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vsutsÄrsr Nsicbstag. Der Reichstag setzte am Sonnabend die Beratung des Mili täretats beim Kapitel Artillerie und Waffenwesen fort. Abg. will (Zir.) besprach die Arbeiterverhältnisse in elsässischen Betrie ben, desgleichen der Abg. Boehle (Soz.). Abg. Pauli-Potsdam (kons.) hielt die Arbeiterclusschüsse mit den geltenden Befugnissen für eine illusorische Institution. Abg. Görcke (ntl.) hält eine Bezah lung der Arbeiter nach ihren Leistungen für erforderlich. Auch in der weiteren Debatte wurden lediglich Arbeiterverhältnisse in den Militärwerkstätten besprochen. Die Debatte spitzte sich schließlich auf eine Erörterung über die Behandlung und die Lohnverhält nisse der Angestellten der „Vorwärts"-Druckerei zu; hier kam es wiederholt zu lebhaften Zusammenstößen zwischen den Abgg. Görcke (ntl.) und Fischer-Berlin (Soz.). Vom Regierungstische aus wurde durch den Mund des Oberst Wandel versichert, daß die Wünsche der Arbeiter am besten auf dem Wege über die Ar beiterausschüsse zur Geltung gebracht werden. Fernstehende Or ganisationen dürfen sich in die internen Verhältnisse der staatlichen Betriebe nicht einmischen. Die von einigen der Redner gewünschte endgültige Regelung der Pensionsverhältnisse habe bis zur Erledi gung der Reichsversichcrungsordnung zurückgestellt werden müssen. Die weitere Erörterung trug mehr lokalen Charakter. So wurde der Titel neue Schießstände bei Düsseldorf auf Antrag v. B^ern (kons.) entgegen dem Kommissionsbeschlusse mit den Stimmen der Konservativen und Liberalen bewilligt. Auf Befragung des Abg. Becker-Köln (Ztr.) teilte Reichsschatzsekretär Wermuth mit, daß ein Gesetzentwurf über die Beitragspflicht des Reichs zu den Lasten der Gemeinden in wenigen Wochen dem Reichstage zugehe werde. Damit war die 2. Lesung des Militäretats beendet. Nunmehr er griff ber preußische Kriegsminister von Heeringen das Wort, um zunächst gegen die gestrige Aeußerung des Abg. Ledebour (Soz.): „Auch er kneift" Verwahrung einzulegen und daneben einmal fest- zustetteu, daß die vom Abg. Ledebour am Schlüsse der Freitags- sitzuug herangezogene allerhöchste Kabinettsorder von 1798 gefälscht sei, um zweitens noch einmal zu betonen, daß seine Worte am 29. Januar nur die verhängnisvollen Folgen haben ausmalen dolleig die in Kurhessen eingetreten seien, weil sich die Armee in ie inneren Verhältnisse des Landes eingemischt habe und um end- ch demgegenüber zu stellen, daß die Waffenerfolge des preußischen Heeres in den Jahren 1864 mW 1866 nur möglich gewesen seien, weil sich die Armee zuvor von den Parteikämpfen nicht habe be einflussen lassen. Der Abg. Ledebour (Soz.) suchte das damalige Verhalten der kurhessischen Offiziere nochmals als Vorbild hinzustellen. Der Reichstag trat am Montag in die erste Lesung des Kali gesetzes ein. Preußischer Handelsminister Shdow begründete die Vorlage. Die im Kalibergbau bestehenden Verhältnisse seien ei genartig. Die Rentablität der einzelnen Werke sei durch dis wach sende Konkurrenz gesunken. Die Industrie sei selbst zu der Ueber- zeuguug gekommen, daß ein gesetzliches Eingreifen nötig sei. Ein besonders vom Auslände begehrter Schatz müsse behütet werden; das liege vor allem im Interesse der Landwirtschaft. Diese würde durch die Nichtannahme des Gesetzes