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'! !!N! IM MW? WMMIM M. kl W!! E Druck und Verlag von E. L. Förster'» Erben Inhaber: I. W. Mohr) « Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz u Zeiten der Begeisterung für das Vaterland zu sterben ist leichter, als in den nüchternen Tagen dafür zu leben mit Gedanken, Wort und Tat. Otto von Leixner. —Aus einem Lehrerleben. —— 10 Nach einer Familienchronik. Alles ging gut vonstatten, das Ausräumen, die zuge sprochene Teilung des Holzes, der Einzug Friedrichs ins neue Heim, da sollten die in der Aufstellung zuletzt aufge- sührten beiden Gegenstände, Sägebank und Brückenstein, An laß zu neuem Zanke geben. Die Bank gehörte nämlich Weises Sohne und den Stein hatte Lehrer Weise seinem Sohne versprochen. Beide Gegenstände waren aus Versehen mit in die Aufstellung gekommen. Eben sollte sie aufgeladen und »ach Brauna zum Sohne geschickt werden, als Friedrich, stark betrunken, dazu kam. Er gebärdete sich wie ein Rasen- dm und brüllte: „Ihr seid Spitzbuben! Der Teufel soll Euch holxn! Ich lasse Euch gleich arretieren und einschließen, so Ihr von der Stelle fahrt. Was auf dem Wagen ist, das ist inem." Aus den Höfen kamen Zuschauer herbeige eilt. Der ganze Dorfweg stand voll Menschen. Friedrich fuhr fort zu wüten. Er lief immer um den Wagen herum und fragte: „Was ist das? Was ist das? Das ist alles mein. Wo höhl Ihr das her?" Weise antwortete: „Das geht dich nichts an, das haben wir in der Schulwohuung aufbewahrl gehabt." Ja, in der Schule, in der Schule habt Ihr alles. Ich werde aussucheu kommen. Du, Frau, hat er's hier aufg.eladen? Der Teufel soll Euch holen!" „Nein, nein," antwortete die Friedrichin, „von hier haben sie weiter nichts als die Bank und den Stein." „Ich glaube, Ihr nehmt mir alles weg," sagte Friedrich. „Hättet Jhr's erst fortgeschafft. Nun ist alles mein. Der Stein und die Bank sind mein." Dem Braunaer Bauer war es zu toll geworden. Er fuhr kopfschüttelnd leer nach Hause. Der Ortsrichter kam hinzu, wußte aber auch nicht, was er sagen sollte. Zuletzt sprach Frau Weise: „Uns -nachts keine Schande, aber Euch machts welche." Das wirkte wohl be- . ruhigend auf ihren Mann, aber nicht auf den grimmigen ' Friedrich. „Geht zum Teufel in die Hölle!" rief er aus. z „Nein, nein," erwiderte Frau Weise, „ich will ja recht beten, l daß ich zum lieben Gott in den Himmel komme." Friedrich: « „Du magst wohl was wissen vom Beten?" Darauf gingeil ; Weiie und seine Frau ruhig nach Hause. Friedrich beruhigte sich aber nicht. Am 5. Dezember, gerade einen Monat nach der Uebergabe, kam er mit dem Richter und dem Gerichts- mann Domschke Aussuchen in die Schulwohnung. Mit den Morten: „Guten Tag, Herr Schulmeister," trat er ein. Ruhig versetzte Weise: „Guten Tag! Willkommen! Setzt Euch nieder." Friedrich entgegnete aber, er wolle auf dem Boden aussuchen, Weise solle vorangehen und die Türen öffnen. Der Lehrer tat es und sagte, indem er den Deckel von einer Kiste wegnahm: „Hier ist '/, Scheffel vorjähriger, bei Nahls Domschken getrockneter Hafer, das weißt du noch." „Ja," sagte Domschke, Friedrich griff den Sack an und sagte: „Der Hafer ist mein, den schafft Ihr zu mir." Nun ging er in die Kammer und fragte: „Wo habt Ihr die Aepfel her?" Weise antwortete: „Einen Scheffel habe ich von Königsbrück bekommen." „Die Aepfel sind mein," entgeg nete Friedrich, „die sind auf meinen Bäumen oben gewachsen, die schafft Ihr gleich zu mir." Weise: „Die bekommst du nicht." Als er einen Schiebbock stehen sah, rief er: „Der Schiebbock ist mein, fort mit dem!" Die Gcrichtsmänner erwiderten: „Du hast deinen oben." Friedrich blieb dabei, der Schiebbock sei fein. „Fort mit ihm!" Dabei griff er ihn an. „Nun, wenn du so willst, sagte Nahls Domschke, „da gilt ja unsere ganze Sache nichts, und ich mag auch kein Gerichtsmann mehr sein." Trotzdem wollte Friedrich auch noch ein Viertel Weizen haben, das er in einem Sacke fand, weil er auch dachte, es sei auf seinem Felde erbaut worden. Erst als Frau Weise ihm drohte, alles der Herr schaft zu sagen, wurde er ruhiger, dennoch sagte er: „Aber auf dem Boden, dort soll i»ch» viel verborgen stecken, Richter, dorthin, genau durchsucht.^OSie konnten 'aber beide nichts finden, als drei Gebund altes Bettstroh. „Das ist nischt, das ist nischt! Es muß mehr da sein, wo ist es?" Als er trotz alles Suchens nicht das sand, was er finden wollte, gestand Friedrich endlich: „Es hat jemand gesagt, Ihr hättet ein Schock Stroh hergeschafft." Er merkte, daß er von böfen Menschen gegen die Lehrersleute aufgehetzt worden war. Nun gab er klein zu und sagte: „Ihr habt mich gestern mit der Bank und dem Stein so böse gemacht. Sonst bin ich ein guter Kerl." Nun zeigte Weise, daß er wirklich fried liebend war, denn er sprach: „Ja, das weiß ich recht wohl, drum sind wir immer im Guten auseinander gekommen," und mit ruhigen Worten legte er es Friedrich dar, wie sehr er ihm und seiner Fran Unrecht getan. Beschämt sagte Friedrich drauf: „Vergebt mir, wir wollen uns wieder ver söhnen." Er ergriff die Hände der Lehrersleute und küßte sie. Ehe er aber vom Boden ging, fragte er schon wieder: „Wo ist die Gerste, wo ist die Gerste? Ich weiß schon, wo sie ist." Darauf nahm er Abschied und ging die Treppe hinunter. Dabei sagte Weise zu ihm: „Du bist also her gekommen, um dich mit uns zu versöhnen, was uns sehr lieb ist; denn wir wollen so gern mit jedermann friedlich und einig leben, wenn es möglich ist und so auch mit dir." Weise setzt in seiner Chronik noch hinzu (S. 105): „Böse war er erst hereingekommen und gut ging er dann wieder hinaus zum Richter. Diesem hat er auch gesagt, wer ihn so gegen diese aufgehetzt hat." Damit war die leidige An gelegenheit erledigt. Nun wieder zurück zum Schulleben. Es war üblich, daß die Konfirmanden vor ihrer Entlastung einen