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Nr. 12. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 28.^Januar 1913. Seite 6. Pfadkinder willst vu werden und sein. ffLs ist etwos Großes damit, nicht die Tracht und nicht das Mzeichen macht Dich dazu, nicht das Bestehen der Uebunaen, ja nicht einmal alle Künste und Fertigkeiten, zu denen Du angeleitet wirst, die Dir scharfe klugen und flinke Hände schaffen sollen, nein Deine Gesinnung. Ivas.heißt.denn'psadfinder sein?? Ls heißt allezeit bereit sein, Deinen Mitmenschen zu helfen. Dazu mußt Du selbst kräftig und stark iein an Körper und Geist, daß Dich nicht so leicht etwas niederwerfen kann, und dann mußt Du die rechte Fröhlichkeit in Dir haben, der keine klrbeit zu schwer ist, Freude mußt Du dar« an haben, daß Du Deine Kräfte erproben kannst, Deine frischen, jungen Kräfte, die ja doch dazu da sind, etwas Rechtes zu schaf fen aut der Welt. M klber die Kraft und die Freude an ihr allein., tut es nicht Die Umwälzung in der » Türkei. wie es kaum anders zu erwar ten war, hat die Note der Groß mächte mit ihren demütigenden Be dingungen in der Türkei gerade das Gegenteil von dem bezweckt, was sie anstrebte. Die Revolution ist in der Türkei in vollem Gange, Enver-Bei hat einen Staatsstreich mit einer Ener gie und Umsichtsdurchgeführt, so daß mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist, daß der Krieg von neuem ent brennt. Jedenfalls ist das Kabinett Kiamil ohne weiteres gestürzt worden, der Sultan hat Mahmud Schewket- pascha zunächst mit der Neuordnung der Dinge betraut. Die Umwälzung ist nicht ohne Blutvergießen vor sich gegangen, der bisherige Kriegsmini ster Nazim-Pascha ist erschossen wor den. In Konstantinopel sollsbis jetzt noch Ruhe herrschen, bei der über aus strengen Zensur, die über alle telegraphischen Mitteilungen verhängt ist, läßt sich auch das nickt mit Be stimmtheit konstatieren. Zum neuen Kriegsminister ist Izzet-Pascha er nannt worden, er ist heute der Mann der klrmee, von derlsdie ganze Re- volution ausgegangen ist. Man kann sich in der Türkei nicht dazu ent schließen, einen schimpflichen Frieden zu schließen, vor allen Dingen Kdria- nopel zu übergeben. Der tapfere Kommandant dieses - Bollwerkes, Schükri-Pascha, denkt nicht daran, die Festung den Bulgaren auszuliefern, er will sie lieber in einen Trümmer- Hausen verwandeln und mit der klr mee auf Konstantinopel marschieren. Zum Minister des Innern ist Talaat-Bei ernannt. So hat es denn wirklich den Anschein, als ob die Feindseligkeiten in wenigen Tagen wieder ausgenommen werden, und man darf wohl gespannt sein, welche Haltung Rußland den veränderten Umständen gemäß der Türkei gegen über einnehmen wird. aller Welt. Berlin, 26 Januar (Groß- feuer in Lharlottenburg.) In dem Hause Vahlmannstraße 55 zu Lharlottenburg brach gestern klbend aus bisher noch nicht aufgeklärter Ursache Feuer aus. In kurzer Zeit standen sowohl der Dachstuhl des gro ßen viereckigen Vorderhauses als auch der beiden Seitenflügel in Hellen Flammen. Die gesamte Lharlotten- burger Feuerwehr war an der Brand stelle versammelt. Trotz angestreng ter Tätigkeit konnte die wehr es nicht verhindern, daß -er große tnrmartige klusbau des Hauses zusammenstürzte. Nach mehrstündiger