Schaden leiden. Abg. Heim (Ztr. bielt das Gesetz für ein Privatmonopol mit Staatshilfe. Die Wirtschaftspolitik des Syndikats sei aber zu verurteilen und das Problem, wie der Jnlandsabnehmer vor zu hohen Preisen des Syndikats zu schützen sei, müsse in der Kommission gelöst werden. Abg. Frhr. v. Gamp (Rp.) gab der Besorgnis Aus druck, daß das Gesetz einen Zusammenbruch der Kaliindustrie noch beschleunige Landwirtschaft und Industrie seien gegen zu hohe Preise zn schützen. Redner hoffte, daß es trotz großer Be denken zu einer Verständigung darüber kommen werde. Abg. Gothen» (srs. Vgg.) hatte ein solches Gesetz nicht erwartet und hielt die Notlage in der Kaliindustrie durch deren Preispolitik verschuldet. Der Kaliverkauf müsse dem freien Wettbewerb au heimgegeben werden Preußischer Handelsminister Sz>dow erwi derte, die Regierung könne sich nicht zu einer Politik entschließen, die auf den Ruin vieler Kaliwerke hinauslaufe. Vom Scheitern des Gesetzes weide nur das Ausland Vorteile haben. Von einem Ausfuhrzoll wolle die Regierung aus allgemeine,» handelspoliti schen Bedenken Abstand nehmen. Uebrigens habe Abg. Gothein vertrauliche Mitteilungen des verstorbenen preußischen Handels ministers Vreseld an die Oeffentlichkeit gebracht, und dies könnte nicht scharf genug mißbilligt werden. Nachdem der preußische Oberberghanvtmann von Velsen einige Angriffe Gothains auf die preußische Bergverwaltung zurückgewiesen hatte, stellte sich Abg. Hausmann-Hannover (nl.) der Vorlage in Anbetracht der besonderen hier vorliegenden Verhältnisse freundlich gegenüber. Abg. Nr Raesicke (kons.) stellte als Ziel die Fortdauer des Zu standes hin, daß das Inland niedrigere Kalipreise genieße als das Ausland. Diese Preispolitik habe das seitherige Kalisyndikat dan kenswerter Weise verfolgt im scharfen Gegensätze zum Kohlensyn dikat, das dem Auslande billigere Preise gewährt. Beim Schei tern der Vorlage werden zahlreiche Kaliwerke zugrunde gehen. Gesetzliche Regelung sei unausbleiblich. Jedoch müssen die billigen Inlandspreise behauptet, wohlerworbene Rechte gesichert und der Landwirtschaft ein Mitbestimmungsrecht bei der Festsetzung des Inlandspreises gegeben werden. Abg. Hue (Soz.) war zwar zur Mitarbeit an der Erhaltung der nationalen Bodenschätze bereit, lehnte aber die Bildung eines Zwangssyndikats ab. Schluß des Berichtes 6 Uhr. Nus Osm Sericktssaals. Z Pulsnitz (Sitzung des Königlichen Schöffengerichts am 9. Februar 1910.) 1. Der Fabrikpolierer M. in Großc röhrsdorf hatte in der Nacht vom 12. Dezember 1909 im Gasthof zum „Anker" in Großröhrsdorf den Schneider meister S. daselbst beleidigt. Auf die von S. gegen M. erhobene Privatklage stand am letzten Mittwoch die Haupt verhandlung an. Der angeklagte M. wurde wegen Be leidigung zu 40 Mark Geld, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit fünf Tage Gefängnis zu treten haben, verurteilt. Der Angeklagte hat auch die Kosten des Verfahrens und die dem Privatkläger S. erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen. — 2. Weiter waren angetlagt der Fabrikarbeiter B. und der Fabrikpolierer M., beide in Großröhrsdorf, weil sie in der Nacht vom 12. Dezember 1909 im Saale des Gasthofs zur „Schäferei" gelegentlich der öffentlichen Tanzmusik den Schänkhaus- diensthabsnden Schneidermeister S. aufs gröblichste