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Nr. 18. Pulsnitzer Wochenolatt. — Diensrag, den 15. Februar 1910. Breite 2. Mißbach aus Gersdorf bei Bischheim; im Kürschner handwerk Bernhard Curt Martin aus Pulsnitz; im Müllerhandwerk Martin Hübner aus Gersdorf bei Bischheim; im Schlosferhandwerk Karl Heinrich Kießig aus Bischheim, Heinrich Otto Richter aus Gers dorf; im Schneiderhandw erk Franz Schneider aus Großröhrsdorf, Ernst Schneider aus Reichenau bei Kö nigsbrück. — OK. (Termin der Gesellenprüfungen und Meisterprüfungen.) Wir machen nochmals darauf aufmerksam, daß Anmeldungen zu den Ostern stattfinden- den Gesellen- und Meisterprüfungen bereits jetzt unver züglich bei der Gewerbekammer zu Zittau zu bewerk stelligen sind. — (Neue direkte Fahrkarten.) Seit 10. Febr. werden verschiedene neue direkte Fahrkarten ausgegeben und zwar: in Arnsdorf nach Langenöls und Oberschrei- verhau, in Bautzen nach Lohfa, in Bischofswerda nach Friedland i. Schl, und Jena, in Bodenbach nach Kottbus, Kohlfurt und Oberschreiberhau, in Döbeln nach Bad Kösen, Dessau und Friedland i. Schl., in Dresden-Haupt- bahnhof und Dresden-Neustadt nach Allenstein, Dörgen hausen und Gernrode, in Ebersbach nach Langenöls und Oberschreiberhau, in Freiberg nach Dessau, Friedland i. Schl., Köstritz und Langenöls, in Kötzschenbroda nach Oberschreiberhau, in Löbau nach HanSdorf, in Meißen nach Bad Kösen, Dessau, Friedland i. Schl, und Langen öls, in Neugersdorf nach Kohlfurt und Langenöls, in Pirna nach Dessau und Gernrode, in Pommritz nach Langenöls, in Pulsnitz und Radebeul nach Oberschrei berhau, in Riesa nach Bad Kösen, Dessau, Friedland i. Schl., Gernrode und Köstritz, in Tetschen nach Kottbus, in Weintraube nach Oberschreiberhau, in Zeithain nach Elster werda O.-L., in Zittau nach Bad Kösen und Gnadenfrei. — (Fleisch preise.) Der Durchschnittspreis des Fleisches im Kleinhandel hat in der ersten Hälfte des Januar dieses Jahres gegenüber der zweiten Hälfte des Dezembers 1909 teilweise einen kleinen Rückgang erfahren. Der Durchschnittspreis für Rindfleisch stellte sich in der ersten Hülste des Januars 1910 auf 156 Pf., in der zweiten Hälfte des Dezembers 1909 hingegen auf 157 Pfennige pro Kilogramm, der des Schweinefleisches Ja nuar 1910 auf 169 Pf., Dezember 1909 auf 171 Pf. Eine Erhöhung hat stattgefunden bei Kalbfleisch und Hammelfleisch. Der Durchschnittspreis des ersteren stellte sich anfangs Januar dieses Jahres auf 178 Pf., deS letzteren auf 166 Pf., während er Ende 1909 für das erstere 177, für das letztere 165 Pf. pro Kilogramm be trug. Roßfleisch hat sich im Preise nicht erhöht. Sein Preis beträgt 75 Pf., immerhin ist auch dieser Preis ein erhöhter, denn in der ersten Hälfte des Januar 1909 be trug der Durchschnittspreis im Kleinhandel für ein Kilo gramm nur 72 Pf. Obersteina. Am vergangenen Sonntag veranstaltete der Männergesangverein auf längstgehegten Wunsch im Gasthof zur goldenen Krone ein Konzert. