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Nr. 102. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 30. August 1910. Seite 3. zum selbstischen Rechner. Die Zahl der ersteren zu meh ren, ist jedes dazu veranlagten Staatsbürgers Ehrenpflicht, und einen bedenklichen Mangel an Charakter zeigt es, wenn solche, die durch tr'ftige Gründe nicht daran ge hindert sind, sich ihr entziehen und andre für sich arbeiten lassen." Eine in Wahlzeiten besonders beachtenswerte Mahnung. Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. August. Die Ur teile der Presse über die Königsberger Kaiserrede könnten auch schäfer lauten und es ist ein Unterschied in den Pretzstimmen nur zu konstatieren nach dem Maße der Rücksicht, das jedes einzelne Preßorgan auf die inter nationale Höflichkeit nehmen zu müssen glaubt. Die .Wiener Neue Freie Presse" schreibt: Das Deutsche Reich kann in unseren Tagen nur ein Rechtsstaat sein. Wer duldsam ist, kann sich an dem GotteSgnadentum wenig stoßen und dieses verblichene Denkmal längst vergangener Zeiten historisch begreifen. Allein selbst die Frommen und Gläubigen können das Gottesgnadentum nicht mehr auf die Monarchen allein beschränken und werden zugeben, daß auch die Völker ihre Bestimmungen haben, daß dem Willen des Einzelnen feste Schranken im Reiche gezogen sind Der deutsche Kaiser muß besonders vorsichtig sein und ist dauernd von Feinden umgeben. Er als drr Erste unter den Bundesfürsten kann nur durN eine ruhige und stetige Politik sich über die ihn bedrohenden Gefaffen hinweghelfen. Das nutzlose Herumwühlen in den zartesten Beziehungen, die Mystik auf dem neuen Kaiserthron und im vollen Sonnenschein der Gegenwart dieses Frömmeln in der Stadt, wo Kant seine über die Jahrhunderte hinaus leuchtende Fackel anzündete, wirken zum mindesten absonderlich Kaiser Wilhelm ist scharf in den Vorder grund der Tagespolitik getreten Das ist nicht gut für Deutschland. — Das „Neue Wiener Tageblatt" schreibt: Viel und lebhaft wird in den folgenden Tagen Herr von Bethmann Hollweg apostrophiert werden ob der in Königsberg aufgeworfenen Doktorfrage willen. Wenn Kaiser Wildelm erklärt, er betrachte sich als Instrument des Herrn und gehe ungehindert um Tagesmeinungen seinen Weg, so verhält sich dieses Wmt zu einem taktischen die Verfassungspolitik beeinflussenden Programm, wie eine private Regung, die außerhalb der historischen Verant wortlichkeit steht, zu der wirklichen Regierungsmaschinerie. Wenn Kaiser Wilhelm bisher als Kaiser und König tat sächlich auf diesem Standpunkt weiter verharrt, so ist leicht anzunehmen, er wolle tatsächlich die Volksrechte regieren. — Das offiziöse Fremdenblatt schweigt völlig und zitiert nur die Pretzstimmen aus Deutschland. — Das „Neue Wiener Journal" schreibt unter dem Titel: i Also sprach Kaiser Wilhe'm!: Da? Instrument de? Herrn ! hat einen falschen Ton von sich gegeben. — Die „Zeit" kritisiert die Beredtsamkeit des Hauses Hohenzollcrn in einem Artikel über: Vater und Sohn, und schließt: Die romantische Entwicklung des Deutschen Kaisers bildet vielleicht für ihn ein unentbehrliches selischeS Gegenge wicht gegen die nüchterne KriegSpolitik, die er betreibt, so, wie das deutsche Volk eS will. Eine darüber hinaus gehende, namentlich eine politische Bedeutung, haben die Kaiserworte sicherlich nicht. An dem Gange der prak tischen Politik des Deutschen Reiches haben alle roman tischen Reden des deutschen Kaisers bisher noch nicht das Geringste geändert und die seines Sohnes werden es sicher noch viel weniger vermögen. — Die Arbeiterzeitungen variieren Wilhelm — Busch: Nun spricht er wieder, Gott sei Dank! Und spricht und sagt die ganze mystische Hohenzollernlegende der Volksschul- und