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Nr 112. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 22. September 1910. Seite 3. Statutenbestimmungen der Partei zu vereinbaren sei, in dmen das Aufschlußverfahren ganz genau festgelegt ist. Rosa Luxemburg kritisiert die große Rede des Abg. Frank auf das abfälligste. Die badischen Genossen hätten im Landtage nichts als Lapalien errungen. Als ihre Rede zeit von 10 Minuten vorüber ist, beginnt sie einen längeren Handel mit dem Vorsitzenden, indem sie weitere 20 Min. Redezeit fordert. Trotz der wachsenden Unruhe und der Entrüstungsrufe will Rednerin weiter sprechen. Die hef tigen Schlußrufe veranlassen sie schließlich, ihren Platz zu verlaffen. Heilmann-Stuttgart bestreitet, daß die Budget frage eine prinzipielle sei, wenn sie da? wäre, so müßte sie doch vor die Internationale kommen. Der nächste Redner Or. Quark-Frankfurt a. M. spricht in vermitteln dem Sinne. Er sei der Meinung, daß die Badenser den Nürnberger Beschluß überhaupt nicht verletzt hätten. Re dakteur Quessel-Darmstadt erklärt, wenn der Antrag des Partetvorstandes zur Annahme gelange, dann wäre man in Süddeutschland genötigt ihn zu brechen. Abg. Ledcbour- Berlin meint, wenn die Badenser wiederum das Budget bewilligen sollten, dann werde man wissen, daß ihre Be rufung auf den Nürnberger Parteitagsbeschluß ein fauler Schwindel sei. Abg. l)r. David bezeichnet den Antrag Zubeil und Genossen als schlimmer als die Todesstrafe und warnt vor Annahme des Antrages, da es sonst zweifellos zu einer Spaltung in der Partei kommen müsse. Droner-Elberfeld erklärt es für dringend notwen dig, die badischen Budgetbewilliger aus der Partei aus zuschließen. Wenn sie nicht freiwillig gingen, dann werde dies zweifellos auf dem nächsten Parteitag geschehen müssen. Bayerischer Landtagsabg. Müller-München führt aus, daß die Bayern unmöglich sich verpflichten könnten, das Budget in ihrem La dtag dauernd abzulehnen, sie würden sich damit nur der Lächerlichkeit preisgebcn. Darauf wird die Debatte auf 3 Uhr nachmittags vertagt. Mesterreich-Ungarn. Wien, 20. September. (Kaiser WilhelminWien.) Um 9>/, Uhr traf Kaiser Wilhelm von der Jagd aus Ungarn auf dem Bahnhofe Hetzendorf ein. Auf dem Bahnhofe hatten sich Kaiser Franz Josef, sämtliche Erzherzöge, sowie Vertreter der Zivil- und Militär behörden eingefunden. Die Begrüßung war überaus herz lich. Beide Monarchen umarmten und küßten sich dreimal. Darauf hielten sie sich noch einen Moment bei den Händen. Kaiser Wilhelm sah prächtig aus und war sichtlich sehr erfreut über den Empfang. Hierauf begrüßte er alle Erz herzöge überaus herzlich durch Handschlag. Beide Monarchen begaben sich darauf im Galawagen nach Schloß Schön brunn, wo die Erzherzoginnen, sowie die Gemahlin des Thronfolgers, Fürstin Hohenberg, Kaiser Wilhelm erwarten. Der Kaiser küßte den Damen galant die Hand und zog sich darauf in seine Zimmer zurück. Kurze Zeit darauf empfing der Kaiser den Minister des Auswärtigen, Graf Aehrenthal, sowie den österreichischen Ministerpräsidenten, Freiherr von Bienerth, und die übrigen gemeinsamen Minister, ferner die obersten Hofchargen. Nach Empfang der Minister erschien eine Deputation des Husarenregiments, deren Chef Kaiser Wilhelm ist, und überreichte ihm an- läßlich des 25jährigen Jnhaberjubiläum einen kostbaren Ehrensäbel. Wien, 20. September. Um '/,1 Uhr vereinigte ein Dejeuner die beiden Monarchen im Maria-Theresia-Zimmer. Kaiser Franz Josef holte Kaiser Wilhelm in dessen Schreib zimmer ab und geleitete ihn in das Maria-Theresta-Zimmer, wo die Frühstückstasel bereits fertig stand. Um '/,2 Uhr unternahm Kaiser Wilhelm eine Ausfahrt in die Stadt. In der Kapuzinerkirche legte er an den Särgen der Kaiserin Elisabeth und des Kronprinzen Kränze nieder. — Der Wiener Stadtrat hat in seiner gestrigen Sitzung einstimmig beschlossen, den Parkring in Kaiser Wilhelm-Ring um zutaufen. Wien, 21. September (Rede des deutschen Kaisers im Wiener Rathause.) Anläßlich des Besuches des Rathauses, wo Kaiser Wilhelm vom Bürger- meister, dem Vizebürgermeister und den übrigen Stadt vertretern empfangen wurde, erwiderte der Kaiser auf eine Ansprache des Bürgermeisters folgende?; Meine verehrten Herren! Empfangen Sie meinen herzlichsten Dank für den großartigen Empfang, den Sie mir bereitet haben. Der Herr Bürgermeister hat mir soeben mitgeteilt, daß die Stadtvertretung den einstimmigen Beschluß gefaßt hat, einen Teil des Ringes nach mir zu benennen. Es ist dies eine ganz ungewöhnliche Ehrung für einen fremden Monarchen und ich bin aufs Tiefste ergriffen, daß die Stadtvertretung von Wien mich für würdig gehalten hat, in den Mauern ihrer schönen Stadt auch meinen Namen zu verewigen. Wenn ich den Sinn dieser Hul digung richtig zu deuten verstehe, so lese ich einerseits daraus, daß sie ein Ausdruck sein soll der Freundschaft und der innigen Gefühle der Sympathie, die zwischen der Bürgerschaft der Stadt Wien und mir schon seit langem besteht, die sich überall kundgibt in den freund lichen Grüßen, wenn ich durch die Straßen fahre. Aber ich glaube aus ihrem Beschluß auch herauSzulesen, daß er das Einverständnis der Stadt Wien damit ist, daß in ernster Zeit der Bundesgenosse in schimmernder Wehr sich an die Seite Ihres allerhöchsten Herrn gestellt hat. Es war dies ein Gebot der Pflicht und der Freundschaft zugleich, denn das Bündnis ist zum Heile der Welt in die Ueberzeugung und das Leben der beiden Völker als ein Jmponderabile übergegangen. Ich bitte Sie also, die Vermittlung meines herzlichsten Dankes zu sein für diese ungewöhnliche Ehrung an alle Mitbürger und Mit bürgerinnen. Aber die höchste Weihe wird diesem Be schluß dadurch erteilt, daß er an dem 80. Geburtstag Ihres erlauchten Landesherrn gefaßt werden konnte — da durch wird für mich die Ehrung noch inniger und schöner — eines Landesherrn, dem Sie in Liebe und Treue ange hören, zu dem ein Volk mit inniger und warmer Ver ehrung hinaufschaut, und zu dem ich als meinem väter lichen Freunde in Ehrfurcht emporblicke als dem Symbol der personifizierten Selbstverleugnung und Pflichterfüllung. Darum reiht sich meinem Danke an Sie gleichzeitig auch der Wunsch an, daß es dem Herrn gefallen möge, daß Ihnen Ihr heißgeliebter und hochverehrter Landesherr noch lange erhalten bleibe, damit unter seiner segnenden Hand die Stadt sich weiter in Frieden entwickeln könne und daß es Ihnen noch lange vergönnt sei, ihm Ihre Hu digungen der Treue und Liebe darbringen zu können. — (Josef Kainz t) „Sein oder Nichtsein — das ist die Frage " Jedem Theaterfreund ist die ergreifende Art im Gedächt nis, in der Josef Kainz als Hamlet mit dem Totenkopf in der Hand den großen Monolog vom Sein und Sterben sprach. Jetzt ist dieser große