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Adorter Wochenblatt. M ittheilunge« über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Sechzehnter Jahrgang. Prell für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung del Blattel durch Botengekegenhelt» 22 Ngr. » Pf. 13. Mittwoch, den SS. März 1851. . Die Anzeichen, daß Rußland — und leider! ist dies ein wichtiger Faktor für uns — sich in den deut. schen Angelegenheiten jetzt mehr auf Preußens Seite neige, werden zahlreicher, und sind in der That auch sehr erklärlich. Wenn wir nämlich gut unterrichtet sind, —^rnd wir glauben eS — so übernahm Rußland in Warschau und Olmütz gewissermaßen die Garaniie zwi- schen Preußen und Oesterreich. So hätte z. B. Oe« stcrreich nicht wagen können, seine Truppen nach Hol. stein zu schicken, wenn es nicht der friedlichen Gesin- uungen Preußens sicher war, in welcher Hinsicht da mals nicht eben Grund zu großem Vertrauen vorlag. Rußland übernahm da gewissermaßen die Bürgschaft dafür, daß eS von beiden Seiten ehrlich gemeint sek und daß Einer dem Andern trauen könne, und es stimmt damit die oft gehörte Nachricht überein, daß Rußland sich gegen Den wende» werde, welcher zuerst die Feind seligkeit beginne. Geht nun Oesterreich in seinen For derungen jetzt zu weit, so erscheint eS ganz natürlich, dass Rußland sich wieder auf Preußens Seite neigt, und es könnte leicht kommen, daß Fürst Schwarzen berg, von Rußland verlassen, von England und Frank reich bedroht, in Kurzem mit seiner hvcdfliegenden Po- litik eben so isolirt dastände, als Preußen im Jahre 1850. Ganz übereinstimmend damit berichtet man auch auS Paris, daß Herr v. Kisseleff dort gegen die An nahme protestirt habe, alö ob seine Negierung den neue ren Forderungen Oesterreichs zusiimme oder es wohl gar dazu crmuthige. Wir — um dies nochmals zu bemerken — sind übrigens weit entfernt, diese Einmi schung Rußlands für ein Glück zu halten. Es beweist vielmehr nur auf's Neue, daß die auswärtigen Mächte weder die Erstarkung Preußens, noch Oesterreichs und noch viel weniger «in kräftiges Deutschland wol- len, und wir müssen deshalb nur wiederholt eS bekla gen, daß man 1848 den rechten Zeitpunkt versäumte, ein einiges, kräftiges Deutschland zur vollendeten That- sache werden zu lassen. Ganz im Einklang mit Obigem sagt daS Berl. C.« B. vom 16. März: Man darf die Natur der gegen wärtig zwischen Oesterreich und Preußen obschweben- den Differenz nicht mit derjenigen verwechseln, welche vor der Olmützer Eonfention staltfand. Die äußere Eintracht in Deutschland ist durch diese Differenzen nicht gefährdet, sie haben auf die Regulirung der holsteinischen und kurhessischen Angelegenheiten keinen Einfluß. In beiden Fragen handeln Oesterreich und Preußen gemeinsam, und während in Holstein die bei, derseitigen Commissare die Vorarbeiten für die Grenz- regulirung fördern, ist Hr. v. Uhden in Kassel bemüht, „gewissermaßen — wie eine noch nicht veröffentlichte Druckschrift bemerkt — die Instruktion deS zwischen dem Landesherrn und den Unterthanen schwebenden Pro zesses vorzunehmen und die gesammelten Materialien der Gesammtheil der deutschen Regierungen zur Ent scheidung der Sache zu unterbreiten." Jene im Sin. ne der preußischen Regierung gehaltene Schrift fügt hinzu: „man würde sich getäuscht finden, wenn man von dieser Entscheidung erwarte, daß sie alles Recht auf Seiten des LandeSherrn oder seines Ministerium-, alles Unrecht auf Seiten der Stände suchen werde." Da daS Publikum auf die „ausführlichen Kundge bungen", welche wir zu seiner Zeit über die Dresdner Conserenzen verheißen haben, wohl noch ein Weilchen dürfte warten müssen: so wollen wir einstweilen aus der bereits oben erwähnten und einem Conferenzmit- glicde zugeschricbenen Brochüre „die DreSdnejr Conferenzen (nebst Aktenstücken) das Wesentlichste mittheilen: Dieselbe enthält zunächst eine Erklärung des Wei- mar'schen und Frankfurter Bevollmächtigten, in welcher diese, als Mitglieder der ersten Eommission, die Grün« de erörtern, weshalb sie sich den derselben vorgclegten preußisch-österreichischen Vorschlägen nach ihrer persöni Uchen Auffassung nicht anzuschließen vermögen. Es werden hierauf die dennoch von dieser Commission zu letzt acceptirten Vorschläge wörtlich mitgetheilt, welche jedoch nur „die persönliche Ansicht sämmtlicher oder doch der meisten die Commission bildenden Bevollmäch tigten ausdrücken sollen", ohne daß deren Regierungen dadurch vorläufig schon gebunden sein sollen. Die An träge der ersten Commission in Betreff der Bildung deS Plenums und der Executive von 11 Stimmen sind bereit- hinreichend bekannt. Die die vollziehende Be- Hörde bildenden Bevollmächtigten müssen ermächtigt sein, in allen dringenden Fällen ohne vorhergehende