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Nr. 92 Pulsnitzer Wochenblatt — Sonnabends Len 2 August 1324. Selts 2. suudheit und Vermögen im Dienst« d«s Vaterländer «inbüßten. Mit der politischen ist auch eine wirtschaft liche Revolution über uns gekommen, die eine völlige Umschichtung erzwungen hat. Die Begriffe von Reich und Arm haben sich verschoben, Zehntausend« von Familien sind an den Bettelstab gebracht, Millionen müssen noch einmal da anfangen, wo sie vor Jahr- zehnten standen, die Intellektuellen, di« geistigen Träger der früheren Staates sind untergepsiügt, der neu« Staat muß sich neue Pfeiler suchen, auf denen er sich ausbaut. Aber der Dienst am Staate ist für uns der gleiche geblieben. Die Menschen wechseln, Volk und Staat bleiben dieselben, di« Pflicht de« einzelnen dem Bolksganzen gegenüber ist unwandelbar, ebenso un wandelbar, wie das ewige Gesetz, daß nur ein Volk seinen Platz an der Sonne behaupten kann, da« r« versteht, durch frei« Entwickelung alle Kräfte in seinen Dienst zu stellen. Auch da« habe« wir vergessen. Mele haben sich grollend abgewandt, weil sie sich durch di« Entwickelung benachteiligt glaubten. St« werden wieder zurückfinden, au« der Erkenntni« herau«, daß der Staat nicht Selbst« zweck einzelner Schichten, sondern Leben de« ganzen Bolle« ist. Und da« soll der tiefere Sinn der Er innerung an die Tage kriegerischer Begeisterung im August 1914 sein, daß wir trauernd unsere Fahnen senken vor den Opfern, daß wir un« aber auch auf- richten an der Erinnerung, an die Zeit, dir den kate gorischen Imperativ der Pflicht jedem Deutschen al« etwa« Selbstverständliche« erscheinen ließ. Er war doch einmal möglich, daß wir ein Volk von Brüdern wurden, daß alle Klaffen« und Slaubenrunterschiede verschwanden, daß Nord und Süd, Ost und West, Arm und Reich, Hoch und Niedrig, sich al« eine Wesenk- einheit fühlten, di« mit gemeinsamer Kruftanstrengung um da« nackte Leben kämpften» Darum gilt e«, di« Schlacken de« Ntedirbruch« langsam zu beseitigen und au« einer ethisch«« Erinnrrung herau« die Ueberzeugung zu retten, daß ein Volk niemal« uat«gehm kann, da» solche Höhepunkt«, wie den August 1914, s«in eigen nennt. Am Sonntag wird der Reichspräsident den Entschluß der Regierung verkünden, ein National- denkmal für di« Gefallenen zu errichten, e« soll uns m«hr sein, r» soll un» «rtnnern an die Zeit der höchsten Erhebung und an di« Tag« der tiefsten Schmach, e« soll un» Rückhalt geben, damit wir durch die Gegen wart hindurch kommen und da» Vertrauen an die Zukunft nicht verlieren, e« soll «in stiller Schwur d«» grsamten deutschen Volke» sein, Rach« zu nehmen für da«, wa« mon un» antat und nicht zu rasten und zu ruhen, bi« wir jede« Stück deutschen Boden» zurück- Wonnen haben, da» man un« obnahm, »S soll un« Wahrzeichen sein für da« künftige Deutschland unserer Kinder und Enkel, da» einmal reichen wird »soweit di« deutsch« Zung« klingt und Sott im Himm«l Li«drr singt, da» ganz« Deutschland soll «» sein!' Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. (Gedenkfeier am 3. August.) 2m Anschluß an die Bekanntmachung in der Don nerstag-Nummer bringen wir eine Verfügung des Ministeriums zur Kenntnis, die auch in Pulsnitz durchgeführt werden soll. Wie auch in anderen Orten so werden auch bei uns zum Gedächtnis der im Weltkriege gefallenen Bäter, Brüder und Söhne von '/i12—12 Uhr die Glocken läuten. An das Berstum- men der Glocken schließt sich dann das allgemeine zwei Minuten andauernde Schweigen. Alle Kraft wagen- und Wagenführer, Radfahrer, ebenso Fuß gänger werden gebeten, ihrerseits durch Stillstehen bezw. Anhalten und durch Abnehmen der Kopfbe deckung dazu beizutragen, daß der Gedanke der Trauer um die Gefallenen, auch in Pulsnitz in würdigster Weise zum Ausdruck