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Pulsnitzer Wochenblatt 1elegr.-6dr.: Wochenblatt Pulsnitz Erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. 5lmts des ^önigl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Inserate tür denselben lag sind bis vormittags 10-Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf., Lokalpreis 10 pk. Neklame 25 pk. Sei Wiederholungen Nabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungsort ist Pulsnitz. §ernsprecher: Nr. 18. VSZirKS-^NZeigSr und Zeitung Klatt Mit „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft- licher Dsilage" und „§ür löaus und Zerd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins löaus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. > QrritaMz-itt si«v umkassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Dretnig, Zauswalde, Ohorn, Oberstsina, Disder- »»IlUSUtUtt Iul Uc.lt Itlll tog ut ll 11X u 12 lnl) , steina, Weitzbach, Ober- u. Disderlichtenau, ^risdersdork-lhiemendorf, Mittelbach, Srotznaundork, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdork. Druck und Verlag von L. L. §örstsr's Crbsn (Inh.: I. XV. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Dismarckplatz Dr. 265. Verantwortlicher Nedaktsur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Mr. 132. Das Wichtigste. Der Rat zu Dresden hat beschlossen, die Jahr- und Christmärkte vom Altmarkt weg- und hauptsächlich nach dem Neumarkt zu verlegen, auch die Jahr- und Christmärkte künftig vom Postplatz und aus der Umgebung des neuen Rathauses wegzuverlegen. Die nächste Sitzung des Reichstages ist amtlich für den 22. November festgesetzt worden. In Mainz wurde von Vertretern zahlreicher wirt schaftlicher Verbände die Gründung einer Vereinigung zur Bekämpfung des Schmiergelderunwesens beschlossen. Von Danziger Marinekreisen wird angeregt durch eine, freiwillige Nationalsubskription dem Kaiser zu seinem 25jährigen Regierungsjubiläum eine neue Kaiser jacht zur Verfügung zu stellen. Unter dem dringenden Verdachte, die Bluttat an dem Ehepaar Tetzke in Berlin verübt zu haben, wurde der Arbeiter Paul Tippe verhaftet. Seit zwei Tagen herrscht auf der ganzen Ostsee ein außerordentlich starker Schneesturm. Die Küstengebiete sind mit treibendem Eis bedeckt. Die Stadt Eisenach stiftete 28 000 Mark zur Um wandlung des Reuterhauses in ein Reuternational museum. Die Reicbsschulkommission ist unter Vorsitz des Wirkl. Geh. Ober-Regierungsrat Dr. Kelch in Jena zu sammengetreten. Der Kaiser von Rußland ist am Sonnabend abend von Potsdam abgereist und am Sonntag morgen auf Schloß Wolfsgarten eingetroffen. Der holländische Dampfer Gamma ist im Weißen Meere untergegangen. Der Nobelpreis für Physik soll dem Professor van der Waals in Amsterdam zuerteilt werden. Km mm AMiziing der SeM-ruIWen Die soeben in Potsdam stattgefundene Begegnung zwischen dem Kaiser Nikolaus und dem Kaiser Wilhelm hat in der Presse des In- und Auslandes zu sehr vielen Erörterungen über die Bedeutung dieser Zusammenkunft zwischen den Monarchen der beiden großen Nachbarliche gegeben, besonders ist dieser Besuch des Kaisers von Ruß land am deutschen Kaiserhofe den Franzosen und Eng ländern etwas auf die Nerven gefallen, aber man darf wohl sagen, daß diese Monarchenbegegnung keine neue Wendung in der Politik der Großmächte bedeutet, wohl kündet sie aber aufs neue an, daß die traditionelle poli tische Freundschaft zwischen Rußland und Deutschland nach wie vor als ein Grundstein für die auswärtige Po litik Rußlands wie Deutschlands angesehen