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sogenannten Abschied ihrem Lehrer überreichten. Derselbe war eine Formsache; denn die Abschiedsbriefe' ver Kinder glichen sich in ihrer Abfassung wie ein Ei dem andern. Die Weisesche Familienchronik hat zwei Formen ausbewahrt. Form 1 lautet: „l Abschied an den Herrn Schullehrer. Ich bedanke mich mein lieber Herr Schullehrer für ihre so große Mühe die sie mit mir gehabt haben und für die nützlichen Lehren im Christenthume, also auch im Rechnen, Schreiben, in dec Orthographie und Rechtschreibung. Gott Woll es Ihnen und den lieben Ihrigen dafür lassen Wohlergehn in Zeit und Ewigkeit. Amen. Johann Gotthelf Domschke in Schoenbach, den 3ten April 1837." (Genaue Abschrift.) Form 2 ist länger, aber weniger kindlich abgefaßt, sodaß man auf den Gedanken kommt, es sei ein gedrucktes For mular von den Kindern benutzt worden. Form 2 kam auch häufiger vor. Der 27. und 28. September waren wieder wichtige Tage im Schulleben; denn da war Kirchenvisitation in Kamenz. Kirchenrat Dr. Wildenhain hatte sie einberufen. Vier Wochen wurde den Schullehrern vom Lokalschulinspektor bekannt gegeben, daß sie sich mit der Oberklasse am 28. Sep tember in der Hauptkirche zu Kamenz einzufinden und da selbst über eine Katechismuslehre zu katechisieren hätten. Die Themen bekämen sie erst am 27. September nach dem Früh gottesdienste. Sie wurden in folgender Reihenfolge verteilt, zuerst an die 13 Kamenzer Stadtlehrer (die mir noch be kannten Organist, später Kantor Stephan und Kantor und Organist Ronneberger von der Klosterkirche waren auch mit dabei), dann die 5 deutschen und sodann die 5 wendischen Landlehrer. Es sollten die Hauptstücke behandelt werden. Das Katechisieren begann am 28. September, früh '/,7 Uhr. Die Stadtlehrer begannen, dann folgten die 5 deutschen und um 10 Uhr die wendischen Lehrer. Montag, den 28. Sep tember früh um 6 Uhr waren alle Kinder und drei Mütter, die in der Kirche zuhören wollten, in der Schönbacher Schulstube versammelt. Es wurde, wie bereits am Tage vorher noch einmal das erste Gebot durchgenommen und um 8 Uhr wurde abmarschiert. Es war ein wundervoller Herbst tag. Wirkte das schon auf die Herzen belebend ein, so wurden diese durch die vom Kamenzer Kirchturm herabtönende Musik feierlich gestimmt. (Schluß folgt.) -D. De narrische Speisekoarte. —° Heitere Erzählung aus der Westlausitz — von Hermann Weise. — Doas woar noa ver'n Kriegge, wie Schneider'sch Mine ond Gaartner'sch Aurore aus Niöderschteene zesoammen amo vn derr Woche no Draasen reesten, öm'ch dorte 'n Zoolog- schen Goarten oanzesahn. Mine soate ze Auror'n: „Mer wöß doa sist goar nö, wie doas Viechzoig eeg'ntlich beschoaffen ös, — woas Eenen derr Aale baale an jeden Tag, dan derr liewe Gott war'n läßt, — an Kopp böchsen tut! Bei'n Heipfaare giöhts ömmer luos ond bei'n Rinozerosse do hierts derno gewöhn lich off!" Se toaten dorte ön Zoolog'schen Goarten off ihre Kosten kommen, ond wenn se nu ver an Vieche schwanden, möt dan se ihr Aaler verglöchen hotte, do froate oaller Püffe de Mine Auror'n, die de egoa de Maulschparre hotte: „Aurorchte! — Sah'ch derr de worktich suo wie doas Koa- meel dorte ans? — Sahk mer juo de Wohrheet ond tuk nö erne schmeicheln wo'n!" — Do biinkerte Aurore möt ihre kleenen Oogen ond schoierte irscht woas an'n Handkarwel röm, iöb se's endlich raus brochte: „I, — woas de denkst! — Ond o nö ee' Gedanke dervon! — Oaber siehste — dei Aaler