kommt. Man sorge auch dafür, daß zwei Minuten jeder Kinderlärm auf der Straße unterbleibe. — Die öffentlichen Gebäude haben bis 12 Uhr 2 Minuten Halbmast geflaggt. Pulsnitz. (Seneral-Vtrfammlung.) Auf di« heut« ab«nd 7 Uhr im Schützenhaussaal« statt- findtnd« Generalvirsammlung d«r Schütz«ng«stllschaft wird hindurch nochmal» hing«wtes«n. Pulsnitz. (Marienschi tß«n.) Das Mari«n- schi«ß«n von 1824 steht vor der Tür. Wie da« Pstngst- schteßen der Schützengesellschaft, so hat auch da« Marienschießen de« Jägrrkorp» seine Anziehungrkraft. Dadurch, daß da» Marienschießen von Jahr zu Jahr wehr zu einem Bolttfest au«g«baut wird, wird «S auch immer mehr an vielseitigerem Jntereff« gewinnen. Da» Programm ist reichhaltig. An den Aulzügen de» durch Zuzug neuer Mitglieder bedeutend verstärkten Jägerkorp» beteiligen sich einztln« Vereine und am 2. Festtag auch Kinder. Wir bringen im nachfolgenden da» Programm der drei Festtage und hoffen, daß Alt und Jung von nah und fern am Feste reichen Anteil nehmen werden. — Sonntag, den 3. August: Nachmittag 3 Uhr Auszug de» Jägerkorp», dem sich die drei Gesangverein«, der Turnverein und der Rad- fahroeretn anschließtn. Beim Auszug kurz« F«i«r am Ehrenmal. Abend» 8 Uhr Einzug. Von 9 Uhr an G«sang»darbi«tungen d«r »«reinigten Gesangverein» im Lindengarten de» Schützenhauf«». — Montag, den 4. August: Von 11 Uhr an Frühschoppenkonzert. Nachmittag »/,3 Uhr Au»zug mit d«n Kindern, an schließend Damenschießen und Kinderfest. Abend» 8 Uhr Einzug (Kinder mit Lampion»). — Di«n«tag, den 5. August: Mittag» 1 Uhr Au-zug, anschließend Fest tafel. Nachmittag gegen 6 Uhr Aufführungen de« Turnverein« .Turnrrbund" und de« Radfahroerein« »Phönix'. Abend« große« Brillanl-Feuerwrrk. Pulsnitz. (Geschäfirverkrhr an Sonn tagen.) Zar Behebung von Zweifeln verweisen wir auf die Bekanntmachung de« StadtratrZ vom 19. Mai vorigen Jahre«, wonach unter anderem auch der morgige Sonntag al» geschäfttfreier Sonntag bestimmt ist. Pulsnitz. (Polizei bericht.) Am 29. Juli konnte von den Beamten des hiesigen Kriminal Postens ein schon lange gesuchter SittlichkeitZverbrechsr fest- genommen und in das hiesige Amtegericht eingsliefert werden, welcher in der Kamenzer Gegend an -einem Schulmädchen und zwei Frauen unsittliche Handlun gen vorgenommen hat Selbiger hatte bei seiner Festnahme ein noch guterhaltenes Damenfahrrad, 1 Herrenremontoiruhr, 1 Eärtnerschere und 2 goldene Ringe bei sich, welche Gegenstände von Diebstählen herrühren dürften. — Gestohlen wurde in der Nacht zum 1. August 1924 in Pulsnitz M. S ein unge- geräucherter Schinken und drei Schroten ungeräu cherter Sprck, für dessen Wiedererlangung vom Ge schädigten eins Belohnung ausgesetzt worden ist Sachdienliche Wahrnehmungen werden von dem Kriminalposten und der Polizeiwache entgegenge nommen. — (Wetterbericht) vom 1. August, früh: Das von Südwesten vordringende Hochdruckgebiet hat über Mitteleuropa noch weiter zugenommen und nimmt auch jetzt noch weiter zu, trotzdem ist die Be wölkung doch vielfach recht stark. Der niedere Druck wird jetzt bald wieder an Einfluß zunrhmen, wahr scheinlich durch Tiefdruckausläufer, die dann wieder eine Steigerung der Eewittertätigkeit im Gefolge haben werden, ohn? daß die Temperatur bis zu be sonderer Höhe klettern wird. Der Sonntag wird sich also zum größten Teil ganz schön gestalten. — (Chiffre-Anzeigen wieder.erlaubt.) Das Verbot vom 16 Dezember 1915, nach welchem Anzeigen, in welchem Gegenstände des täglichen Be darfs zum Erwerb oder zur Veräußerung im geschäft lichen Verkehr angeboten oder gesucht werden, nicht unter Chiffre gebracht werden durften, ist durch Ver ordnung der Reichsregierung aufgehoben worden. Eine für die Inserenten und die Tageszeitungen gleich lästige Verordnung ist damit endlich beseitigt