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Nr. 114. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 27. September 1910. Seite 2. hatte. Die Post war bisher im Bahnhofsgebäude und zwar im westlichen Teile desselben untergebracht. Da die betreffenden Räumlichkeiten aber von der Kgl. Sächs. Staaiseisenbahn nötig gebraucht werden, machte sich ein eigenes Postgebäude notwendig. Den Bau führte Herr Baumeister Hörnig, hier, aus, der auch Eigentümer des betr. Gebäudes ist. Das neue Postgebäude steht an der Wettinstraße, dem Restaurant zum Wettinschlößchen gegen über, und macht einen recht gefälligen Eindruck. DaS Parterre enthält Vie nötigen Diensträume, das Oberge schoß die Wohnung für den Postverwalter. Bantzen. HerrKreiShauptmannvonCrauS- haar ist für die Zeit vom 27. September bis mit 8. Ok tober dieses Jahres beurlaubt und wird während dieser Zeit durch Herrn Geheimen Regierungsrat Beeger ver- treten. Bautzen. Das neugebildete Husarenregiment Nr. 20 hielt am Sonnabend Nachmittag 2 Uhr unter dem Jubel einer nach Tausenden zählenden, spalier- bildenden Menge feinen festlichen Einzug. Die Stadt war überaus reich geschmückt. Die Brigadekommandeure Generalmajor Krug von Nidda und Generalmajor von Suckow gaben dem Regimen! das Geleit. Auf dem Haupt markte brachte der Regimentskommandeur Oberstleutnant Freiherr Hainz von Luttitz ein dreifaches Hurra aus den König aus, worauf Oberbürgermeister Käubler im Namen der Bürgerschaft das Regiment in seiner neuen Garnison begrüßte und ein Hurra auf das Regiment ausbrachte. Der Regimentskommandeur dankte mit einem Hurra auf die Stadt Bautzen. Dann setzte das Regiment seinen Weg nach der neuen Kaserne fort. Abends fand eine Bewirtung der einzelnen Eskadronen auf Kosten der Stadt in verschiedenen Lokalen statt. DaS Wetter beim Einzug war prächtig. Bautzen. Dieser Tage hörte abends der Wachmann Michalk in Seidau in seiner Wohnung au- dem an seinem Hause vorbeifließenden Kanal Hilferufe. Michalk eilte sofort hinaus und sah, wie eine dunkle Gestalt im Wasser schwamm. Schnell entschlossen sprang Michalk in voller Kleidung ins Wasser und konnte die Person in dem Augenblick erfassen, als sie gerade drohte, über den dortigen Schützen gerissen zu werden. Mit Aufbietung aller Kräfte gelang eS ihm trotz der starken Strömung, das Ufer zu erreichen. Die Gerettete war eine Frau Gut stein, die in der Dunkelheit in den Kanal gefallen war. ES ist dies bereits der dritte Fall, daß Michalk einem Mitmenschen das Leben vom sicheren Tode des Ertrinkens rettete. Dresden. Das neue Rathaus wird am 1. Oktober in Gegenwart des Königs eingeweiht. Aus Anlaß dieser Einweihung hat die Technische Hochschule zu Dres den dem Oberbürgermeister Geh. Rat. vr. Beutler die Würde eines vr. inx. ehrenhalber verliehen. Dresden, 26. Sept. (Beendeter Bauschlosser» streik.) Der Streik der hiesigen Bauschloffer ist durch Abschluß eines ihnen günstigen Tarifvertrages nunmehr beendet, — Die Termine für das Abfifchen der Moritzburger Teiche sind vorläufig für folgende zwei festgesetzt: Die Abfischung des Niederen WaldtetcheS findet Freitag, den 30. September, und die de» Groß- teicheS in der nächsten Woche Dienstag und Mittwoch, den 3. und 4. Oktober, statt. Der Kleinverkaus der ge fangenen Fische wird an diesen Tagen, und zwar nur vormittags gleich an Ort und Stelle stattfinden. Die AbfischungStage für die anderen Teiche werden erst noch später bestimmt. — In der Nacht zum 23. d. M. wurden dem König!. Waldwärter im Schänkhübel DürrröhrSdorf mittels Einbruchs gestohlen: zwei doppelläufige Jagd gewehre, ein Gewehrfutteral und eine Waldwärterjoppe. Etwaige Mitteilungen über Kaufangebot und dergleichen werden an die hiesige Polizeiwache erbeten. Zittau. Wegen völliger Mittellosigkeit mußte in der Nacht zum Sonnabend einer hiesigen 26-jährigen Kellnerin und ihren drei Kindern Unterkommen im Armenhause gewährt werden. Die Bedauernswerten besaßen nicht das geringste für ihren Unterhalt. Auch