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Sonnabend, 8. März 1924 Beilage zu Nr. 2S 76 Jahrgang Unterbrechung d. Hitlerprozesses Üm die verlängerte Arbeitszeit. Ausscheiden des StaaiSaWM. M Vertagung der Berhandlrmg. Münche», 7. Mk» - Pach eintägiger Pause ß>8l« heute die Verhandluns AHochverratsprozeß gegen Hitler «. Ge«. Lieder beginnen. Und sie begann auA aber nicht in der ^eise, daß man sofort in die Fortsetzung der Beweis«rch- N>ne eintreten konnte, sondern, wie fast an jedem der letz» A Verhandlungstage, mit Angriffen der Verteidigung Mn, die Staatsanwaltschaft. Jnstizrat «oh!, der Atte Kiger des Angeklagten Brückner, mchm die dieser Tage Folgte Verhaftung des Hauptmanns Weiß, des früheren ArausgeberS des Kahrfchen Organs Heimatland, zum A» einer Offensive gegen den - VechafiMW» D ' «RWKyörde. Weth» verhaft« «Wmp Pressechef der Hltterregterung bestimm? en sein soll. Die SlrWvagte» bestreiten daS, uUvfdie! wLS. in ihrem Dorpoß gegen die StaatSan- —erS darauf hLrtz da- Weiß, der im Kriege! verloren rhabe^dyrch die Nntrrsuchungshast <mss Gerste geschS^,werden wie Weih, schaffet würde«. Müht»- , , Fu Mm« wis Her^voB Sah», der fetüe ,Mächte *ber Bayer» anfs unerhörteste mitzbeaucht habe, und de«^ « Schuld « dem M«tb«w dm« 9. November treffe, » fcho« läng.-verhaftet sei«. K Ersitz» VWüSanwMDr. Str«Klein geriet über die griffe deS JustizratS So HM vor allem über den Aus- »VerhaftungsfimHein ungeheure Enegung. »Ach bi» wührcnd dieses PwAefie«,- sagte er, ^d e r Gegenstand der schimpflichsten persön liche« ««griffe gewesen und habe mich trotzdem ^ewMt» mit^redrar Erwiderunae« mrückzubaltm. um Zu dieser Frage entnehmen wir der »Sächsischen Industrie', Amtlichen Organ des Derbandes Sächsischer Industrieller, iwdes: Warum es nicht ohne Verlängerung geht. Die Kämpfe W die Arbeitszeit werden von den Führern der Arbeitnehmer- -b, Mit dem Schlagwort „täglich 8 Stunden und keine mehr' oll geführt, die Zahl der Streikenden erhöht die Zahl der h,o>«lt>siosrn, in noch größerem Maße stockt die Produktion, gerade besser zu werden begann. Bedauerlich ist eine ge il^ Einsicht vieler Führer der Arbeitnehmer in die Notwendig- der Wirtschaft, bedauerlich ihr Festhalten am Dogma, ^end große Teile der Arbeitnehmerschaft sich der Härte der Wochen nicht verschließen und zur Mehrarbeit bereit sind, ich Warum muß die Wirtschaft Verlängerungen der Arbeit«. Hz, »erlangen? Wir brauchen Preissenkungen im Inlandes Io f brauchen konkurrenzfähige Preise sür das Ausland I Nur Wo »kn Lebensmittel und Rohstoffe sür unsere Waren ein- Hooicht werden. Dies ist nur möglich durch Hebung der U, 8e der erzeugten Waren Dies ist nur möglich durch Ver» ihrer Herstellung; der Reichtum eines Volkes besteht kh" IN der Menge des Geldes, sondern in der Menge der er- und vorhandenen Waren und nach ihrer Zahl richtet die GM und Stabilität seiner Landeswährung. Mit der Verbesserung aller lechnischen Mittel, mit der Ausnutzung der Anlagen, mit der Nationalisierung aller >h"Äen Betriebsmomente, der Herabsetzung des Gewinnanteils l,Warenumsatz, muß eine größte Anspannung aller Arbeits« H «Hand in Hand gehen. Es ist leider nicht wahr, daß iLn, rmden Arbeit sür die deutsche Wirtschaft genügen; der «Mundentag Hut rund einen Ausfall von 3 Milliarden Gold- lz jährlich oder 10 Millionen Goldmark täglich gebracht. lh-I nicht wahr, daß überall in acht Stunden gleichviel pro- werde wie in neun oder zehn Stunden; jede regelmäßig ^»be Mgsch ne, die der Bewachung bedarf, beweist das d,?'"kil, wird bet längerer Benutzung billiger. Es ist nicht >i?L daß längere Arbeit die Gesundheit schädigt, wenn sie lausen richtig eingeteilt ist und ihre Dauer sich nach der lWre der Arbeit bemißt. Es ist vor allem nicht wahr, daß o» und in jedem Gewerbe die