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Nr. 113. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 24. September 1910. Seite 2. ihn in sßin neues Amt. — Möge die Wahl seines Nach folgers, des Herrn Otto Gessinger aus Gleisberg bet Roßwein, für die Arbeit an unserer Schuljugend von rei chem Segen sein! —ck. — „Parole Heimat" so klingt es von den Lip pen der Reservisten, die mit ausgerollten Achselschnuren, die Mütze keck ein wenig aufs linke Ohr gedrückt und den Spazierstöckchen mit der Troddel in der Hand fröhlich dem WirtShause zuziehen, wo der Abschied vom Militär und den Kameraden durch einen kräftigen Männertrunk gefeiert und begossen wird. Wer treu gedient hat seine Zeit, Dem sei ein volles Glas geweiht! Drum, Brüder, stoßt die Gläser an: Hoch lebe der Reservemann So tönt es dabei aus den rauhen Kehlen. Hoch auf schäumen die Wogen des Frohsinns. Erinnerungen an die gemeinsam verlebte Dienstzeit werden ausgetauscht, kräftige Händedrücke gewechselt. Dann noch ein Abschied beim „Liebchen" und fort geht's zu „Muttern". Weh mütig schauen die „Lanzer", die noch weiter dienen müssen, den Abziehsnden nach: „So lebt denn wohl, ihr Kameraden", tönt es noch einmal zurück und dann — en sind ja nur noch 360 Tage, dann hat Reserve wieder Ruh! Mit diesem Tröste wendet man sich wieder der gewohnten Arbeit zu. Aber so sorgenfrei wie beim Militär wird sich für manchen der entlassenen Reservisten die Zu kunft nicht gestalten, denn es werden, wie jetzt die Ver hältnisse auf dem Arbeitsmarkt liegen, nicht alle unter- gebracht werden können. Einen gemeinsamen Vorteil nehmen aber alle zur Reserve entlassenen Mannschaften mit nach Hause: Pfltchtbewußtsein, Pünktlichkeit, Ord- nungSliebe und die Unterordnung des eigenen Willens unter denjenigen anderer. Das ist es auch, weshalb bei Bewerbungen von Stelle r den gedienten Militärs immer und nicht mit Unrecht der Vorzug gegeben wird, denn sie sind während der Dienstzeit zu tüchtigen Männern erzogen worden. — (Rekruten und Ortskrankenkasse.) Die zur Ableistung ihrer Militärdienstpflicht demnächst eintreffenden Personen, die der Invalidenversicherungs- Pflicht unterliegen und nach ihrer Entlassung voraussicht lich wieder hier in Stellung treten, können ihre Quit tungskarten liegen lassen. Damit solche QutttungSkarten nicht verfallen, empfiehlt es sich, der Kasse die Einberuf ung zum Militär mittels Postkarte anzuzeigen und die Verlängerung der Karte nach 8 135 des Jnoalidenoer- sicherungSgesetzeS zu beantragen. Eine solche Anzeige muß über den vollen Namen, Geburtstag und den letzten Arbeitgeber Aufschluß geben. — Die Hasenjagd beginnt in Sachsen mit dem 1. Oktober. Nach dem Urteile der Jagdinteressenten ist ein mittler bis guter Ertrag zu erwarten, weil der späte Winter durch Kälte und Nässe nur dem Märzsatze von einigem Nachteil gewesen ist. Dafür sind die Jungen des Sommers gut durchgekommen. — (Hauptgewinne dritter Roter Kreuz Lotterie.) (Dritter Ziehungstag) Ein Gewinn zu 1000 M auf Nr. 122 426; 1 Gewinn zu 500 Mark auf Nr. 174 709; Gewinne zu 200 M auf Nr. 29 711, 40 342, 89 332, 157 926, 174 585; Gewinne zu 100 M auf Nr. 15 256, 19 853, 38 112, 43 531, 56 756, 78 453, 92 739, 109 672, 124 580, 145 904, 159 163, 173 310, 191919. (Vierter ZiehungStag.) 