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Nr. 104 Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 30. August 1824 Seite 8 Vie LiWlW Ser MWMmim. Von vr. Külz, M. v. R, Er kann keinem Zweifel unterliegen, daß in drr letzten Zeit da» Schicksal für di« nächste Zukunft Deutschlands und Europas bei den Deutschnattonalen lag. Sie selbst find sich dieser ihrer ungeheueren Ver antwortung auch bewußt gewesen. Bon einer so großen Partei mit so weitreichender politischer und parlamentarischer Eivflußmöglichkeit mutz man in solchen Augenblicken ein« .klar« und große Linie bei ihrem politischen Handeln erwarten. In einem solchen Fall« hat die Partei dann auch in der Opposition Anspruch aus Achtung und auf Berücksichtigung ihrer Zielsetzung. Wenn man das Londoner Abkommen als das betrachtet, wa» eS im Wesentlichen ist, eine Liquidation des RuhreinbruchS als der letzten zwangsläufigen Aus wirkung der verlorenen «kriege», so kann auch die nachsichtigste Kritik den Deutschnattonalen di« Ein haltung einer klaren Linie ihrer Politik nicht zugrstehen. In unsrer schnellebigen Zeit mit ihrem kurzen poli tischen Gedächtnis und ihren sich überstürzenden Er- eignissen ist e» vielfach schon vergessen, daß in dem Augenblick, al» di« Auswirkungen des verlorenen Ruhrkrirgek sich im Organismus de» deutschen Reiche» am fühlbarsten zeigten, die Deutschnationalen, übrigen» auch einige Kreise der Volklpartei, den Gedanken er wogen, daß da» besetzte Gebiet die „Verwaltungs- und Wirtschaftrmaßnahmen treffen müsse, die zur Erhaltung seine» Leben» nötig find', und datz die Unterstützungen de» Reicher an da» besetzt« Gebiet aufhören müßten. Ein solche» Verfahren, darüber waren sich seine Be fürworter nicht im Zweifel, hätte den Verlust von Rhein und Ruhr bedeutet. In der Hoffnung, da» übrige Deutschland vor dem Untergang zu retten, wollten diese Kreise sich mit der vorübergehenden „Nbkuppelung' de» besetzten Gebiete» abfinden, aller- ding» in der „Zuoerficht, datz wir nur vorübergehend getrennt find'. Dies« Erinnerungen erscheinen un» jetzt bereit» so ungeheuerlich, datz man geneigt sein möchte, ihr« Richtigkeit anzuzweifeln. Solchen Versuchen gegenüber sei hier wiedrrgegeben, wa» in einem Artikel in der „Deutschen Tagerzeituvg' vom K. November 1923 ausgeführt war: „Da- Rheinland ist für di« deutsche Wirtschaft und die deutschen Finanz«« heut« ein« geöffnete Schlag, aber, au» drr da» Blut dauernd hrrau»strömt. Man braucht kein Arzt zu fein, um zu wissen, daß der ganz« Körper abstrrbrn mutz, wenn nicht die geöffnet« Schlag, adir oberhalb der Wund« scharf abgrbunden wird, Welch« Einwände auch erhoben werd««, e» ist unter allen Umständen zu fordern, daß di« Finanzierung von irgendwelchen Lieferungen an Frankreich, ja auch di« Unterstützung der schwertttdmdm Ruhrbevölkrrung mit Reich»mttt«ln aufhört.' Nun soll ohne weitere» zugegeben werden, datz auch den D«utschnational«n «in solch« Standpunkt unendlich schwer geworden sein mag, und datz sie im Glauben an die Richtigkeit ihrer Otellungnahme vom vaterländischen Interest« au» handelten, aber die weiter« Entwicklung der Ding« hat doch gezeigt, daß auf diese Haltung di« Ausführungen de» demokratischen Abgeordneten Erkelenz zutrafen, dt« er am 23. No vember 1S2» hierzu im Reich»tage macht«: ,E» war ein verhängni»voller Entschluß. E, war eine der verhängnisvollsten Handlungen, di« seit Jahrhundert«« in d«r deutschen Politik oorgekommen find. Außenpolitisch ist e« begreiflich, daß Frankreich und Belgien vor di» Zwangilag« gestellt werden müßten, di« 1L Millionen Rheinländer und insveson- der« 4 Millionen ganz oder teilweise Erwerbslose zu ernähren. Aber dies« Entscheidung ist furchtbar Herz- »«rreißend, niederschmetternd, denn sie zerschlägt deutsche» Leben, opfert