gleiche Arbeitszeit angemessen k> ist; die Arbeitgeber verlangen auch nicht einen schema- Zehnftundentag. Es ist salsch, daß die Zahl der Arbcits- I^..nch durch Verlängerung der Arbeitszeit erhöht oder bet Aung sich vermindert. Das vergangene Jahr hat das h« »ml bewiesen und die Verkürzungsgesetze mußten aufgeho- den, weil sie zu teuer waren. Vielmehr bringt die , ^Produktion Verbilligung, Bedarssbefrledigung. "0»K i * brauchen eine Wehrpflicht der Arbeit für die Ge- Arbeitet die Hausfrau nur acht Stunden? Und Nyy ? selbständige Handwerker, Kaufmann oder Geistesarbeiter w acht Stunden so viel schaffen, daß seine Ausgaben an Stoff ersetzt werden und er austauschen kann, was selbst produziert? Sie alle arbeiten viel länger. Was ^lla, - den Einzelhaushalt gilt, das ist auch sür die Gesamt- richtig. Wir müssen sparen und mehr arbeiten, das Indene besser verwalten und mehr Güter erzeugen. kty» Gerade Sachsen bedarf der Verbilligung seiner Produktei kann sich nicht selbst ernähren und muß darum seine ^W^°usjühren, um seine Bevölkerung zu erhalten. Es hat und lange Transportwege gegenüber seiner besser ^l^ Konkurrenz Industrie. Es hat überwiegend eine Ver- El "?d F-rtigindustrie und muß durch den Export auch '""keusch ftiner Rohstoffe ermöglichen, um seine Arbeiter V arbeiten zu lassen. Hast n? Arbeit-, und Produktionsleistung der deutschen Wirt- ? dy^ ? dem Kriege muß nicht nur erreicht werden, sondern s Ziel aller sein, ihren Ertrag wegen der uns durch und seine Folgen auferlegten Lasten auch noch zu " u. Auf der Wirtschaft lasten aber Unkosten, die sie - den NM z» aber daSMatz voll, und ich erAare, daß ich mich^ ^an solcher Verhandlung nicht mHr beteiliget Mit dies«, Worten verließ Dr. SteagleS» seine» PloW worauf der Vorsitzende den StaatSmttvalt Eh ar dl er-1 suchte, die Vertretung der Staatsanwaltschaft z» Übsrneh^ meu. Eha rdt «klärte jedoch, da- sich feine Stellung^ nähme in dies« Sachs «och vordchakte, da er sich znnüchp miti seiner vorgesetzten Behörde in Berbtudung fetzen müsse; al bitte deshalb, die Sitzung z» »nie,-reche». Der^ Vorsitzende rügtedasVerhaHendeSJvsiizratS; Kohl , worauf dieser di« Erllärnug abgah, d<rß er de»f Ersten Staatsanwalt »icht hab« beleidige»' wollen. Im Ramen der Gesamtverteidigung sprach Rechts- anwalt Schramm sein Bedau«»» über das Vor» gehen d«8 Justizrats Kobl a»S. Di« Sitzung! wurde darauf aufmarge» vertagt. Wie verlautet, soll der Prozeß nochvrei Woch«» dauer», da mehr als 200 Ze«^e« gelade» find. Vir Folgen des Zwischenfalles. Die Unterbrechung des München«! Prozesses wie rmS geschrieben wird, unerwartete Folge» hab««. Zu nächst wird der bayerische Inp »zmi»Ist« r -» «Hcheid«^ haben» ob er das Verhcüte« d«S Erst«» GtaatranwalS billigt. Sollte da- der Fall fei», so würde vielleicht er» klärt werde«, daß der Prozeß vor dem Münchener Vollsg«richt nur dann weitergLführt werd«» kan«^ wenn Justizrat Kohl sein Mandat »federlegtzs Würde dann Fuftizrat Kohl sich weigern, dieser Weisung^ zu folge«, so würde das Versah«« di« aus weite«- au», gesetzt werden müflm «nd, da diebayerftch«» Volks» gericht« am A. März zu bep«he» aufhSren^ vor den Staatsgerichtshof in Leipzig gw? langen, wo der ganze. Prozeß von neuem aufgerollt wer-r den müßte. vor dem Kriege in diesem Ausmaße nicht kannte. 