4. Hauptgewinn 5000 M auf die Nr. 174 798; Ein Gewinn zu 3000 M auf Nr. 178 429; 1 Gewinn zu 2000 Mark auf Nr. 98 053; Gewinne zu 500 M auf Nr. 63 529, 127 949; Gewinne zu 200 Mark auf Nr. 157, 17 230, 64 834, 98152, 101 352, 116 797, 102 244, 150 811; Gewinne zu 100 M aus Nr. 28 564, 35 279, 57 270, 73 333, 78 691, 109 972, 159 068, 181440. (Ohne Gewähr.) — (Sächsische Pferdezucht-Lotterie.) Für die dem Dresdner Rennvereine seitens des Königlichen Ministeriums genehmigte XVI. Pferdezucht-Lotterie, deren Ziehung am 6 und 7 Dezember d. I. stattfindet, sind die so. gern gekauften Lose ä eine M, 11 Stück — 10 M, seit einigen Tagen ausgelegt und allerorts in den durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen, als auch durch das Sekretäriat des Dresdner Rennverein, Dresden, Prager Straße No. 6 gegen Einsendung des Betrags oder durch Nachnahme zu beziehen. Für Porto und Ziehungsliste kommen 20 Pfennige beziehentlich 30 Pfennige bei 11 Losen in Berechnung, bei Nachnahme die entsprechenden Gebühren. Im übrigen verweisen wir auf das heutige Inserat in dieser Zeitung. Kamenz, 23. September. Am Mittwoch vormittag 9 Uhr fand im Sitzungssaals der Königlichen Amtshaupt mannschaft unter dem Vorsitze des Herrn Amtshaupt manns Geh. RegierungSrats v. Erdmannsdorff öffen tliche Bezirksausschußsitzung statt. Der Be- zrrkSauSschuß trat zu den einzelnen Punkten in Beratung und faßte die folgenden Beschlüsse: Bei der Wahl von 12 ländlichen Sachverständigen und 6 Stellvertretern zur Einschätzung der Einkommens aus den Betrieben der Landwirtschaft und des ländlichen Dienstpersonals auf 2 Jahre (1911 und 1912) gemäß HZ 30, 31 der Ausfüh rungsordnung von 25. Juli 1900 zum Einkommensteuer gesetz vom 24 Juli 1900 wurden gewählt als Sachver ständige die Herren: 1., Oekonomierat Nicke-Bischheim, 2., Rittergutspachter Opitz-Deutschbaselitz, 3., Gutsbesitzer Sauer Nebelschütz, 4, Gutsbesitzer Georg Hermann-Crostwitz, 5.j Gemeindevorstand Jakob Neukirch, 6, Rittergutspachter Löser-RöhrSdorf, 7. Gutsbesitzer vr. Weitzmann-Pulsnitz M. S., 8, Gemeindevorstand Thomschke-Bulleritz 9., Ge meindevorstand Hustig-Prietitz an Stelle des verstorbenen Rittergutspachter Warnatzsch - Kriepitz, 10., Gutsbesitzer Fichte-HauSwalde, 11. Gutsbesitzer und Standesbeamter Schubert-Schmorkau an Stelle des verstorbenen Gemeinde vorstand Großmann-Weißbach b. K., 12., Gutsbesitzer und Gemeindevorstand Kießling.Kleindittmannsdorf an Stelle des Standesbeamten Leipold-Lichtenberg, der infolge hohen Alters eine etwaige Wiederwahl abgelehnt hatte, und als Stellvertreter die Herren: 1, Rittergutspachter Hauffe- Brauna, 2., Gemeindevorstand Hantschke-Rosenthal, 3., Guts besitzer Ad. Minkwitz-Lückersdorf, 4, GutSnutznießer Robert Hause-Kripitz,5, Gemeindevorstand Scholze-Jesau, 6., Ritter gutspachter Scheunert-Obergersdorf. Genehmigt würd' die Einziehung bezw. Verlegung der Wege Flurstück Nr. 679, 678 des Flurbuchs für Großröhrsdorf und des soge nannten Pfarrweges, Flurstücks-Nummer 462 des Flur buches für Großröhrsdorf unter der Voraussetzung, daß ein noch vorliegender Einspruch zurückgezogen wird; die neuaufgestellte Geschäftsordnung für den Gemeinderat zu Ohorn unter der Bedingung der Ausnahme einiger im Entwürfe angedeuteter Aenderungen. Auf ein Gesuch des Stadtrates zu Pulsnitz um Gewährung eines Beitrages aus Bezirksmitteln zu den entstandenen Verpflegkosten für den in der dortigen Wandererarbeitsstätte verun glückten und im Krankenhaus untergebrachten Ed. Arthur Ludwig wurde beschlossen den.Betrag auf die Bezirkskasse zu übernehmen. Der Fleischer Arthur Richard Schreier in Lichtenberg erhielt Genehmigung zur Errichtung einer Schlächterei im Grundstücke Kat.