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Nr. 151. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 22. Dezember 1910. Seite 6. nominelle Komandierung zum Seebataillon nicht mehr ve lassen. In den Jahren 1906 und 1907 unternahm er verschiedene Expeditionen in das Hinterland von Ka merun, das er damit dem Handel erschloß. Eine herbe Kränkung widerfuhr ihm bald darauf im Reichstage: auch gegen ihn wurde der Vorwurf grausamer Handlungen an Eingeborenen erhoben. Dominik, der mittlerweile — im Jahre 1904 — zum Hauptmann befördert worden war, ging jedoch vollkommen rein aus der angeordnsten Untersuchung hervor. Auch das Kolonialamt selbst er- kannte, daß dem Geschmähten eine Rechtfertigung zu,eil werden müsse. So wurde er zum Bezirksamtmann von Jaunda ernannt. Am letzten Geburtstage des Kaisers erhielt er den Charakter als Major. —- Literatur Mein Aochbuch. Zuverlässiger Ratgeber für die vegeta rische Küche. 485 langjährig erprobte und bewährte Original- Rezepte. Von Margarete Sohr mann. In Leinen. 180 Seiten Oktav. Preis M 1.50. Verlag von Friedrich Ader, Dresden-A. 1. Man glaubt keiner Erfahrung, bis man sie nicht selbst gemacht hat. So gehts auch uns Hausfrauen mit der vegetarischen Küche, von der wir meist mit etwas Geringschätzung reden, weil wir uns nicht eingehender damit beschäftigt haben und ihre Vorteile daher nicht kennen. Wir sind an unsere Fleischspeisen so gewöhnt, daß wir es nicht verstehen, wie man ohne diese auskommen soll. Und doch zeigt die Erfahrung, welche immer die beste Lehrmeisterin war und der Verfasserin das vorstehend bezeichnete Kochbuch in die Feder diktiert hat, daß die Sache sehr wohl möglich ist und daß man auch lediglich aus Pflanzenstoffen ganz vortreffliche Speisen Herstellen kann. Man vergegenwärtige sich nur, welch eine un° «pdliche Fülle von eßbaren Früchten und Gemüsen uns die Natur zur Verfügung stellt und lerne dann aus unserem Kochbuch, wie sich die Naturerzeugnisse von der Hand einer geschickten Köchin in die schmackhaftesten Speisen verwandeln lassen, ohne dazu der immer teuerer werdenden verschiedenen Arten von Fleisch zu be dürfen. Was dem vorliegenden Buche den größten Vorzug ver leiht, ist der Umstand, daß die Verfasserin Margarete Sohrmann selbst ein vegetarisches Speisehaus führt und den Lesern also nur durchgeprobte Rezepte und Kochvorschriften bietet. Und ich kann sagen, daß ich nach den Proben, welche ich an der Hand derselben ausgefübrt, das Kochbuch allen Schwestern im Haus- und Küchen- amc nur aufs wärmste empfehlen kann, umsomehr als alle Vor schriften in einfacher, klarer und gemeinverständlicher Sprache ge geben sind. Frau Rektor Velten, Dresden-Laubegast. Als ein sehr lehrreiches, nützliches, brauchbares und überaus billiges (nur 60 Pf. kostendes) Werk erschien soeben der „Säch- sische Vaterlands Atlas", bearbeitet und im Selbstverläge her- ausgegebm von Bruno Krause, Lehrer an der 5. Bezirks schute zu Dresden. — Der Inhalt ist ein sehr reichhaltiger, außer ordentlich vielseitiger und anregender. Es finden sich folgende Karlen vor: Das Spaargsbirge. Die physikalische Karte Sachsen-. Die geologische Karte. Die jährliche Niederschlagsmenge. Die Wärmeverteilung. Die Flußgebiete. Die Bodenbenutzung. Die Gewerbe. Die Landstraßen. Die Eisenbahnen. Die geschichtliche Entwicklung Sachsens. Die Verwaltungsgebicte. Das Sprach gebiet der Wenden. Die Bolksgedichte. Die Militär-Standorte. Das Königreich Sachsen als ein Teil des Deutschen Reiches. Jede Karte ist durch einen erläuternden Tert vervollständigt. Die ge nannten Karten wollen das gründliche Erfassen des Vaterlandes nach seinen vielseitigen Beziehungen ermitteln. Dieser wirklich ausgezeichnete und äußerst billige Sächsische Vaterlands-Atlas kann sowohl Kindern als auch