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Pulsnitzer Wochenblatt : 05.02.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191002057
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19100205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19100205
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-02
- Tag 1910-02-05
-
Monat
1910-02
-
Jahr
1910
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 05.02.1910
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Nr. 14. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 5. Februar 1910. Seite 2. 12 000 Mark — 4 Prozent Dividende verteilt und rest liche 1384 Mark auf neue Rechnung vorgetragen werden. Die Generalversammlung findet am 15. Februar statt. 8. Dresden, 2. Febr. (Ausprägung von Dreimark stücken und Fünsundzwanzigpsennigstücken.) Auf eine Anfrage des Verbandes sächsischer Industrieller an das Reichsschatzamt wegen der Ausprägung von Drei markstücken über deren Fehler geklagt worden war, und die gleichzeitige Frage, in welchem Maße auf die Aus prägung von 25 Pfennigstücken gerechnet werden könnte, hat das Reichsschatzamt erwidert, daß seit Einführung des Dreimarkstückes fortgesetzt Prägungen in dieser Münz gattung stattgefunden haben. Es sind davon im Rech nungsjahre 1908 rund 30 Millionen Mark hergestellt und im laufenden Rechnungsjahre kommen rund 36 Mill. Mark zur Ausprägung. Auch für das Rechnungsjahr 1910 ist die AuSmünzung von Dreimarkstücken in erheb licherem Umfange vorgesehen. Von den 25-Psennigstücken werden bis zum 31. März 1910 2,5 Millonen Mark her gestellt werden. Es wird beabsichtigt, hieran dem Ver kehrsbedürfnis entsprechend, weitere Prägungen dieser Münzgattung anzuschließen. Dresden. Jetzt äußert sich auch die Deutsche Luft- schisfahrts-Gesellschaft in Zuschriften an die Presse über die verunglückte Eröffnung der Dresdner Flugwoche. Da u. E. die Erklärung in keiner Weise geeignet ist, die Gesellschaft zu entlasten, verzichten wir auf die Wieder gabe. Der Kernpunkt ist doch der, daß die Gesellschaft, trotzdem sie wußte Gaubert durfte, wollte und konnte nicht aufsteigen, die Kassen geöffnet hielt, und das Pub likum durch Flaggensignale; „er steigt" täuschte. Die Gesellschaft trifft Veranstaltungen, die Schauflüge mög lich noch Montag, den 6. und Dienstag, den 8. Februar um r/z2 Uhr nachmittags abzuhalten. Die gelösten Karten haben bei der nächsten Veranstaltung Giltigkeit. Diesen Vorgängen nach muß nun jeder selbst entscheiden, ob er noch einmal reinfallen will oder nicht. 8. Zantzen, 2. Februar. (Wahlbeeinflussung bei einer Ehrenratswahl.) Die Kgl. Kreishauptmann schaft Bautzen hat die in November 1909 erfolgte außer ordentliche Wahl von zwei stellvertretenden Ehrenrats beisitzern des ärztlichen Kreisvereins Bautzen wegen Wahlbeeinflussung zufolge Beschwerde zweier Bautzener Aerzte für ungültig erklä t und zwar mit Rücksicht darauf, daß die amtlichen Wahlaufforderungen nebst Beilagen, welche von dem Aerztekammeroorsitzenden als Wahlleiter in Gemäßheit der Bestimmung in Z 6, 3. Abs. der Wahl ordnung für die Aerztlichen Ehrengerichte dem Vorsitzen den der ärztlichen Bezirksvereine des Regierungbezirkes behufs Zufertigung an die wahlberechtigten Vereinsmit glieder übermittelt worden waren, seitens eines Bezirks- vereinsvorsitzenden ein (von dritter Seite ausgehender) Wahlvorschlag beigelegt worden war. Hierin