Tätigkeit konnte man des Feuers Herr werden, doch hat das vierte Stockwerk durch den Einsturz des Turmes und durch ein dringendes Wasser stark gelitten. r5k///S77 sks /7/7K-77 /NE Du mußt sie auch anzuwenden wissen, Do mußt geübt und ge schickt sein, das zu tun, was der Fall gerade von vir fordert, und zwar es schnell und richtig zu tun. Daher übe Dich, daß vu wirk lich-bereit bist, wenn es nötig ist. iL Und alle Kraft und Geschicklichkeit sind doch vergebens, wenn Dich nicht die rechte Liebe durchflammt zu Deinen Mitmenschen. Line Freude soll es Dir sein, Deine junge» Kräfte in den Dienst der andern zn stellen, und eine Freude wird es Dir sein, wenn Du es nur erst einmal versucht hast. Ls ist ja nicht schwer, an dern zu helfen. Ls gibt so viele Menschen, denen Du so leicht einen kleinen Dienst erweisen kannst. Die klugen aus und umge schaut! Ich denke, Du kannst beobachten? Zeig es! Und dann schnell zugegriffen, wenn Du ein rechter Pfadfinder sein willst. Jeden Tag einen Menschen einen Dienst erweisen, es ist <o sehr leicht, es gibt so viel Gelegenheiten, paß nur ordentlich aus! Und wenn es einmal zwei oder drei solch kleiner Dienste werden, scha det es auch nicht. Und noch eins. Der Pfadfinder tot seine Pflicht froh und gern und zwar nicht nur seine Pfadfinderpflichten, auck die seines Beruses. Db Du nun in der Werkstatt oder im Geschäft bist, auch hier tot der Pfadfinder seine Pflicht freudig. Ja er soll sich gerade hier besonders zusammenreißen, damit es heißt: Lr lei stet etwas, nicht „trotzdem", sondern „weil" er Pfadfinder ist. Nur vorwärts und verluch's. wir Pfadfinder wollen uns durch die Tat erweisen, vergiß aber nie: Pfadfinder sein heißt, seine Pflicht im Berok, im Staate und gegen seine Mitmenschen freudig und gern tun. Bist Du solch reckter Pfadfinder, (dann wirst Du auch leicht später den rechten Pfad finden im Leben Und der wird ein glücklicher sein. Dresdner Prodnkten-Börse, 27. Januar. Wetter: Schön. Stimmung: Ruhig. Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: weifen, weißer , brauner alter 75—77 Kilo, 197—201 M do. 73 bis 74 Kilo 191—194 M, do. neuer M, do. russischer rot 228—237 M, Kansas alter und neuer, 236-239 M, Argentinier 226-233 M Duluth springt I 238 bis 240 Mark, Manitoba 4 223—225. Koggen, inländischer alter 70—73 Kilo 164—170 M, do. neuer 67-69 K. 155-161 M, Sand do. do. 70-73 Kilo 167 bis 173 M, posener neuer M, russischer alter — M. Gerste, sächsische 179—197 M, schlesische 186-205 M, pose- ner 191—205 M, böhm 214—225, Futtergerste 163—168 M. (Feuchte Ware unter Notiz.) Hafer, sächsischer 177—187 M, feuchter und beschädigter 140 bis 160 M, schlesischer 177—187 M, russischer 182—186 M. amerikanischer 185—187 M. Mais Cinquantine 214—219 M, Rundmais M La Plata, gelber 154—157 M. Erbsen, Saat u Futter, 185-200 M, Wicken 215-230 M. Buchweizen, inländischer 195—205 M, do. fremder 200 —210 M. Gelsaaten, Winterraps, scharf trocken — — — M. Leinsaat, feine 285-290 M, mittlere 265—275 M, La Plata 245- 250 M, Bombay 285-290 M. Rüböl, raffiniertes 72 M. Rapskuchen, (Dresdner Marken), lange 14,50 M, runde — M Leinkuchen, <Dresdner Marken) l 18.00 M, II 17.50 M. Mal? 33,50-35,50 M. Weizenmehle (Dresdner Marken), Kaiserauszug 35.50-36 00 Grießlerauszug 34,50—35,00, Semmelmehl 33.50—34.00 M, Bäckermundmehl 32.00—32.50, Grießlermundmehl 24.50 bis 25.50, Pohlmehl 21.50-22.50. Koggenmehle (Dresdner Marken), Nr. 0 26.50—27,00 Nr. 0/1 25.50—26.00 Nr. 1 24,50—25.00, Nr. 2 22 00—23.00, Nr. 3 21.00-22.00, Futtermehl 14.40-15.20. Weizenkleie «Dresdner Marken), grobe 11.60—12.00, feine 11.20—11.60. Roggenkleie (Dresdner Mark). 