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Nr. 140. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 22. November 1924. Seit« 6. Miner üb« stillt Lolor-ZtMIMlmg. Berlin, 20 November. Nus der JubiiSumS- lagany der Schiffkbautichntschen Gesellschaft hielt heut« Direktor Ulettuer seinen ersten ausgedehnten Vortrag über die neu« E findung de» Flettner Rator«, durch di« «r möglich ist, die Windkrast mit H'lf« ro tierender M«tallzyttnd«r -um Antrieb von Schiffen in viel stärkerem Matz al« «» bisher mit Sigeln möglich war, zu verwenden. Im Eingang de« mit vielen Lichtbildern geschmückten Vortrages deutete Direktor Flettn«r an, datz die theoretischen Aennlniff« des SHiff- vaues über di« Frage des Se»«lprobl«ms bi» vor kurzem sehr primitiv gemesen seien, sodaß ,r notwen dig wurde, das bisher verwendrte Segel wissenschaft lich näher zu untersuchen. Nm 17. September 1S22 meldete Klettner ei« Patent an, da» di« künstlich« Erzeugung von Zirkula- tionsströmung zur zweckmätziser«« Ausnutzung de« Windantri«»» vorsah. vielfache versuch« der an dem Ausbau der Flettver. Ide« hervorragend beteiligten Göttinger A«ro-Ly'amtsch«» Versuchsanstalt führte dann schlietzlich zum Umbau des jetz, vielkach erprobten früheren Geglers »Buckau* durch di« Germania.Werst Kitl der Krupp-Aktieng»s«llschaft. Die bet den ver suchen zutage getretene Q«r1r1edmirkung d«s Rstor» (d«s stch dreheuden Zylrnder») «ar so groß, daß ste bet gleicher Fläch« di« ein«» Sigels i« Versuchskanal d«s Institut» »m da« Z hnfach, übertraf. D«r höchst« Effekt und dir beste Ausnutzung der Dindkraft «rgibt sich, wenn die Haut des Notars stch »twa mit dem S.kfachen der eben herrsch,vden Windgeschwindigkrit L«we»t. Di« beiden stch drehenden Türm« bestehen au» innen versteiftem ein Millimeter dickem Stahlblich und find auf z»,t Gleitlagern leicht drehbar ange bracht. Jeder Zylinder hat «inen Durchmiss» von 2,8 m und «in« Höhe von 13.6 m Der Antri«b der Zylinder «rfol,t durch zwei Elektromotoren von je 41 Kilowatt. Lie auf,»wendend« Kraft ist also im Verhältnis zu der «rztelie» Antrirb»kraft auß«rord«nt- lich gering. Di« be'den stch drehenden Zyliadrr wiegen insgesamt etwa rooo Irx, also viel wentger al« die alten Takelagen de» S-peler«. Btt mittlerem, böigem, auch stoßweise auslretendem Wind hat di« .Buckau' «in« Geschwindigkeit von annähernd neun Knoten er reicht. Di« Bidienung beschränkt stch auf die Betä tigung de« Gteuer« und auf das Anlassen und Ab stellen der di« Zylinder antr«ibend«n Motor«« nach vor- und rückwär»». Mit den beide« zusammen 20 produzierenden Motoren werden etwa 1000 An triebskraft au» dem « «d genommen. Dl« Ausfichtin für di« vollkommen« Umwandlung auch de» Kohl«»- und OttdampfsGff » find namentlich bei der Fahrt durch die Paffatwinde (nördlich und südlich dt» A«q-ra- tor») außerordentlich groß Schätzungen haben «rg.ben, daß bet der osttnd«fch«n Fahrt bi» zu SO»/, der bi»her aufgewandttn Kraft bezw. Kohl« und Ott« in Zukunft gtspart w«rd«n könn«n. Vermischtes. * (Der Kamps g«gen dt« Paralyse) Der bekannt« Münchener ^'ychiater Geheimrat Kraepelin hielt in der Berliner «a,„r w'lh.lm Gesellschaft einen Vortrag über das Geheimnis der Paralyse, Wie der Vortragende aussührte, stad j.tz» auch dt« Utzten Zwei fel darüber behoben, dotz di« Paralyse syphilitischen Ursprung« ist. Niederschmet ernd bleibt freilich, datz mit keiner Behandlung bi« jetzt der Paralyse beizu kommen »ar. J-tzt ist aber wenigsten, frstg,stellt, datz