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Nr. 1. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 2. Januar 1913 Seite 2 Gutsbesitzer Böhme und Ernst Ettrich, Nr. 26. Reichenbach: Gemeindeältester Iuliu» Hausdorf, Guts besitzer TrunkS und Gutsbesitzer Max Gersdorf. Vollung: Gemeindeältester Garten. Weißbach b.P : Gutsbesitzer Großmann, Semeindevorstand Mager und GutSbesttzer Paul Seifert. — (Auszeichnungen.) Die Gendarmen Wal ther IV. in Straßgräbchen, Zocher in Großröhrsdorf und Fröhlich in Kamenz haben den Titel „Gendarmerie- Brigadier" verliehen erhalten. Kamenz. (Spitzbube.) Von einem vor einem Restaurant haltenden Geschirr entwendete ein Unbe- kannter einen Korb, der verschiedene Eßmaren, darunter eine Rehkeule, enthielt. Der Dieb hat sich dann mit seiner Beute nach dem Herrental gewandt, denn im Herrenbüschel fand man tags daraus den seiner In haltes beraubten Korb auf. Der Spitzbube hatte über- dies noch die Frechheit, dem Bestohlenen eine Karte folgenden Inhalts zu übermitteln: „Herzlichen Dank für die Keule, schmeckte vorzüglich, war aber zu wenig gespickt". Ferner kündigt er auf der Karte noch an, daß er ihm nächstens noch einen Besuch obstatten würde, wahrscheinlich, um einen Einbruch zu verüben. Bautzen. (Groß feuer.) In der Nacht zum Montag hat auf dem der Gräfin zur Lippe-Biester- feld-Weißenseld gehörigen Rittergute Teichnitz Groß- feuer gewütet, dem eine große dreitrnnige massive Scheune mit reichem Inhalt zum Opfer gefallen ist. Der Schaden ist enorm. Vernichtet sind 600 Schock Getreide sowie viele Zentner auSgedroschene» Getreide und mehrere landwirtschaftliche Maschinen. Da» ganze Rittergut nebst Schloß stand infolge des FlugfeuerS in großer Gefahr. Sech» Spritzen aus der Umgegend waren zur Hilfeleistung herbeigeeilt. ES liegt Brand- stiftung vor. Dresden, 1. Januar. (NeujahrSempfang am sächsischen König» Hose.) Der Neujahrs- empfang im König!. Residenzschlosse gestaltete sich auch diesmal wieder zu einem glänzenden Schauspiele, da» in den Mittagsstunden der Stadt selbst ein festliches Gepräge verlieh. Besonders in den Straßen der inne- ren Stadt sah man überall die schimmernden Uni- formen der hohen Militär» und Staatswürdenträger, die sich zur Gratulation»cour in da» Restdenzschloß begaben. Hier herrschte schon in den frühen Morgen- stunden rege» Leben. Zunächst brachten die König!. Hoftrompeter dem König eine Morgenmusik dar, wo- raus die Söhne und Töchter de» König» zur Gratu- lation»cour bei ihrem Vater erschienen, denen sich Prinz und Prinzessin Johann Georg sowie Prinzessin Mathilde anschlofsen. »/.10 Uhr nahm dann der Kö nig die Glückwünsche der Herren des früheren persön- lichen Dienste» und anschließend diejenigen de» Bi- schof» Or. theol. Schäfer, der an der Spitze der katho- lischen Geistlichkeit erschienen war, sowie de» Leibärzte» entgegen. Hierauf besuchte der König den Gotterdienst in der katholischen Hoskirche und empfing dann noch die Oberhofmeisterin am König!. Hofe Frau v. d. Gabe- lentz-Ltnstngen und den Minister de» König!. Hauser StaatSmintster a. D. v. Metzsch-Reichenbach zur Ent- gegennahme der Neujahrsglückwünsche. Die allgemei- nen Beglückwünschung»empfänge begannen mittags 12 Uhr 48 Minuten mit den Herren des König!. Gro- ;«n Dienste« im Marmorsaale de» Residenzschlosser. Marienberg. (Späte Ernte.) Am Sonntag 'onnte der Feldbesttzer Melzer bei schönem Wetter sei- „Hexengold". Roman von H. Courths-Mahler. 