hat die König!. Kreishauptmannschaft „objektiv eine unzulässige Wahlbeeinflussung" als vorliegend erblickt, da durch die seitens des betreffenden Bezirksvereinsvorsitzenden ohne jede Bemerkung erfolgte Beilegung des Wahlvorschlages bei den Aerzten des in Frage kommenden Medizinalbe zirkes der Eindruck habe erweckt werden müssen und zum Teil auch erweckt worden sei, als ob der Wahlleiter den Wahlvorschlag zu den seinigen gemacht habe, bezw. als ob die Beilegung des Wahlvorschlages von dem Wahlleiter selbst ausginge. Großschweidnitz. In der Landes-Jrrenanstalt waren am Schluffe des vorigen Jahres anwesend 230 männliche, 277 weibliche Kranke, zusammen 507 Kranke gegen 521 am 1. Oktober 1909. Im letzten Vierteljahre — Aussehen erregten in Weida nach Berichten der Lokalpresse am Sonntag nachmittag zwei „Naturmenschen", oder wie der und jener sagte: zwei „vernagelte gustavs", welche trotz Kälte und eisiger Luft in einem dünnen An zug und barhäuptig als Handwerksburschen die Stadt passierten. Die Haare hingen ihnen bis über die Schul tern herab und waren glatt nach hinten gekämmt wie Lei unseren Frauen. Als Haarschmuck trugen sie goldene Ketten, welche halb bis in die Stirn reichten. — Die Schneehöhe auf dem Fichtelberge beträgt gegenwärtig 190 Zentimeter, in Oberwiesenthal 70 Zen timeter. Bis in die Täler herab ist die Schlittenfahrt vom Fichtelberg ausgezeichnet, auch vom Pöhlberg bis Annaberg ist die Schlittenfahrt in vollem Gange. Mo Mus Meiboms letzte Amiden. 8. Dresden, 5. Februar. Der verstorbene Dichter ist, wie sein ihm lange befreundeter Arzt meint, ohne schweren Todeskampf hinübergeschlummert. Seine Freunde — seine Gattin, eine ToScanaerin, ebenfalls seit einiger Zeit leidend, weilte zur Erholung in ihrem Heimatlande und ist erst am Mittwoch früh an der Bahre ihres Gatten eingetroffen — wußten schon am Sonntag, daß keine Rettung mehr möglich war. Zu denr alten tückischen Nierenleiden hatten sich noch andere Krankheitserschei nungen hinzugesellt, die die Auflösung des Dichters schneller als man erwartete, herbeiführtrn. Noch am Montag wollte der Dichter nicht zugeben, obgleich er selbst zu ahnen schien, daß sein Ende bald bevorstanö, daß se ne leidende Gattin aus dem sonnigen Italien ge rufen werde. Sie traf den Gatten infolgedessen auch nicht mehr lebend an, wohl aber fand sie einige wenige Dresdner Freunde am Totenbette des Gatten — Otto Julius Bierbaum hat vor seinem Tode mehrfach zu er kennen gegeben, daß man seine Leiche einäschern möge. Diesem Wunsche des Toten ist stattgegeben worden und die Einäscherung gestern Freitag nachmittag in dem Kre matorium in Chemnitz erfolgt. Kurz vor dem Verbren- nungSakt fand in Chemnitz eine Trauerfeierlichkeit statt, zu der sich viele namhafte Persönlichkeiten eingesunden hatten. Im Trauerhause auf der Bernhardstraße liefen fortges tzt Beileidskundgebungen aus allen Teilen Deutsch lands und des Auslandes ei r. Am Sarge weilten die hochbstagte Mutter und die schwerleidende Gatiin des Dichters — Otto Julius Bierbaum Hat kaum ein Jahr in Dresden gewohnt. Anfang Februar 1909 übersiedelte er nach hier und führte ein vollständig zurückgezogenes Leben, das nur der schriftstellerischen Arbeit gewidmet war. Er trat nur ganz selten in die Oeffentlichkeit, zu letzt vor einigen Monaten, als er im Künstlerhause für seinen Heimgegangenen Freund Detlef von Liliencron die