ös derr genau sno a fopp'cher, buos'cher Karle, wie se dorch de Bank doa baale oalle sen! Wenn se sich ner ane Forsche gähn ond ons Schänd ond Braand oanhüngen kinn, doa ös'n an wuohlsten! Do sötzen se off'n gruoßen Pfaare! Ve- forcht'ch de dar goar nö derr Sünde, doaß err sicks blöd's ond hundsgemeenes Zoig anzubrengt ond dir oanhängen tut!" — Do toatch Mine zefriöden gähn, oawer ön Schtöllen Hot se'sn ju gebat't: „Loß mich ner blnos Hinte heemkom- men, do war'ch derr oawer 's Koapitel laasen! Do war'ch derr amo woas Röcht'ges offs Heet gähn, doaß derr Hieren ond Sah'n vergiöhn soall, — du niedertraicht'ges, unver- schaamtes Gerächte — du!" Nu wolll'n se doa o amo ön Draasen Einkehr'che haalen. Mine woar fer de Bürenschenke, weils do zewing- stens woas fersch Gald ond derzu o noa woas Kniffliches gähn toäte, wie se schon ömmer o von Loiten gehiert hotte, die dorte gewaast ond gassen hotten. Aurorchte woar o glei derrbeie — ond no viölen Suchen ond Froi'n hott'n se 'se endlich gesungen. Kaum doasse dorte a' Plätze! gesungen hotten, do kroapschte Mine o schon no derr Schpeisekoarte. Aurorchte hing ihre Gaake o möt nein ond nu buch schtoabierten se Beede me'nander öm de Wette die verdreöhten, narr'schen Noamen dodroffe, wu merch doa baale moanchmo de Maulbaumel wagbröcht! — „Hoi! — Rumschtäck! — Nee, iöwer sicke verrückten Schtoädter. Suogar 's Frassen Word hiehe möt Schnoaps gemacht!" kritisierte Mine. „Die hoan derr juo ane narr'sche Gusche! — Du, doas äs derr nischt fer ons, doas ös doa a' Moannsenfroaß! Ond derbeie o noa suo gepfaffert. Kinn'ch doa bluss ganz feine Loite leisten!" „Ond hiehe irscht!" nörgelte Aurorchte. „Guck ner mo har! Ragutfin! Do Word derr doa kee Mensch draus klugg, woas doas nu wiöder sein soall! Doas word'er irscht a' wmd'sches Assen sen! Do Word wuo o oalle Hackemacke neingemoanscht war'n ond nu wössen se's nö, wie se's Heeßen sin! Die hoan juo an Kloaps!" „Nee, sicks verwardtes Chor, die Gruoßschtoüdter," gackerte do Mine wiöder. „Frassen sicken Glausch! Schin ken ön Bruotteeg! Doas ös derr doa baale mih wie oalwern! Wuo mer'ch doa möt dan blanken Teeggelomper bluos'n Moagen verkleistert ond ömb'rengt! Mig'n se doa ane röcht'ge Bemme derzu mumbeln, die bleibt o niemande ön Hoalse schlacken! Wenn derr emo nö an de Aborn droan kinnt, doa müßt'r oich a'm woas moolen lossen! — Ihr ekhn Frasser, ihr!" s,Ka» hiehe hönne sen se a'm zu gefroäß'g," wat err Aurorchte^zuschtömmen. „Gahn se dan Zoige fix an fremd - länd'schen Noamen, doaß de Loite denken sin, doas ös wondec- gott woas Oapoarts ond Extrafeines!" Off emo feixte Mine ond hult'ch 'n Bauch ver Lachen. „Host de doas schon amo gassen? Tarr—tarr—risches Baffschwak! Du, meenste nö o, doas Tarrtarr, doas klingt derr oawer no Happel!" „Doa koa'ste raicht hoan," gackerte Aurorchte. „Ond woas word's 'n weter sen! — Ane hämfliche Ports'jon off- geweechte Dreierbruvtel möt an Kleckset Brr-Gehackls ze aner Matsche z'soammengemoanscht, höbsch braune gebrooten ond nu noa ane verrückte Tunke derrzu, ond schon ös derr wiöder ane Most fehrt'g!" (Schluß folgt.) Charakter, Sitten und Gewohnheiten ° der Sebnitzer. ° ° Von Str. Weltbekannt ist seit Jahrzehnten die Blumenstadt Seb nitz. Reizvoll ist ihre Lage. Und wer etwa von der Finnen baude oder auch von der Grenadierburg aus das Städtchen im Sonnenglanze geschaut hat, der wird das liebliche Bild wohl niemals wieder vergessen. Sebnitz gehört unstreitig zu