Meister des sprachlichen Ausdrucks, dieser intelli gente Gestalter der herrlicksten Gestalten unserer Dramen inmitten seiner noch immer aufwärts führenden Laufbahn selbst aus dem Sein tn das Reich des Nichtseins geschieden, aus dem nur sein un- versänglicker Ruhm Hernorleuchten wird, solange man die deutsche Schauspielkunst in deutschen Landen ehrt. Der große Künstler wurde ans 2. Januar 1858 als Sohn eines Eisenbahnbeamten in Wieselburg, einem deutschen Orte Ungarns, geboren. Er genoß seine Erziehung in Wien und wurde dort auch zum Schauspieler ausgebildet. 1874 betrat er zum ersten Male die Bühne eines kleinen Verstichstbcat-rs; ein Jahr darauf wurde er in Marburg engagiert Bald kam er ans Stadttheater in Leipzig, dann an daS Hoftheater in Meiningen, wo er sein Talent erst so recht entfalten konnte. Mit dem berühmten Gastspielensemble der Meininger kam er nach Wien und errang dort seine eisten großen Erfolge. Wäh rend seines nun folgenden Engagements am Münchener Hostheater wurde der junge Künstler von König Ludwig II. von Bayern als Weister erkannt und vielfach geehrt. 1883 kam er von München nach Berlin, und zwar an das damals neugegründete Deutsche Tbeater. 18-9 trat er zu Barneys Berliner Theater über, bald aber löste er sein Engagement und begab sich aus Gastspielreisen, die ihn auch nach Amerika führten. Nach seiner Rückkehr gewann ihn L'Arronge wieder kür das Deutsche Theater in Berlin; >1899 aber schied er, um am Burgtheater in Wien, der Stätte seiner herr lichsten Leistungen, zu wirken. Während seines zehnjährigen Wir kens an d eser Musenstätte hat er feine schönsten Siege errungen. Sein Romeo, sein Teja, sein Hamlet, sein Glockengießer (in der „Versunkenen Glocke"» gehören zu den besten Erinnerungen der Mitlebenden. Deshalb wollten ihn die Wiener auch nicht scheiden lassen, als er in der letzten Zeit daran dachte, wieder ins Deutsche Reich überzusiedeln. Seine schwere Erkrankung verhinderte den Abschluß eines neuen Vertrages unter unerhört glänzenden Bedin gungen, der ihn ans immer an Wien fesseln sollte. Belgien. Brüssel, 21. September. (Von der Welt ausstellung in Brüssel.) 116 deutsche Handwerker und kleine Kaufleute sind heute unter Führung und auf Kosten des HansabundeS in Brüssel eingetroffen um die Weltausstellung zu besichtigen. Der Präsident des Hansa- bundes, Geh. Rat Nießner, weilt schon seit einigen Tagen in Brüssel um die Besichtigung selbst leiten zu können. Heute abend werden die Handwerker im Deutschen Hause offiziell begrüßt, wo man ihnen zu Ehren ein kleines Fest veranstaltet. Russland. Petersburg, 21. September. (Sozial- demokratischeGeheimdruckerei.) In vergangener Nacht wurde hier eine sozialdemokratische Geheimdruckerei entdeckt; zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. England. London, 21. September. (Die Anklage gegen Leutnant Helm.) Die Anklage gegen Helm wird nicht wegen des größeren Verbrechens des Hochver rats, sondern wegen der geringeren Uebertretung eines Verbots erhoben werden. Die Anklage der Spionage würde danach fortfallen und es sich nur noch um daS unerlaubte Abzeichnen von Festungswerken handeln. Neueste direkte Meldungen von Hirsch's Telegraphen-Bureau Magdeburg, 22. September. (Vom sozialdemo- kratiichen Parteitag) Auf dem sozialdemokra tischen Parteitage ersuchte gestern Bebel im Namen des Parteivorstandes, den Antrag