deutsche» Blut, zerschlägt deutsche Seelen und erscheint un» an Rhein und Ruhr wie ein Bruch von Treu und Glauben.' Wäre «» nach den Deutschnattonalen gegangen, so ständen wir heute ganz gewiß vor einer ungleich schwereren Situation, al» sie durch da» Londoner Abkommen geschaffen worden ist. Dir Ablehnung de» Londoner Abkommen» durch dir Deutschnattonalen rückt aber in «ine ganz besonder« Beliuchtung durch dt« wettere, ibensall» in Vergessen heit geratene Tatsache, daß während der Regierung Cuno unter deutschnattonalem Einverständni» von deutscher Seit« der Vorschlag gemacht wurde, die Fest stellung der Leistungsfähigkeit Deutschland» und de» Reparationrproblem» einer unter amerikanischer Betri- ligung tagenden Kommission zu übertragen, und da» Deutschland sich von vornherein bereit erklärte, diesen Spruch anzuerkrnnen. Di« Londoner Konferenz und di« Sachverständigengutachten sind tm Verfolg dieser deutschen Anregung zustande gekommen. Nun ist da», wa» in London vereinbart ist, sicherlich für Deutschland eine schwere Last, aber dt« Drutschnationalen hättrn am wenigsten Anlaß gehabt, sich in so schroff« Opposition zu den Ergebnissen von London zu begeben, Sie haben seinerzeit al» Voraus setzung für die Verhandlungen di« bekannten sieben Punkt« ausgestellt. Wohl all, Parteien standen inhalt- ltch auf dem Boden dies«» Programm», aber ein an sich erstrebenswerte» Ziel kann durch nicht» mehr gefährdet werbe«, al» wenn man «» zur falschen Z-it und mit falschen Mitteln verfolgt. Von diesem Se stchtSpuvkt au» war z. B. die Forderung einer Auf rollung der sogenannt«« Schuldfrage in London zu beurteilen. Ander» lagen die Ding« hinsichtlich der sofortigen Räumung de» besetzten Gebiete». Diese Räumung wurde im Dawe»bericht al» Selbstverständ lichkeit behandelt und von der deutschen Regierung sowohl wie von allen Parteien gemeinschaftlich erhoben. Daß di« Forderung auf Räumung von den Deutsch- nationalen noch während drr Londoner Verhandlungen mit Nachdruck erhoben wurd«, war richtig und gut; e» entsprach der öffentlichen Meinung in Deutschland und gab unsrer Delegation eine Waffe in die Hand bei ihrem Rmgen um die sofortige Räumung. Daß da» Ziel nicht erreicht wurd«, ist ein offensichtlicher Mißerfolg in diesem einen Punkte. Aber für jeden verantwortung-bewußten Politiker ergibt sich hieraus doch eben die Pflicht zur nüchterne« Prüfung, ob die auf anderem Gebiet« erreichten Erfolge doch so sind, daß der eine Mißerfolg mit in Kauf genommen werden kann, und ob di« sicher oder möglicherweise eintreten- den Nachteile für den Fall der Ablehnung noch größer sind, al» da» Uebel der auf «in Jahr fortdauernden Ruhrbtse-ung. Dieser Prüfung verschloß sich di« deutsch- nationale Reich»tag»fraktion grundsätzlich. Nicht di« gesamte deutschnationale Partei. Damit setzte sich di« deutschnattonale Fraktion in Widerspruch zu den An sichten der deutschen Industrie, di« durch ihre berufenen Vertretungen die Annahme verlangte, zu den Interessen der Landwirtschaft, der durch Ablehnung die Aussichten auf den dringend nötigen Kredit vernichtet werden mußten, zu der Sehnsucht der Tausenden von ver triebenen nach ihrer Heimat und zu der Auffassung de» ganzen besetzten Gebiete». Dir deutschnational« Opposition erwie» sich damit al» bar jeder Psychologie und bar jeder realen politischen Zielsetzung. Den« da» einzige Positive, wa» in der ablehnenden Kritik de» deutschnattonalen Fraktionßsührer» zu finden war, war der Satz: Wir wollen durch unsere Verhandlungen zu neuen und günstigeren Verhandlungen kommen. Ist wirklich «in «inziger deutschnationaler Abgeordneter so naiv,' anzunehmen, daß ein« zweit«, unter deutsch nationalem Druck zustande gekommen« Konferenz in «iner für un» günstigeren Atmosphäre tagen würde, al» die in