11 (Nachdruck verboten.) Ueber die Verlobung vermochte der Graf mit Götz och nicht wieder zu sprechen, weil er mit ihm nie allein war. Aber in seinen Blicken lag oft ein un- verkennbares Drängen. Götz verstand da» wohl, aber je lieber ihm Jutta wurde, desto peinlicher war ihm der Gedanke an da», wa» zwischen ihm und dem Grafen vor Jutta» Heimkehr verhandelt worden. Er fühlte sich ihr gegenüber unfrei, und so oft e» ihn drängte, sie in seine Arme zu schließen, ihre Augen, darau» ihm ihr Gefühl «ntgegenleuchtete zu küssen, — er hielt da» entscheidende Wort immer wieder zurück. Graf Ravenau hatte wieder eine qualvolle Nacht durchlebt. Heftiger al» sonst war der Schmerzanfall gewesen. Und schwer rann da» Blut durch die Adern. Trotzdem erhob er sich am andern Morgen von seinem Lager, nahm mit Jutta wie sonst da» Frühstück und erfreute sich an ihrem Geplauder. Waren seine Schmerzanfälle vorüber, fühlte er sich zwar matt, aber nicht so schwach, daß er daS Bett hüten mußte. Er wußte aber, daß ein so heftiger Anfall wie in dieser Nacht sein Ende herbeiführen konnte. Jutta sagte ihm beim Frühstück, daß Götz heute wegen dringender Geschäfte nicht kommen werde. Am Tage vorher war sie allein nach Gerlachhausen gefahren, um Tante Anna zu besuchen, an die sie sich wie ein Töchterchen angeschlossen hatte. Dem Grafen verlangte aber danach, Götz unter Darlegung seine» Gesundheitszustände» zur Eile an- zuspornen. Er beschloß daher, ihm zu schreiben. Da» tat er denn auch gleich nach dem Frühstück, und schloß den Brief mit folgenden Worten: nen Hafer mähen, da die« ihm im vergangenen Herbst nicht möglich war. Er hat auch noch seine Kartoffeln im Acker liegen. Leipzig. (Hoher Besuch.) Er verlautet, daß der russische Kaiser an der Feier der Enthüllung der Bölkerschlachtdenkmal» bei Leipzig teilnehmen wird. Oberwiesenthal, 31. Dezember. (Einweihung.) Am Sonntag wurde da» am Fuße des Fichtelberge» gelegene Sächsische Wander- und Ferienheim de» Ver- einr für HandlungrkommiS von 1858 eingeweiht. Zahlreich waren die Gäste zu dieser Feier herbeigeeilt, die gegen Mittag mit Schlüsselübergabe durch den Architekten Bauamtmann Ihle-Meißen ihren Anfang nahm. Der Vorsitzende der Sächsischen Bezirkrvereini- gung, Paul Jaeger-Luchholz übernahm alrdann da» Heim und dankte besonder» allen denen, welche durch materielle Spenden den Bau ermöglichten. Hieraus hielt Herr Pfarrer Böhme - Wiesenthal die Weiherede, der Ansprachen der Herren Stegmann-Bremen und Scha- per-Hamburg folgten. Nachmittag» 2 Uhr fand ein Festmahl im Hotel „Stadt Karl»bad" statt, und mit einem Unterhaltungrabende im Heime schloß die Feier ab. — Da» Ferienheim, ein Prachtbau in heimatlicher Bauweise, liegt am Walde»saume auf Unterwiesentha ler Flur, unweit der Skihütte, 982 Meter über der Nordsee, eine Viertelstunde vom Bahnhof Oberwiesen» thal entfernt. E» enthält 20 Fremdenzimmer mit 37 Betten and einem Schlafsaal mit 15 Betten. Das Heim ist Sommer und Winter geöffnet und dürfte für Erholungsbedürftige von größtem Segen werden. Lagessefcdlcdte. Deutsches Reich. Berlin, 1. Januar. (Die Ver tretung des Kaiserpaare» bei den Bei- setzung» f eierlich leiten de» Staatrsekre- tär» v. Kiderlen-Waechter.) Der Kaiser und die Kaiserin haben den Retch»kanzler v. Bethmann-Holl- weg mit ihrer Vertretung bei der Beisetzung de» Staat»- sekretär» v. Kiderlen-Waechter beauftragt. Der Reichs kanzler wird sich heute abend nach Stuttgart begeben. Berlin, 1. Januar. (Austausch von Glück- wunschtelegrammen.) Anläßlich des Jahres- wechsel» tauscht« Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg mit Marquis San Giuliano und Gras Berchtold Herz- liche Glückwunschtelegramme aus. Berlin, 31. Dezember. (DieNachfolgeKider- len».) Wie verlautet, soll in anbetracht der allge meinen politischen Lage die Absicht bestehen, die Ernennung des Nachfolgers Kiderlen-Waechter» gleich nach der Beisetzung de» verstorbenen Staatssekretär» vorzu