3 Milliarden durch verringerte Arbeitsleistung Kraft eines schematischen Acht» stundentages neben vielen anderen preisverteuernden Lasten, wie außerordentlich hohe Steuern und größere Abgaben in der Sozialversicherung. Nicht für den Unternehmer schafft der Arbeiter in ver- längerter Arbeitszeit; er muß sich bewußt sein, daß das Wohl der Arbeitnehmerschaft selbst vom Gedeihen des Betriebes ab- hängl! Sein Unternehmen kann aber nur Erfolg haben, wenn es der Konkurrenz gewachsen ist. Der Arbeiter schafft aber nicht nur für den Betrieb, dem er angehört, er arbeitet sür die Ausrichtung der deutschen Wirtschaft und damit für sich selbst, für die Zukunst seiner Kinder, die dann nicht auszuwandern brauchen, wenn genug Arbeit sür sie wieder da ist. Verkürzte Arbeitszeit ist das Ergebnis einer blühenden Wirtschaft, eine kranke Wirtschaft aber muß ihre Kräfte auf das äußerste aus nutzen, um überhaupt lebensfähig zu sein. Oertliche und sLchstfche Angelegenheit«». — sKIippen im Kaufmannsberuf!) Noch nie ist es so wichtig gewesen bei der Wahi des Berufes für unsere Jugend, alle Sorgfalt walten zu lassen, wie jetzt Der Kampf ums Dasein wird in den vor uns liegenden Jahren außerordentlich schwer sein, und nur der wird ihn bestehen, der einmal für seinen Beruf die erforderliche Fähigkeit besitzt, und zum anderen mit aller Sorgfalt auf seinen Beruf vorbereitet worden ist In keinem anderen Berufe sind aber die Gefahren so groß, wie im Kaufmanns- beruf. Nur allzuleicht ist man geneigt, die Anforde rungen zu unterschätzen, die der Kaufmannsbemf an die körperliche und geistige Fähigkeit derjenigen stellt, die sich ihm widmen, und in keinem anderen Berus ist der gesetzliche Lehrlingrschutz so lückenhaft, wie im Kaufmannsberuf. Aus diesem Grunde ist doppelte Vorsicht notwendig. Der Deutschnationale Handlung« - g Hilfen-Verband (größte und einzige Gewerkschaft männlicher kaufmännischer Angestellten) gibt den El lern oder deren Stellvertretern, wie auch den jungen Leuten über diese Fragen des Kaufmanniberufes kostenlos Auskunft. Ferner ist der Verband in der Lage, Lehrstellen zu vermitteln, die eine gründliche Ausbildung verbürgen. Es kommt bei der Wahl der kaufmännischen Lehrstellen ganz besonders darauf an, daß dem Lehrling eine wirklich kaufmännische Aus bildung unter der Aufsicht eines wirklichen Kaus manns zuteil wird. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, dann besteht die Gefahr, daß er nach been. digler Lehrzeit nicht in der Lage ist, in seinem Be ruf seinen Mann zu stellen. Der Deuischnationale Handlungsgehilfen Verband hat außerdem Musterlehr oerträge herausgegeben, die alle Bestimmungen ent halten, die für einen solchen Vertrag notwendig sind Die Geschäftsstelle des Deutschnattonalen Handlungs gehilfen-Verbandes befindet sich in Zittau, Friedrich straße 22, Geschäftszeit von 10-5 Uhr, in Bautzen, Töpferstraße L3, Geschäftszeit von 10—2 Uhr. — jEisenbahnnotgeld) Durch den Auf ruf des auf Papiermar! lautenden sächsischen Not gelbes sind in der Öffentlichkeit Zweifel aufgetreten, ob auch das Eisenbahnnotgsld hiervon betroffen wird. Zur Beseitigung dieser Zweifel wird darauf hinge wiesen, daß sowohl das auf Papiermark lautende Notgeld (Gutscheins der Reichsbahndirektionen und Papiernotgeld der Reichsbahn) wie das wertbestän dige Eisenbahnnotgeld bis auf weiteres nicht aufge rufen werden und deshalb in Umlauf bleiben auch dann, wenn auf den Scheinen ein bestimmter Ein- iösungstermin genannt ist. Die Einlösung wird recht zeitig und in weitestem Umfange durch die Lages- zeitungen bekannt gegeben worden. — 8. ?. X. jSchuieunkHau».) Dadurch, daß früher an der Spt-e der Schut« ein verantwort» iicher Letter, der Direktor, stand, war »in, segen-reich« Verbindung -wischen SLule und Hau» gegeben. Di« Eltern wußten, daß dort ihr« Wünsche entgrgenge« nommen wurden und ihnen «in« Aurkunst erteilt werden durfte uuf ihr« Fragen. Heute aber dürfen di« Schulleiter nur Anträgen amtlicher Organ« b«ant» warten. Demgegenüber wrhren sich die Stimmen au» Elternkreisen: »Die Bestimmung aufzuheben, daß die Beantwor tung von Anfragen von nicht amtlicher Seit« von der Genehmigung deS ve-irttschulrate- sür de« Schulleiter adhängt. Di« Verantwortung möchte vielmehr in dessen Erw'ssen zu stellen sein und ihm nahe-ulegen, recht fleißig NuZkunft -u erteilen, um den verdacht nicht auskommen ,u lassen, man verschletre den inneren Schulbe»ieb.