wird und daß durch die Zusammenkunft der beiden Kaiser in Potsdam diese überlieferte politische Freundschaft eine neue Befesti- gung und Bekundung vor der ganzen Welt erfahren hat. ES sind zumal russische Zeitungen und besonders solche, die von der russischen Regierung inspiriert werden, welche in langen Artikeln diese Anschauung kund geben. Die vom Auswärtigen Amte in Petersburg beeinflußte Zei tung „Rossija" spricht eS sogar offen aus, daß die Pflege dieser freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland so tiefe Wurzeln im russischen wie im deutschen Volke gefaßt habe, daß sie für die Unterhaltung guter Beziehungen zwischen den beiden Nachbarreichen als besser gelte, wie geschriebene Verträge und sonstige Abkommen aus den Gebieten der internationalen Politik. Die „Rossija" spricht sogar von einem solidarischen Zu sammenwirken der russischen und deutschen Regierung in der Zukunft bei der Erhaltung des europäischen Friedens, den nicht nur Rußland und Deutschland, sondern die ganze zivilisierte Welt brauche. Man muß offen gestehen, daß mit dieser Wärme und Entschiedenheit die offiziösen Zeitungen Rußlands noch niemals für die politische Freund schaft zwischen Rußland und Deutschland eingetreten sind, und man darf daher mit Sicherheit annehmen, daß der Kaiser Nikolaus und seine Minister aus vollem Herzen gute und freundschaftliche Beziehungen mit Deutschland Dienslag, den 8. November 1910. wünschen. Die unabhängigen russischen Zeitungen haben allerdings zu der Kaiserbegegnung in Potsdam nicht ge rade so herzliche Artikel gebracht, wie die offiziösen rus sischen Blätter, aber sie geben doch alle zu, daß Rußland und Deutschland durch eine traditionelle politische Freund- schäft verknüpft sind und daß eine Feindschaft oder gar ein Krieg zwischen den beiden Nachbarreichen ein ver brecherischer Wahnsinn wäre. Diese Zeitungen bringen auch noch zum Ausdruck, daß die verantwortlichen Mi nister in Deutschland und Rußland den Zeitpunkt der Monarchenbegegnung sehr glücklich gewählt hätten, um für den allgemeinen Frieden zu wirken und jeden Ge danken an Zank und Streit in den Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland auSzuscheiden. Da der deutsche Kaiser mit den Bundesfürsten und das deutsche Volk in seiner Gesamtheit ebenfalls als höchstes Ziel der auSwär- Ligen deutschen Politik die Erhaltung des Friedens be trachten, so kann die öffentliche Meinung in Deutschland den erwähnten Ausführungen der russischen Zeitungen nur zustimmen, und man kann auch sagen, daß durch die jüngste Kaiserbegegnung die Beziehungen zwischen Ruß land und Deutschland als so vorzüglich angesehen wer den können, wie sie in früherer Zeit nicht waren. Be reits am 9. November wird ja auch Kaiser Wilhelm in Darmstadt schon den Gegenbesuch bei dem dort noch wei lenden russischen Kaiserpaare machen und dieintime Freund schaft zwischen den Herrschern Deutschlands und Rußlands wird dadurch eine neue Bekundung erfahren. OsrMcdss unü Säckslsckss. Pulsnitz. Herr Pastor Schuster ist als Pfarrer nach Plohn mit Röthenbach i. V. gewählt worden. Er wird sein neues Amt demnächst antreten. Pulsnitz. (Wahl eines Abgeordneten zur Bezirksversammlung.) An Stelle des mit Ende dieses Jahres aus dem BezirkSverbande als Abgeordneter ausscheidende Herr Bürgermeister Maultzsch in Elstra fand am Freitag, den 4. d. M., 4 Uhr nachmittags im Gast hofe zum Herrnhaus eine Neuwahl statt. Bei dieser , Wahl wurde als Abgeordneter zur Bezirksversammlung für die Städte Pulsnitz, Königsbrück und Elstra Herr Bürgermeister