Gedächtnisrede hielt. Säcbsiscbsr Lanvtag. Dresden, 3. Februar. Erste Kammer. Auf der Tagesord nung stehen zunächst die Kapitel 88, 89, 90, 94 und 97 des Kultus etats. Zur Frage der Vereinfachung des Geschäftsganges beim Ministerium teilt Staatsminister Dr. Beck auf eine Anfrage mit: Diese Angelegenheit sei vom Ministerium jederzeit ini Auge be halten worden. Es hätten auch bereits vielfach Vereinfachungen stattgefunden. Die endgiltige Lösung könne jedoch erst in orga nischem Zusammenhangs mit der Bolksschulreform erfolgen. Auf eine weitere Anfrage teilt der Minister mit: Was die Frage der Errichtung von Oberrealschulen betreffe, so prüfe zunächst das Ministerium die Frage, ob die Gemeinden leistungsfähig seien und ob sich die genügende Zahl von Schülern für die neunklassige Unterrichtsanstalt ergebe. Er unterlasse nie, die Gemeinden darauf hinzuweisen, daß die Realschulen die beste Grundlage für eine gute Lebensbildung des Mittelstandes bildeten. Oberbürgermeister Neil-Zwickau kommt auf eine Petition des der höheren Lehrer zu Zwickau zurück und meint: Die Lehrerschaft möge endlich auf hören, immerwährend mit Petitionen um Regelung der Gehalts verhältnisse zu kommen. Die juristischen und Berwaltungsbeamten seien bei weitem nicht so günstig gestellt, wie die höheren Lehrer. Rittergutsbesitzer v. Trebra-Lindenau regt die Gründung von Kolonialschulen an. Staatsminister Dr. Beck sagt zu, diese Ange legenheit erwägen zu wollen. Die Kapitel werden schließlich nach den Anträgen der Deputation in Uebereinstimmung mit den Be schlüssen der Zweiten Kammer genehmigt. Hierauf werden einige Kapitel des Rechenschaftsberichtes nebst den vorgekommenen Etats überschreitungen ebenfalls nach den Anträgen der Deputation er ledigt. Schließlich wird beschlossen, die vorliegenden Beschwerden und Petitionen auf sich beruhen zu lassen. Dresden, 4. Februar. Die Erste Kammer erledigte zunächst verschiedene Kapitel des Rechenschaftsberichts und bewilligte nach träglich die betreffenden Etätsüberschreitungen. Sodann wurde Kapitel 18 des ordentlichen Etats, Lotteriedarlehnskasse, nach der Vorlage genehmigt. Weiter bewilligte man die Einstellungen bei Titel 31 des außerordentlichen Etats, Erweiterung des Bahnhofes Niederwiesa, und bei Titel 35 des außerordentlichen Etats, Erwei terung des Bahnhofes Einsiedel. Alle Beschlüsse erfolgen in Ueber einstimmung mit der Zweiten Kanimer. Schließlich nahm die Kammer die Anzeigen über mehrere für unzulässig erklärte Peti tionen entgegen. Nächste Sitzung Donnerstag, den 10. Februar, 11-/. Uhr. Dresden, 4. Februar Die Zweite Kammer nahm heute zunächst mehrere Kapitel des Rechenschaftsberichts, betr. Technische Deputation, Unfall- und Invalidenversicherung, Statistisches Lan desamt, Landesanstalten, Verwaltung des gemeinschaftlichen Mini sterialgebäudes in Dresden-Neustadt und allgemeine Ausgaben im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Innern in Schlußberatung. Die Berichte erstatteten die Abgg. Beda (Natl.) und Fraßdorf (Soz.). Sie beantragten namens der Rechenschaftsdeputation, die vorgekommenen Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßigen Aus- gaben nachträglich zu genehmigen. Die Kammer beschloß einstim mig und ohne Debatte dem Anträge gemäß. Ueber Kapitel 57 des ordentlichen Etats, Landesarmen- und Fürsorgewesen, berichtet Abg. Wirth (Soz.) und beantragt, die Ausgaben nach