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Chorgesänge so wohl, als auch zwei DoppelquartettS wurden unter der tüchtigen Leitung des Herrn Hermann Steglich klangschön zum Vortrag gebracht. Sämtliche Vorträge, darunter mehrere humoristische, wurden mit großem Beifall aus genommen; man hörte am Schluß nur das eine Wort: Sänger, singt bald wieder! Dem Konzert folgte Ball, welcher die Besucher noch lange betsammenhielt. Ohorn. Für den Freitag Abend ist in Ohorn ein Vortrag des Herrn Missionars Kruppa von der Herrenhuter Mission in Aussicht genommen. Zeit und Ort der Versammlung wird Donnerstag unter den kirch lichen Nachrichten bekannt gegeben. Oberlichtenau. Am nächsten Donnerstag, den 17. Fe bruar, findet abends 8 Uhr im Schreierschen Gasthofe eine Versammlung der Ortsgruppe des Evangelischen Bundes statt. Zu diesem Abend sind auch andere Ge meindeglieder, Männer und Frauen, als Gäste willkom men. Herr Pastor Polster wird einen Vortrag halten über den „Uebertritt Augusts des Starken zum Katholi zismus". Es ist geplant, auch in Zukunft gelegentlich solche Gemei deabende in der Woche zu veranstalten. Dresden. (Ernennung.) Zum Nachfolger desOber- konststorialrats v. Clauß, der wegen andauernder Krank heit für Ende März seine Versetzung in den Ruhestand erbeten hat, ist Superintendent v. Zimmermann in Roch litz ernannt worden. — König Friedrich August unternimmt am 25. Februar eine Seereise. Er begibt sich zu mehrtägi gem Aufenthalt nach Korfu. Die Reise, die der König im strengsten Inkognito auSsührt, soll 14 Tage dauern, sodaß die Rückkehr nach Dresden für Mitte März bevor- steht. Dresden. Die Bahnhofswirtschaft auf dem hiesigen Hauptbahnhofe ist vom 1. Mai ab an den gegen wärtigen BahnhofSwirt in Dresden-Neustadt, Hoftraiteur Stange, gegen einen Jahreszins von 80 000 M verpach tet worden. Die dadurch vom gleichen Standpunkte an freiwerdende Bahnhofswirtschaft in Dresden-Neustadt wird in. den nächsten Tagen von der Staatsbahndirektion öffentlich ausgeschrieben werden. Herr Stange ist eine seit 10 Jahren als Fachmann bekannte Persönlichkeit. 8. Dresden, 15. Februar. (Der ausgepfä ' dete Kammersänger Burrian.) Der berühmte Dresdener Heldentenor Karl Burrian befindet sich seit einigen Monaten in Newyork, um an der dortigen Metropolitan- Oper sein alljährliches Gastspiel zu absolvieren. Karl Burrian bewohnt im benachbarten Loschwitz eine präch tige Villa, die während seiner Abwesenheit nur von einer älteren Wirtschafterin verwaltet wird. Zu der letzteren kam nun kürzlich der Gerichtsvollzieher, um im Auftrage der geschiedenen Gattin des Heldentenors wegen rückständig gebliebener Alumentationsgelder, deren Auszahlung in folge des Amerika-Gastspiels Burrians eine Verzögerung erfahren hatte, eine Pfändung vorzunehmen. Der Ge richtsvollzieher kam dem Auftrage pünktlich nach und versiegelte in Burrians Villa alles, was ihm einigermaßen wertvoll erschien: Wohnungsmöbel, kostbare Vasen und Oelgemälde, Kupferstiche, Nippsachen, Uhren und selbst der Schreibtisch des Sängers wurde mit dem ominösen Siegel versehen. Vorgestern sollte die öffentliche Versteigerung der gepfändeten Gegenstände in Karl Burrians Villa stattfinden. Es hatten sich verschiedene Liebhaber von Kunst-Raritäten eingefunden, doch machten die Dresdner Freunde des Künstlers diesen Erstehern einen Strich durch die Rechnung, indem sie die sämtlichen angesiegelten Gegenstände im ganzen erstanden und somit die Künstler- Villa vom Ausräumen der Einrichtung verschonten. 