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Adorter Wochenblatt. Mittheilnngen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Sechzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botengclegenheit: 22 Ngr. ü Pf. 3. Mittwoch, 15. Januar 1851« Herr v. Manteuffel hat vorgestern in der ersten Kammer erklärt, eS habe allerdings ein Systemwech sel stattgefunden, es solle entschieden mit der Revolution gebrochen werden! Damit hat er stillschweigend zugestanden, was ihm allerdings früher von österreichisch gesinnten Blattern häufig vorgcwor- fen wurde, daß,er nämlich bisher mit der Revolution kokcttirt habe. Mit jener Aeußerung hat Hr. v. Man teuffel sein pater pvceavi, Oesterreich gegenüber, ver vollständigt, oder vielmehr, er hat sich selbst einer Sünde geziehen, die er niemals begangen. Doch lassen wir dies dahin gestellt und erinnern wir lieber an ei- rüge Aeußcrungen nicht aus dem Jahr 1848 — dies wäre vermessen! sondern nur aus den Jahren 1849 und 1850: „Die tief im- Herzen der deutschen Nation wur zelnden Forderungen, ohne deren Erfüllung keine dau ernde Ruhe in Deutschland eintretcn, und der Revo lution kein Ziel gesetzt werden wird, lassen sich auf Folgendes zurückfuhren": „Die Herstellung der Macht und Einheit Deutsch, lands, und der Möglichkeit eines gemeinsamen und kräftigen Auftreten- vor dem Auslande, und einer freien und sruchtrcichcn Entwickelung wahrhaft frei, sinniger Institutionen im Innern; die Schöpfung einer kräftigen, nicht durch die Möglichkeit des in. nern Widerspruches in sich selbst gelahmten, also ei- uer einheitlichen Erecutivgewalt; endlich die Bildung einer Nativnalvertretung in Staatenhaus und Volkshaus mit gesetzgebenden Be fugnissen." „Was über diese Forderungen hinausgeht, wider- spricht entweder dem innersten Wesen der deutschen Nationalität, so wie dieselbe in der Geschichte und Sit« ten des Bölkes vor uns liegt, oder erscheint als durch, aus praktisch unausführbar. Aber es würde auch eine schwere und verderbliche Täuschung sein, wenn die Regierungen glauben woll« ten, hinter diesen Forderungen Zurückblei ben zu können." Diese Worte, deren Wahrheit sich bewähren wird, wie auch die nächste Zukunft sich gestalten mag, gehü» ren nicht etwa einem ehemaligen Gothaer an; — nein, sie sind aus der Denkschrift entlehnt, mit welcher Preu, ßen, Hannover und Sachsen die Bcröffcntlichung de» Verfassungsentwurfs vom 26. Mai 1849 begleiteten. Und ähnlich sprach der König von Preußen in de» Thronrede vom 9. August 1849 Folgendes: „Die Einheit Deutschlands dargcstellt durch eine einheitliche vollziehende Gewalt, die nach Außen seinen Namen und seine Interessen kräftig vertritt, und die Freiheit der deutschen Nation, gesichert durch eine Volksvertretung mit legislati. ver Befugniß, ist und bleibt daS Ziel unseres Strebens. Wir haben beide Bedingungen vollkommen vereinbar erkannt mit der staatlichen Existenz aller deut. scheu Lande." Und noch ein Jahr darauf, am 25. August 1850, wenige Monate vor den Tagen von Warschau, Ol- mütz und Dresden, erklärte die preußische Regierung in einer Depesche an die österreichische Regierung: „Wir maßen uns das Recht nicht an, den Standpunkt zu beurtheilen, welchen die deutschen Regierungen einge. nommen haben oder einzunehmen gedenken; wir dür fen aber auf die feierliche Verheißung hin. weisen, welche von uns in Gemeinschaft mit allen deutschen Regierungen dem deutschen Volke, welche von vielen dieser Regierungen ihren besondern Angehörigen gegeben worden sind, und wonach die untergegangene Bundesverfassung, welche sich als gänzlich unzurelchend für die Bedürf, nisse der Nation erwiesen, nicht wieder ins Leben tre ten solle. Wer wird behaupten wollen, daß diese Verheißungen und feierliche Erklä. rung nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtes, sondern nur einer augenblickli. chen, durch vorübergegangene Zeitumstän- de bedingten politischen Nützlichkeitgehor. ten? Preußen bat sie nicht so verstanden und wird sie niemals so auslegen." Alle diese Aeußerungen aber sind ausgegangen un ter Mitwirkung des Hrn. v. Manteuffel und man kann sich nun selbst sage», welcher Art die „Revolution" ist, mit der „gebrochen" werden soll!