schwer« Jnf«kitonen dt« Para ys« zu b«ss«rn ver- tnögin. Geheimrat Kraepelin wie» tnobesonder« auf dt, Versuch, hin, di« der Wten«r PyDiater Professor Wagn«r Jaur.y i gemacht ha», welcher Paralytiker mit Malaria instztert« und dadurch w«sentlich« B-fierung erzielt hat. Später hat «in anderer N^zt da« Rück fallfieb«r benutz». Noch find di« Ak»«n nicht darüber geschloffen, ob die Ansteckung mit einer Jafekttons- krankhett günstig wirk». So viel aber ist sicher, daß während früher der Tod fast unvermeidlich war und Paraly tk«r vorübergehend wieder beruf»- fähtg wurden, die neue B Handlung über «in Dritttl berufssähig macht, und bet «tnem w«it«r«n Drittel erheblich« Btfferun, «rzielt«. * (»die, Ochs,!-) In den «ammersptelen in Wien kam es am Freitag abend zu einer recht unan- genehmen Szene. Paul Wegener, der dort gastiert, rt«f einem Theaterbesucher, der in einer Log« mit dem Rücken gegen di« Bühn« gekehrt stand und dauernd auffällig lacht«, nach Schluß d«s erst«» Akte» in Höch- per Erregung »Sie, Ots-l* zu. Das Publikum stand auf Seiten des Schauspielers, denn der Betreffend« war «rst«n, schon zu 'pät in dt« vorst«llung gekom men, stand während d«s ganz?» Aktes ostentativ mit dem Rücken gegen die Bühn», lachte und schien im Publikum jemand zu suchen. Paul Wegener, der voll ständig in seiner R ll« aufging, war durch da« v« nehmen de« Herrn so erregt, daß er sich zu diesem au»fall«nden und eigenartigen Zuruf htnreißrn ließ * (Zu allseitiger Zufriedenheit) Der Bürgermeister «ine« kleinen englischen Landstädtchen» hatte ern«» Tag,« zwei Brautpaare standesamtlich zu verbinden, bracht« ober durch «in, unglückliche V-r- wechSlung di« Brautpsare beim R,m«nksufluf« durch- «innnder und sprach dt« Bräutigam« mit den verkehr ten Bräuten zusammen. Sie gaben all« ohne weiter«» ihr Ja, und an der Bewegung unter den anwesenden HochzeitSgästen merkte «r, daß etwa» nicht t» Ordnung sei. Bet genauerem Hinblicken entdeckte er dann auch sein versehen, geriet in leicht begreiflich« Aufr«,u»g und zermartert« sich den Kopf mit der Vorstellung, war für gesetzlich« Weitläufigkeit«»! e» ihn kosten werd», ehe er sein« unselig« v«rw«ch»lung wieder in Ordnung gebracht hab«. Al» er noch ganz bestürzt an di« fälsch lich verbundenen herantritt und sein B-dauern «egen de« »orgekommenen I rtum» ausdrücki, wirk ihm von siiten des einen jungen Gatten di« verblüffend« Ant wort: .Darum mach«« Sie sich kein« Sorg«, H«rr Bürgermrister. E» ist gang gut so, wie Sie «» ttv- gerichtet hab«n. Wir hob«« uns «Sra darüber geeinigt, dotz wir ganz einverstanden find mit der Aenbrrung, die Ste vorgenowmen haben." — Und vergnügt zogt« dt« zwei neuen Uhrpaar« von dannen *(UufdtrGattensuchemi»10SJahren.) Frau Pinnick au« Essex, die di«s«r La«e ihren 106 Geburtstag f«t«rt«, Uetz verkünden, datz sie dt, Nkfichi hobt, sich für den Nest ihrer Lage von «tnem Satt«* betreuen zu loff«n. Sie hatte vor 86 J»hren Geheiratet und ist s«tt 40 Johr,» Witwe Sie «rinnert sich n»L sehr gut der Krönung d»r Königin Btktoria tm Johr 1887 WSSWSSSS Almle R «Ile Mim vermttteln vollständig kostenlos «. L. Körst««'» Erbe«, w«chbr»w«rei, Pulsnitz. WW^ Aus dem Gerichtssaal. ver p»os«st -egen General von Nathuflns. Lille, »0. November. Heut« nachmittag »/,2 Uhr Pariser Z«t» beginn hier in der altertümlich.», «utz«r- halb d«r Stadt gelegenen Zitadelle der Pro»«ß gegen den deutschen General oon Nathufiu». ZahUeich« Vertreter der auswärtigen