der Vor lage mit 1930000 M zu bewilligen, was ebenfalls einstimmig und ohne Debatte geschah. Zu Kapitel 58, Armenkrankenpflege und sonstige Ausgaben im öffentlichen Interesse, beantragt Abg. Wirth (Soz.) ebenfalls als Berichterstatter, die Ausgaben nach der Vor- läge mit 218380 M zu bewilligen. Nach kurzer Debatte, in der u. Ministerialdirektor Geh. Rat Dr. Rumpelt zugesagt hatte, den Wünschen der Kammer auf höhere Einstellungen für die Krüppel fürsorge im nächsten Etat zu entsprechen, beschloß die Kammer dem Anträge gemäß. Nachdem bei Kapitel 88 a des ordentlichen Etats, Landesgrenze betr., antragsgemäß die Ausgaben mit 16 500 Mark bewilligt worden waren, vertagte sich das Haus auf Montag nach mittag 1 Uhr. Tagesordnung: Einige Etatskapitel. lagssgsscdrcdte. Deutsches Reich. Berlin, 3. Februar. Die rheinisch- westfältischen Vertrauensmänner des Alldeutschen Ver bandes haben dieser Tage an den Reichskanzler eine Eingabe gerichtet, worin sie erklären, daß in ihren Kreisen das Auswärtige Amt alles Vertrauen verloren habe. In der Zuschrift heißt eS dann weiter: Diese Reichsbehörde hat fortgesetzt durch ihre Maßnahmen tat sächlich fremde Interessen zum Nachteil Reichsdeutscher gefördert, ja geradezu dem Ausland die Waffen gegen deutsche Unternehmungen geliefert in wichtigsten Fällen große Reichsdeutsche Interessen schwer geschädigt. Mit besonderer Sorgfalt fragt die Versammlung, wie lange der Reichskanzler solches politisch und wirtschaftlich gleich schädliche Gebaren dez Auswärtigen Amtes mit seiner Verantwortlichkeit decken will. — „Wie die „N. A. Z." mitteilt, hat Herr v. Bethmann-Hollweg der Hauptleitung des Alldeutschen Verbandes in Mainz folgende Antwort zugehen lassen: Es ist unverantwortlich, daß von Gliedern einer Organisation, die, wie der Alldeutscheverband, nach ihren Satzungen im nationalen Sinne wirken will, gegen eine Reichsbehörde so unwürdige und beweislose An schuldigungen geschleudert werden. Ich lehne es ab, diese Entschließung entgegenzunehmen. Berlin, 3. Februar. Die Regierung ersucht in dem heute dem Reichstage zugegangenen Gesetzentwurf betr. die Regelung der deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen um die Ermächtigung, den Vereinigten Staaten von Nordamerika die Sätze des deutschen VertragSiarifs ganz oder teilweise gegen die Gewährung des amerikanischen Konventionaltarifs einräumen zu dürfen. Die Fraktionen des Reichstages werden morgen über die Vorlage be raten. Am Sonnabend soll sie zur ersten Lesung auf ^""geSordnung gesetzt werden. Wenn der Reichstag ' ung die erbetene Vollmacht erteilt, so werden die Sätze unseres Generaltarifs am 7. Februar nicht in Kraft treten. Da inzwischen die Verhandlungen in Washington zu einer Verständigung geführt haben, so darf die Gefahr eines Zollkrieges wohl endgiltig als be seitigt gelten. Berlin, 4. Februar. Der Kaiser hatte sich heute zur Besichtigung des neuen Militärluftkreuzers „M. III" in Tegel beim Luftschifferbataillon angesagt und traf um 11 Uhr in Begleitung des Prinzen Heinrich auf dem Schießplätze ein. Außerdem waren Vertreter des General stabes, des Kriegsministeriums und der Verkehrstruppen anwesend. Der Kaiser besichtigte eingehend den Ballon, mit dem noch ein Aufstieg geplant ist. Berlin, 4. Februar. Reichstagspräsident Graf Stol berg hat, wie auf eine Anfrage mitgeteilt wird, in der letzten Nacht ohne Hilfsmittel