be leidigt und belästigt hatten. Die Angeklagten bestritten, sich einer Beleidigung schuldig gemacht zu haben. Nach erfolgter Beweisaufnahme wurde auf Antrag der Ange klagten die Verhandlung auf den 10. Februar 1910 aus gesetzt und die Erhebung weiterer Beweise angeordnet. In der Verhandlung am letzten Donnerstag verurteilte da§ Schöffengericht nach längerer Beweisaufnahme die Angeklagten B. und M zu wegen Beleidigung und zwar N. zu 50 Mark Geld, an deren Stelle im Uneinbring- Nm 100. Wes - Tagt Andreas Hofers. Im Sommer vorigen Jah res hat das Land Tirol die frohe Erinnerung an die glor reichen Freiheits - Kämpfe des Jahres 1809 in glänzenden patriotischen Festen gefeiert. Am 20. Februar begeht das Land wieder einen Gedenktag; er ist aber der Erinnerung an die Zeit der Niederlagen ge weiht, die den Triumphen des Jahres 1809 auf dem Fuße folgten. Am 20. Februar 1810 wurde in Mantua Andreas Hofer erschossen, den die Trup pen des französischen Generals Huard einen Monat zuvor in der Sennhütte am Eingänge ins Farteis verhaftet hatten. Der Tod des tapferen Führers der aufständischen Bauern be deutete damals die Nernichtung aller Hoffnungen Tirols auf eine Wiedervereinigung mit Oesterreich. Die Befreiung Ti rols und ganz Europas vom Joche Napoleons ist dennoch nicht ausgeblieben, und der Märtyer von Mantua ist nicht umsonst gestorben. Sein To destag wird für sein Land Tirol und für alle Deutschen ein Tag ernsten ehrenden Ge denkens. Nus aller XVslt. Essen a.R., 14. Febr. (Berg. mannS los.) Auf der Zeche „Adolar" bei Kupferdreer wur den 2 verheiratete Bergleute ^verschüttet. Beide waren so fort tot. " Kaub, 13. Febr. (Brand.) Die hiesige Azetylen - Gasan stalt ist niedergebrannt. lichtestsfalle 10 Tage Gefängnis zu treten haben, und M. zu 15 Mark Geld, an deren Stelle im Falle der Unein bringlichkeit 3 Tage Gefängnis zu treten haben. Muff euch dann, wenn Garantie geleistet wsrden ist, die lvare untersucht und der Mangel rechtzeitig angezeigt werden? M. Kläger hatte an den Beklagten einen Apparat verkauft, der die Kesselsteinbildung verhindern sollte und Garantie auf drei Jahre geleistet. War der Beklagte trotzdem verpflichtet, den Apparat zu untersuchen und von einem Mangel rechtzeitig Anzeige zu machen? Das Reichsgericht bejaht die Frage. Die Parteien waren Kaufleute und das Geschäft fiel in den Bereich ihres Ge werbetriebs. Der Umstand, daß auf 3 Jahre Garantie geleistet war, hatte nur die Wirkung, daß der Beklagte Ansprüche über die Verjährungsfrist hinaus, also länger als 6 Monate, geltend machen konnte; auf eine Unter- suchungs- und Anmeldepflicht hatte eine solche Vereinba rung keine Wirkung. Der Beklagte sollte aber auch noch das Recht haben, den Apparat binnen Jahresfrist zurück zugeben, wenn er die vertragsmäßigen Eigenschaften nicht haben sollte; davon hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht und der Vertrag ist deshalb insoweit unwider ruflich geworden. Unter solchen Umständen ist zu er wägen, ob der Beklagte den Mangel überhaupt später noch rügen durfte. Unzutreffend nimmt allerdings das Berufungsgericht an, daß das deshalb zulässig gewesen sei, weil sich innerhalb des ersten Jahres Kesselstein nicht gebildet habe. Denn es kommt nicht bloß darauf an, ob der Beklagte den Mangel, daß der Apparat die Kesselsteinbildung