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Nr. 123. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 18. Oktober 1910. Seite 6. Motivierung zugegeben hat, daß er seit Jahren beim Anblick seltener Kunstgegenstände, namentlich von Kunstblättern und Il lustrationen, das Bedürfnis empfinde, sie zu besitzen und sich nn- zueignen. Er leide an krankhaster Sammelwut. Der Verhaftete soll sich bereit erklärt haben, den angerichteten Schaden, der sich auf tausende Mark belaufen soll, zu ersetzen. 3. Dresden, 17. Oktober. Die Affäre des wegen Diebstahls von Büchern uuo Zeichnungen aus der Königl. Bibliothek und dem Albernnum veryasteten praktischen Arztes rar. Weindter hatte bereits ein Vorspiel. Or. W. war bereits Mher wegen desselben Verdachtes in Untersuchungshaft, wurde aber alsbald wieder ent lassen. Vetzk haben sich die Verdachtsmomente derartig verdichtet, oag avermaks zur Vnyaftnahme des angesehenen Arztes geschritten werden mutzte. Exzellenz vr. Richard Koch -j-. Der frühere Präsident des Rerchsbani» direktoriums. Am Morgen des 15. Oktober verschied in Charlotten burg der frühere Reichsbankpräsident vr. Koch. Der um unsere Volkswirtschaft hochverdiente Mann kam am 15. Sep tember 1834 in KottbuS zur Welt. Er studierte Jura und war zuerst in Danzig, dann in Berlin als Richter tätig. Da er sich während dieser Zeit durch die Veröffent lichung wichtiger juristischer Arbeiten ausgezeichnet hatte, wurde er im Oktober 1870 als Hilfsarbeiter in das preu ßische Hauptbankdirektorium berufen, dessen Mitglied und Justitiar er später wurde. Als dann die deutsche Reichs bank gegründet wurde, trat Koch (am 1. Januar 1876) in das Direktorium ein. Im Mat 1890 wurde er Prä sident des Instituts und blieb bis zu seinem Rücktritt im Jahre 1907 in dieser Stellung. Die Verdienste, die sich dieser hervorragende Kenner aller Bankfragen, beson ders um den Giroverkehr und die Einführung der Gold währung erworben hat, wurden durch eine reiche Fülle staatlicher Ehrungen anerkannt. Nus vsm Sericktssaais. Z Leipzig. (Der Kwileckipr ozeß vor dem Reichs gericht.) In dem Kwileckiprozetz hat das Reichsgericht in Leipzig Termin auf den 23. Februar 1911 angesetzt. Graf Zbigniew- Kwilecki hat gegen das Urteil des Posener Oberlandesgerichts, das ihn zur Herausgabe des jetzt 14 Jahre alten Grafen Josef Kwilccki an die Stationsaufsehersehefrau Cäcilie Meyer in Bote- walt (Mähren) verurteilt hakte, Revision eingelegt. kauptgewinne Der F S. Lanveslotterre. 5. Klasse. — Gezogen am 15. Oktbr. 1910. — Ohne Gewähr. 200000 Mark. 108899. 5000 Mark. 81574. 5000 Mark. 10103 22527 39480 39863 45253 51414 52339 55513 62362 65986 66021 90533 91905 93980 95601 96484 101349 104316 105697 106386 2000 Mark. 2725 6263 7601 8601 15692 15859 16588 16911 17638 19456 25720 25737 28754 33398 35065 36937 37099 45666 59291 60881 60886 66251 70764 76450 81462 90798 97127 97490 102000. MO Mark. 77 2072 11656 17598 19101 20812 24073 24820 27223 29431 30201 32252 32723 34890 37738 42768 47054 47262 48733 49340 52454 56050 57453 57887 58491 64148 66443 67702 68629 69838 73543 76107 76231 76632 77905 78407 79516 83106 83114 83172 83376 84752 84848 86571 92856 93128 93212 94084 96628 98871 109546. 500 Mark. 857 1137 2623 4053 6679 6704 10779 10821 11926 13015 13996 14067 15200 15318 17121 18507 18518 19486 20809 20960 21169 23487 24487 25182 26116 26186 26784 30319 31553 31970 33825 34076 35095 41792 49538 50466 51K11 57709 58005 61533 61862 62646 66783 68660 69084 71165 72410 72475 73620 76254 76489 79268 79993 80948 84800 85121 85926 88913 92082 92629 92682 94336 97284 99029 100126 10l206 109440. Gezogen den 17. Oktober 1910. 5000 Mark. 23355 105028. 