ein Zeitbild! Pirna. Im achten sächsischen ReichStagSwahl- kreise Pirna-Sebnitz, in dem von konfervaiiver Sette Landtags-Abgeordneter vr. Böhme als Kandidat in Aus sicht genommen ist, hat eine Versammlung nationalliberaler Vertrauensmänner beschlossen, als nationalliberalen Kan didaten vr. R. Schneider, Syndikus des Bundes der In- dustriellen, ins Auge zu fassen. Pirua. (Vereinstag.) Der Kantoren-und Orga- nistenveretn der Kreishauptmannschaften Dresden und Bautzen hält am 28. und 29. September seinen dies jährigen VereinStag in Pirna ab. Pirna. In der nur wenige Kilometer von der LandeS- grenze entfernten Gemeinde Hainspach in Böhmen ist der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche amtlich festgestellt worden. Zwickau. Als ein sauberer Bräutigam ent puppte sich ein angeblicher Kaufmann aus Leipzig. Nach dem er einen hiesigen Gasthofsbesitzer um eine erhebliche Zechschuld und einen anderen Wirt um einen größeren Geldbetrag geprellt hatte, knüpfte er mit einer hier wohn haften Verkäuferin ein Verhältnis an. Durch Vorspiegelung der Heirat wußte er dem Mädchen eine größere Geld summe abzuschwindeln. Um seine Braut vertrauensseliger zu machen, veranstaltete er in einem hiesigen Lokal eine Verlobungsfeier, deren Kosten er dann von dem erschwin delten Gelds beglich. Dann verduftete der saubere Patron auf Nimmerwiedersehen. (Die alte Geschichte!) Leipzig. (Den Dieben i st nichts heilig!) Ein äußerst frecher Diebstahl wurde auf einem Kartoffelfelds beim „Heiteren Blick" unweit Taucha ausgeführt. Eine dort Kartoffeln ausnehmende Frau hatte den Kinder wagen, in dem sich ihr Kindchen, in Betten verpackt, be- ard, an einen geschützten Platz gestellt. Durch das Weinen des Kindes aufmerksam gemacht, fand sie es am Rain liegen. Wagen und Betten waren gestohlen. Leipzig, 26. September. Heute früh entlief ein Pferd des Fleischermeisters Berthold aus dem Stall. Als es über den Fahrdamm rasen wollte, wurde es von einem dccherkommenden Schnellzuge überfahren und zermalmt. — In die Kollektion der Zigarrenhandlung Lenzer n Plauen i. V. fiel der 40000-Mk. Gewinn der Noten Kreuzlotterie. In die Kollektion ist schon zweimal der Hauptgewinn von 50 000 Mk. der Meißner Dombau- Lotterie gefallen. Sie tun gut den Vorkommnissen im Reiche wie in unserem Staate die gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ernste Zeiten sind eS, die wir jetzt durchleben. Die Verteuerung der wichtigsten Bedürfnisse des Lebens hat gar vie e schwer betroffen. Die Handels- und gewerblichen Verhältnisse ind zwar in der Besserung begriffen, aber sie lassen auch noch so manches zu wünschen übrig, weil eben nur zu viele gezwungen sind, sich einzuschränken. Das Reich und die Einzelstaaten hingegen brauchen immer mehr Geld und eS ist sehr wahrscheinlich, daß der im Herbste neu zusammentretende Reichstag sich auch mit neuen Steuer projekten zu beschäftigen haben wird. Die im Herbst be ginnende Reichstagstagung dürste aber auch nach man- cher anderen Richtung hin hochwichtiges zeitigen. Zudem stehen die Wahlen für den Reichstag dicht vor der Tür. Jetzt ist es daher für einen jeden, den Städter wie den Landbewohner, mehr denn je Pflicht, sich um die Ereig nisse der Gegenwart zu bekümmern, auf eine Zeitung zu abonnieren, die neben genauer Information über die wichtigsten Ereignisse im In- und Auslande auch unseren kommunalen, unseren Bezirksangelegenheiten ihr befände- res Interesse zuwendet. Eine solche Zeitung ist das im 63. Jahrgange erscheinende Mnihtr Wochtnblütt, Amtsblatt des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz. Wir können Ihnen nur empfehlen, auf dasselbe zu abon nieren, denn gerade jetzt beginnt das politische Leben von neuem zu erwachen. Nas Pulsnitzer Wochenblatt bietet eingehende Information über alle wichtigen Ereig nisse im In- und Auslande, berichtet eingehend über die Verhandlungen im Reichstage wie im Landtage, publiziert interessantes aus der großen Zeit vor 40 