12.00-12.60. SerUnsr SetreldebSrfo. An der Getreidebörse war das Geschäft sehr still, die Kurse gegen Sonnabend wenig verändert. Magdeburger Wettervorhersage für den 29. Januar. Abwechselnd heiter und wolkig, keine oder unwesentliche Schnee fälle, nur in Ost und Süd-Ost Deutschlands etwas mehr Schnee, etwas kälter werdend. Vie Mische LMM zu Pulsnitz ist geöffnet täglick vorm. 8—12, 2—4 nachm. dagegen: Sonnabend nur vormittag- 8—1 Uhr. «Bitte gnädige Komftfs', wolle» Sie die Dokumente an fich nehmen!" Jutta faßte hinein, zog aber die Hand rasch zurück- Ihr Geficht war bleich bi« in di« Lppe». «Da» Fach ist leer — bitte überzeugen Sie sich," be merkt« st« !onlo». Götz blickt« bestürzt in di« Oiffnung und fuhr «rblossmd zurück. «Dav begreif« ich nicht/ murmelte er. Frau von Sterneck lacht«. .Vielleicht hat Graf Ras?nau sich eine» Bessere» besonnen und di« Papiere vernichtet. Vielleicht hat sie auch der vpukgeifl d«» Schlöffe» auf geh«tm»i»vollr Weis« entführt/weil «r nicht l«id«n wollte, daß man di« Gatti» d«» letzten Ravmau mit unverdienter Schmach bedecke/ sagt« st« hart und laut. B«i ihren letzt«» Worten war J«ttchm Wohlgemut wie vom Schlag« ««troffen zusammengekutckt. Dq» Kästchen mit S ecknadeln Mistel ihren zitternde» Händen. S«sah im Geist wieder die «nhrimlich« Gestalt, dt« in jener Gewitternacht genau auf diiselbe Weis« wi« H«rr von Gerlachhausen d«n Schreibtisch von de« S«it« geöffnet hatte. Hastig bückt« st« sich nach dm Stecknadel«, nm den Aus druck ihre» Bificht:« zu verberg«». E« war ihr plötzlich, al» «i»g« ihr ein große» Lqt auf. Ihr Erlebni» t» jener Nacht erschien ihr in einer ganz anderen Beleuchtung. Einm forschend«« S«it«nblick auf Fi au von St«r«rck» Hoh« Gestalt werfe«-, verließ st« schnell da» Zimmer und l«hut« sich in der Hall« faffungslo» a« «in, Wand. ,Wmn ich nu, wüßt«, w«lch,» Schriftstück da fehlt — wen» ich mir nur da» «rklärm könnte," dacht« st« und grübelte darüber nach. Seit st» erfahre«, daß Frau von Strrneck Jutta» Mutter sei, hatte fich di, Abneigung gegen diese noch mehr verstärkt. Im Zimmer stand Götz immer «och vor de« beide« Frau««. Gwendoline» Hoh» berührt» ihn nicht. Ab« daß Jutta nun der Willkür dieser Fra« pr,«»gegeben war, be kümmert, ihn sehr. Er «kannte nun di, Fädm di« da» jung, Mädchen umstrickten, war aber machtlos, st, daran» zu b,steil«. Jutta hatte ihn groß und ernst ungeschaut. «Sie habe» fich über,rügt, Herr von Grrlachhausm, daß . da» Fach leer ist. Vielleicht sah mein Großvater doch noch in letzter Stunde -el», daß er mein«, arm«» Rutter unrecht getan," sagte fi« ruhig. Sie wollte nicht, daß er eine Niederlage erleide^«-« gar der Lüg« bezichtigt werd«. Etwa» in ihr sprach trotz ollem zu seinen Gunsten und rüttelte an ihrer bisherigen Annahme, er (könne verächtlich gehandelt haben. Si« glaubte ihm auch, daß er von dem Vorhandensein der Dokumente überzeugt