worden. — (Zulassung besonders Begabter ohne Reifeprüfung) Ueber die Zulassung be sonders Begabter ohne Reifeprüfung zum Studium an der Universität Leipzig oder an der Technischen Hochschule Dresden hat das sächsische Volksbildungs- Ministerium folgendes verordnet: Der Prüfungsaus schuß bildet sich ein abschließendes Urteil auf Grund zweier von dem Bewerber unter Klausur anzuferti gender schriftlicher Arbeiten, von denen die eine einem dem Berufe und dem bisherigen Vorstudium des Bewerbers nahestehenden Aufgabenkreis entnommen, in der anderen ein allgemeines Thema zur Behand lung gestellt werden soll, und auf Grund zweier mündlicher im Wesen den schriftlichen Arbeiten ähn lichen Prüfungen, die in Form von Kolloquien (Un terredungen) abzuhalten sind. — (Krüppelberatung in Kamenz und Großröhrsdorf) Die nächste Krüppelberatungs stunde findet in Großröhrsdorf am Sonnabend, den 9. August 1924, vormittags 11 Uhr in der Haupt schule und an demselben Tage nachmittags 210 Uhr in Kamenz, Amtshauptmannschaft, Zimmer 12, durch einen Spezialarzt des Vereins Krvppelhilse Dresden statt. Besuch wird angelegentlichst empfohlen. Kam««,, (v«amtenjubiläum.) Gestern («irrte Herr Etsenbahninspektor Lunze (früher auf Bahn hof Pulrnitz statiovtert) sein 25jährig«» Beamtenjubi läum. Au« diesem Anlaß wurden ihm selten« seiner Mitarbeiter zahlreich« Ehrung«« zuteil. Herr Lunze blickt auf ein« 36 jährige Etsenbahndienstzrit zurück. Dresden. (Schted«gericht für Gold- bilanzstrii »fragen.) Der »Brücke', amtliche« Mittetlung«blattder Sächsischen Einz»lhand«l«-Semetn- schaft sgeschäftsführendtr Vorsitzender Prof. Dr. Kastner) rntnehmen wir, daß bei -er Handelskammer zu Dr«»den «in Schi«d«gericht für Goldbtlanzstrettsrag«n grbtldet werden wird. Di«se» Schiedsgericht soll zuständig sein für di« Durchführung d«r Goldbilanzordnung uyd für »ufw«rtung«fragen. Die örtliche Zuständigkeit soll sich auf den Handrlskammerbezirk erstrecken. Insonder heit soll da« Schi»d«gertcht Gutachten erteilen hinsicht lich der Umstellung von Kapitalkonten von Linzrlstrmin, von offenen Handel«g«sellschaften und von Kommandit gesellschaften und di« Streitigkeiten schlichten, di« au« d«r Anw«ndung d«r Goldbilanzordnung «ntstrh«n. Dresden. (Einbruch) In der Nacht zum 31. Juli wurden aus einer am Albertplatz gelegenen Zigarettenverkaufsbude nach Herausschneiden der Rück wand ein großer Posten Zigarren und Tabak sowie Zigaretten der Marken „August der Starke", „Hän- som", „Muratti", „Salem Aleikum" und „Toska" gestohlen. Die Waren sind z. T. in einem mitgestoh lenen braunen Pappkarton, der die Aufschrift „Neu mayer" trägt, verpackt und fortgetragon worden. Der Bestohlene hat für Wiedererlangung, der Waren eine entsprechende Belohnung zugesichert. — (Auffin dung der Leiche eines unbekannten Kna ben) Ein unbekannter Knabe, vermutlich 11 dis 12 Jahre alt, wurde am 31. Juli bei Merschwitz auf Lueßlitzsr Flur als Leiche aus der Elbe gehörten. Der Knabs wird beschrieben - 125 cm groß, kräftig, hellblondes Haar, graublaue Augen, hohe Stirn, Stumpfnase, vollständige Zähne. Bekleidet war er mit dunkelgrüner Kniehose, darangeknöpftrr blau- und weißgestreifter Knabenbluss mit weißen Hornknöpfen und weißleinencm Hemd. Der Knabe war barfüßig. Sachdienliche Mitteilungen über die Persönlichkeit des Unbekannten erbjttst die Vermißtenzentrale des Landeskriminalamtss, Schießzasse 7IIl, Zimmer 199, woselbst ein Lichtbild und Stoffproben zur Anlicht auslisgen. Dresden. (Iaurcs F»; er der Dresdner Sozialdemokratie.) Der Arbeitelbildungsaus- schuß der SPD. Groß Dresden veranstaltete am Don nerstag im Künstlerhaus eine Jau d* Feier, der vier belgische Sozialdemokraten, dir sich auf der Durchreise zum Internationalen BergarbeUerkongretz in Prag in Dresden befanden, beiwohnten Einer der Belgier hielt eine Ansprache an die Genossen Dresden. .