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Pulsnitzer Wochenblatt : 08.02.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191002084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19100208
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19100208
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-02
- Tag 1910-02-08
-
Monat
1910-02
-
Jahr
1910
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 08.02.1910
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Dienstag —2- Ar. 15. 4— 8. Ieöruar 1910. Sücdsiscbsr Landtag. Dresden, 7. Februar. (Zweite Kammer.) Auf der Tages ordnung steht zunächst in Schlutzberatung das königliche Dekret Nr. 8 betreffend den Personal- und Vesoldungsetat der Landes brandversicherungsanstalt auf die Jahre 1910 und 1911. Namens der Finanzdeputation beantragt Abg. Anders (Natl.), den Etat in den Ausgaben mit 816725, darunter 19800 M künftig wegfal- lend, nach der Vorlage zu bewilligen und die Petition der Privat- erpedienten bei den Brandversicherungsinspektionen um Regelung ihrer Fortkommensverhältnisse zur Zeit auf sich beruhen zu lassen. Nach kurzer unwesentlicher Debatte beschließt das Haus einstimmig antragsgemäß. Ebenfalls einstimmig und ohne Debatte wird schließlich der durch das Dekret Nr. 15 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die Einwirkung von Armenunterstützung auf öffent liche Rechte mit geringen Abänderungen angenommen. Nächste Sitzung morgen Vormittag 10 Uhr. vsutscdsr l^sickstag. Der Reichstag erledigte am Sonnabend seine Tagesordnung, das Handelsabkommen mit den vereinigten Staaten von Amerika, in auffallend kurzer Sitzung. Die Verhandlung beschränkt sich im wesentlichen auf eine — auch nur kurze — Emsührungsrede des Staatssekretärs Delbrück, der nach einer Uebersicht über die seit herigen handelspolitischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten als Kern des Abkommens nochmals die Bestimmung festlegte, daß der Bundesrat ermächtigt wurde, bei Einführung amerikanischer Erzeugnisse die .Konventionalsätze in angemessenem Umfange zuzu lassen. Diese Ermächtigung höre auf, sobald die Vereinigten Staa ten zugunsten Deutschlands Aenderungen an dem gegenwärtigen Zustande eintreten lassen. Auf deutscher Seite seien gewiß nicht alle Wünsche erfüllt, aber die Regierung habe doch geglaubt, das Abkommen abschließen zu sollen, um Handel und Industrie auch nur vor vorübergehenden Störungen zu bewahren. — Weitere Wortmeldungen lagen nicht vor. Das Haus trat sofort in die zweite und, da von keiner Seite Widerspruch erhoben wurde, in die dritte Lesung ein. Die Vorlage wurde angenommen. Gegen sie stimmten geschlossen die Konservativen und mit ihnen ein Teil des Zentrums. Damit war die Tagesordnung erschöpft, und das Haus vertagte sich auf Donnerstag: Militäretat. Björnstjerne Björnson. Zu seiner schweren Erkrankung. Björnstjerno Björnson, der große norwegische Dichter und Patriot, ringt mit dem Tode. Vor mehreren Wochen erkrankte er in Paris, und schon damals fürchtete man um sein Leben. Vjörn- sons eiserne Natur trug dann aber anscheinend den Sieg davon. Neuerdings ist nun wieder eine ernste Wendung eingetreten, die das Schlimmste befürchten läßt. Der große Dramatiker und Er zähler hat am 8. Dezember v. I. seinen 77 Geburtstag gefeiert. Er entstammte einer Pfarrersfamilie in Kvikne (Oesterdalen.) Nach Vollendung seiner Studien war er zwei Jahre lang Direktor des Theaters in Bergen, dann Journalist. In den Jahren 1860 — 63 lebte Björnson auf Reisen, dann kehrte er wieder heim und über nahm die Leitung des Nationaltheaters zu Christiania, die später sein Sohn Björn inne hatte. Dann hat Björnson abwechselnd in der Heimat und im Anslande gelebt. Wie sein Freund Ibsen hat er nicht nur für sein heißgeliebtes Vaterland gewirkt und ge schaffen; seine Werke haben sich in allen Literaturen ihr Heimats recht errungen. Besonders viel verdankt ihm das deutsche Geistes leben. Seine Vauernovellen, besonders die köstliche Novelle: „Arne", sein Roman: Synnöve Solbakken", seine zahlreichen Dramen aus der norwegischen Geschichte und dem modernen Leben des Nor dens, besonders aber die gewaltige Tragödie „lieber unsere Kraft" haben Björnstjerne Björnson zu einem der größten Vertreter un serer zeitgenössischen Kunst gemacht. Er war aber auch einer der führenden Politiker seines Heimatlandes. Die Trennung Norwe gens von Schweden und die Einsetzung der neuen Dynastie ist größtenteils sein Werk. Aus Ösm SSricktssOoiQ. 8 k'utsniu, 2. Februar. (Kgl. Schöffengericht.) 