Gymnasialbücher, die merkwürdigerweise im ganzen Deutschen Reiche nur einer zu glauben scheint: der Kaiser selbst. Man soll es ihm doch gönnen und sich stillvergnügt darüber er götzen. England. Loudon, 29. August. (Daily Telegraph und die Kaiserrede.) Bezüglich der Kaiserrede in Königsberg widerspricht der Daily Telegraph der Ansicht, daß Kaiser Wilhelm durch diese Rede den Fürsten gegen über sein gegebenes Versprechen gebrochen hätte und be hauptet, daß dieses Versprechen sich nur auf die Bespre chung von Angelegenheiten internationalen Charakters beziehe. Der Artikel schließt mit den Worten: Wir können nicht denjenigen beistimmen, welche den deutschen Kaiser anklagen, den Versuch zu machen, einen alten abgebrauchten Despotismus wieder neu herzustellen; wir ziehen eS vor, ihn als eine große begeisterte Persönlichkeit zu betrachten, bei der Beurteilung der Worte derselben müssen die weit sichtigen Bestrebungen und der glühende Idealismus des Charakters berücksichtigt werden. Montenegro. Cetinjc, 29. August. (Das jüngste Königreich.) Der Fürst hat den Antrag der Skupschiina auf Erhebung Montenegros zum Königreiche genehmigt und den Titel Nikolaus I, König von Serbien, angenom men. Heute werden die Vertreter der fremden Staaten durch eine Note der montenegrinischen Regierung von der Erhebung Montenegros zum Königreiche offiziell in Kennt nis gesetzt werden. Cetinje, 29. August. (Königsproklamation.) Mit einer feierlichen Festsitzung der Skupschtina und einem Gottesdienst in der historischen Kirche fand gestern die Proklamation des Fürsten Nikita zum König von Monte negro statt. Der König und die Königin von Italien, der Kronprinz von Serbien und die anderen Fürstlich keiten nahmen an der Feier teil. Die Begeisterung der Bevölkerung ist grenzenlos. Während des Empfanges der deutschen und ungarischen Journalisten wies Fürst N kita mit bewegten herzlichen Worten auf die große kul turelle Bedeutung Deutschlands hin, dem viele Monte negriner ihre Ausbildung verdankten, sowie auch auf das Wirken feines geliebten Kaisers. »us aller Welt. Berlin, 29. August. (Weitere choleraverdäch tige Fälle in Spandau) In Spandau sind heute mittag zwei weitere Personen unter choleraverdächtigen Umständen erkrankt: der Desinfektor Hermann Neumann und der Polizeisergeant Robert. Beide wurden gleichfalls sofort nach der Isolierbaracke des Krankenhauses gebracht, während ihre Familien unter strenge Quarantäne gestellt wurden. — Nach amtlicher Auffassung liegt, wie aus dem Regierungspräsidium in Potsdam mitgeteilt wird, zurzeit kein Grund vor, dis Stadt Spandau für cholera verseucht zu erklären, weil man die bisherigen Erkran kungen auf einen Ansteckungsherd zurückführt. Hamburg, 29 August. (Für 750000 M Aktien verkauft.) Für 750000 M Aktien verkauft wurden in Beisein zahlreicher Bankiers, Makler und Börsenagenten aus Hamburg und Altona heute mittag im Königlichen Amtsgericht durch den Gerichtsvollzieher Arndt auf Ver anlassung der Haus- und Grundbesitzer A.-G. ES standen zur Auktion 50 Aktien der Transatlantischen Reederei, für die 15100 M gezahlt wurden, ferner 50 Aktien der Springer Kalk Werke, für die 10400 M gezahlt wurden, 50 Aktien der Vereinigten Tabak-Industrie, für die 15 000 M, 200 Aktien der Blankenese Marienhütte, Terrain A-G., für die 105 500 M, 400 Aktien der Ver- einigten Mosaik-Plattenfabriken Friedland, für die 316000 Mark gezahlt wurden. Sämtliche Aktien wurden von dem Direktor Grimm der Haus- und Grundeigentümer- bank zum Gesamtpreise von 462000 M erworben. 