nehmen. Der deutsch« Botschafter am großbritannischen Hofe Fürst Lichnowrky stattete in den heutigen Vor mittagsstunden dem Reichskanzler einen Besuch im Neuen Palais ab. Fürst Lichnowrky begibt sich heute abend auf seinen Posten zurück. — (D teAuSrüstung mit der feldgrauen Uniform) ist in unserem Heere jetzt soweit voran- schritten, daß außer in den kommenden Kaisermanö- vern in Schlesien, bei denen alle Truppen diese Uni form anlegen, auch die Infanterie, Jäger, Pioniere, die Fußartillerie und VerkehrStruppen bet den nächsten Herbstmanövern und den vorangehenden größeren Uebungen die neue Uniform gebrauchen werden. Diese Maßnahme sollt« erst eintreten, wenn alle Regimenter über zwei Garnituren dieser Uniformen verfügen, war „Zögern Sie nicht länger, um Jutta» Hand an zuhalten, mein lieber Götz. Glauben Sie mir, Eile tut not. Die letzten Wochen haben mein bißchen Leben»sast aufgezehrt. Ich war der Freude zu sehr entwöhnt. Jutta liebt Sie, Götz ich weiß e», und Sie werden keine Fehlbitte tun. Nehmen Sie mir die lastende Unruhe vom Herzen. Morgen wollen Sie mit Jutta nach Schönrode, sorgen Sie dafür, daß Sie mit ihr al» Verlobte Heimkehr««, ich bitte Sie mit aller Dringlichkeit darum. Geben Sie mir durch den Boten Antwort, ob Sie meinen Wunsch erfüllen wollen. Mit herzlichem Gruß, mein lieber Sohn, Ihr Ravenau. Götz erhielt diesen Brief in dem Augenblick, al» er auf die Felder reiten wollte. Da der Bote Antwort begehrte, ging er ins Hau» zurück. Al» er RavenauS Brief gelesen, reichte er ihn stumm seiner Mutter und setzte sich, um die Antwort zu schreiben. Die Mutter legte, nachdem sie gelesen, den Brief neben Götz und berührte seine Schulter. „Nun Götz?" „Ich werde seinen Wunsch erfüllen, Mama. Aber zuvor soll e» zwischen mir und Jutta klar werden, Ich bin e» ihr und mir schuldig. Sie strich lächelnd über seine Stirn und nickte ihm verständnisvoll zu. Dann verließ Sie ihn. Götz schrieb: „Mein lieber verehrter väterlicher Freund!" Ihrem Wunsche gemäß will ich morgen mit Jutta sprechen, wenn wir nach Schönrode reiten, obwohl ich gern noch eine Weile gewartet hätte, bis ich ganz sicher wußte, daS Jutta mich so viel liebt, um mir zu verzeihen. Denn das steht fest, — sie muß erfahren, daß wir diese Heirat schon besprochen, ehe sie heimkehrte. Ich liebe Jutta unaussprechlich, mein lieber, teurer väterlicher Freund — sie ist in den wenigen Wochen dar Glück und der Inhalt meines Lebens geworden. Ich weiß, daß Sie mir schrankenlos vertraut, und jetzt fast überall der Fall ist mit Ausnahme bet den berittenen Truppen. Frankfurt (Main), 31. Dezember. (Die Reise- dispositionen de» Kaisers.) Nach den vor läufigen Reisedisposttionen wird der Kaiser nach Schluß der Hoffestlichkeiten zu Beginn des Monat» März eine Reise nach Üorfu antreten. Er kehrt ansang» Mai au» dem Süden zurück und trifft vorau». sichtlich am 14. Mai in Wie»baden ein, um dort zehn Tage zu bleiben. Von Wiesbaden wohnt der Kaiser dem Wettstreit deutscher Männergesangvereine in Frank furt am Main bet. Ferner wird er zu der vom 13. bi» 15^ Juni in Gießen stattfindenden Centenarseter des Infanterie-Regiment» Kaiser Wilhelm erscheinen und zwar am 14. Juni. Vesterreich - Ungarn. Wien, 31. Dezember. (Keine Boykottierung österreichischer Waren in Serbien.) Entgegen den Blätter- Meldungen von der angeblichen Boykottierung öster reichischer Waren in Serbien erhält die „Südslavische Korrespondenz" von der Belgrader Handerkammer folgende Depesche: Die Gerüchte über eine Boykottbe. wegung gegen Erzeugnisse au» Oesterreich-Ungarn in Serbien sind absolut falsch und widersprechen in jeder Beziehung den Tatsachen. Italien. Venedig 1. Januar. (Die geplante