Jahren, berichtet schnell über alle wichtigen Vorkommnisse in Stadt und Land, fördert im Gegensätze zu der Großstadtpresse allein die Interessen unserer engeren Heimat, bietet der Familie interessanten Lesestoff in Form von spannenden sittenreinen Romanen, populär-wissen schaftlichen Abhandlungen, volkstümlich geschriebenen Leitartikeln, von hauswirtschaftlichen, landwirtschaft lichen, gewerblichen Ratschlägen, „Mode für Alle" rc., gibt bekannt die neuesten reichsgesetzlichen Bestimmungen, die amtlichen Bekanntmachungen unserer staatlichen, kirchlichen und kommunalen Behörden, gibt im Briefkasten einem jeden Abonnenten kostenfreie Auskunft über juristische, gewerbliche, häusliche rc. An gelegenheiten, bietet gratis jedem Abonnenten eine vorzügliche Unter haltungsbeilage unter dem Titel „Illustriertes Sonn- tagSblatt, enthält im Inseratenteile eine Menge von Stellen-, Woh- nungS- rc. Gesuchen und Angeboten, von überaus günstigen Kaufs- und Verkaufsgelegenheiten. Ein Abonnement auf das Pulsnitzer Wochenblatt kostet trotzdem pro Quartal nur M 1.2S frei Haus durch unsere Boten. Deutsches Reich. Wilhelmshaven, 26. September. (Zur Reise des Kronprinzen.) Der Panzerkreuzer „Gneisenau" tritt mit dem Kronprinzen an Bord die Ausreise nach Ostasien am 10 November d. IS. an. — Staatssekretär a. D. Dernberg Reichs tagskandidat für Husum-Tondern? Laut „Kieler Ztg." schweben z. Z. Verhandlungen, um den 4, Schleswig- Holsteinchen ReichstagSwahlkreiS Husum-Tondern, in dem der bisherige fortschrittliche Abgeordnete vr. Leonhardt nicht weiter kandieren will, dem früheren Staatssekrektär Dernburg offen zu halten. Der Kreis ist im ganzen Reiche der sicherste für die fortschrittliche Volkspartei und würde dieser bei einer Kandidatur Dernburg auch aller Voraussicht nach erhalten bleiben. Herr Bernhard Dern burg weilt bis auf weiteres noch in Ostasien; man weiß daher, wie er sich zu der Sache stellt. — Für den nationalliberalen Parteitag, der an den beiden ersten Oktobertagen in Kassel statt- ftndet, haben sich bereits 650 Teilnehmer angemeldet. Man rechnet zum mindesten auf einen Besuch von 800 Mit gliedern der Partei aus allen Teilen des Reiches. Mannheim, 26. September, (vr. Frank demen tiert.) Die „Volksstimme" schreibt: Durch die Presse geht folgende Mitteilung aus Magdeburg: „Genosse vr. Frank erklärte dem Genossen Fischer vom Brüsseler „Peuple", der ihm offiziell interviewte: Wir werden den Parteibeschluß Folge leisten, die Frage aber, ob die Bud getbewilligung eine Frage des Prinzips oder der Taktik ist, dem internationalen Kongreß unterbreiten. Sollte dieser unsern Standpunkt nicht teilen, so wäre allerdings das letzte Mittel erschöpft." Genosse vr. Frank ersucht uns um die Feststellung, daß er sich so dem Genossen Fischer in Brüssel gegenüber nicht geäußert habe. Be züglich der Konsequenzen, die sich für die Süddeutschen aus dem Magdeburger Beschlusse ergeben, habe er sich Fischer gegenüber, der ihm unmittelbar nach der ent scheidenden Sitzung darüber fragte, genau so geäußert wie in der Sitzung selbst. Es sei durch das Fischersche Interview also durchaus nicht etwa eine neue Situation geschaffen worden. — Der Schluß des sozialdemokratischen Parteitages in Magdeburg konnte ein allge meines Interesse nicht mehr erwecken; selbst von dec Genossen waren viele schon vor dem Schlußhoch auf die internationale, Völker befreiende Sozialdemokratie abge reist. Am Sonnabend wurde noch die Gewerkschaftsfrage erörtert und bemängelt, daß sich die großen Massen um die sozialdemokratischen Genossenschaften und Konsum vereine zu wenig kümmerten. Man stellte n Aussicht, die kapitalistischen Warenhäuser künftighin durch genossen- schaftliche zu ersetzen. — Dann referierte dec ReichStagS- abgeordnete Molkenbuhr über die ReichS-VersichervngS- ordnung. — Der Antrag Rosa Luxemburgs über den politischen Massenstreik ging. auch dem Magdeburger Parteitage wieder zu; er begnügte sich mit der Annahme des ersten Satzes dieses