* Diese Wünsche hat der LandeVoerband der christlichen Elternverein« Sachsens an die zuständigen Stellen wettergegeben. Er sei der Meinung, di« Erfüllung dieser Wünsch« sei geeignet, da» gut« Einvernehm«« zwischen Schul« und Haus »u fördern. So manch«» Anstand» und veschwerdesall werd« dadurch erledigt, ohne daß durch Eingaben eine Verschärfung einttet«. — 8. p. K. (R«ich - «lt « rnta g.) Die gesamt« christliche Elvrnschast Deutschlands hält ihre diesjährig« Reichetagung in der Dkerwoche, vom 22.—2v April 1S24 in Leipzig ab. Al» Redner find Professor O. K-Hl, der bekannt« Pädagog Schulrat B.y r in AuSstLt genommen, sowie al» Feflprediger Landbischof v. Jhmel», U. a. soll ein Dörpfeld Al«nd und religon»- pädagogischer Kongreß mit gehalten werden, auf welch«« u. a. eine Lehrprobe noch der Gaudig-Schul« gezagt wrrden soll. Die Tagung wird unter dem Kennwort de« Elternrechte» stehen Oberlichtenau. l?0 Geburtstag.) Am gestri gen Freitag konnte unser Herr Kirchenpatron, Ritter gutsbesitzer Freiherr Grote, sein 70. Lebensjahr vollenden. Möge dem rüstigen, alten Herrn ein noch langer, sonniger Lebensabend beschieden sein! Bautze«. lHohr« Alter.) Der älteste hefige Einwohnrr, Jakob H ine, Rordstroß« 22, DoHrnbet« am Fr-itoo, den 7. März, sein Sö. Lebentjahr, Freital. (NiLt «ingelöste» Notgeld.) Bon dem Freitaler Notgeld« si d Papiermarkbeträge im Werte von insgesamt 5 881,59 Goldmark nicht wieder zur Einlösung gekommen, sondern in den Händen der Sammler verblieben oder verloren g«. gongen, vielleicht auch, namentlich auch bet den kleinen Scheinen von den Inhabern al» wertlos vernichtet worden. Sächsischer Landtag. Sitzung vom 6. März. Kommuniften-Skandal im Landtage. Ein widcrlichcs Schauspiel bot heute der Landtag. Noch nie ist dergleichen im sächsischen Landtag vorgekommen. Die Kommu nisten dürfen für sich den zweifelhaften Ruhm iu Anspruch nehmen, Regisseure und Darsteller zugleich abgegeben zu haben. Die Sache trug sich folgendermaßen zu: Vor Eintritt in die Tagesordnung machte Präsident Winkler unter Hinweis auf die Geschäftsordnung die beiden in der letzten Sitzung ausgeschlossenen kommunistischen Abgeordneten EUrodt und Zipfel in höflichster Form darauf auf merksam, daß sic im Sitzungssaals nichts zu suchen hätten. Er Predigte tauben Ohren. Die Kommunisten blieben, blieben während zweier Pansen, wichen auch dann nicht, als erst die Hauspolizei und später Poltzeideamte in Zivil sie ausforderten, den Saal zu verlassen. Schließlich betraten uniformierte Polizeibeamte den Saal, holten unter Anwendung von Gewalt die heftig widerstrebenden und von ihren Genoßen umringten beiden Missetäter von ihren Bänken und beförderten sie hinaus. Auf der Tribüne grölten ein paar Kommunisten ob des widerlichen Schauspiels da unten vor Freude. Die linkssoMlistischen Genossen Liebmann und Arzt ließen die Ge legenheit nicht vorübergehen, ohne den kommunistischen „vergewal tigten" Brüdern ihre Sympathien zu bezeugen und den Mitgliedern der Mehrhe t ihrer Fraktion ihre Verachtung ouszudrücken. Arzt schrie u. a.: Das ist ein Skandal! Ihr tiaurigen Brüder seid schuld daran, durch Eure Zustimmung zur Geschäftsordnung! Das sah nicht danach ans, a's ob Links und Rechts innerhalb der sozial demokratischen Partei sich demnächst „verständigen" wollten. 2'/, kost bare Stunden waren inzwischen verloren gegangen durch den kommu nistischen Spektakel. E-st gegen »/,4 Uhr vermochte das Haus an die Erledigung der Tagesordnung heranzutreien. Nachdem zuvor noch ein kommunistischer Antrag abgetehnt worden war, in dem der Rücktritt des Präsidenten auf Verlangen des Landtags gefordert