gut geschlafen. Auch heute Vormittag war das Befinden sehr gut. — Graf Haeseler und der gewissenhafte Wachtposten. Generalfeldmarschall Graf Haeseler übersandte dieser Tage dem Musketier Gottschalk von der 6. Kompagnie des Infanterie-Regiments Nr. 130 in Metz, der ihm am 1. Oktober v. I. den Eintritt in die Feste Graf Haeseler verweigerte, weil der Generalfeldmarschall keine Eintritts karte bei sich führte, sein Bildnis mit der eigenhändigen Unterschrift: „Treu steh und fest" und „Zur Erinnerung an meinen Besuch am 1. Oktober 1909." Gefterreich-Ungarn. Prag, 4. Februar. Da alle Vermittelungsversuche erfolglos geblieben sind begannen die deutschen Abgeordneten im Landtage heute mit der tschechischen Obstruktion. Italien. Rom, 4. Februar. Mehrere italienische Kriegsschiffe haben den Beseh: erhalten, sich bereit zu halten, nach dem Orient abzufahren. Es handelt sich um die Kretafrage. Man glaubt daß dieser Befehl nur der Vorläufer einer Truppenlandung auf Kreta sein wird. Russland. Petersburg, 3. Februar. Sechs ehemalige sozialdemokratische Deputierte der zweiten Duma, darunter Bjeloussow und Kusnezow, wurden zur Zwangsarbeit nach Sibirien transportiert. Alle waren in Ketten gelegt. Türkei. Konstantinopel, 4. Februar. Bet der Wahl neuer Mitglieder für den armenischen Patriarchatsrat kam es in der armenischen Kirche des asiatischen Vor ortes Kadiko zu ernsten Zusammenstößen zwischen den Anhängern der rivalisierenden Kandidaten. Als endlich die türkische Polizei einschritt und die Ordnung wieder herstellte, waren in der Kirche bereits zahlreiche Personen verwundet worden. England. London, 4. Februar. Bei der zweiten Lesung der Marinebill im kanadischen Parlament in Ottawa wurde der Bau einer Flotte von 11 Schiffen verlangt, die in fünf Jahren fertig sein sollen. Die Debatte erstreckte sich natürlich auch auf die Beziehungen zwischen England und Deutschland. Dabei erklärte der Premierminister Sir Wilfried Laurier: „Gefahr ist keine für England vorhanden. Im Jahre 1912 wird Groß- britanien eine Flotte von zwei Millionen Tonnen und Deutschland eine solche von nur 890 000 Tonnengehalt besitzen. Beide Reiche sind geschichtlich Freunde, und die wachsende Macht der Demokratie wird einem Kriege vorbeugen." Amerika. Newyork, 4. Februar. Die Bekanntmach- des Staatsdepartements über die Vereinbarung mit Deutschland über gegenseitige Gewährung der Minimal tarife ist in herzlichstem Ton gehalten und hebt Deutsch lands Wohlwollen und die Bedeutung des deutschen Handels hervor. Das Staatsdepartement erklärt, die Vereinbarung werde beide Teile befriedigen, und die Lösung sei wesentlich der freundschaftlichen Gesinnung und Versöhnlichkeit der deutschen Regierung zu danken. vsutsckor Nsickstag. Der Reichstag setzte am Donnerstag die zweite Beratung des Kolonialetats fort. Abg. Lattmann (Wirtsch. Vgg.) begründete die Arbeit der Missionen. Er hielt ein Entgegenkommen in der Frage der Selbstverwaltung für notwendig. Unterstaatssekretär v. Lindequist widersprach den neulichen Aeußerungen des Abg. Noske, daß in Ostafrika die Ansiedelungen mißglückt seien, ebenso daß die Koloninlverwaltung ganz Südwest mit Kleinsiedelungen überziehen wolle Abg Schwarze-Lippstadt (Ztr.) empfiehlt be sonders den Wegbau in Südwest. Abg Stör? <Südd. Bp.) meinte, daß eine wirkliche deutsche Kultur einziehen könne. Abg Noske (Soz.) hie.t es für bedenklich wenn Parlamentarier für Gründung von kolonialen Unternehmungen eintreten. Seine Freunde lehnen zwar den Etat als Ganzes ab, würden jedoch einzelne, notwendige Ausgaben bewilligen. Abg. Goller «frs Bp.