Erwachsenen überaus reichen Nutzen ge> währen, und es ist nur zu wünschen, daß er in jener Familie Sachsens Eingang findet, um durch das Vertrautwerden mit dem Vaterlande auch die Liebe zu demselben zu fördern. Man kann mit gutem Gewissen für eine möglichst allseitige Anschaffung, Ver wendung und Weiterempfehlung dieses Werkes im amtlichen und privaten Wirkungskreise voll und ganz eintreten; ja es erscheint uns geradezu als eine angenehme Pflicht, unsern Leserkreis mit solch einem vorzüglichen und billigen Bildungsmittel bekannt zu machen, denn die Bemessung eines so außergewöhnlich niedrigen Preises geschah nur in der zuversichtlichen Hoffnung des Verfassers auf eine allgemeine Einführung in den Schulen Sachsens. Volks-Mliotyek Mimi! LLL feiertagegu ten Lesestoff haben Will, der leihe sich aus der Volks bibliothek Bücher. Geöffnet: Sonnabend, den 24. Dez. 2—3 Uhr nachmittags — alte Schule. Vorsichtig mit der JaMmte umgehen. jK. Unsägliches Unglück hat oft schon die Sorg' losigkeit, um nicht zu sagen, die Leichtfertigkeit zur Folge gehabt, mit der Jäger ihre geladenen Gewehre behandeln Vor materiellen Schaden sucht man sich zwar durch Ver sicherungen gegen Unfall oder Haftpflicht zu decken. Bei grober Fahrlässigkeit ersetzen aber auch dann die meisten Gesellschaften den Schaden nicht. So lag ein Fall, mit dem sich das Reichsgericht kürzlich beschäftigte. Der Erblasser der Kläger war bet der Baseler Lebens- vecsicherungsgesellfchaft zu Basel gegen Unfall versichert. Eines TageS kam er dadurch ums Leben, daß seine Jagd flinte, welche er tags zuvor nach Rückkehr von einer Entenjagd auf dem Flur seines Wohnhauses aufgehängt hatte, während er sie vom Haken herunlernahm und der neben ihm stehenden Dienstmagd zum Fortbringen über geben wollte, sich entlud und ihn tödlich in der Brust verwundete. Die beklagte Gesellschaft lehnte nach Z 2 der Vers.-Bedtngungen die Zahlung der Versicherungs-Summe ab, weil der Verstorbene durch eigenes grobes Ver- schulden den Unfall veranlaßt habe. Die auf Zahlung von 20 000 Mk. gerichtete Klage wurde vom Landgericht und Oberlandesgericht Kiel abgewiefen. Die Revision hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen interessiert: Die Revision wirst dem Berufungsrichter vor, den Rechts begriff des groben Verschuldens verkannt zu haben. In dem angegriffenen Urteile ist auf Grund der Beweis aufnahme festgestellt, daß der Erblasser der Kläger sein Jagdgewehr in geladenem Zustande aus dem Flur seines Wohnhauses aufgehängt und daß er am folgenden Tage das geladene Gewehr, während er eS vom Haken herab nahm, mit der Mündung auf seinen Körper gerichtet hat; ob er die Flinte für geladen oder entladen gehalten hat, ist dahin gestellt geblieben. Die Revision rügt, daß dem Gelöteten für den Fall, daß er das Gewehr für entladen gehalten habe, ein grobes Verschulden zu Unrecht zur Last gelegt sei. Die Rüge geht indessen fehl; denn auch für diesen Fall ist da« Vorliegen groben Verschuldens ausreichend begründet, indem der Berufungsrichter aus- führt: „Dieses Aufhängen einer geladenen Flinte aus der HauSdiele stellt ein grobes Verschulden dar, dies auch dann, wenn S. die Flinte für entladen gehalten hat, denn er hat sie dann nicht mit der Aufmerksamkeit, die von jedem Jäger unter allen Umständen be- obachtet werden muß, daraufhin geprüit, ob sie geladen war oder nicht' und weiter: „S hat bei der Wegnahme der Flinte grobfahrlässig gehandelt, denn er durfte die Flinte nicht mit dem Lauf gegen seinen Körper halten, wenn er sich nicht vorher mit voller Sicherheit davon überzeugt hatte, daß sie nicht geladen war.' Diese Begründung läßt erkennen, daß der BrufungSrichter über den Begriff des groben Verschuldens als einer be sonders schweren Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sich nicht im Irrtum befunden hat; da auch gegen seine Anwendung dieses Begriffes auf die festge stellten Tatsachen begründete Bedenken nicht obwalten, so war wie geschehen, die Revistion zurückzuweisen (Urteil des R.