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Nr. 122. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 15. Oktober 1910. Seite 2. Fschr. ver Stavtrat. vr. Michael, Bürgermeister. 8 9. Denjenigen Gewerbetreibenden, welche innerhalb deS KammerbezirkS gleichzeitig ein Handelsgewerbe im Sinne von ZZ 1 und 2 des Handelsgesetzbuchs Handwerk betreiben und im übrigen den Vorschriften der 88 7 und 8 genügen, steht das Recht der Entscheidung darüber zu, ob sie zur Handelskammer oder zur kammer berechtigt sein wollen. Die Erklärung hierüber ist vor der Wahl der zuständigen Kammer, spätestens aber bei der Urwahl dem Wahlleiter gegenüber abzugeben, sie ist bindend für tragSpflicht auf die Dauer der Wahlperiode, für welche sie abgegeben wird. Der Wiederholung der einmaligen Erklärung vor jeder Wahl bedarf es nicht. Unterbleibt diese Erklärung überhaupt, so gehört der betreffende Gewerbetreibende bis zur nächsten Wahl der Gewerbekammer an. 8 10. Das Wahlrecht kann nur in Person und nur durch Stimmzettel ausgeübt werden. Eine Vertretung findet statt: 1. für juristische Personen durch einen ihrer gesetzlichen Vertreter; 2. für staatliche oder Gemeindebetriebe und Betriebe von Gemeinoeverbänden durch deren Leiter oder einen von der zuständigen Behörde bestimmten Bevollmm 3. für Zweigniederlassungen, deren Hauptniederlassung nicht zum Kammerbezirke gehört, durch ihren Inhaber oder durch einen besonders bestellten Bevollmw 4. für Personen, die im Sinne deS Bürgerlichen Gesetzbucks geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, durch ihren gesetzlichen Vertreter. Weibliche Personen sind berechtigt, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Niemand kann das Wahlrecht in demselben Kammerbezirke mehrfach ausüben. 8 11. Von Ausübung d-S Wahlrechts sind ausgeschlossen: 1. diejenigen Personen, welche aus den in 8 44 Absatz 1 unter a bis § der Revidierten Städteordnung beziehentlich auS den im Z 35 Absatz 1 unter a bst Revidierten Landgemeindeordnung angegebenen Gründen von Ausübung des Stimmrechts bei Gemeindewahlen ausgeschlossen sind; 2. Personen, bezüglich deren der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens wegen ungenügender Konkursmasse abgelehnt worden ist, solange sie in bei 8 107 Absatz 2 der Konkursordnung vom Gerichte zu führenden Verzeichnisse eingetragen sind Die auf das 2. Halbjahr 1910 am 30. September fälligen , Staats- und Hemeindeaögaöen sind spätestens bis zum 2t. Oktober dieses Zabres wochentags in der Zeit von vormittags 8 bis 12 Udr an die hiesige Stadtsteuereinnahme abzuführen.' Pulsnitz, am 14. Oktober 1910. VelillMtmaWiig. Ausstellung von Wandergewerbescheinen betreffend. Diejenigen Gewerbetreibenden, welche schon zum Beginne des Jahres 1911 ihrem Gewerbebetriebe im Umyerziehen nachzugehen beabsichtigen, werden hiermit aufge fordert, die Anmeldungen bei dem unterzeichneten Stadtrate bereits jetzt zu bewirken. Im Unterlassungsfalls würden sie sich die durch Verzögerung in der Ausstellung der Wandergewerbescheine eintretenden Nachteile lediglich selbst zuzuschreiben haben. Pulsnitz, am 15. Oktober 1910 vsr Stavtrat. l)r. Michael, Bürgermeister. H. Bei dem unterzeichneten Stadtrate ist eine Lohn s chreiöerstette frei geworden, welche sofort neu zu besetzen ist. Bewerber mit guter Schulbildung und schöner Handschrift, sicher in der Rechtschreibung und stenographiekundig wollen ihre Gesuche daher umgehend anher einreichen. Pulsnitz, 15. Oktober 1910. Oer Stavtrat. l)r. Michael, Bürgermeister. Auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück gelangen nachgenannte Hölzer an Ort