Güterabfertigungsstelle: Geöffnet Werktags 7—12 Uhr vormittags, 2—7 Uhr nachmittags, Annahme von gewöhn lichem Frachtgut nur bis 6 Uhr nachmittags; Sonntags für Eilgut vor dem Gottesdienste und nach dem Gottes dienste bis 12 Uhr mittags. Ortskrankenkasse: Expeditionszeit von vormittags 8 bis A1 Uhr, nachmittags von ^,3 bis 6 Uhr. Sonn- und Feiertags geschlossen. Sprechstunde des Vorsitzenden von l/,12 bis V,l Uhr im Geschäftszimmer der Ortskrankenkasse, Btsmarckplatz. Sprechstunde der Kassenärzte: Werktags von >/,1 bis V,2 Uhr, Sonntags vormittags von 8 bis 9 Uhr. Städtisches Llektrisitätswerk: Geöffnet 8—12 Uhr vormittags 2—7 Uhr nachmittags. Kaiserliches Postamt: Die Schalter sind geöffnet Werk tags 7/8 Uhr vorm. bis 1 Uhr nachm., 2—7 Uhr nachm. Sonn- und Feiertags 7/8 bis 9, 11—12 Uhr vorm. Tele gram mannahme: Tag und Nacht zu jeder Zeit. Fern sprechvermittelungsamt: 7 Uhr vormittags bis 9 Uhr nachmittags, Dienstbereitschaft außerhalb der Dienst stunden : 9 Uhr nachmittags bis 7 Uhr vormittags Unfall meldedienst. Spar- und Vorschusiverein: Geöffnet Werktags 8—12 Uhr. vormittags, 2—6 Uhr nachmittags. Sonnabends 8—12 Uhr vormittags, 2—4 Uhr nachmittags.