-G. VII 590/1909 vom 14, Oktober 10.) Wettervorhersage der Kgl. S. Landeswetterwarte zu Dresden. Freitag, den 23. Dezember 1910. Süd-Ost-Wind, heiter, kalt trocken. Magdeburger Wettervorhersage. Freitag, den 23. Dezember 1910- Ein wenig kälter, aber noch immer gelinde, wechselnd bewölkt, zeit weise heiter, etwas Niederschläge in Schauern. V^o nickt erkältlick Svende men sick wegen kekanntxabe ein Verkaufsstelle direkt an Otto flüzer, l.ockwitrZrunä-Oresäen und koäenbsck s. ki. vsrlinsr Getreidebörse. Auf höheres Newyock und auf Deckungen war der Weizenmarkt heute befestigt, Roggen war dagegen ver nachlässigt und eher etwa? adgeschwächt, da niedrigere russische Offerten varlagen. Hafer war still und ziemlich gut behauptet. Mais und Gerste fest. Mehl still. Rüböl etwas lebhafter, im Kurse aber wenig verändert. MredttcdK Nackricktsn. Pulsnitz. Sonnabend, den 24. Dezember: 5 Uhr ChrtstveSper Pastor Resch. Sonntag, den 25. Dezember, 1. WeihnachtSfeiertag: '/,9 Uhr Beichte . 9 „ Predigt (Luc. 2, 1-14) jMarrer Schulze. 5 „ Liturgischer Gottesdienst (Tixte an den Kir- chcntüren) Pastor Resch. Montag, den 26. Dezember, 2. WeihnachtSfeiertag r r/g9 Uhr Reichte . 9 „ Predigt (Luc. 2, 15—20 jMarrer Schulze. An beiden Feiertagen w.rd eine Kollekte für die hiesige Gemsindediakonte gesammelt weiden. Amtswoche: Pastor Resch. Donnerstag, den 29. Dezember: ^9 Uhr Bibelstunde in der Schule zu FriederSdorf. SrotznaundQrl. Sonnabend, den 24. Dezember: 5 Uhr ChrtstveSper für Erwachsene und Kinder. „Aeup«l>qi«»n! Der Kern war sqön, groß, ewig, un vergeßlich." »Ihr Leben hier erscheint mir viel schöner und reicher, Sie haben ja alle«, wa« einen Menschen glücklich machen kann." „Daß auch Sie so oberflächlich urteilen könnten, hätte ich nicht gedacht!" „Wenn man wie ich stet« in drückenden Verhältnissen leben, für Geld arbeiten muß, überschätzt man vielleicht den Wert de» Reichtum«. Immerhin besitzen Sie alle« mühelo«, wonach wir anderen voller Oual — und doch meist vergeblich ringen." „Ich habe nicht« — außer meinem Kinde. Durchschauten Sie da« nicht längst? Mein« Ehe war ein Geschäfttvertrag— so ist sie geblieben. Meine Mutter und ich essen eigentlich da» Gnadenbrot hier. Ich habe über nicht» zu verfügen, der ge ringste Diener besitzt mehr Rechte al» ich, er kann wenigsten» geh n, wenn er will. Ich muß bleiben. Die reinste Leibeigen schaft!' Er lacht« bitt«r auf. S«in Lachen tat Nadine weh. Trotzdem konnte sie sich «in« leichten Ungeduld nicht erwehren. Warum ließ Georg sich in diese Verhältnisse hinrinschirben, warum brmeisterte er sie dann nicht wenigsten»? „Ein Schwächling ist er," hatte Norbert einmal von ihm gesagt. Damal« hatte sie den Angegriffenen leidenschaftlich ver teidigt. Ob sie da« jetzt wohl wieder täte? „Ich bekam heute früh ein« erfreuliche Nachricht," versuchte sie da« gefährliche Ge spräch in ein andere« Geleis« zu lenken. Er fuhr au« seinen schwermütigen Gedanken auf. „Wa« hörten Sie denn?' „Norbert schrieb mir, daß mein« kleine,Landschaft für d«n „Solon" angenommen worden ist." Georg zog die Stirn in Falten. „Korrespondieren Sie mit Norbert?" fragt« «r unang«nehm berührt. „Ja — warum auch nicht? Er ist fast d«r einzig« Mensch zn Pari«, der mir wirklich nahe steht." Er nagte an sein« Lippe. „Weiß Norbert, daß ich und der Graf Lehmin eine Person sind?" „Nein." Nadine sah ihm fest in d e Augen. „Werhalb sollte ich da« schreiben? E» würde Norbert beunruhigen." „Wa« geht ihn da« an?" „Er empflnvri Teflnayme an memem Geschick. Da« ist krin Wunder, denn er war r« der mich an einem