und Stelle zur Versteigerung: (Donlag, von 24. Oktober 1910, Zusammenkunft vormittags r/,9 Uhr im Sinkwitz'schen Gasthofe in Schmorkau ca. 25 rm kieferne Brennscheite und gespaltene Brennknüppel, > aufgebreitet in „ 25 „ „ geschälte Brennknüppel, ! der Nähe von „ 230 „ „ Zacken und Aeste, I Schmorkau , 50 kieferne Langhaufen I. bis IV. Klaffe, sowie 116 Parzellen 20—60 jähr. Kiefernbestand von »/i—1 da Größe zwischen Otterschütz und Schmorkau gelegen. Dienstag, den 25. Oktober 1910, Zusammenkunft vormittags 9 Uhr an der alten Ziegelei Schwepnitz: 45 Parzellen 20—60 jähr. Kiefernbestand mit der Bodenstreu von 1/4—»/, ka Größe, Schneisen und Flügel zwischen Schwepnitz-Cosel-ZeiSholz, sowie ca. 20 rm kieferne Aeste und ca. 50 kieferne Langhaufen III und IV. Klaffe, aufbereitet in der Nähe von Zeisholz. Mitttvocd, von 26. Oktober 1910, Zusammenkunft vormittags 9 Uhr am alten Forsthause Otterschütz: ca. 25 rm harte und 5 rm weiche Brennscheite, „ 26 „ weiche Brennknüppel, davon 6 rm geschält, 20 rm gespalten, „ 26 „ harte Zacken und Aeste, „ 200 „ weiche „ „ 50 harte und 120 weiche Langhaufen l.—IV. Klaffe und „ 15 rm kieferne Stöcke aufbereitet bei Krakau u-d Zochau, sowie am alten Forsthause Otterschütz. ^ünlgl. §orstvsrwattung unv Sarnison-Vsrwaltung ^r-pt. Königsbrück. Aas Wichtigst«. Die Nationallibcralen verzichten auf den Posten eines Vizepräsidenten des Reichstags, da sie in diesem Reichstagspräsidium nicht vertreten sein wollen. Es ist geplant, drei große Naturschutzparks in Deutsch land zu schaffen, und zwar im Alpengebiet, in Mittel deutschland und in der Lüneburger Heide. Beim Kentern eines Bootes des Kanonenbootes „Panther" sind in Kamerun ertrunken die Ober maschinistenmaate Ehrenberg und Renner, die Ma schinistenmaate Müller und Franke, der Wachtmeister maat Zimmermann und der Matrose Wilde. In Paris und in der Provinz haben viele französische Eisenbahner die Arbeit wieder ausgenommen. Die Lage hat sich erheblich gebessert. Der serbische Kronprinz ist an Typhus erkrankt. Die dänische Bark „Prinzessin Marie" ist auf der Reise nach Südaustralien mit 14 Mann Besatzung untergegangen. In Peking haben 13 Banken Konkurs gemacht. Auf Jamaika haben Ueberschwemmungen stattgefunden, die großen Schaden anrichteten. Auf der Insel Kuba zerstörte ein Orkan zwei Städte. Viele Menschen sollen dabei umgekommen sein. Der bisherige portugiesische Gesandte in Berlin lehnt es ab, der Republik zu dienen und auf seinen Ber liner Posten zurückzukehren. Infolge schweren Unwetters an der englischen Küste sind die englischen Dampfer „Heathfield" und „Crawford" untergegangen. 36 Personen sind er trunken. Politische Wochenschau. In der ernsten Zeit gab es in der Reichshauptstadt einige Tage, welche fröhlichem Gedenken gewidmet waren: Die Hundertjahrfeier der Berliner Universität. Es han delt sich allerdings um keine politische Feier, immerhin aber hat es an gewissen politischen Begleiterscheinungen nicht gefehlt und auch sonst waren einige Momente zu verzeichnen, die es wert sind, auch an dieser Stelle her vorgehoben zu werden. In Sonderheit hat der Kaiser die Gelegenheit nicht verabsäumt, in einer genau fixierten Rede seine Anschauungen über das UniversitätSwejen nieder zulegen, da anzunehmen ist, daß der allgemeine Inhalt dieser Rede sich nichtbloßausdie BerlinerFeierbezogen hat.Derganze Inhalt der kaiserlichen Rede war allenthalben sympathisch aus genommen worden, insbesondere kann es begrüßt werden, daß gerade von Wilhelm II. aus die Anregung zu einer Institution gegeben worden ist, welche für unsere gesamte wissenschaftliche Forschung und