Pr«ff», darunter sechs deutsche, find zur Berichterstattung eingetroffen. D» Anllage vertritt Kommandant Pivet, der den dont- schen Vertretern im Sitzungssäle ein« Bank r«str»iert«. von der dtulschea Botschaft ist von Nmtt.en a»»i- sevd. Die Verteidigung hat Advokat Nikolai au» Mrtz. von der Anklage find fünf Z«ug«n, »b«nsovi«l von d«r Verteidigung geladen. Lille, 20. November. Der Verteidiger Nikolai hat sich während der Verhandlung all« Mühe gegeben, die Entsprechung d«s Senrrals von Naihufiu» durch zusetzen. Er versuchte nach,»weisen, datz die Akten de» Generals nicht« enthielt««, was «in« «»rurtrilung r«chtf«rtige. Keiner der vernommenen Zeugen könnt« behaupten, datz er bei der Lrrübuns de« D'ebstahl» zugegen gewesen sei. Weiter setzt« sich Nikalat mit den «inzttnen Aussagen der Velastun,«zeugen ausein ander uvd wies auf di« g«waltig« Rückwirkung hin, die eine Verurteilung des Angeklagten in Deutschland am Vorabend der Wahl«» autüben w«rd«. Er schloß mit der Aufforderung an die Rtcht«r, von Nathufiu» srtizusprech«». Da» Urteil gegen von Nathusius. Lille, 20 Novimber. Di« Berhandlung g«g«n General von Nathufiu» ging gegen »/.8 Uhr zu Ende. St« schloß mit der Lirurtetlung de» Angeklagten zu einer Straf« von «inrm Jahr Gefängnis und Tragung der Kosten. Di« Berurl«ilung erfolgt« entspr«ch«»d dem Antrag« des Anklagevertreter«, der dt» Entwen dung de» Tafelgtschirrs durch dt« Aussage «tne» der Zeugen al» erwiesen ansah, während in allen anderen Punkten di« Anklage fallen gelassen wurde. DaS R'chterkollegtum stimmte mit 4 gegen S Stimmen für da» Urteil. Voraussichtliche Witterung. Sonntag: Wolkige Witterung, zeitweise sonnig, ziemlich milde, etwas Regen. — Montag: Uebcrwiegcnd ziemlich trübe, etwas windig, zeitweise Regen. — Dienstag: Zunächst wolkig, zeitweise Sonnenschein, ziemlich milde, etwas Regen, höhere Ge- birgslagen Schnee. Abends etwas kälter und ziemlich heiter. Gletfchertee. „Du hast Augen von der seltsamen Bläue des Gletscher wasser«," hatte er oft zu ihr gesagt, und heute sollte sie nun endlich einmal da« Wasser aus diesen feenhaft schimmernden Gletscherspalten trinken dürfen. Als er sich überzeugen wollte, ob auch in Ihrem Rucksack alle- ordnungsgemäß gepackt sei, wehrte ste bittend ab: „Nein, nein, nicht hincinsehen! Verdirb mir meine Ueberraschung nicht l" — Und nun schritt ste voller Erwartung neben ihm her. — Da lag das unendliche Eismeer vor ihnen mit seinen -iestgen, er starrten Wellen. Doch ehe sie es betrete» wollte, behauptete ste, sich stärken zu müsse». Ein Stück Schokolade? Ei» Schluck Kog nak? „Nur Gletfcherwaffer kann mich retten l" „Aber pack doch den Kognak au-, Gletscherjungfrau, sonst kannst du das Wager nicht trinken!" Als er mit de« eisigen Wäger zurückkam, sah er ein reizendes Tischlein deck dich: Hell blitzte das kleine Kochgeschirr in der Sonne, der Hartspiritus wurde entzündet, und bald kredenz ten ihm liebe Hände «inen Becher: „Gletschertee" und Tee „Markt Teekanne"! Wer kann einem solchen Zaubertrank widerstehen l" — Und wirklich ein Zaudertrank war eS gewesen, ein köstlich erquicken der. Was er gehofft, doch kaum sür möglich gehalten hatte, trät ein Spielend überwand ste Schwierigkeiten. Unten im Tal stellte sie sich prüfend vor ihn hin: „Woher kommt es, daß du gar nicht müde bist? „Einzig durch deinen Vietschertee, Liebste!" — „Wem verdankst du diese frische rergnügte Frau?" — „Nur der Tee kanne!" — Und wa- darf nie und nimmermehr in deinem Ruck sack fehl-»?" - „Tee Marke Leekan»«!