5000 Mark. 1417 4954 20221 20833 22921 31702 40511 40525 52614 53473 54039 57156 68231 83657 87576 89687 91449 100925 101695 107733 109099. 2600 Mark. 3309 5036 5047 7269 10593 11075 18539 19009 27766 32217 33454 36171 38460 40654 50013 51634 53269 55996 56870 60176 60199 74310 82141 88756 89697 91290 103513. MO Mark. 1955 1986 3887 4049 8173 8476 10355 12885 13256 13692 13850 18013 20904 22940 23265 24244 26913 28520 29405 31038 32664 35604 36408 38984 39766 39883 39912 44644 45608 47244 47495 49847 53969 57941 61724 61979 62704 66810 68962 70348 73011 73277 74827 77689 80018 81242 83975 87551 87835 91151 91506 91752 92099 92157 95022 97231 97572 100165 102121 104243 106534 108038. 500 Mark. 2449 5043 5413 14996 16633 20622 24825 24970 29213 29392 29526 34359 34687 34808 34978 39131 42027 45021 53117 55606 57035 57173 58709 60454 61757 65275 68318 72484 76135 79850 80272 80722 83961 84333 84711 88912 89210 91419 97754 99145 99284 100159 100267 100994 103470 104809 106493 106736 107644 108464 108740. verNner Sslrsidsbörss. Da die russischen Exporteure heute Zurückhaltung beobachteten und auch wenig Warenangebot sonst vorhan den war, verkehrte Roggen heute fester. Im Anschluß hieran konnte auch Weizen bei stillem Geschäft im Kurse eine Befestigung erfahren. Auf gesteigerte russische For derungen war auch Hafer fester. Mais und Rüböl wa ren bei stillem Geschäft kaum verändert. Dresdner Produkten-Börse, 17. Okt. 1910. Wetter: Schön, Stimmung: Ruhig. Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: Westen, weißer, M, brauner, alter, 74—78 Kilo, M, do. neuer, 75—78 Kilo, 197—203 M, do. feuchter, 73—74 Kilo, 191-194 M, russischer rot 221—231 M, do. russ. weiß M, Kansas — , Argentinier 222—225 M, Australischer — M, Manitoba M. Roggen, sächsischer alter 70—73 Kilo — M., do. neuer 70—73 Kilo, 150—156 M., do. feuchter, 68-69 Kilo, 144-147 M., preußischer 156-160 M., russischer 162-164 M. Gerste, sächsische, 165-180 M, schlesische 180—195 M, Posener 175-190 M, böhmische 205-220 M, Futtergerste 116—124 M. Hafer, sächsischer 167—172 M, do. neuer 160—166, beregneter 144—152 M, schlesischer 165—170 M, russischer loco 160-165, M Mais Cinquantine 178—184 M, alter M,Rund,nais, gelb, 140—143 M, amerikan. Mired-Mais , Laplata, gelb, 140—143 M, do. neu, feucht M. Erbsen, 160-180 M, Wicken, 'ächs. 168-180 M. BuchwelfLN, in' nd,scher 180—85 M, do. s under 120 -185 M Melsaaten, Winterraps, scharf trocken, — , do. trocken do. feucht — . Leinsaat, feine 385-395 M, mittl. 360-375 M., Laplata 380—385 M. Bombay 415 M. Rüböl, raffiniertes 62,00 M. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 11,50 M, runde — - M. Leinkuchen (Dresdner Marken) I 19,50 M,ll 19,00 M. Mast 28,00—32,00 M. Weizenmehle (Dresdner Marken): Kaiserauszng 35,50—36,00 M, Grießlerauszng 34,50—35,00 M, Semmelmehl 33,50—34,00 M, Väckermundmehl 32,00—32,50 M, Erießlermundmehl 23,00 bis 24,00 M, Pohlmehl 17,50—19,00 M. Rogaenmehle (Dresdner Marken) Nr. 0 24,50—25,00 M, Nr. 0/1 23,50- 24,00 M, Nr. 1 22,50—23,00 M, Nr. 2 20,00—21,00 M, Nr. 3 16,00—17,00 M, Futtermehl 12,20—12,60 M, erci. der städtischen Abgabe. westenkleie (Dresd. Mark.): grobe 9,40—9,60 feine 8,80—9,20 Roggenkleie (Dresdner Marken): 10,60—10,80 M. StanSssamts - Nacüricktsn vom 8. bis 14 Oktober 1910. Geburten: Johannes Werner, S. des Goldschmiedes Friedrich Max Reinhardt in Pulsnitz. Brno Martin, S. des Steinmetz Karl klrno Kühne in Niedersteina Liesbeth Blanka, T. des Bahnarbciters Arthur Max Vskar Herrlich in Bischheim. Martha Frieda, T. des Fleischers Ernst Vswald Störr in Ghorn. Johann Willi, S. des Fa brikarbeiters Johann Lygon in Pulsnitz M. S. Max Ulbert, S. oes Fuhrwerksbesitzers Max