Leßmann-Königbrück gewählt. Pulsnitz. (Diebstähle.) Mühsam ersparte 28 M wurden am Sonnabend abend nach 8 Uhr dem Haus diener des Gasthofs zum Herrnhaus gestohlen. Ein frem der junger Mann fand sich zu genannter Zeit in des Hausdieners Stube ein, ließ sich aus dem Gastzimmer ein Glas Bier holen und erbrach, während der Hausdie ner mit dem Einheizen der Gesellschaftsstube beschäftigt war, dessen Koffer. Der Fremde war mit dem Gelde ver schwunden, als der Hausdiener wieder zurückkam. Ein ähnlicher Diebstahl ist an demselben Tage in Groß röhrsdorf ausgeführt worden. Daselbst wurde aus dem Automatenkcstchen des elektrischen Klaviers im Gast hof zum grünen Baum der Inhalt vesselben im unge fähren Betrage von 60 M entwendet. In dem Verdacht der Täterschaft steht ein junger Mann, welcher kurz vor her daselbst eingekehrt war, sodann in der großen Gast stube Platz genommen und eine Flasche Wein bestellt hatte. Kein anderer Gast befand sich in diesem Raume, da die übrigen Gäste in der alten Gaststube beisammen saßen. So konnte er sein Vorhaben ungestört ausführen. AIS die Kellnerin, die mittlerweile im Kegelschub kassiert hatte, die Gaststube wieder betrat, war der Fremde ver schwunden und mit ihm der obengenannte Betrag. Er trug dunkle Kleidung. Die am Abend noch angestellten Nachforschungen ergaben kein Resultat. Allem Anschein nach sind beide Diebstähle von ein und derselben Person auSgesührt worden. Pulsnitz. (Bunte Büh n e.) Sonntag, den 13. d. M. findet im Saale des Hotels Schützenhaus ein Gastspiel des unter der Direktion des Herrn Heinemann stehen den Ensembles „Bunte Bühne" statt. Die „Magdebur ger Zeitung" schreibt am 3. Juli folgendes.- 2m„Hofjäger", 3000 Personen fassend, ist die „Bunte Bühn e" des Direktors Heinemann eingezogen. Sie gab Freitag abend die erste Vor stellung und hat sich mit ihr sehr gut eingeführt. Das weibliche Geschlecht ist in ihr mit vertreten, und zwar durch die Sopranistin Gertrud Dorre und die Altistin Grete Dorre, die durch sym pathische Stimmmittel sowohl in den Duetten als auch in gemisch- ten Quartetts sehr gut zu wirken verstehen und ihr gutes Teil zum Gelingen des Ensembles beitragen. Direktor Heinemann hat bei Engagement der Mitglieder seiner Gesellschaft eine sehr sorg fältige Wahl getroffen, jedes einzelne bedeutet in seinem Fach eine tüchtige Kraft; Direktor Heinemann hat sich seinen be 62. Jahrgang. kannten Salonhumor bewahrt, Heinrich Lange, von früher her ebenfalls in gutem Andenken, reißt die Besucher durch seine un verwüstliche sächsische Komik mit sich fort, H. Trautmann weiß besonders durch seine mit verblüffender Natürlichkeit gebotenen Tierstimmenimitationen zu wirken und Paul Göbel ruft durch seine Darbietungen in sächsischer Mundart den lebhaftesten Beifall hervor. Der Opernsänger Linus Uhligist ein mit umfangreicher Stimme ausgestatteter Tenorist; er erzielte mit der Romanze aus der „Afrikanerin" einen durchschlagenden Erfolg Sehr gut spra- chen das gemischte Quartett sowie das Männerquartett an. Die Vorstellung, die noch die beiden erfolgreichen Einakter „Der Posten am Pulverturm" und „Die geschiedene Frau" brachte, wurde durch ein von dem jugendlichen Pianisten A. Hautsch geschickt zusammengestelltes Potpourri „Melodiengarten" eingeleitet. Pulsnitz. (l8JahreZeitungSauSträgerin.) Während des langen Zeitraumes von 18 Jahren hat Frau Kohl in Lichtenberg den Vertrieb des Puls nitzer Wochenblattes für Lichtenberg in der zufriedenstellendsten Weise besorgt und es von 36 Abonnenten aus die stattliche Zahl von 109 