« Neue Inbex-Jiffern. . chsischer SebenShaltuugsindex. (Mitteilung d^ Sachs. Stat. LandeSamtes.) Nach den Preisfeststellungen vom 18. Novbr. l92s sind vom Statistischen Landesamte folgende Index ziffern der Lebenshaltungskosten (1S13/l4-—I) berechnet worden: Gesamtindex (für Ernährung, Heizung, Beleuchtung, Wihuung und Bekleidung) ----- 1,2«s Rilliinen. Gesamtindex ohne Bekleidung: 1,213 Billionen. Nm 12. Novbr. 1924 betrug der Gesamtindex mit Bekleidungskosten 1.2S7 Billionen und ohne BckleidungSkosten 1,21» Billionen. Lom 12. N»vbr. bi» 18. November 1S24 sind Mithin die Preise der bei der Teuerungsstatistik berücksichtigten Güter in beiden Fillen u« 0,1 v. H. gcsti gen. Die Reichsindexzifser für die Lebenshaltungskosten für DienStag, den 1s Nivember hat sich gegenüber der Vorwoche um 0,1 v. H. (auf 122,i v. H.) erhöht. Ein Blick aus die Schuhe und der Träger desselben kann ziemlich genau beurteilt werde». Welch' schlicht«* Gin»r»ckl macht z. B. ein blau- oder grauschwarzer, mattglänzender Schuh t Sie haben tadellos, tiesschwarz glänzendes Schuhwerk, wenn Sie Eidal Marke Rotfrosch verwenden. Hauptvorzüge: Feinste Zu sammensetzung, daher große Ausgiebigkeit, wunderbarer, jedem Wetter standhaltender Hochglanz. Literatur. Lviltzel» S»bt, St» No» vvn «»«WivOe». Roma». Brisch. 3 M, in Halbleinen 4,t0 M , in Halbleder 7,8- M. Brnnnen Verlag Karl Winkler, Berlin VW -« — Wilhelm Erbt gedtrt zu d-n wenigen Dichtern, die in eigener Seele den Schlag »es deutschen Herze» spüren. Hu diesem Roman entwirft er ein packender Gemälde oon den ffrrungen eine« weltfremden, deutschen Idealismus, der erst durch den blutigen Wahnsinn der Revolution tauweln muß, um zur Selbstbesinnung stch durchzuringcn. Der Held, ehedem der Bertraute seines Fürsten, wird zum Präsidenten seines heimatlichen Bundesstiates, aber je enger er in die revolu tionäre Bewegung »eiflochteu wird, um so genauer erkennt er z» feinem «ntsttzen, »atz auch hier die Selbstsucht die Zügel führt, und er endet in dem Bewußtsein, daß der Deutsche nur im Zu sammenhang mit seiner Geschichte und in der kraftbildenden Ver wurzelung mit deutscher, rassiger Kultur zu reiner Wirkung auch aus politischen Gebiet zu krmmen vermag. Ein Buch, da- in seiner dichterischen Gestaltung unserer zerrissenen Zeit d«n Spiegel vorhält und vvn deffen plastischer Wucht jeder ?cjer bis ins innerste ge troffen w.rd PElverievvoMez-Mvisch-Alb»« (erschienen im Drei Marken «erlag N. G., Berlin bi 24). Diese Neuerscheinung ent hält die schönsten und populärsten Märsche der Bergangenheit und Gegenwart, die dem heutigen Zug« der Zeit uach wirklich gute«, deutscher Marschmusik Genüge leisten. Verklungene und doch so nahe Zeiten steigen aus diesen Kompositionen empor, di« leicht spiel bar und sorgfältig anSgewählt zu einem wertvollen Bande vereinigt sind. Bertraute Klänge wechseln mit neuen Schöpfungen auf dem Gebiete der Marschmusik ab, für jede Musikbibliothek ist daher dieser Band eine wünschenswerte Bereicherung. Der billige Preis von 2.— Mk ermöglicht jedermann die Anschaffung des Fridericus-Rex- Marsch Albums, das durch jede Musikalienhandlung bezogen werden kann. Ein vortrefflich ausgeführtes mehrfarbiges Bild des großen Preüßenköuigs ziert dieses Werk, das sicherlich überall dort, wo man deutsche Musik pflegt, Anklang finden wird. Fußball. Sonntag, den 23. November 1924. Pulsnitz 2. : Großröhrsdorf 3. mittags 1 Uhr, dort.