Urthur Philipp in Pulsnitz. Walter Erhard Heinz, S. des Postsekretcics Erhard Robert Alfred Seifert in Pulsnitz. Paul Willi, S. des Fabrikarbeiters Gustav Paul Hirschfeld in Weiß bach. Lharlotte Irmgard Gertrud, T. der led. Garniererin Marga rethe Gertrud Rentzsch, z. Zt. in Pulsnitz M. S. Eheschließungen: Emil Hermann Schönfelder, Lehrer an der ltönigl. Unteroffiziervorschule in Marienberg, mit Umanda Elsa Ram mer, Haustochter in Ghorn. Friedrich Max Schubert, Eisenbahnassis tent in Dresden, mit Juliane Ulice Garten, Haustochter in Pulsnitz M. S. Friedrich Uugust Ulwin Großmann, Gutsbesitzer in Pulsnitz M. S., mit Emilie Unna Wolf, Wirtschaftsgehilfin in Pulsnitz. Sterbefälle: Johanne Christiane Grundmann geb. Wähner, Ehefrau des Bandwebers Johann Uugust Grundmann in Pulsnitz M.S , S8 I. ff Mon. 25 T. alt. Paul Erich, S. des Fabrikarbeiters Ernst Paul Uckermann in Ghorn, 4 I. z Mon. zs. T. alt. Herbst. — Leis kommt der Herbst gegangen, Die grünen Blätter hangen Nun bunt und matt am Baum. Mir wird das Herz so wehe, wenn ich sie fallen sehe Still — wie nach kurzem Traum. Die Vöglein sie verstummen, Nur noch ein leises Summen Noch durch die Stille drang, Die Ubschiedslieder klingen, Sie prüfen ihre Schwingen; Dann zieh'n sie fort — so lang. Mein weg führt über Stoppeln. Das Vieh dort an den Koppeln Es frißt das letzte Grün. Hin über Nadelwälder Und wiesen, Tal und Felder die Nebelschleier zieh'n. Und auch die Menschenherzen, Mit all' den tausend Schmerzen Durchzieht's wie Ubschiedsweh. Es schied so manches Leben Dafür du deins gegeben; Still — es wird Herbst — adel Ob's uns auch Leid wird l ringen wir seh'n durch Nebel dringen den ewig lichten Strahl; Mit dem uns Gott will ziehen; Daß wir zu ihm nun fliehen SAwird Frühling — auch einmal. e. ?f>gnrendllNer ein neuen öutter-^Latr! Ole ankaltenäe Steigerung 6er Naturbutterpreike Kat mekr unck mekr rur Verwenclung geeigneter kutter- Crlatzmittel unü namentlich 6er Ptlanrendutter-Margarins geführt, von letzterer lln6 delonüers beliebt van den vergh 8 bekannte Marken Palmkrone- -- palmstolr» üle Kelter llaturdutter in jsüer veruenüungrart gleickkommen. Zn allen einlcklüg. Sslctiäkten erhältlich. Anne Marie hat Anträge von allen Selten. Eie ist wirklich nicht in Not um einen Mann." „Da« glaube ich gern. Warum verfällt sie denn aber ge rade auf mich Unwürdigen?" „Erstens weil er der Wunsch ihrer Vater« war — zwei, len« ist Anne Marie sehr praktisch. RelterShof vergrößert ihren Besitz einmal s hr hübsch. Wenn man Geld hineinstecken kann, bringt mar.'« schnell wieder hoch — und eure Kinder —" „Nur langsam, langsam!" Du wärest ein Narr, wenn du dir diese Partie entgehen ließest mein Jungr. Schöner kannst du'« nie treffen. Anne- Marie regiert auf Lehmin trotz ihrer zwanzig Jahr« ganz selb ständig. die Wirtschaft geht am Schnürchen, du brauchtest al« ihr Mann dich nur wenig darum zu kümmern, könntest malen, reisen, deinen Büchern leben. Sie wird dir kein Hindernis in den Weg legen, und da du keine andere liebst —" „Vorläufig allerdings nicht. Die jungen Damen unserer K eise sind meisten« ziemlich alberne Gänschen, und die Maler» mäde! in ihren Lodemöcken und Hemdenblusen sind mir zu schlampig." „Anne-Marie ist keine« von beiden. Sie eine ist ganz große Dame und —" Ich werd' mir'« überlegen, wenn du mich zunächst nach Pari« läßt. Ich will mich mit einer kleinen Zulage begnügen." „Die braucht garmcht klein zu sein. Für Anne,Marie» Bräutigam kratz' ich zusammen, wa« ich nur irgend kann." Georg mußte lachen. „Vater, du bist wirklich gerieben wie ein Wucherer; du legst mir den Strick förmlich um den Hals." „Tu mir den Gefallen und fahre morgen gleich nach Leh, nun hinüber. Wenn