(Deutsches Sängerbundss- fe st 1929 in Dresden?) In der Stadtverord netensitzung wurde dem Vorschläge des Nates, den Deutschen Sängerbund zur Abhaltung des nächsten Deutschen Sängerbundesfestes im Jahre 1929 nach Dresden einzuladen, gegen 5 Stimmen der Kommu nisten zugestimmt. Dresden. (N«urs von der Erwerbs- losenfürsorg«.) Vom Allgtmeinen Dreldner Etn- zelhandels-Vrrband (geschäfirführender Vorsitzender Prof. Dr. Kastner, M. d. L.) wird un« zur Elwtrbslostnsür- sorge mitgeteilt: »Nach der Au«sührung»verordnung zur Verordnung über dt« Erwerbslosensürsorge ist der jenige beitrag«fret, der auf Grund »ine« Arbettrver- trage« von mindesten« einjähriger Dauer oder auf unbestimmt« Zeit beschäftigt wird, sofern ihm ohne wichtigen Grand und unter Einhaltung einer Kündi gungsfrist von mindesten» 6 Monaten gekündigt wer den darf. Bisher war e« zweifelhaft, ob sich diese Vorschriften nur auf die Arbeitnehmer oder auch auf die Arbeitgeber erstreckten. Nach «tn«r vor kurzem ge troffenen Entscheidung de» Reichrarbettiwinister« find auch die Arbeitgeber in solchen Fällen von der Bei- trag-pfl cht befreit, von noch fast größerer Bedeutung für den Einzelhandel al« die genannt« Entscheidung ist ein Rundichreiben dt» Relchsarbeit-minister«, da« an die Landerbthörden für Erwerbslosensürsorg« ge richtet ist. Nach diesem Schreiben find Lehrherrn und Lehrling« von der Entrichtung von Beiträgen für di« Erwerbslosrnsürsorge dann befreit, wenn ein Lehrver trag von mindestens einjähriger Dauer vorli«gt. Radeberg. (Berichtigung.) In der Don- n«r»1agnumm«r vom 31. Juli 1924 brachten wir die Notiz von dem Unglücksfall des Landwirts Angermann au« Kleinwolmsdorf. Wie uns «in Zeuge berichtet, ist di« Sens« geschützt gewesen, wurd« av«r durch d«n Sturz mit d«m Rad« d«r Sicherung entkleidet und somit die Ursache der tödlichen Verletzung. Zitrau. (Durch das Glasdach gestürzt) Am Mittwoch Nachmittag war eia 1.2 jähriger Knabe von einem hiesigen Wirt auf das Dach des Hauses geschickt worden, um nachzusehen, ob di« Dachdecker dort noch tätig wären. Plötzlich brach eine Tafel des mit Sägespänen und Dachpappe belegten Glasbodens ein und der Knabe stürzte 25 Meter tief in den Spielraum des Lichtspieltheaters, wo ec zwischen den Stühlen schwer verletzt liegen blieb. Erst nach 1>/, Stunden hörten Angestellte des Theaters das Stöh nen und fanden den Knaben. Der herbeigerufene Arzt stellte einen komplizierten Knochenbruch des rech, ten Beines, eine Verstauchung des linken, Gehirner schütterung und innere Verletzungen fest. Pirna. (Bezirkstagswahlen.) Nach dem vorläufigen Ergebnis der Wahlen zum Bezirkstage werden 16 Mitglieder der Rechtsparteien und 11 Mit- glieder der Linksparteien in den neuen Bezirkstag einziehen. Mügeln. (EinentsetzlicherSelbstmord.) Auf der Straße zwischen Luppa und Wermsdorf hat sich am Dienstag früh ein 24 jähriger Mann, der im Geschäfte seines Vaters tätig war, das vor 14 Tagen in die Hände seines Schwagers überging, eine Dyna- milpatrone in den Mund gesteckt und sie zur Erplo- sion gebracht. Der Körper des jungen Mannes war vollständig zerrissen, einen Teil der Gliedmassen fand man im Chausseegraben, während andere Teile durch die Gewalt der Explosion auf einen Baum geschleu dert worden waren. Leipzig. (Das Millionenerbe des Al mosenempfängers.) Die „V. Z. am Mittag" erhält aus Leipzig folgenden Bericht: In Leipzig erregt das Schicksal eines armen Teufels Aufsehen, den seine Mittellosigkeit daran verhindert, in den Be sitz einer riesigen Erbschaft zu gelangen, die ihm recht lich zweifelsfrei zufteht. Der Bedauernswerte ist der in dem Leipziger Vorort Schönefeld wohnhafte, jetzt 79 jährige frühere Eemeindearbeiter Bernhard Götze