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62. Jahrgang. Sonnabend, dm 29. KKLoöer19I0. > IM>I»NIMIi«II III UM »n Illlllk NIMNIIM I I Gegen die offene Handelsgesellschaft in Firma § 8, Sckölzsl S 3obtt in Bretnig Wird ein allgemeines DeräußerungsverboL erlassen. PulSnitz, am 28 Oktober 1910 ^önWickss ^mlsgsricdt. VeliümrtiiillchWg. Der auf den 8. vovsmbor S. Z. fallende Vlskmarkt in Pulsnitz NnSst wegen Seuchengefahr nickt statt. Pulsnitz, am 29. Oktober 1910 Oer Ktaütral. Or. Michael, Bürgermeister. Müller n. e. 8 L. K. Der König von Griechenland erbat zweimal den Be such von Teotokis und Nhallis. Beide lehnten dies jedoch ab, da sie sich nicht mehr als Ratgeber des Königs fühlten. Riesenmeeting, in dem es zu jubelnden Ovationen für Deutschland und seinen Kaiser kam Wilhelm I!. wurde als Beschützer des Islam gefeiert und in einem Huldigungs telegramm gebeten, auch seine Hand über Persien zu hal ten. DaS Letztere dürfte nun freilich nicht geschehen, aber man geht wohl in der Annahme nicht fehl, daß der eng lische Vorstoß sicherlich nicht in letzter Linie gleichzeitig beabsichtigte, dem wirtschaftlichen Vordringen Deutschlands in Vorderasien einen Damm entgegenzusetzcn. England möchte lieber heute denn morgen das Reich des „Schah in Schah" zur Teilung bringen, wobei es Absichten auf Südpersien hat, man möchte vielleicht gern noch mehr, aber in dieser Hinsicht sind England die Hände durch den Vertrag mit Rußland gebunden. An der Newa würde man augenblicklich eine derartige Wendung der Dinge in Persien kaum gern sehen, und man ist, wenn auch be hauptet wird, daß Rußland der englischen Drohnote zu- gesttmmt habe, von dem englischen Vorgehen kaum son derlich entzückt. Rußland muß hierbei zu seinem Leid wesen sehen, daß England als Freund immer nur für die eigene Tasche sorgt, eine Einsicht, die vielleicht für den Besuch des Zaren in Potsdam nicht ohne Einfluß sein und einer erneuten Annäherung Rußlands an Dsutsch- lano und Oesterre.ch leichtlich die Wege ebnen kann. Den Franzosen macht nicht nur die türkische Anleihe frage große Kopfschmerzen, sondern man hat jetzt auch im Innern wieder einmal genug zu tun. Die Kammer ist in dieser Woche nach mehrmonatlicher Ferienpause zu sammengetreten, um die eigentliche parlamentarische Kam pagne zu eröffnen, und es wäre begreiflich, daß man so fort auf das jüngste große Ereignis bei den Erörterungen zurückkommen würde. Es war vorauszusehen, daß die recht zahlreichen Gegner des Kal inettS Briand dis Gelegen heit benutzen würden, das Verhalten der Regierung beim Eisenbahnerstreik anzugreifen, und nach dem bisherigen Stande der Dinge scheint es tatsächlich zu einer Kabinetts krisis kommen zu wollen. Nach allem, was man hört, ist der Arbeitsminister Viviani mit den Maßnahmen des Ministeriums nicht vollständig einverstanden gewesen, und an diesem Punkt wird von den Regierungsgegnern ein gehakt, um gegen Briand Sturm zu laufen. Vst der Wankelmütigkeit der Franzosen kann der Sieg des Kabi netts gegen die Melkenden Eisenbahner leicht zu einem Pyrrhussiege werden. Eine Krisis hat in dieser Woche auch Griechenland durchgemacht. Das anfänglich mit großem Beifall be grüßte Kabinett Ventselos fand in der Kammer nicht ge nügende Unterstützung, worauf das Ministerium nicht zögerte, dem Könige seine Dimension zu unterbreiten. Dieser wollte aber in einer so schweren Stunde eines starken Mannes, wie Veniselos, nicht entbehren, er lehnte das Gesuch ab und gab dem neuen Ministerpräsidenten weitgehendste Vollmacht. Dieser zögerte denn auch nicht, mit fester Hand einzugreifen, er löste sofort die National versammlung aus, unbekümmert um das Wutgeschret seiner Gegner, die ihm Verfassungsbruch und andere