London? Die in der deutschnationalen Partei nach Haltung ringenden nationalen Kräfte de» deutschen Volke» find von der Reich»tag»fraktton der Partei nicht nach der positiven Richtung hin auSgewertet worden; sie find in einem Lehrlauf auSgemündet in einem Augenblick, wo di« Zukunft unser«» Volke» di« Mitwirkung aller Schichten braucht. Oertttche und sSchfische Angelegenheiten. O. K. (Von der Gewerbekammer Zit tau) erhalten wir über einige, Handwerk und Te werbe interessierende Fragen folgende Mitteilungen: In bürgerlichen Rechtsstreitig leiten mutz jeder Anspruch, für den das Amtsgericht zuständig ist, zu erst im Mahnverfahren geltend gemacht werden. Das hat eine derartige Ueberflutung der Amtsgerichte mit Anträgen auf Zahlungsbefehlen zur Folge gehabt, datz, wie behauptet wird, bet den Berliner Amts gerichten beispielsweise eine vollkommene Stockung des Geschäftsbetriebes eingetreten ist. Diese außer ordentlichen Verzögerungen haben sich auch bereits Schuldner zu Nutze gemacht und sich dadurch ein willkommenes Moratorium verschafft. Verschiedene Wirtschaftsverbände haben bereits gegen diese Miß stände Beschwerden erhoben. Auch der Reichsverband des deutschen Handwerks hat nichts unversucht ge lassen, um einer Schmälerung der Rechte der Gläubiger, wie sie durch die Geschäftsstockungen der Amtsgerichte herbeigeführt werden kann, vorzu beugen. — 3m Zusammenhang mit den Erörterungen über eine Umgestaltung der Umsatzsteuer ist u. a. vor geschlagen worden, diese durch eine Kleinhandelssteurr zu ersetzen. Gegen den Vorschlag haben sich aber nicht nur Vertreter des Einzelhandels und Hand werks sondern auch der Reichsverband des Deutschen Handwerks und Vertreter des Reichsfinanzministsriums ausgesprochen. In der Sitzung am 17. Juli 1824 hat schließlich der Umsatzsteuerausschuß des Reichs wirtschaftsrats einen entsprechenden Antrag abgelehnt. — (Grenzlandtagung der deutschen Kaufmannsjugend in Bautzen) Am 30. und S1. August trifft sich in Bautzen die Kaufmanns jugend aus Sachsen, Schlesien und Böhmen zu einer Grenzlandtagung des Deutlchnationalen Handlungs gehilfen Verbandes. Weit über 1000 junge Leute haben sich bereits zur Teilnahme an dieser Tagung angemeldet, die eine gewaltige Kundgebung für das Deutschtum Zu werden verspricht. Am Sonnabend abend findet in der Freilichtbühne im Bismarckhain ein Vegrüßungsabend statt. Der Sonntag beginnt mit einem Gottesdienst, dem eine öffentliche Kund gebung folgt Sprechen wird Herr Gauvorsteher Hegewald über: „Beruf und Volk", Herr Reichstags- abgeordneter Walter Lambach über: „Wir wollen frei sein wie die Väter waren." Am Nachmittag wer den berufliche und körperliche Wettkämpfe stattfinden. 2m Anschluß an die Tagung sind noch Wanderungen in das Lausitzer Gebirge, zur Leipziger Messe und zur Tertilausstellung Dresden vorgesehen. Rodewisch. fSin Tiermsnsch) wurde von der hiesigen Polizei am Wernergrüner Weg sestge- nommen Der 20 bis 22 Jahre alle Mann trägt an seinem Körper deutliche Charakteristika eines star ken, ziegenähnlichen Einschlages. Kopf, Arme und Beine sind mit langen weißen Haaren bedcckt, die Beine und besonders die Kniegelenke erinnern mehr an dis Knochendildung einer Ziege, als an dis eines Menschen. Die Augen zeigen eine eigentümlich rote Farbe; nach eigenen Angaben kann der junge Mensch nur nachts gut sehen Er hatte keine Papiere bei sich, konnte jedoch als Tschechoslowake festgestelli und in die Tschechoslowakei überliefert werden. Es han delt sich um eine körperliche und physische Abnormität. Wtr red«« «ur zu g«rn und oft zu vi«l von den Errungenschaften der Neuzeit Da» ist höchst Se- denkltch, d«nn wer sich selbst bewundert, bemerkt gar nicht, wir rückständig er schließlich wird. Wie wenig di« Errungenschaften der Neuzeit verbreitet sind, dafür