150 Aktien der Jutespinnerei und Weberei Hansa sind aus der Auktion zurückgezogen worden. Teplitz, 29. August. (Deutsch-tschechische Schlä gereien.) Während des gestrigen tschechischen Sokol festes in Lobosts und eine? gleichzeitig gefeierten deutschen Volksfestes kam eS zu ernsten Prügeleien. Eine tausend köpfige Menge drang, die „Wacht am Rhein" singend, zum Narodny-Dom vor, wurde jedoch van Gendarmen zurückgeworfen. Bei der Abfahrt der Sokolfften entspann sich am Bahnhof ein förmlicher Kampf. Einige Deutsche wurden durch Messerstiche verletzt. Da die vorhandenen 50 Gendarmen nicht auSretchten, wurde schließlich eine Schwadron Kavallerie aus Theresienstadt requiriert, worauf die Ruhe wieder hergestellt wurde. Warschau, 29. August. (Verhaftung deutscher Luftschiffer in Rußland) Ein deutsches Luftschiff, das am Sonnabend in Berlin aufgestiegen war, mußte am Sonntag nachmittag im Walde beim Dorfe Dlutow im Kreise Lask (Gouvernement Peirtkau) wegen starken Windes und Regens landen. ES wurde stark beschädigt und die Ballonhülle von Bäumen zerrissen. Die russische Kreisbehörde aus Lask erschien an Ort und Stelle und nahm ein Protokoll auf. Von den drei Insassen gaben zwei an, sie seien deutsche Generalstabsoffiziere, der dritte ist ein Jngenieurtopograph. Da man bei ihnen Auf nahmen von verschiedenen polnischen Städten des Gou vernements Kalisch und Petrikau sowie chiffrierte Notizen fand, wurde das ganze Material beschlagnahmt. Die drei Herren wurden verhaftet, mit dem verpakten Ballon nach Lask gebracht und dort interniert. Alle Dokumente wurden zur Prüfung an den Generalstab in Warschau geschickt. — Wie der Berliner Verein für Luftschiffahrt mitteilt, handelt es sich hier um den Ballon „Herald", der am Sonnabend in Schmargendorf mit Ingenieur Gericke und Rechtsanwalt Cords aufgestiegen ist. London, 29. August. (Unwetter in England.) Seit drei Tagen wütet ein fürchterlicher Sturm an der englischen und irischen Küste. Zahlreiche Schiffsunfälle werden berichtet. Das Baggerschiff „Walter Glynn" der Mersey-Dock Co. ist mit Mann und Maus gesunken. Das Torpedoboot Nr. 13 aus Portsmouth ist bet Firth of. Clyde gestrandet, desgleichen der Torpedobootszerstörer „SucceS" an der Küste der Grafschaft Dumbarton. Der Dampfer „Cambria", welcher den Verkehr zwischen Eng land und Irland versteht, ist durch den hohen Wellen gang und den starken Sturm schwer beschädigt worden. Ein Matrose wurde über Bord gespült und ist ertrunken. Infolge der heftigen Regengüsse haben in der Grafschaft RoScammon (Irland) Erdrutsche stattgefunden. Die Ein wohner mehrerer großer Ortschaften verlaffen panikartig ihre Wohnungen. Auch in London hat der sintflutliche Regen großen Schaden angerichtet. Die Paketdampfer sind in den letzten 48 Stunden mit großen Verspätungen eingetroffen. Mailand, 29. August. (Entdeckung eines Kom plottes.) „Corriere della Sera" berichtet aus Buenos- Ayres über die Entdeckung eines Komplottes. Hiernach soll die Regierung in Corboda eine revolutionäre Bewe gung entdeckt haben, welche von der radikalen Partei organisiert wird. Die radikale Partei beabsichtigt unter Mitwirkung der Offiziere der aktiven Armee die Revolution zu proklamieren. Soldaten und Offiziere bleiben in den Kasernen zusammengezsgen. Die Regierung hat die um fassendsten Sicherheitsmaßregeln getroffen, um einen Putsch zu verhindern. Die Polizei übt eine scharfe Auf sicht über die führenden Persönlichkeiten der radikalen Partei aus. Ameke direkte Meldungen von Hirsch's Telegraphen-Bureau Berlin, 30 Augnst. Während die Sanitätsbehörden bemüht sind, den Ursprung der Spandauer Cholerafälle zu ermitteln, ist gestern aus dem Norden Berlins ein choleraverdächtiger Todesfall gemeldet worden. Am Sonn tag abend erkrankte der in der Oderbergstraße wohnende Hausdiener Otto Vogt an choleraverdächtigen Erscheinungen, die sich im Laufe der Nacht so steigerten, daß