8. Dresden, 15. Februar. (Eine Anfrage an Preußen.) Eine Erinnerung gelegentlich der Ent scheidung über die Schiffahrtsabgaben sei hier aufgefrischt: Als 1870 die alten Elvzölle beseitigt wurden, ließen sich dafür die beiden Staaten Mecklenburg-Schwerin und An halt hohe Abfindungssummen bezahlen. Diese Abfindungs- summen wurden aus ReichZmitteln aufgebracht. Die letzte Ratenzahlung ist erst 1890 erfolgt. Sachsen, das damals in weitsichtiger Verkehrspolitik auf jede Abfindung für Elbzolleinnahmen verzichtete, hat natürlich feinen Anteil an jenen Zahlungen mit getragen. Do jetzt die Ver treter von Mecklenburg-Schwerin und Anhalt ruhig dem preußischen Plane neuer Elbzölle mit zum Siege verhalfen haben, könnte der sächsische Bundesratsbevollmächtigte doch einmal die Frage aufwerfen, wann nunmehr die Rückzahlung jener Abfindungssummen erfolgt. 8. Dresden, 14. Februar. (Der Mörder des Fleischerlchrlings Willi Höch.) Der Raubmörder Dienstknecht Heinze, der am 17. Oktober im Schoner grunde bei Dresden den Fleischerlehrling Willi Höch aus Omsewitz ermordet und beraubt hat, spielte eine zeitlang im Dresdner Untersuchungsgefängnis den „wilden Mann", fodaß die Gefängnisverwaltung, zumal auch Fluchtverdacht vorlag, sich genötigt sah, den jugendlichen Mörder in Eisen zu legen und ihn an Händen und Füßen zu fesseln. Inzwischen scheint sich der Verbrecher jedoch einigermaßen beruhigt zu haben, und infolgedessen hat man ihm die Fußfesseln wieder abgenommen, sodaß er in seiner Zelle nur noch mit Handfesseln versehen ist. Der Mörder hat, wie die weitere Untersuchung jetzt ergeben hat, noch mehrere andere Mord- und Raubtaten geplant gehabt. Anfang Januar dieses Jahres, als Heinze seinen letzten Dienst bei dem Gutsbesitzer Groß in Mobschütz bereits aufge geben hatte, ist er morgens in der Frühe mehrmals hinter Frühstücksausträgerinnen hergeschlichen und zwar dann, wenn diese bereits die Tageseinnahme, die in der Regel 100 M eintassiert hatten. Heinze hatte hiervon Kennt- niS. Einmal hatte der Mörder sich unterwegs hinter großen Holzhausen versteckt und wartete hier auf sein Opfer. Durch eine unvorsichtige Bewegung hatte sich jedoch der Räuber verraten. Die Austrägerin flüchtete und entging somit dem sicheren Tode. Noch am selben Tage lauerte der Verbrecher an einem Kaffeeschank an der Zschonermühle auf eine andere Frau, die ebenfalls gegen 100 M einkassiert hatte. Diese Frau entging ebenfalls durch einen Zufall dem ihr drohenden Ver derben, denn sie hatte sich auf dem Nachhausewege glück licherweise mehreren anderen Personen angeschloffen. — In seiner Zelle brütet der Mörder stumpfsinnig vor sich hin. Et zeigt keinerlei Reue über seine Bluttat und gibt auf alle an ihn gerichteten Fragen nur närrische Antworten. Auch von dem Zuspruch des Geistlichen will er nichts wissen. Dresden, 11. Februar. Ein gefährlicher Ge- slügeldieb wurde in dem 1868 in Lichtenberg bei Puls nitz geborenen Arbeiter Robert Ernst Klatsche auf längere Zeit unschädlich gemacht. K., der wegen Geflügeldieb stählen wiederholt, sogar mit Zuchthaus vorbestraft ist, wurde am Spätabend des 16. Dezember in der Nähe der „Waldoilla" von einem Dresdner Gendarmen, der einen Polizeihund bei sich hatte, verhaftet In einem Rucksack den K. bei sich führte, fanden sich vier Enten, drei Hähne und drei Hühner in abgeschlachtetem, aber noch warmem Zustande vor. Diesen Rucksack samt Inhalt wollte K. kurz vorher in einer Birkenschonung gefunden haben. Seiner Abführung nach der Polizeiwache setzte K. zunächst heftigsten Widerstand entgegen, ging aber schließlich, der Not gehorchend, mit. Ehe der betreffende Gendarm K. sestnahm, hatte er diesen im dunklen Wald im Gespräch gehört mit einer zweiten Person, die dann in schnellstem Tempo auf einem Zweirad