Antrages, wonach zu den Mit teln im preußischen WahlrechtZkampf auch der poli tische Massenstreik gehört. Von einem solchen wollen bekanntlich nicht einmal die sozialdemokratischen Gewerkschaften etwas wissen. Türkei. Konstantinopel, 26. September. (General oberst Goltz in de: Türkei.) Generaloberst v. d. Goltz trifft am Freitag -hier ein. Er wird sich Anfang Oktober zu den Manövern bei Adrianopel begeben. Die Manöver werden mit einer großen Parade von 60 000 Mann in Gegenwart des Sultans, des Thronfolgers und sämtlicher kaiserlichen Prinzen ihren Anfang nehmen. Der König von Bulgarien wird den Sultan durch eine besondere Mission begrüßen lassen. Generaloberst v. d. Goltz verbleibt im ganzen 6 Wochen in der Türkei. Tagung des AatianMeralen Landesausslhuffes. 82K. Unter dem Vorsitz des Herrn Gontand-Leipzig tagte am Sonntag in Dresden der LandeSauSschuß des National! iberalen Ländesvereins für das Königreich Sachsen. Nach einem Bericht über den Kasseler Delegiertenrag referiete der Generalsekretär vr. Westen berger über die inneren sächsischen Parteiange legenheiten. Er sührte aus, die nationalliberale Partei SachsenS habe äußerlich durch die vielfach erörterten innersächsischen Zwistigkeiten und Streitigkeiten nicht ge litten. Der nationalliberale Landesverein habe an Mit gliedern auch in diesem Jahre zugenommen. ES bestehen zur Zeit 120 Lokalvereine mit 20100 Mitgliedern. Auch die bekannte AssäredesLandtagSabgeordneten Langhammer wurde erörtert und dazu bemerkt, daß beim Ausschluß Langhammers aus der Partei keine irgend wie politischen Momente mitgespielc hätten Man möge versuchen, durch Verträglichkeit und Versöhnlichkeit au? den Wirren herauszukommen zum Wohle der Partei. AuS Chemnitz sprachen sodann die Herren Rechtsanwalt Freygang und Professor vr. Wend. Beide berührten die Chemnitzer Vorgänge in der Langhammer-Affäre und drückten unter lebhaftem Beifall der Versammlung die Zuversicht au», daß sich in Bälde ein Weg gedeihlicher politischer Arbeit finden lassen werde. — Von großem Beifall begrüßt, be richtete sodann Reichstagsabgeordneter vr. Strese mann über die politische Lage im Hinblick auf den Kasseler Parteitag, worauf folgende vom Vorstande des Nanonalliveralen Landesverein vorgeschlagene Resolution angenommen wurde: „Der Landesausschuß der national- liberalen Partei in Sachsen spricht nach einem Vortrage des Reichstagsabgeordneten vr. Stresemann über die po litische Lage sein volles Vertrauen zu der seiherigen Füh rung unter Bassermann aus und ist einig in dem Ver- langen, daß die nationalliberale Partei auch ihre weitere Politik, unbeirrt durch die widrigen Zeitumstände, die herbeigesüyrt zu Haden nicht ihre Schuld ist, gründen möge auf der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Partei. Der Landesausschuß weist die Gerüchte von der Absicht einer Rechtsschwenkung in der sächsischen Landes politik ebenso entschieden zurück wie die Behauptung, daß in der Kampfstellung zur Sozialdemokratie eine Änderung eingetreten sei, oder eintreten werde." — In der Debatte wurde darauf hingewiesen, daß vom konservativen Gene ralsekretär der sächsischen Konservativen für die Heyde- brandsche Politik reklamiert wurden, ohne daß dies von der o-ftziellen Leitung der sächsischen konservativen Partei deSavou-ert worden wäre. Die Debatte, an der sich auch die ReichsragSabgeordneten Or. Heinze und Fährmann beteiligten, ergab Einstimmigkeit in den grundsätzlichen Fragen. Der Tagung wohnten ferner die Rsichstagsab- geordneten vr. Junck-Leivzig und vr. Weber-Löbau, so wie 18 nationalliberale sächsische LandtagSabgsordnete 6us aUsr wsN. Berlin, 26. September. (Zusammenstoß zwi schen Streikenden und Arbeitswilligen.) Zu einem heftigen Zusammenstoß kam es heute vormit tag in der Turmstraße zwischen Streikenden und Arbeits willigen der Kohlcnfirma Kupfer L Co. ES wurden mehrfach Schüsse gewechselt, und die Polizei, die schließ lich mit blanker Waffe einschreiten mußte, mit Steinen