schöne Dinge vorwarfen. Herr Veniselos läßt sich aber dadurch in keiner Weise beirren, er scheint der starte Mann zu sein, dessen Griechenland jetzt unbedingt bedarf, wenn es ge sunden will. Ein parlamentarisches China! In Peking tagt augen blicklich eine Kommission, welche die Schaffung einer kon stitutionellen Verfassung sür China in die Wege leiten soll und bereits den Beschluß gefaßt hat, den Kaiser zu ersuchen, in binnen kürzester Frist ein aus der Bevölkerung zu wählendes Parlament zu schassen. China will mit einem Male einige Jahrhunderte, die es noch zurück ist, überspringen, und ein moderner Staat werden, vielleicht in der Hoffnung, eine ebensolche Entwicklung durchzu- *) Vorstehende stimmungsvolle Umdichtung des 96. Psalmes entnehmen wir mit Erlaubnis des Dichters seinem „Deutschen Psalter", dessen 4. Auflage demnächst in der Niederlage des „Vereins zur Verbreitung christlicher Schriften" (Dresden, Johannesstr. 17) er scheint. Vorsitzender des Vereins ist Herr Oberhofpreöiger v. Dibelius. — LcformniiVlLstffü Psalm 96. Nun singt dem Herrn ein neues Lied! Singt ihm, soweit der Welt Gebiet, Denn unser Gott tut Wunder! Rühmt Tag um Tag das Heil des Herrn, Denn seiner Gnaden lichter Stern Geht über uns nicht unter! Weiset, preiset hoch die Werke, Seine Stärke allen Heiden! Kündet seine Herrlichkeiten! Denn groß ist Gott, der Gott des Lichts, Vor ihm sind alle Götter nichts, Doch er ist hochzuloben. Der hin die Götzen stürzt mit Schmach Und hat der Himmel Säulendach Mit Macht emporgehoben, Der sich herrlich hat durch Taten Voller Gnaden uns enthüllet Und mit Pracht den Tempel füllet. Ihr Völkerscharen kommet her Und gebt ihm seines Namens Ehr, Geht ein zu seinen Hallen! Und opfert Gaben und Gebet! Hoch preiset seine Majestät Und laßt uns niederfallen! Neigt euch, beugt euch ihm zu Fuße In der Buße Festgewande. Zittert vor ihm alle Lande. Ruft jubelnd in der Heiden Zelt: Jehova ist der Herr der Welt Und König aller Reiche! Er hält beständig seinen Bund, Er stellet fest der Erde Grund' Daß sie nicht wank' und weiche! Scheue, freue dich und werde Licht, du Erde, jauchzt ihr Himmel Mit der Sterne Glanzgewimmel! Es kommt der Herr und er kommt bald. Brecht aus in Jubel, Feld und Wald! Frohlocket all ihr Bäume! Ihr Bäche singet allzumal! Vor Freude hüpfe Berg und Tal, Das Meer erbraus und schäume! Sichte, richte, Herr, die Erde, Deine Herde hoch erfreue Durch Gerechtigkeit und Treue! Das MchiWe. Der Lenkballon L vi, der gestern vormittag V-1I Uhr in Johannisthal aufstieg, landete um 2 Uhr 15 Minuten in Schwerin und trat um 3 Uhr 26 Mi nuten die Weiterreise nach Kiel an. In der Situation des böhmischen Ausgleichs ist durch die Forderungen der tschechisch-radikalen Partei eine Trübung eingetreten. Eine französische Militärmission, deren Mitgliedern die griechische Nationalität verliehen wurde, geht demnächst nach Athen. MilWc Wochenschau. Es wird ost betont, daß die Politik heute nicht mehr an den Höfen und in den Staatskanzleien gemacht werde, sondern von den Völkern Dies ist bis zu einem gewissen Grade richtig, gleichwohl aber läßt sich nicht leugnen, daß die maßgebenden Persönlichkeiten doch durch ihr gan zes Verhalten den Gang der Dinge wesentlich beeinflussen können. Ist doch zur Genüge bekannt, wie Eduard VII. von England der eigentliche Träger der Politik gewesen und diese in ganz andere Bahnen gelenkt hat, die an fänglich der eigentlichen NolkSstimmung kaum entsprachen. Nicht minder bekannt ist die Anteilnahme Wilhelm II. an der Politik Deutschlands, und wir haben eS mehr wie einmal erlebt, daß Beschlüsse und Unterredungen des jetzigen Kaisers von großer Bedeutung gewesen sind. Der Besuch am belgischen Hofe, der in dieser Woche