davonfuhr. Auch dieser Mann hatte einen doppelten Rucksack auf den Schultern gehabt. Die Polizei stellte fest, daß an jenem Abend in die Züch terei eines Geflügelzüchters in Coswig eingebrochen wor den war, wobei 21 Hühner und 7 Enten, sämtlich hoch wertiges Zuchtmaterial, im Gesamtwerte von 1500 Mark, gestohlen wurden. K. ist an jenem Abend und schon vor her in einer Gastwirtschaft in CoSwig gesehen worden. In der Hauptverhandlung vor der dritten Strafkammer leugnete er trotz der geschloffenen Indizien. Das Gericht verurteilte ihn wegen wiederholten schweren Rückfalls diebstahls unter Ausschluß mildernder Umstände zu 2 Jahren 7 Monaten Zuchthaus, 5 Jahren Ehrenrechts verlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. Bautzen. Der Halleysche Komet ist am 9. dss. von einem Bautzner Herrn mit einem zweizölligen Fern rohr bereits gesehen worden. Er glich einer schwachleuch tenden Nebelmasse und stand etwa 6 Grad westlich vom Saturn. Seifhennersdorf. (Ehedrama.) Mittwoch abend gegen 7 Uhr suchte der an der neuen Zollstraßenbrücke woh nende 56 jährige Lohnfuhrwerksbesitzer Gustav Krause durch Beilschläge seine Ehefrau zu töten, worauf er sich aus dem Oberboden seines Hauses erhängte. Krause war ein Freund des Branntweins. Die übergroße Neigung zu ihm zerrüttete seine geistigen Fähigkeiten und erzeugte in ihm Wahnvorstellungen, die sich in maßloser Auf regung, Beleidigungen und Beschimpfung seiner angeb lichen Verfolger äußerten. In der letzten Zeit war er auf feine Frau furchtbar eifersüchtig, besonders dann, wenn man im Wirtshause unbedacht und aus Freude am Spott seinem Wahne Vorschub leistete. Daraus ent wickelten sich häusliche Streitigkeiten, so auch am Diens tag und Mittwoch. Mittwoch nachmittag kehrte Krause nach dem Besuche mehrerer Wirtshäuser heim, fütterte sein Pferd und setzte sich, vor sich hinbrütend, aufs Kanapee. Verletzungen des Pferdes deuteten darauf hin, daß jetzt der Zustand der Raserei begonnen haben muß. Kurz nachher drang er mit einem Beile ganz plötzlich auf die an der Nähmaschine mit Nähen b.fchäftigte Frau ein und schlug mit dem stumpfen Rücken viermal auf sie los, indem er sie anschrie: „Du mußt weg!" usw. Er riß die wimmernde und blutende, aber wehrende Frau von der Maschine fort und schlug noch gegen achtmal nach ihr, wie die Wunden an der Stirn, dem Scheitel und dem Hinterkopfe beweisen. Zum Glück verhinderte die geringe Höhe der Decke ein kräftiges Aus holen. Mitten in der Schreckenszene kam die aus früherer Ehe der Geschlagenen stammende, 14jährige Tochter Elsa Hamann hinein. Die Frau konnte ihr noch zurufen: „Hilfe, er macht mich tot!" Auf die furchtbaren Schreie des M"dchcns ließ der Wütende von feinem Opfer ab. Die Frau hatte noch die Kraft, hinauszuflüchten und das Zschiedrigsche Nachbarhaus zu gewinnen. Krause eilte auf den Hausboden, die dortigen Türen hinter sich ver riegelnd. Als die zu Hilfe Eilenden in das Haus ein drangen fanden sie die blutbefleckte Stube mit zerschlagenen und durcheinander geworfenen Sachen leer. Inzwischen kam die Polizei herzu, die Türen wurden aufgebrochen und der Boden durchforscht. Ganz oben fand man Krause, der sich mit einem Messer t efe Kehlschnitte bei gebracht hatte, erhängt als Leiche vor. Herr Doktor Hentschel gewährte unterdessen der Verwundeten ärztlich m Beistand. Gegen 9 Uhr wurde die Leiche Krauses nach Feststellung des Tatbestandes durch die Totengräber