-Nr. 188 für Lichtenberg. — Die Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz gibt unterm 22. September 1910 bekannt, daß Fräulein Hedwig Elisabeth Börner in HauSwalde aS Hebamme für den XXVIII. Hebamen-Bezirk, umfassend die Gemeinde Hauswalde mit dem Gutsbezirk Luchsenburg, verpflicht worden ist. — (Kopfkrankheit.) Seit voriger Woche werden auf dem Rittergut in Milstrich bei Kamenz 3- bis 4mal wöchentlich je ein bis zwei Rinder geschlachtet uud zum Verkauf gebracht. Das Pfund wird mit 35 Pfg. abge geben. Der ganze Best nd, gegen 50 Stück Kühe und Ochsen ist „kopfkrank". Die Ursache soll Fütterung mit künstlich gedüngtem Wtesenheu oder Grummet sein. Der Verkauf erfolgt unter Aufsicht des Tierarztes und der Ortsbehörde. Die Krankheit wird als sehr eigenartig bezeichnet. Alle Fleischteile sind gesund, nur im Kopfe „haperl'S". DaS Fleisch wird als bankwürdig bezeichnet, und der Andrang ist meist sehr groß. Infolge der Krank heit kommt der ganze Rindviehbestand „unter das Messer." Kloster Marienstern, 22. September. (Korpsmanöver des XII. Armeekorps.) L'e8t la Zuerre! An keinem Tage ist dieser Spruch berechtigter gewesen, als heute. Wir waren mitten im Kriege, und fürchterlich ist kein Ausdruck für dieses miserable Wetter, das heute allent halben geherrscht hat. Der Himmel war trübe und neblig schwer, und es regnete unaufhörlich, und zwar so sehr, daß Mann und Roß und Ihr Berichterstatter rc. so naß wurden, daß allen Beteiligten schließlich der Krieg gleich gültig wurde und man sagte, lieber tot, als bei solchem Wetter fechten. Es halsen nur Cognak, Grog und ähn liche heizbare Sachen. Die furchtbare Kälte hätte selbst Abstinenzler überzeugt. Ich war von 6 Uhr früh bis nachmittags 5 Uhr im Gelände, und mutz sagen, daß ich kaum je ein solches Wetter erlebt habe, wie heute. Man hörte die schlimmsten alten Landsknechtswitze, und es war, offen gesagt, zum Stiefelausziehen, soweit das nicht be- reitS der Lehmacker besorgt hatte. Aeroplane oder lenk bare Luftschiffe hätten auch keine Erfolge gehabt. Man kann nur Krieg führen, wenn man etwas sieht. Es war aber Krieg, und lange dauerte eS, bis die Völker aufein ander schlugen. Es war bekannt geworden, daß aus der preußischen Niederlausitz eine feindliche Armee heranrücke. Diese suchte eine in Dresden und Meißen auSgeladene Abteilung zu vertreiben. Se. Majestät der König war mit Auto von Pillnitz gekommen und bei Elstra kurz vor 10 Uhr zu Pferde gestiegen. In Elstra herrschte um diese Zeit reges militärisches Leben. Der König wurde von den tros des miserablen Wetters zahlreich zusammen- qeströmten Schlachtenbummlern lebhaft begrüßt. Trotz eifriger Umschau aus dem Manövergelände war nur wenig von den Truppen zu entdecken. Blau ging in drei Kolonnen vor und entfaltete sich gegen 12 Uhr. Rot hatte überaus langen Anmarsch und ich konnte von seiner Entwickelung wenig sehen. Die schwere Artillerie des Feldheeres, die vom 6. Fußartillerie-Regiment in Glogau gestellt wurde, kam nicht zur Verwendung. Erst gegen 3 Uhr hielt Exzellenz von Broizen, der kommandierende General des XII. Armeekorps Kritik. Se. Majestät der König verließ gegen r/,4 Uhr nach Schluß der Kritik daß Manöverfeld im Automobil und fuhr nach Pillnitz zurück. Q ti. Leppersdorf. Der hiesige Lehrer HerrJohanneS Augustin wurde zum ständigen Lehrer in Pappritz bei Weißig ge wählt. Er tritt sein Amt nach den