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Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Sechzehnter Jahrgang. Prci« für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung bet Blatte« durch »otengelegenhrttr 6. Mittwoch, 5. Februar 1851. Drei Tage aus dem Leben eines sächsischen Volksvertreters. Noch ein Nachtrag zu dem Landtag d«S JahreS 181» Je gewisser der sog. Unverstandslandtag einen gänz- lichcn Wendepunkt in unseren Verhältnissen hervorrief, um so nölhiger scheint es, noch einige Augenblicke bei demselben zu verweilen; thcils um unser hartes Urtheil über denselben weiter zu begründen, thcils auch, um die Stellung der Parteien und ihre politischen Ansich ten namentlich in der deutschen Frage, noch schärfer zu beleuchten.— Die Manner, welche damals in und außcrhalb der Kammer den Uebersiürzungcn der radi. taten Partei entgegentratcn und die man damal^di« Eonservaliven oder die Rechte nannte, gehörten zum größten Theil der freisinnigen Mittclpartei an, welche man jetzt sehr gern mit dem Namen der Parlaments- dcmokratcn belegt; umgekehrt finden wir jetzt in sog. cons-rvativen Kreisen Ansichten vertreten, die wir da mals nur auf den Bänken der äußersten Linken zu hören gewohnt waren. Darum gestatte man unS noch emige Nachträge. ES war am 20. Januar, als in der zweiten Kam- vier die deutsche Oberhauptsfrage zur Sprache kam. In Frankfurt hatte nämlich damals di« Ansicht die Oberhand gewonnen, daß Deutschland, mit Ausschluß Oesterreichs, sich unter Preußens Oberhoheit zu einem engern Verbände vereinigen müsse. Das war ein Re sultat, wie eS den Nadicalen, welche durchaus eine re publikanische Lösung der Frage verlangten, durchaus nicht zusagte. Hatten sie daher früher, wo eS noch schien, als ob ihre Ansichten durchdringen würden, Lie Ansicht ausgestellt, daß eS nicht erst noch von den einzelnen Landesvcrtretungen abhängen könne, ob sie die Frankfurter Beschlüsse annehmen wollten oder nickt tman vergleiche die in Nr. 4. erwähnte Erklärung ÄzschirnerS und Genossen): so behaupteten sie jetzt vmgikehrt, daß diese Beschlüsse erst der Zustimmung der einzelnen Regierungen und Landesvertretungen bedürf, ten; und es ließen sich sogar mehrere Frankfurter Na. tionalvertreter letzt in die einzelnen Ständeversamm- geo wählen, um dort in diesem Sinn, zu wirken und somit dem Jnslebentreten der projeklirten deutsche» Gcsammtverfassung nunmehr auf anderem Terrain ih. ren Widerstand entgegen zu setzen und solche wo mög. iich nickt zur Ausführung kommen zu lassen. Freilich hätten sie dies füglich den Regierungen überlassen sol. len, welche sie auch später dieser Bemühungen bereit, willig überhoben; allein die Herren sahen nun einmal nicht ein, daß das Jahr 1848 vorüber war und daß sie durch ihre thürichten Ueberstürzungen nur immer mehr der Reactio» in die Häude arbeiteten. Später, als sie ihren Jrrthum einsahen, ergriffen sie nun zwar wieder Partei für die erst so geschmähte ReichSverfas. sung. aber nun wollte ihnen vollends Niemand mehr glauben, wat sie eben selbst erst bestritten hatten: daß nämlich die einzelnen Staaten den Frankfurter Be. schlüssen sich ohne Weiteres zu unterwerfen hätten. — Doch wir wolltest ja unsere Behauptungen durch einzelne Thatsachen belegen. Hier sind sie! So sprach Schaffrath am genannten Tage von der „verrotteten" Kaiscridee und beantragte die Erklärung: daß man ei» nen Präsidenden an die Spitze Deutschlands gestellt wissen wolle und jede andere nicht wahrhaft demokra« tische Lösung der deutschen Oderhauptsfrage als ein« unheilvolle betrachte; ja Tzschirner, v. Trützsch ler und Gen. wollten sogar die neu zu begründet« Verfassung nur dann „genehmigen", wenn an die Spitze entweder ein VollziehnngsauSschuß oder eia Präsident trete, und sie mutheten der Regierung zu, in gleichem Sinne sich auszusprechen; denn — sagte Tzschirner — man bade die Revolution nicht gemacht, um zu den 34 Fürsten noch einen 35sten hinzu zu be» komme». Meinel führre gegen die Erblichkeit deS Oberhauptes an, daß ja sein Schullehrcramt auch nicht erblich in seiner Familie sei. (!) Schieck und Häh. nel (von der Rechten) erklärten dagegen Preußen» Hegemonie noch für den einzigen Weg zum Ziele. Schaffrath: Preußen an die Spitze stellen, heiße alle Staaten preußisch ma chen, Benseler schmäht unter großem Applaus den Prof. Biedermann, „diesen untreuen Sohn deö sächst.' schcn Vaterlandes." Jäkel: „Wir wollen keinen Kaiser und am wenigsten den König von Preußen." Mayer „will keine Männer, die im Ehampagnerrao«