die sich aus ihr ergebende Nutzanwendung von weittragender Bedeutung sein kann. Erfreulich ist eS auch, daß bei der Stiftung des Zshn- millionenfondS gerade die Kreise der Industrie und der Finanz es sind, welche opfermuttg in die Bresche ge sprungen sind, und es ist keineswegs anzunehmen, daß bei der Mehrheit von ihnen sogenannte „Knopfloch schmerzen" maßgebend gewesen sind. Aber selbst, wenn es hie und da der Fall sein sollte, so verliert die Spende dadurch keineswegs an Wert, sie ist für einen überaus segensreichen Zweck ausgegeben worden und das ist schließ lich die Hauptsache. In der illustren Gesellschaft von Gelehrten der gesamten Welt, welche durch ihr zahlreiches Erscheinen zeigen wollten, welchen Ansehens sich allent halben die größte deutsche Universität und vor allem die deutsche Wissenschaft erfreut, war auch jener Philosoph im „Mtnisterfrack" erschienen, der jetzt der oberste Beamte im Deutschen Reiche ist, Herr von Bethmann Hollweg. Der Kanzler hielt bei dem Bankett eine Rede, die gleich falls ungeteilten Beifall finden muß, und die zeigt, daß doch eigentlich zwei Seelen in der Brust des Kanzlers wohnen. ES war ein überaus treffliches Wort, welches der Kanzler sagte: „Wer immer und auf welchem Ge biete es sei, um den geistigen Fortschritt ringt, schafft politisch mit an der Größe der Nation." Diese Tentenz und die Erinnerung an den Ausspruch Wilhelm v. Hum boldts über den „freien und humanen Geist", in welchem die Wissenschaft gefördert werden soll, klingr doch etwas anders als die Reden, welche man sonst von Herrn von Bethmann Hollweg, namentlich vom Ministertische im Parlament aus, zu hören bekommt. Von der Frei heit der Wissenschaft sprach bei dieser Gelegenheit auch einer der hervorragendsten Gelehrten, eine Zierde der deutschen Wissenschaft, Herr von Wilamowitz, dessen Aus führungen stürmischen Beifall ernteten. Er wandte sich namentlich, wenn auch nicht direkt, so doch zwischen den Zeilen sehr deutlich lesbar, gegen eine etwaige Bevor mundung der Wissenschaft unter Betonung der Notwen digkeit der Möglichkeit freier Forschung. Man weiß, daß eS unter einigen preußischen Kultusministern an Schikanen gegenüber Universitäten und Professoren nicht gefehlt hat, und eS wäre ein erfreuliches Ergebnis der Berliner Uni versitätsjubeltage, wenn derartige Vorkommnisse sich in Preußen nicht wiederholen würden. Im übrigen zeigten die Festlichkeiten ein schönes Band zwischen allen Gauen des deutschen Vaterlandes. Ost und West, Nord und Süd waren vertreten, ja, der künftige bayerische Thron folger selbst, der vor einigen Jahren an der Berliner ^Ima maier studiert hatte, war zu den Festlichkeiten er- schienen, an denen er den regsten Anteil nahm und da mit zeigte, wie es auch in geistiger Hinsicht die Mainlinie nicht mehr gibt. Frohe Feste, saure Wochen — kann man einmal auch umgekehrt sagen. Unsere Minister sind nun sämtlich zurück, und die Arbeit für die Winterkampagne drängt gar sehr. Angenehme Zeiten stehen den Herren von der Regierung kaum bevor. Noch immer ist der Zündstoff auf innerpolitischem Gebiete gehäuft, und es wird vieler Mühe bedürfen, um den Brand zu bezwingen, wenn eS überhaupt in absehbarer Zeit möglich sein wird, ihn zu löschen. In ungefähr 4 Wochen wird der Reichstag wie der zusammentreten und man wird dort nicht verfehlen, einige Anfragen an Herrn von Bethmann Hollweg zu richten über das, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat und das nicht immer erfreulicher Natur war. Wenig angenehme Zeiten stehen also Herrn von Bethmann Holl weg bevor. Besser hat es voraussichtlich der neue Staats-