am Mon tag früh der Tod eintrat. Unter den gebotenen Vorsichts maßregeln wurde die Leiche des Mannes nach dem Schau hause gebracht. Die zur Zeit noch gesunden Mitglieder der Familie, eine Frau, zwei Kinder und eine Schwägerin, wurden isoliert und zur ärztlichen Beobachtung nach dem Rudolf Virchow Krankenhaus gebracht. Berlin, 30. August. Ueber die Spandauer Cholera fälle ist noch zu berichten, daß der Polizeimann Robert nicht an Cholera leidet. Vielmehr steht fest, daß Robert an einem Darmleiden erkrankt ist. Der Zustand des an Cholera ssislics erkrankten Hilfsrevisors Sarnow hatte gestern nachmittag eine Besserung erfahren, dagegen stand eS mit dem unter Choleraverdacht eingelieferten Kranken wärter Naumann recht schlecht, sodaß die Aerzte für ihn das schlimmste befürchten. Danzig, 30. August. Bei dem Diner, das gestern abend in Marienburg für die Provinz Westpreußen auf dec Marienburg stattfand, brachte der Kaiser einen Trink- spr >ch auf die Provinz Wefiprcußen aus. in dem er zur friedlichen Mitarbeit sämtliche Berufsstände aufforderte. Abends 9 Uhr ist das Kaiserpaar nach Berlin abgereist, wo es heute früh 7>° Uhr auf dellt Bahnhof Fciedrich- straße einlceffcn wird. Laibach, 30. August Im hiesigen Garnisonshospital sind einige choleraverdächtige Fälle festgestellt worden. Wien, 30. August. König Friedrich August von Sach sen besuchte gestern die Wiener Jagdausstellung. Zum Empfange hatten sich im deutschen Jagdschloß der säch sische Gesandte Graf Rex, der Präsident der Ausstellung, Herzog von Rattbor, und der Chefarchrtekt Hans Alfred Richter eingefunden. Der König zollte der Ausstellung hervorragendes Lob und war besonders über die Nach bildung des Moritzburger Saales hocherfreut. Sämtliche Herren wurden später zur Frühstückstafel geladen. König Friedrich August reiste abends 8 Uhr nach Dresden weiter. London, 30. November. Seit einigen Tagen sind im Westen von Schottland und im Norden Englands schwere Wolkenbrüche niedergegangen, die großen Schaden ver ursacht baben. Aus verschiedenen Gegenden werden Ueber- schwemmungen und vollständiger Verlust der Ernte ge meldet. Konstantinopel, 30. August. Gestern kamen in der Stadt zwei Cholerafälle vor, von denen einer tödlich verlief. Konstantinopel, 30. August. Die Pforte überreichte gestern den Schutzmächten eine Note, in der sie erklärt, daß sie die Wahlen der Kretenser zur griechischen Natio nalversammlung und ihre Bestätigung für einen feind lichen Akt Griechenlands gegen die türkischen Rechte aus Kreta ansehe. Sie richtet an die Mächte die Bitte, da hin zu wirken, durch eine entgültige Lösung der Kreta frage die Gefahr eines Krieges abzuwenden. „Seit 3 Jahren litt ich an einem heftigen, häßlichen Gefichts- ansschlag Schon nach 3 tägigem Gebrauch von Muckers Patent-Medinnat-Seife war der Erfolg augenfällig. Die Pickel trock neten ein und es bildeten sich keine neuen mehr. Nach Verbrauch von 2 Stck. war meine Haut vollständig rein. P. N. in Crefeld" L Stck. 50 Pf. 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Nur Mäusen »Ratten schädlich, Haus tieren nicht. "Max Hentsch, Ctr-Dr. I I UMruM-kLksH I W R. Selbmann, Neumarkt 294. W vresvnsr Scblacbtvled kokpreiss am 29. August (910. Zum Auftrieb waren gekommen: (82 Vchsen. 2 t 1 Kalben und Kühe, 329 Bullen, ;?z Kälber, (225 Schafe, (Z6l Schweine; zusammen 5^76 Schlachtstücke L» erzielten für je 50 Kilo. Vchsen Lebendgewicht 50—52 m Schlachtgewicht sz—89 m Kalben und Lebendgewicht 26—95 m Kühe Schlachtgewicht 55—7? m Bollen Lebendgewicht 55—98 m Schlachtgewicht 65—?9 m Kälber Lebendgewicht 95—57 m Schlachtgewicht 75—87 m Schafe Lebendgewicht Schlachtgewicht 59—zr m 78—90 m Schwein- Lebendgewicht 97—55 m Schlachtgewicht 65—7( m