Kartoffelferien dort an. Bautzen. Der Pionier Langklotz von der ersten Kompagnie des Pionier-Bataillons Nr. 12 in Dresden ist am Dienstag im Manövergelände bei Niedergurig in einen Steinbruch gestürzt und hat sich dabei schwere Rückgratoerstauchungen zugezogen, sodaß er ins Garnison- Lazarett überführt werden mußte. Leipzig, 22. September. Der Verband der Metall industriellen Leipzigs beschloß mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Aussperrung der Metallarbeiter sofort Erhebungen darüber anzustellen, welchen Organisationen die Arbeiter angehören. Wer von den Arbeitern unge nügende Angaben macht, soll ohne weiteres dem deutschen Metallarbeiterverbande zugezählt werden und soll die hieraus entstehenden Konsequenzen tragen. Chemnitz, 22. September. (Brandunglück im Erzgebirge.) In Burkhardtsdorf im Erzgebirge brach gestern Abend auf unaufgeklärte Weise in einer Mühle Großfeuer aus, daß rasch um sich griff und in kurzer Zeit das ganze Gebäude einäscherte. Auch ein Nach bargebäude wurde von den Flammen ergriffen und brannte aus. DaS zehnjährige Kind des Maurers Heine ist in den Flammen umgskommen. Durch das Feuer find zehn Familien obdachlos geworden. Crimmitschau. Hier starb derFabrikantStadt- rat Karl Köhler im 80. Lebensjahre. Vom einfachen Arbeiter hat er sich bis zum Großindustriellen empor gearbeitet. Oberwiesenthal. (Schneefall.) Nach einem herr lichen sonnigen Montag folgte am Dienstag ein regel rechter Schneefall, der unseren Landleuten, die Getreide und Grummet anstehen haben, abgesehen von den der Sonne bedürftigen Kartoffeln, zu ernsten Besorgnissen An laß gibt. Mußten unsere Landwirte der Natur schon die Heuernte abringen, so scheint das Gelingen der Getreide- und Kartoffelernte nunmehr gänzlich in Frage zu kommen. Geyer. (Jäher Tod.) Beim Kartenspiel wurde der im 77. Lebensjahre stehende Steuereinnehmer Auers wald vom Tode überrascht. Er klagte plötzlich über heftiges Unwohlsein; bald darauf hatte ein Herzschlag seinem Leben ein jähes Ziel gesetzt. Beiersdorf, 23. September. Die Einweihung des neuerbauten AuSsichtSturmeS auf dem Bieleboh erfolgt am nächsten Sonntag. Die einfache, würdige Feier, zu der auch ein Konzert geplant ist, beginnt um 3 Uhr nachmittags. riagesgssÄdiÄrte. Deutsches Reich. Berlin, 23. September. (Abbe- rufung.) Der Reichsanzeiger meldet: Der Kaiser hat den bisherigen Botschafter bei der französischen Republik Fürsten von Radolin von diesem Posten abberufen und, unter Verleihung der Brillanten zum Kreuz der Groß komture des Königlichen Hausordens von Hohenzollern, seinem Anträge gemäß in den Ruhestand versetzt. Berlin, 22. September. (300 000 Arbeiter aus- gesperrt.) Der Gesamtverband deutscher Metallindustriel- ler erläßt folgende Bekanntmachung: Der Ausschuß des Gesamtverbandes deutscher Metallindustrieller hat in sei ner am 22. September d. I. in Berlin stattgehabten Sitzung einstimmig beschlossen, die Seeschiffswerften in ihrem Kampfe gegen die Forderungen der Gewerkschaften zu unterstützen. Es soll deshalb am 8. Oktober nach Arbeitsschluß eine Aussperrung von 60 o/„ der gesamten Belegschaft eintreten, welche nicht früher aufgehoben wird, a S bis die Differenzen auf den Seeschiffswerften beendet und die von den Ausständigen veranlaßten Sympathie streiks aufgehoben sind. Die Einzelvereine sind von die sem Beschluß telegraphisch verständigt worden. Betroffen werden durch diese Aussperrung über 300 000 Aroeiter. — (Die Fleischer an den