stattge funden hat, stellt sich äußerlich als eine Erwiderung der Antrittsvisite König Alberts dar; indessen wird man sich nicht verhehlen können, daß das Auftreten der gewinnen den Persönlichkeit Kaiser Wilhelm II. ganz dazu angetan sein kann, in politischer Hinsicht eine größere Intimität in den Beziehungen beider Nachbarländer herbetzuführen. In Belgien wird, zum Teil durch Frankreich sehr beein- flußt, mächtig gegen eine Annäherung an Deutschland gear- beitet, und diese Strömung hat einen nicht unbeträcht lichen Anhang, obwohl in wirtschaftlicher Hinsicht beide Länder auf das Engste miteinander verknüpft sein müßten. Der Warenaustausch ist ein beträchtlicher und übertrifft den in anderen Ländern um ein ganz Bedeutendes, und irgend welche Trennungsmomente sind in keiner Weise gegeben. Trotz alledem wird mit den unlautersten Mit teln danach gestrebt, ein engeres Verhältnis nicht auf kommen zu lassen, indem man es nämlich so darstellt, als ob Deutschland ein Auge aus Belgien geworfen habe und darauf ausgeh?, das Land bei gegebener Gelegenheit zu okkupieren. Leider ist Nichts zu dumm, als daß es nicht geglaubt würde, und so findet dieses Märchen sehr zu unserem Schaden vierfach Glauben, ohne daß die auf richtigsten Beteuerungen von deutscher Seite hierin einen Wankel schaffen können. Vielleicht wird der Besuch des Kaisers ein gutes Gedenken hinterlassen, einen Wechsel in den Anschauungen hsröeiführen, indessen kann diese Hoffnung nach der Lage der Sache nur eine geringe sein. Deutschland erfreut sich nun einmal nirgends großer Beliebtheit, außer bei der verbündeten Donaumonarchie, und nicht einmal in Italien ist man von den „Tedeschi" so sehr erbaut. Welcher Beliebtheit wir uns erfreuen und wie man allerwärts versucht, uns Steine in den Weg zu legen, zeigt die Orientfrage. Aus Neger darüber, daß der deutsche Einfluß am Goldenen Horn wieder im Steigen begriffen ist, hat man in Paris bekanntlich der türkischen Anleihe die größten Schwierigkeiten gemacht, eine For derung nach der anderen aufgestellt und ist schließlich in diesem Uebsrmaß zu weit gegangen, so daß türkischerseits erklärt wurde, bis hierher und nicht weiter. DfiS konnte man umsomehr, als die Hoffnung keine falsche war, daß von anderer Seite Hilfe kommen würde, und diese war sehr schnell zur Stelle, indem deutsche und österreichische Bankgruppen sich der Türkei zur Verfügung stellten. Unsere Freunde haben dadurch das Gegenteil von dem erreicht, was sie ursprünglich beabsichtigten, und welche Stimmung jetzt am Bosporus herrscht, zeigte deutlich das Pulsnitzer Wochenblatt Pelegr.-fldr.: ^Wochenblatt Pulsnitz §ernsprecher: Nr. 18. Vezirks-Anzeigsr und Zeitung erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. Matt Km-S dss l^ömgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz e- x PU, lo-vUs? umfassend Lis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Bretnig, Bauswalds, Ohorn, Oberstsina, Dieder- sttlUSUtUil IUI OLIi rriiupgol u PUiolUtz, stsina, Weißbach, Obsr-u.Disderiichtsnau,§risdersdork-1'hiemsndork, Mittelbach, Orohnaundork, Lichtenberg, tzlsin-Dittmannsdork. Verantwortlicher Nedaktsur: I. W. Mohr in Pulsnitz. Expedition: Pulsnitz, iZismarckplatz Nr. 265. Druck und Verlag von S. L. §örstsr's Lrbsn (Inh.: I. W. Mohr). Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Dis fünf mal gsspaltsns Seils oder deren Naum 12 pk., Lokalpreis 10 pk. Nsklame 25 Pf. Lei Wiederholungen Nabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. Lrküliungsort ist Pulsnitz. Mit „Iliustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft licher Beilage" und „§ür Saus und Berd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, Lurch dis Post bezogen Mk. 1.41.