ein Beispirl. Vor 20 Jahren stellte Lehrer Burchard in Jützebach (Kreis Worbt») fest, daß dort, wo früh tm Morgentau Kainit aus Roggensaat gestreut wurd«, am Nachmittag der Acker voller toter Schnecken lag. Danach durfte man doch mit Recht annehmen, daß die Schnrckenplag« mit einem Schlage erledigt sei und all« darauf bezüglichen Klage« verstummen müßten. Weit gefehlt! Im Verkehr mit den Landwirten und in den Berichten über den Stand d«r Saaten finden wir jeden Herbst wieder Klagen darüber, daß dt« Rogg«nsaat«n erheblich geschädigt, teilweise sogar voll ständig durch diese Schädlinge vernichtet würden. Sollte man so etwa» für möglich halten? Nein, von einem Fortschritt zeigt solche Säumigkeit weiß Sott nicht, denn da» Vertilgen der Schädlinge kostet dem Landwirt auch noch nicht einmal einen Pfennig. Aus- gestreute» Kalisalz schützt, wie man wohl mit Recht behaupten darf, in gewissem Sinn« die Saat vor Frost. Die Wtnterfeuchligkeit bringt diesen in allen Boden arten allen Pflanzen in hohem Maße notwendigen Nährstoff noch rechtzeitig an die Wurzeln, «» entstehen dadurch mehr und kräftigere Halm«, welche in wohl geformten Lehren stärkerrich« und keimkräftige Körner «nthalten, und so werden die aufgewandtrn gering«« Kosten um da» Doppelte und Dreifach« w'edtr heretn- gebracht. Ein Besuch bei unseren Bindern in Niendorf (Ostsee). Dicht am Strande liegt da» Heim, in dem im Sommer und Winter rrholungrbedürftige Kinder liebe- voll« Aufnahm« und sorgsame Pflege staden. Da» Waisenhau» in Berlin belegt regelmäßig 60 Plätze, dt« Waisenkinder bleiben ungefähr drei Monate im Heim, oder auch läng«r, bi» sie sich vollständig erholt haben. Nicht nur im Sommer, sondern besonder» auch im Winter find gut« Erfolg« erzielt worden. Die übrigen 20 Plätze werden den Wohlfahrttbehörken zur Verfügung gestellt und zwar wechseln dies« Kin der aller 4—6 Wochen. Früh um 7 Uhr beginnt der Tagerlauf der Kinder. Nachdem sie fitz angekleidet haben, wobei die Großen den Kleinen behiifl ch find, wird gefrühstückt. Da gibt» zuerst Milch und Brötchen, und dann Suppe (Milch-, Mehl-, Haferflocken- oder GrieSsvppe). Jede» Kind kann soviel essen, al» «» will. Sonntag» gibt e» Wurstbrot oder Käsebrot. Gegen 9 Uhr gehen di« Kinder an den Strand, wo das Heim «inen schönen Spielplatz hat. Ist da» Wetter zum Aufenthalt am Strand ungünstig, dann gehen die Sinder spazirren, «» gib« ganz in der Nähe einen schönen Wald. An den Sonntagen spielen st« a»f einem s,hr hübsch g«> legenen Spielplatz am Walde. Gegen »/.IS Uhr tehren die Kinder hungrig in« Heim zurück, denn der Auf enthalt an der frischrn Seeluft regt d«n Appetit an. E« gibt viel Gemüse mit Kartoffeln, Hülsenfrücht«, Fisch und auch SebacktNt». Nach dem Mittagessen schlafen die Kleinen «in« Stunde im Bett. Um 3 Uhr gibt» dann Milch mit W«iß- und Schwarzbrot, od«r Kakao; Sonntag» Kuchen. Bi» 6 Uhr sind dt« Kinder dann wieder am Strand, wo sie sich Burgen bauen, Ball spielen, Muscheln such«« usw. Bei günstigem Wetter wird nachmittag» gebadet, einmal die Jungen, den andern Tag die Mädel«. Da« gibt besonder« bei etwa» bewegter See groß;« Jubel. Dien-tag« und Freitag nachmittag schreiben die Kinder nach Hause, die Eltern der Kleinen werden durch die Kinder- schwrster benachrichtigt. >/>7 Uhr bekommen die Kin der Abendbrot; kräftige Suppen, Bratkartoffeln, sehr oft auch Brot mit Kompott, oder Pudding mit Obst. «egen 7 Uhr abend» geht» zu Bett, die Schlaf, zimmer der Mädchen liegen unten, nebenan ist da» Zimmer der Ktnd«rschwistrr, oben schlafen dir Knaben. — —" kilegen Sie ldre uoü Idrer Kinäer 2ädae nseiZ fsle^slÄliekSf- VOk-so^rist mit Or. Lsdr's ^Ldvpulver „dir. 23". Ls ist rLknsteinlöseoö, tötet XrLukkeitskeime unU erkält reitlebens ISSUMS Ue-Ltrsl-Orogerle dl » x 1 ent 8 cd.