Kanzler.) Nach dem die Audienz des Vorstandes des Deutschen Fleischer- verbandes beim preußischen Landwirtschaftsminister ohne mittelbare? Ergebnis verlaufen ist, hat der Verband be schlossen, sich mit einer Petition an den Reichskanzler zu menoen. Der Verband wünscht eine Erleichterung der Vieheinfuhr und widerspricht, wie die „Deutsche Fleischer, zeitung" mitteilt, der vom Landwirtschaftsminister be dingungsweise in Aussicht gestellten Einfuhr des ohne Beschau vor der Schlachtung importierten Fleisches. — Die Berliner Handelskammer beschloß in ihrer gestrigen Sitzung, in einer Eingabe an die Regierung Mittel gegen die Fleischteuerung zu verlangen. — (Nationalliberaler Vertretertag in Kassel.) Für den nm 1. und 2. Oktober in Kassel statlstndenden allgemeinen Verrretertag der national liberalen Partei sind bis jetzt 650 Teilnehmer gemeldet, die sich im Verlaufe der nächsten Tage auf reichlich 800 erhöhen dürsten. Bei diesem starken Andrang sind die Herren Vertreter dringend gebeten, unverzüglich in Kassel bei Herrn Parteisekretär Fischer, KönigStor 72, ihre Teil nahme am Festessen und an dem für Montag, den 3. Okto ber, in Aussicht genommenen Ausflug nach Hannover- Münden anzumelden. Dem Ortsausschuß in Kassel er wächst sonst eine Arbeitslast, die, sich unmittelar vor dem Vertretertage zusammendrängend, nur schwer zu bewältigen ist. Auch hinsichtlich der Unterkunft wolle man seine Wünsche bei der gleichen Stelle unter Preisangabe sobald wie möglich geltend machen. Stuttgart, 23. Septbr. (Zur Fleischteuerung.) Der württembergische Städtetag hielt heute nachmittag eine Sitzung ak, um zu der herrschenden Fleischteuerung Stellung zu nehmen. Es wurde der Beschluß gefaßt, einen Antrag an die württembergische Regierung zu richten, in dem um sofortige Maßnahmen zur Behebung der Fleischteusrung gebeten wird. Magdeburg, 22. Septembe,. (Zum sozialdemo kratischen Parteitag in Magdeburg) Inder heutigen Sitzung des sozialdemokratischen Parteitages be richtete Abgeordneter Noske-Chemnitz irrer die parlamen tarische Tätigkeit der sozialdemokratischen Reichstagsabge ordneten. Der Redner wies besonders auf die Lebens mittelverteuerung hin, wodurch breite Schichten des Volkes geradezu Hunger leiden und Scharen von Kindern der mittellosen Klasse an Unterernährung sterben. Wenn die Regierung es mit dem Volk gut meinte, dann würde jetzt der Reichstag tagen, um Maßregeln zu treffen, was zu geschehen habe, damit das Volk sich wieder satt essen könne. Der Reichstag müßte auch einberufen werden, um gegen das persönliche Regiment Stellung zu nehmen. Der Kaiser spricht wieder! Wenn der deutsche Kaiser, wie er sagte, „seine Wege gehen will", so haben wir ge wiß nichts dagegen. Wir werden aber seinem Vorschläge, „den Staub von unseren Füßen zu schütteln und dem deutschen Reiche den Rücken zu kehren", niemals Folge leisten, wir werden der Forderung des „Gottesgnaden- tums" und der „absoluten Monarchie" bei unserem Wahl kreise die Reichsprivilegien fordern (langanhaltender stür- mifcher Beifall). Das Volk hat eS satt, sich noch länger das Gottesgnadentum und die absolute Monarchie ge fallen zu lassen. Unsere Wahlparole wird die Lebens mittelverteuerung sein. Wir werden einheitlich und ge- schlossen in een Wahlkampf ziehen und zweifellos einen Sieg davontragen (stürmischer langanhaltender Beifall). In der Debatte klagten die Redner, daß der im Vorjahr vom Parteitag beschlossene Vranntweinboykott in vielen