furchtbaren Tage in Pari« vor Schlimmem bewahrte." Georg erblaßte. „Wann war da«?" „Vor vier Jahren." „Kurz nach meiner Hochzeit?" „Ungefähr um diese Zeit wird e« wohl gewesen sein." Er versucht« ihr«n Blick aufzufang«», aber Nadine sah mit gerunzelten Braunen gerade vor sich hin. „Die Hitze in Pari« war furchtbar damals," sagte sie endlich. „Meine Nerven «trugen die Qual nicht länger. lieber» arbeitet, müde, hoffnungrlo» war ich, vor allem graute mir, alle« widerte mich an, erregte mir Mitleid oder Abscheu. Krank war ich auch, sonst hätte ich meiner Verzweiflung nicht so nach geben können." „Arme Nadine!" sagte er weich. Also war da« Bild, da« wie eine entsetzliche Vision an seinem Hochzeitstage vor ihm austauchte, doch Wahrheit gewesen? Sie irrte wirklich in jener Zeit lebentmüde, verzweifelt in d«n sengend heißen Straßen von Pari« herum, mit furchtbaren Ent- schlüffen ringend! Er hätte vor ihr niederknien, sie in seine Arme ziehen und um Verzeihung bitten mögen. Sie la« seine reuigen Gefühle in seinen Blicken und zuckt« ein wenig spöttisch di« Achs«ln. „Jetzt brauch«» sie mich nicht m«hr zu brdauern. Da« ist alle« überwunden. Norbert nahm sich meiner tatkräftig an, und an seiner Frische, seinem mutigen Beispiel hab« ich mich aufgerichtrt, mich meiner Schwäche schä men gelernt." „Norbert liebt Sie?" „Ja." „Sagte « e« Ihnen?" „Schon sehr oft." ,Und Sie?" „Ich konnte mich noch nicht entschließen, seine Frau zu werden." Georg atmete auf. „Wenn Ihnen an meinem Rat etwa« liegt, so heiraten Sie ihn nicht — niemal«!" brach er lo«. „Hören Sie auf mich. Eine Ehe ohne Liebe, ohne seelische Ge meinschaft, ist herabwürdigend. Jeder sittliche Fortschritt, de» man «strebt, besteht nur darin, daß man immer tiefer, völliger schweigen tum. Da« ist, al« ob man läglich im Schweiß« seine« Angesicht« «inen Ack« bearbeiten solle, aber nicht, um ihn fruchtbar, sondern um ihn immer unfruchtbar« zu machen. Frei lich — Sie und Norbert hätten ein Bindeglied — die Kunst. Aber trotzdem —" Er starrte mit so finsteren Augen vor fi-h hin, daß e« Na- dine fast unheimlich wurde. „Vorläufig ist von Heiraten gar keine Rede," sagte sie mit erzwungen leichtem Ton. „Wir haben nicht« l" „Sie denken sehr nüchtern. Diese Alltag«wei«hrit paßt gar nicht zu der Poesie Ihre« Erscheinung. Ich freue mich darauf, Sie im Ballkleid zu sehen. Da« wird «in künstlich« Genuß für mich sein. Hier geht ja alle« zu Grunde in mir, weil jede Anregung, jede« Verständni«, jede Anerkennung fehlt. Da« aber braucht der Künstler, wenn er schaffen will. — Doch genug, Eie wissen wohl noch gar nicht, daß wir auf meinen Wunsch nun doch zu dem vielbesprochenen Gartenfest bei Roch litzen« fahren?" „Hätten Sie lieb« nicht daraus bestanden. Wenn di« Gräfin die Fahrt nicht gern sieht —" „Wa» kümmert mich da»! I« mehr ich nachgebe, um so ärger wird die Sklaverei. Kommen Sie jetzt, wir vollen di« schöne NachmittagSbeleuchtung benützen und im Kiefernwald« skizzieren. Bubi geht mit. Dem kleinen Schelm ist Waldluft grsund, er ist mir immer noch zu blaß." Nadine war einverstanden, denn sie wollte soviel al» mög lich skizzieren. Sie gingen daher bald darauf dem Walde zu. Anne-Marie beobachtete von ihrem Sofaplatz au» durch da« Fenster den Abmarsch de« kleinen Zuge«. Voran ging Nadine, welche Jobst, der stolz wie ein kl«iner König in seinem Sport wägelchen saß, vor sich herschob, hinter ihr Georg, der ihr und sein Skizzenbuch, Schaufel und Hacke de« Kleinen trug. Alle drei lachten und sprachen zusammen. Anne-Marie sah auch, wie Jobst Nadin« di« Aermchen rntg«g«nstrecktr, wi, di«se sich dann über da« Kind beugte, um e« zu küssen. Ein« unange nehme Empfindung durchzuckt« Anne-Mar» bei diesem Anblick. Entwandte dies« Fremd« ihr da» H«rz ihr«» Kindel? (Fortsetzung folgt.)