gewesen. Götz verneigte sich vor ihr. „Jedenfalls habeHlich gesehen, daßssGraf Ravmau di« Dokumtnte i» diesem? Fach« aulbewahrte. - Wo fi« geblieben find,( weiß ich so wenig wir Sie." „Sie könne« auch trotzdem ganz ruhig sei«, Herr von Gttlachhausen. Mei», Tochter hat au» meinem rgenen Munde erfahren, mit welch Z häßlichem Verdacht mich Gras Rovena» gekränkt hat. Bei ihr/shabesich gottlob nicht nm Stauben bettel») müsse«,Z weil -sie nicht)vom Haß geblendet war", erklärt« Frau von Sterneck stolz. Götz richt«!eZei»m"schm«rzlichmM!ck auf,(Jutta. »Meine Mission ist hier zu End« Komi,sie Jutta. Ich bfii«, mich verabschiede» zu dürfe».' Leb«» Sir wohl — und werd«» Sie glücklich." Sie zuckte zusammen. Das war ei» Abschi«d für im mer. Götz, da» fühlt« sie, würde nicht wieder kommen. Jh« war, al» sei alle» Licht au» der Welt verschwunden, al» müsse fi, wie ei» furchtsame» Kind seine» Arm umklammern und ih» bitten: »Verlaß mich nicht, ich weiß ja nicht, wi« ich mich nun in r>i,s,m schw«r«n L ben zurecht finde» soll. Ich habe nur im Trotz, in Verzweiflung^so töricht grhandklt und mir «in« Fessel «»gelegt, di« mrine S«l« erdrücken wird. Verlaß mich nicht!' Aber st« rührte fich nicht und sprach kein Wort. Ihre trockne» Lppen bewegten fich, aber kein Laut drang hervor. Eh« fi« e» erfaßte, war er schon fort. Es ging ihr wie rin Schnitt durch da» Herz, al» fich dir Tür hinter ihm schloß. Fra« von Sterneck zog .fi« in ihr« Arme. ,M«i» liebe» Kind — nu« find wir von dies«« Heuchler befreit, er hat gemerkt, daß seine Roll, in Rav,na« a«»g,spielt ist." Jutta starrt« fi« an. Fühlte die Mutter den» nicht, wie elend str wart > F-üher wen« irgend «in'Leib sie bedrückte, dacht« Jutta oft: «Wen» du jetzt ei», Mutier hättest, wie tröstlich müßte e» sei«, ihr drin, Schmerz'n klage» ,v dürfe» I" Jetzt hatte fi, ein« Mutier, und der größt«, bitterste Schmer, ihre» Leben» erfüllt« ihre Seel« — aber sie trug^kri» Vnlangeo, am Herzen der Mutter Trvst'zu suche». * « * Jettchen Wohlgrmut war inzwischen mit ihren Grübelei,» zu Ende und ,u einem Entschluß gekommen. Si« eilt« über de» Schloßhof »ach dem Park und postiert« fich wartend hinter einem Gesträuch. E» dauerte nicht lang», da kah fie Götz von Girlachhausen durch die Säulenhalle reite». Him mel — wie blaß und verstört sah der sonst so frisch« jung« Herr aus ! Noch einen Moment stand fie unschlüssig. Dann trat si, resolut in sei»«» Weg und rief ih» an. Trotz seiner gedrückten Stimmung grüßte er sehr freundlich. „Wünsche» di« «twa» von mir, Fra« Wohlgemut?" .I», Herr von Gerlachhaus«» — ich möchte wohl ei» paar Wort« mit Ihnen reden. Aber w«»n Si« aus dem Pferde fitze», muß ich zu laut sprech«». E» ist zwar niemand in der Nähe — ab« man muß vorsichtig sei». Götz kannte di« klug«, praktisch«, alt« Fra« zu gut, um nicht ,u wffrv, daß st« ihm hirr nicht weg«» einer Kleinig keit begegnet«. Er sprang »om Pferde und trat dicht vor fi« hi». — „Nun bitte l" Sie fuhr mit der Hand an ihrem Schürzens»«« entlang. „Ich weiß nicht gnädiger Herr mir ist seit gestern so unheimlich zu Sinne — al» drohe unserer gnädigen Komtesse ein Unheil. Si« steht so jammervoll au», u»d ich weiß doch auch, daß unser gnädiger Herr Graf da« and«» bestimmt hatten." (Fortsetzung folgt.)