nicht verhindern, innerhalb des Probe jahres nicht erkannt, sondern darauf, ob er ihn bei sach gemäßer Probe Hütte erkennen können. Auch wenn nur das hätte geschehen können, wäre das Rügerrecht verloren gegangen. War der Mangel aber vom Be klagten weder erkannt worden, noch auch durch die Probe zu erkennen, so würde es weiter darauf ankommen, wann er sich zuerst gezeigt und ob der Kläger unverzüglich nach der Entdeckung davon benachrichtigt worden. Darüber gab da« angefochtene Urteil keine Auskunft. Das Reichs gericht verwies deshalb die Sache zur nochmaligen Ver handlung an das Oberlandesgericht Breslau zurück. (R. ./ . K. Urteil vom 7. Dezember 09 97/09 VII. O. 8.) Neklametstt. Ilmenau i Thür. Das feit Mitte 1909 in Betrieb genommene neue, mit allem Komfort der Neuzeit aus- gestaitete Jnststutionsgebäude des weltbekannten Institut Boltz (Direktor H. Boltz) dürfte innerlich und äußerlich in der gesamten Anlage als mustergiltig bezeichnet wer den. Herrlich hoch, unmittelbar am Nadelwald gelegen, haben die Zöglinge — zur Zeit über hundert an der Zahl — einen Aufenthaltsort, der Hand in Hand mit dem bewährten Unterrichtssystem, in daS sich zur Zeit 14 Lehrer und der Direktor selbst teilen, die besten Er folge gewährleistet. Jllustr. Programm kostenlos durch die Direktion. idealer in Pulsnitz Wir wollen nicht verfehlen, hiermit nochmals daran zu erinnern, daß Donnerstag, den 17. Februar im Schützenhaus das Ballet-Gastspiel stattfindet. Diesmal hat bekanntlich Direktor Wolmerod die 1. Solo- und Charakter-Tänzerin Fräulein Emmy Schneider-Hoffmann vom Stadttheater in Leipzig engagiert. Die Künstlerin, welche über prachtvolle und kostbare Kostüme verfügt, wird fünf verschiedene Charakter und VerwandlungS- tänze aufführen, sodaß man einen sehr genußreichen Abend erwarten kann. Außerdem wird in dieser Vor stellung die Regimentskapelle aus Kamenz mitwirken, was vielen Theaterbesuchern angenehm sein wird. Die beiden Einakter „Ein Kater", Schwank von Keller, und „Zum Einsiedler", Lustspiel von vr. Mebald, enthalten einen vorzüglichen Humor, sie werden nicht verfehlen, dem Publikum eine äußerst fröhliche Unterhaltung zu gewähren. Die Rollen der Stücke sind sehr gut besetzt, für eine gute Einstudierung ist Sorge getragen. Trotz der hohen Kosten findet die Vorstellung ohne Preis- erhöhung statt Vermisstes. * Eine wichtige Neuheit für Pneumatiks ist nach einer Mitteilung von English Mechanic durch einen Pariser Ingenieur vorgeschlagen worden. Dieser ist auf den Einfall gekommen, die Pneumatiks nicht mehr mit Luft, sondern mit Wasserstoffgas zu füllen. Man wird gleich den Einwand machen, das sei zu teuer. Der Er finder aber will zu diesem Zweck ein billiges Verfahren einschlagen, nämlich die Benutzung von Aluminiumab fällen zur Zersetzung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff in Gegenwart von Alkalien. Dabei verbindet sich der Sauerstoff mit dem Aluminium, und der Wasser stoff wird frei. Dies läßt sich in einem Apparat vor nehmen, der in einfacher Weise mit dem Ansatzryhr der Pneumatiks verbunden und so unmittelbar zu deren Füllung verwandt werden kann. Eine Luftpumpe ist dabei nicht nötig, da der Wasserstoff mit einem Druck von 150 Atmosphären austritt. Auch das Nebenerzeug nis des Alumintumoxid kann leicht ausgewaschen werden.