( hielt die Mahnun gen des Abg. Noske, daß Abgeordnete, die an kolonialen Unter nehmen beteiligt seien, Zurückhaltung zu üben haben, für unange bracht. Abg. Erzberger (Ztr.) besprach Missionsfragen und for derte für Missionsschulen dieselbe Freiheil wie im Mutterlande. Staatssekretär Dernburg stellte fest, daß die Sozialdemokratie alles ablehne, wenn es gälte, die Zeche zu bezahlen. Weiter be sprach er die Angelegenheit des Bischoss von Samoa, der von der Kanzel herab den Besuch der Regierungsschule verboten habe. Das könne sich die Regierung nicht gefallen lassen. Abg. Lede- bour (Soz.) meinte es gäbe in der Sozialdemokratie keinen, der die Kolonialpolitik unterstützen würde. Abg. Arning (nl.i wandte sich gegen den Abg. Noske. Nachdem Abg. Erzberger (Zlr.) den Staatssekretär ersucht hatte, mit dem Bischof von Samoa zu einer Verständigung zu kommen, bemerkte Staatssekretär Dernburg, er habe unter allen Umständen das Ansehen der deutschen Verwal tung in Samoa ausrecht zu erhalten gesucht. Nachdem sich die Abg. Müller-Meiningen (frs. Vp.) und Dove ffrs. Vgg.) im glei chen Sinne ausgesprochen hatten, schloß die Beratung und der Etat für Südwestafrika wurde bewilligt. Beim Etat von Ostafrika besprach Abg. Dr. Arendt (Rp.) die Währungsfrage und forderte Einführung der Reichswährung. Aehnlich äußerte sich Abg. Wer ner (D. Resp ). Nachdem Staatssekretär Dernburg Aufklärun gen über die Beschwerden gegen den Gouverneur v. Rechenberg gegeben hatte, wurde auch dieser Etat und der für Togo geneh migt, ebenso der für Neuguinea. Beim Etat für Samoa führte das bekannte Vorgehen des dortigen Bischofs gegen die konfessionell paritätische Schule nochmals zu kurzer Aussprache. Auf der Tagesordnung der Sitzung vom Freitag stand der Etat des Reichstages Dazu lagen mehrere Anträge vor, die freie Eisenbahnfahrt für die Abgeordneten während der Legislatur periode, Revision der Geschäftsordnung, Stellung von Anträgen im Anschluß von Interpellationen, Zulassung von Anfragen tat sächlicher Art an den Reichskanzler oder den Bundesrat verlangten. Abg. Bassermann (nl.) begründete die Herausgabe eines Hand buches über die Geschäftsordnungsmäßige Behandlung wichtiger Fragen. Abg. Singer (Soz.) forderte die Zulassung von Be schlüssen im Anschluß an Interpellationen. Abg. Müller-Mei ningen (freis. Vp.) verlangte Revision des Diätengesetzes. Abg. Junck (ntl.) hielt eine Revision der ganzen Geschäftsordnung für zu zeitraubend, während Abg. Rc-eren (Ztr.) die Revision empfahl. Abg. Graf Westarp (kons.) konnte einer Ausdehnung der Krei- fahrtscheine nicht beitreten und meinte, Anträge im Anschlusse an Interpellationen würden immer auf Mißtrauensvotum hinaus laufen. Dadurch würde die Stellung der Minister erschüttert wer den. Nach der Verfassung habe aber der Kaiser das Recht, Reichs kanzler und Staatssekretäre zu ernennen und daran dürfe nicht gerüttelt werden. Es ginge nicht an, daß der Reichstag auf dem Wege der Geschäftsordnung Beschlüsse von staatsrechtlicher Bedeu tung fasse. Abg. Gröber (Ztr.) hielt die Geschäftsordnung für veraltet. Die politischen Bedenken des Vorredners seien nicht be-
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