Zusammenkunft desKatser» mit demKö- nig vonJtalien.) Die „Gazetta de Venezia" ver öffentlicht ein Telegramm, demzufolge Kaiser Wilhelm gelegentlich seiner demnächstigen Korfureise einige Tage in Venedig Aufenthalt nehmen wird. Hier in Vene dig wird dann die geplante Zusammenkunft mit Kö nig Viktor Emanuel stattfinden. England. Loudon, 1. Januar. (Wiederbe ginn derBotschafterkonferenz.) Heute abend tnfft Fürst LtchnowSky hier wieder ein und damit find die Teilnehmer an der Botschafterkonferenz wieder vollzählig beisammen, so daß die Konferenz am Don- nerStag wieder zusammentreten kann. War den Ge genstand der ersten Sitzung bilden wird, weiß man nicht, denn die albanische Grenzsrage ist gegenwärtig Gegenstand von Besprechungen zwischen Wien und Rom und wird von den Botschaftern erst verhandelt, wenn diese Besprechungen zu Ende sind. Türkei. Konstantinopel, 1. Januar. (Besuch des Sultan» tmHauptquartier vonTscha- taldscha ausgegeben.) Der Kriegsminister ist mit den Stabroffizieren aus dem Hauptquartier von Tscha- taldscha zurückgekehrt. Der Besuch de» Sultan» im Hauptquartier, der für morgen abend angesetzt war, und für den bereit» alle Vorbereitungen getroffen wurden, ist vorläufig aufgegeben worden. Nus aller Welt. Lemberg, 1. Januar. (Belagerung» dtten durch diePolizei.) Im Städtch dra bei Czenstochau umzüngelte gestern die Polzei ein einsam stehender HauS, in welches sich mehrere Ban- diten geflüchtet hatten. Die Banditen gaben auf die Polizisten zahllose Schüsse ab, die von den Beamten erwidert wurden. Der Kampf dauerte über eine Stunde. DaS Hau» geriet daraus in Brand und wurde völlig eingeäschert. Zwei Banditen wurden getötet, zwei an dere schwer verletzt, drei der Verbrecher find entkommen. Wie«, 5(. Dezember. (DreifacherSelbstmord in einem wiener Lase.) Line erschütternde Tra- diese» Vertrauen darf und will ich nicht täuschen. Klar und wahr soll eS zwischen unS sein und dann soll sie entscheiden, ob sie meine angebetete Frau sein kann und will. Daß Sie sich so leitend fühlen, tut mir herzlich leid. Ich verstehe Ihren Wunsch nach Beschleunigung der Entscheidung. Deshalb darf ich nicht mehr zögern, mit Jutta zu sprechen. Hoffentlich ist ihr Vertäuen zu mir und die Liebe zu mir groß genug, um mir trotz allem zu glauben, daß ich sie mit dem heiligsten, tiefsten Emftnden eines gereiften Manner liebe. Ich will eS an heißem Bitten nicht fehlen lassen, und so Gott will, bringe ich Ihnen Jutta morgen als meine Braut heim. Liebt sie mich wahrhaft, so wird sie mir verzeihen, daß ich gegen sie fehlte, ehe ich sie kannte, daß es mich einen Augen blick lockte, Herr von Ravenau und Schönrode zu werden. Heute sehne ich mich nur danach, Jutta alr mein Weib heimführen zu dürfen, gleichviel ob sie Erbin von Schönrode oder eine Bettlerin ist. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen für Ihre Gesundheit, Ihr treu ergebener Götz Gerlachhausen. Al» der Gras diesen Brief gelesen, sah er eine Weile mit zufriedenen Lächeln vor sich hin. Jutta» Glück schien ihm in Götz' Händen wohlgeborgen. Er zweifelte keinen Augenblick, daß sie ihm Verzeihen werde. Eigentlich gab e» ja gar nicht» zu verzeihen — Götz war offenbar zu gewissenhaft. Aber mochte e» drum sein, mochte er ihr alle» beichten. Gerührt la» er den Brief noch einmal durch. Schade das er ihn Jutta nicht geben durfte. Dieser hätte ja alle» gesagt, wa» Götz für nötig hielt. Aber erhalten sollte sie ihn eine» Tage» doch — wenn sie erst Götz' Gattin war. E» drängte ihn, ihr etwa» recht Liebe» zu erweisen, ihr einmal zu offenbaren, wa» sie ihm geworden — und warum er sie so lange serngehalten. Rasch ent schlossen begann er zu schreiben. Auch er legte für