Zubeil und Genossen, wo nach Parteigenossen, die der Resolution des Parteivor standes zuwiderhandeln, sich damit außerhalb der Partei stellen, zurückzuziehen, da Z 23 des OrganisationSstatutS besagt, daß diejenigen Genossen, die gegen die Grundsätze der Partei oder gegen die Parteibeschlüsse handeln, aus der Partei ausgeschlossen werden. Der Antrag Zubeil wird darauf zurückgezogen und über den Antrag des Parteivorstandes namentlich abgestimmt. Der erste Ab- satz wurde mit 266 gegen 108 Stimmen, die vier wei teren Absätze mit 301 gegen 71, der Gesamtantrag un- verändert mit 289 gegen 80 Stimmen angenommen. Das Ergebnis der Abstimmung wurde mit jubelndem Beifall ausgenommen. Der^ReichStagSabgeordnete Emmel- Mülhausen stellt sodann den Antrag, über den neuen Ant ag sofort zu verhandeln, während der Abgeordnete Dietz ersucht, jetzt davon Abstand zu nehmen. Die Mehr heit des Parteivorstandes beschloß jedoch die sofortige Verhandlung. Von radikaler Seite wird der Antrag ge stellt, auch über den Zubeilschen Antrag namentlich ab zustimmen, um festzustellen, welche Delegierte den Partei tag verlassen haben. ES folgt nunmehr eine lebhafte Debatte. Gegen 12 Uhr beginnt sodann die namentliche Abstimmung über den Antrag Zubeil und kurz vor 12 Uhr wird das Ergebnis verkündet. Danach haben von 292 Delegierten 228 mit ja und 64 mit nein gestimmt; den Saal verlassen haben also gegen 90 Delegierte. Düsseldorf, 22. September. (Volksversammlung.) Line von der Volkspartei, die in letzter Zeit hier sehr gute Fortschritte gemacht hat, einberufene Versammlung, in der der Abgeordnete Naumann sprach, wurde gestern Abend im großen Saale der städtischen Turnhalle abgehalten. Ls wa ren etwa 3000 Personen, Männer und Frauen, anwesend. Naumann analysierte scharf den Begriff des Gottesgnaden- tums. Der Redner wandte sich gegen verschiedene Worte des Kanzlers Bethmann Hollweg, der die Erklärung Bü lows von (908 vergessen habe, die dieser unter Zustimmung des gesamten Reichstages auch für seinen Nachfolger abge geben hat. Die Anwesenden spendeten dem Redner großen Beifall. Kassel, 22. September. (Verhaftung eines Zu- welendiebes.) Bei Ankunft des Leipziger O-Zuges No. 78 in Raffel wurde auf dem Bahnhof aus dem Spei sewagen heraus ein Mann verhaftet, der sich Kaufmann Ratz aus Leipzig nannte und Zuwelenhändler sein will. Lr hatte sich dadurch verdächtig gemacht, daß er im Speisewa gen mehrere wertvolle Brillantennadeln verkaufte. Bei Durchsuchung seiner Lfekten sand man keine Barmittel, je doch für ca. 50000 Mark Juwelen. Breslau, 22. September. (KaiserbesuchinOb er - schlesien) Der Kaiser wird auch in diesem Jahr einige Tage als Jagdgast des Fürsten Henkel von Donnersmark auf Schloß Neudeck verbringen. Nach der „Schles. Zig." soll der Besuch am Schluffe des Monats November statt- finden. Während des Kaiserbesuches wird wahrscheinlich auch die Einweihung der Technischen Hochschule und der Kaiserbrücke in BreSlau stattfinden. Wien, 22. September. (Kaiser Wilhelms Ab reise von Wien.) Kaiser Wilhelm ist gestern abend um 9 Uhr 20 Min. von Wien nach Sigmaringen abge reist. Die Verabschiedung der beiden Monarchen war wiederum überaus herzlich. W Ossikel 8 ö!eick-8ods Wir bab.n u; se-e HsuptsKLnLur* für Pulsnitz unv Umgebung zu vergeben. Vorhandenes Inkasso wir übertragen. 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