auf gehoben und nach der Leichenhalle gebracht. Bis dahin umstanden das Haus dichte Menschengruppen. Die Ver letzte hat die Nacht schlaflos und unter großen Schmerzen verbracht. Hoffentlich bleibt ihr Leben erhalten. lagssgesckrckte Deutsches Reich. Berlin, 14. Februar. Der Staats- sekretär des Auswärtigen Amts, Freiherr v. Schoen ha* sich, wie das „Hirsch-Telegraphen-Bureau" erfährt, am Sonn abend zum französischen Botschafter Cambon begeben, um das Beileid der Deutschen Regierung anläßlich des U ter- ganges des Dampfers „General Chaney" auszudrücken. Berlin, 14. Februar. Der Seniorenkonvent des Ab geordnetenhauses beschäftigte sich heute vormittag mit der Frage, ob man aus Anlaß der Vorkommnisse in der DonnerZtagsitzung eine Aenderung in der Geschäftsord nung vornehmen soll, dahingehend, daß die Geschäftsord nung die Disziplinargewalt des Präsidenten und des Hauses gegen Ausschreitungen stärke. Ferner wurde die Frage erörtert, ob nicht aus Anlaß der Rede des Abge ordneten L ebknecht, die länger als 3 Stunden dauerte, in der Geschäftsordnung vorgesehen werden solle, daß nach einer gewissen Fr st der Präsident ermächtigt werde, das Haus zu befragen, ob eS einen Redner weiter hören will oder nicht. Beide Fragen wurden mangels einer Uebereinstimmung der Mitglieder des SeniorenkoventS der Initiative der einzelnen Parteien überlassen. Berlin, 14. Februar. Für den gestrigen Sonntag waren hier 44 Versammlungen zur Erörterung des preußischen Wahlrechtsentwurfs einberufen worden. Der Polizeipräsident v. Jagow hatte daher eine Ankündigung folgenden Inhalts anschlagen lasten: „Es wird das „Recht auf die Straße" verkündet. Die Straße dient lediglich dem Verkehr. Bei Wider stand gegen die Staatsgewalt erfolgt Waffengebrauch. Ich warne Neugierige. Berlin, den 13. Februar 1910. D r Polizeipräsident von Jagow." Die Leitung der Demonstrationskundgebung hatte ihrerseits die Ordre ausgegeben, daß die Versammlungs besucher sich in Trupps von etwa 100 Personen au§ den benachbarten Sammellokalen zu den Versammlungen zu begeben und ebenso nach Schluß wieder abmarschieren sollten, und zwar in möglich langsamem Temoo. Diesem Befehle wurde auch Folge geleistet. Das Bestreben der Polizei ging vor allem daraus, die Massen in fortwäh render Bewegung und sie möglichst nach der Peripherie abzudrängen, um etwaige Demonstrationen vor dem Schlöffe zu verhüten. Das ist ihr denn auch gelungen. Nachdem die Versammlungen in den Lokalen der Hermannstraße, Knesebeckstraße und Karlsgartenstraße in Rixdorf beendet waren, zogen sich gegen 12 Uhr mehrere tausend Personen nach dem Richardplatz in Rixdorf zu sammen, wo von m hreren sozialdemokratischen Partei leitern Ansprachen gehalten wurden. Der Aufforderung des Polizeileutants zum Auseinandergehen wurde keine Folge geleistet, sodaß d e P v Mannschaften von der blanken Waffe Gebrauch machen magren. Gegen »/i5 Uhr nachmittags kam es an der Kronprinzenbrücke zu einem Zusammenstoß zwischen Polizeimannschaften und etwa 400 halbwüchsigen Burschen. Die Aufforderung des Polizeiofstziers, auseinanderzugehen, wurde mit Hohn rufen und Steinwürfen beantwortet, worauf der Offizier blank ziehen ließ. Nach den bisherigen Feststellungen wurden drei Personen verletzt. Am Spätnachmittag zeigte der Straßenverkehr wieder da? gewohnte Bild. Zu größeren Demonstrationen kam es ferner auch in Königsberg, Halle a. S. und Duisburg. In Halle