du wirklich nach Pari« willst, mußt du dich wenigsten« von Anne-Marie verabschieden." „Unterm Sofa kriecht da wohl gleich ein Standerbeamter hervor, um mich dingfest zu machen?" „Red keinen Unsinn Junge! Komm lieber 'runter, es wird bald Abendbrot gegessen, und die Mutter will gewiß noch mit dir schwatzen." Der alte Strchow war trotz der nur sehr widerwilligen Zu sage seine« Sohne» ganz munter geworden- Seine joviale, san guinische Natur glaubte immer da« beste, und der Erfüllung seine» Herzenswünsche» schienen ernsthafte Hinderniffe in der Tat nicht entgegenzustehen, Am lirbsten hätte er da» junge Paar sogleich fest verlobt und sehr bald verheiratet; wenn der alberne Junge durchaus erst noch ein paar Monate in Pari« h rumbummeln und schöne saubere Leinwand vollklecksen wollte — gut. Anne-Marie war ein verständige« Mädchen, die würde ihm sitzt die Freiheit lassen, umi hn später desto fester ans die Kandare zu nehmen. Ec schob seinen Arm in den de» Sohne», um ihn mitzunehmen. Aber Georg machte sich frei. „Mißverstehen wir un« nicht, Papa", sagte er entschieden. „Ich verspreche dir vorläufig nur, daß ich mir di« Sache überlegen will." „Ja, ja schon recht. Fahr nur morgen hin — da» übrige findet sich." „Du hast wohl gar schon Anne-Marie gesagt, ich hätte sie gern, und wäre uur zu schüchtern ihr meine Gefühle zu gestehen?" Der alt« Stechow wurde sehr verlegen. Da« stand seinem derben, ehrlichen Gesicht so komisch, daß der Soh« trotz seine« Nerger« laut auflachte. „Na, laß nur sein, PapaI" schnitt er die etwa« verworre nen Außeinandersetzungen ab. „Gegen meinen Willen kann selbst die allmächtige Erbin von Lehmin mich nicht heiraten." Al« sie zusammen di« br«ite Treppe, die in den unteren Stock führte, hcrabstiegen, deutet« der alte Stechow auf die aus getretenen Steinstufen: „S«it Jahrhunderten ist rin Geschlecht der Stechow« nach dem anderen diese Treppe heruntergegangen." Seine Stimme schwankte ein wenig dabei. Er richtete die Blick« nach d«r weißgedünchtrn Wand, an der «in Ahnrnbild ne ben dem andern hing. Die Porträt» zeigt«» alle «ine Familienähnlichkeit — derbe, ehrliche Gesichter mit gutgeschnittenen Zügen, blauen Augen und Hellen Haaren. Wie ein Fremder stand Georg von Stechow, der letzte Namen-träger, unter diesen echt germanisch au»sehen- den Vorfahren. Ein leichte« Lachen zuckt« um seinen Mund. „Die Welt geht nicht unter, wenn auch die Stechow» nicht mehr auf Retterihof sitzen und diese Trepp« herauf und herunter stolpern, Papa," meinte er gleichmütig. „Vor Jahrhunderten haben unsere Vorfahren da» Land armen Bauern abgepreßt oder einfach fortgenommen, dafür wirft un» sitzt irgend ein rei cher Industrieller heraus, wenn wir unsere Hypotheken nicht zahlen können. Da» ist nur gerecht." Solche Reden ärgerten den alten Stechow stet» b:S auf» Blut. Er begann eine lange Verteidigungsrede seiner Vorfah ren, aber Georg, der genau wußte, daß sein Vater in der Fa miliengeschichte bi» auf die Kreuzzüge zurückzugehen pflegte, hielt sich lachend di« Ohren zu „Verschone mich, — ich will alle« glauben, wa« du willst. Vermutlich haben di« Stechow» ja nicht mehr getan, wie and«re Raubritter dermaleinst auch. Warum habt ihr übrigen» RetterS- hof nicht zum Fideikommiß gemacht — wenn der Gedank« an eincn Verkauf dir so fürchterlich ist?" „Weil nie Geld genug da war, mein Junge. Heutzutage spinnt man keine Seide mehr bei der Landwirtschaft." „Und jetzt soll ich der Notnagel sein, de« in die wackelig« Geschichte eingeschlagen wird I Wa» sagt denn di« Mutter zu diesem Plan?" „Ausnahmsweise ist sie einmal ganz mit mir einverstanden," versicherte der alte Stechow stolz. „Frag sie nur selber." (Fortsetzung folgt.)