gebracht. Wir danken auch an dieser Stelle Frau Kohl, welche ihren Posten an Frau Haase in Lichtenberg abgegeben hat, für ihre gewissenhafte Bestellung und wünschen, daß es auch ihrer Nachfolgerin gelingen möge, sich die Gunst der Lichten berger Abonnenten zu erwerben, damit auch sie ihren Teil zur weiteren Zunahme der Abonnenten des Puls nitzer Wochenblattes beitrage. Die geehrte Einwohner schaft von Lichtenberg wolle Bestellungen auf das Puls- nitzer Wochenblatt von nun an bei Frau Haase bewirken. — Fritz Reuter wurde gestern vor 100 Jahren, am 7. November 1810, geboren. Heute wird dieses großen plattdeutschen Dichters wohl nicht nur in Deutschlands Gauen, sondern überall da gedacht werden, wo Deutsche wohnen, denn Reuters Schöpfungen sind von der selten sten poetischen Kraft und einer Gsstaltungsgabe. die so bedeutend ist, daß sie sich auch in denjenigen Ländern deutscher Zunge Eingang verschafft haben, in denen die plattdeutsche Sprache nicht verstanden wird. Reuters Schöpfungen fußen alle auf der Wirklichkeit, sind von einem sonnigen Humor durchflutet und das ist es, was diese Schöpfungen noch immer jeden Freund einer guten Lektüre in die Hand nehmen läßt, was ihren Schöpfer unvergeßlich bleiben lassen wird. Fritz Reuter wurde in dem mecklenburgischen Städtchen Stavenhagen geboren. Im Jahre 1824 bezog er das Gymnasium zu Friedland und später das zu Parchim. Zu Rostock und Jena wid mete er sich juristischen Studien. In Jena war er ein fescher Burschenschaftler, der eifrig für die damaligen Be strebungen der Burschenschaft eintrat. Dieses sein Ein treten führte aber im Jahre 1833 in Berlin zu seiner Verhaftung. Die Untersuchung gegen ihn dauerte ein volles Jahr und ergab, daß der an sich harmlose Reuter zum Tode verurteilt wurde. König Friedrich Wilhelm Ilk. von Preußen aber begnadigte ihn zu 30jähriger Festungs haft. Nun ging e§ mit ihm aus einer preußischen Festung in die andere, bis endlich Großherzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin eS durchsetzte, daß Reuter in seiner mecklenburgischen Heimat in der Festung Dömitz das Ende seiner Strafe verbüßen durfte. Nach dem Tode Königs Friedrich Wilhelm erhielt er endlich im Jahre 1840 die Freiheit. Reuter ging nun zur Beendigung seiner Stu dien nach Heidelberg, kehrte aber bald dem trockenen juristischen Studium den Rücken. In seiner Heimat bei seinem Vater widmete er sich nun der Landwirtschaft. Als der Vater starb, sah er ein, daß ihn die Landwirt schaft nicht ernähre und so ging er im Jahre 1850 nach Treptow, wo er Unterricht „für 2 Groschen die Stunde" erteilte. Hier entstanden auch seine ersten kleineren Dich tungen. Im Jahre 1856 siedelte er nach Neubrandenburg über und wenige Jahre später im Jahre 1863 nach Eisenach, wo auch am 12. Juni 1874 der Tod ihn ereilte, ihn, den großen plattdeutschen Dichter, der gestern vor 100 Jahren geboren wurde. — Die Laufbahn der Kap ttu lanten°Un- teroffiziere ist in den letzten Jahren eine recht gün stige geworden; ihnen winkt nicht nur, wie bekannt, der Zivilversorgungsschein, auch im Soldatenleben hat sich nach den neuen Bestimmungen manches geändert und verbessert. Seit dem letzten Geburtstage des obersten Kriegsherrn datieren auch, wie erinnerlich sein wird, die neuen Urlaubs-Bestimmungen für die Unteroffiziere. Im bürgerlichen Amtsleben winkt ihnen so manche gute Stelle, die von anderen Aspiranten nicht so leicht erlangt wird. Bei den einzelnen Regimentern findet jetzt auch eine besondere Vorbildung der Kapitulanten-Unteroffiziere für den späteren Berus statt.