1. Weil der im Jahre 1878 geborene, bereits mehrfach vorbestrafte Bäckergeselle Paul Richard N. aus Ruhland am 11. Januar 1910 in Puls nitz gebettelt hatte, war er festgenommen worden. Er hatte bei seiner Festnahme dem Schutzmann Tischer auch Widerstand ge leistet, indem er sich von ihm loszureißen versuchte und Tischer mit der Hand zur Seite stieß. Das Schöffengericht verurteilt den Angeklagten N. wegen Bettelns zu 3 Wochen Haft, auf die 12 Tage der erlittenen Untersuchungshaft als verbüßt angerechnet werden und wegen Widerstands zu einer Woche Gefängnis. — 2. Der be reits 40 mal vorbestrafte Maurer Erlist Wilhelm Sch. aus Nieder linde hatte am 24. Januar 1910 in Großröhrsdorf gebettelt. Er war deshalb festgenommen worden. Das Kgl. Schöffengericht ver urteilte ihn wegen Uebertretung des Z 36 l, Ziff. 4 des St.-G.-Bs. anderweit zu 3 Wochen Haft. — 3. In der Nacht vom 10. zum 11. Oktober 1909 wurde der Fabrikbesitzer Kurt Alwin W. in Bretnig von dem Maler Kurt P. in Dresden in Großröhrsdorf auf der Dorfstraße aufs gröblichste beleidigt. W. hatte deshalb gegen P. Strafantrag gestellt und Privatklage erhoben. Das Schöffengericht verurteilte P. wegen Beleidigung zu fünfzig Mark Geld, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit fünf Tage Gefängnis zu treten haben. — 4. Weiter hatte der Färbereiarbeiter Paul L. in Pulsnitz M. S. gegen den Fabrikarbeiter Hermann E., daselbst, Privatklage erhoben. E. hatte am 10. Januar d. I. der Tochter des Privatklägers mehrere Ohrfeigen versetzt und dann an beiden Armen gepackt und abgeschüttelt. Die Parteien schloffen vor Eintritt in die Hauptverhandlung einen Vergleich dahin ab, daß der Privatkläger Strafantrag und Privatklage zurücknahm und der Angeklagte sich verpflichtete die Kosten des Verfahrens zu tragen. — 5. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde verhan delt gegen den Fabrikarbeiter Gustav Edwin H. in Oberlichtenau. Der Angeklagte war in der Nacht vom 24. zum 25. Dezember 1909 mit dem Gutsbesitzer Ernst K. und noch anderen in der Brauerei in Oberlichtenau. K. und der Angeklagte waren beide etwas an getrunken. Auf dem Nachhausewege stach der Angeklagte den Guts besitzer K. mit seinem Taschenmesser in den linken Oberarm und fügte ihm eine 1'/, Zentimeter lange Wunde zu, die heftig blutete. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten H. zu vierzig Mark Geld, an deren Stelle rm Falle der Uneinbringlichkeit vier Tage Gefängnis treten. Das bei der Tat benutzte Messer wurde eingezogen. — 6. Der bereits 26 mal vorbestrafte Weber Louis H. aus Lodz (Rußland) hatte am 22. Januar 1910 in Pulsnitz ge bettelt und war deshalb festgenommen worden. Das Schöffenge richt verurteilte ihn deshalb zu fünf Wochen Haft. Auch wurde, da H. ein arbeitsscheuer Mensch ist, auf Ueberweisung an die Lan despolizeibehörde erkannt. — 7. Die Privatklagesache der Fabri kantenswitwe Emil Rosalie R. gegen die Näherin Anna R., beide in Großröhrsdorf, wurde durch Vergleich erledigt. Z Bautzen, 4. Februar. (I. Strafkammer.) Vorsitzender: Herr Landgerichtsdirektor Tautenhahn. (Nachdruck verboten.) Einen interessanten Einblick in die Geschäftspraktiken gewisser Grundstücks-, Hypotheken- und Geldvermittler gewährte die heutige Verhandlung gegen den Agenten und Schneidermeister Bruno Anton Löwe aus Schönfeld, in Großröhrsdorf wohnhaft, der sich wegen gewerbs mäßigen Wuchers zu verantworten hatte. Löwe betreibt sein Ver mittlungsgeschäft seit 1904, ist in der ganzen Lausitz bekannt und schon wiederholt sind gegen ihn von Seiten der Kgl. Staatsan waltschaft wegen verschiedener Delikte Erörterungen gepflogen worden, es war aber bisher nie gelungen, ihn zur Bestrafung zu bringen. Bei der heutigen Verhandlung handelte es sich um fol genden Sachverhalt: Der Gastwirt Georg Oswald Werner in Dießbar, Besitzer des dortigen Gartenrestaurants „Rosengarten", war von dem Baumeister Tautz in Dölitzsch, dem Vorbesitzer des Grundstückes, im Jahre 1907 auf Auszahlung einer Resthypothek von 3000 Mark verklagt worden und hatte auf Grund eines Ver gleichs Frist bis zum 1. April 1908 erhalten. Werner gab sich fortgesetzt Mühe, das Geld bei Kassen oder Privatpersonen leih weise zu beschaffen, da er aus eigenen Mitteln oder durch Ver wandte nicht dazu in der Lage war. Schließlich wurde er am 26. Februar 1908 durch den Dresdner Agenten Möbius mit Löwe bekannt. Löwe versprach den Betrag von 3000 M zu schaffen, Werner mußte sich aber auf ausdrückliches Verlangen Löwes unter schriftlich verpflichten nach einer Barzahlung von 20 M noch 150 M für Insertion, Reise und Port!, 2 Prozent Provision und 500 M „freiwillige" Ertravergütung zu gewähren. Dafür acceptierte Wer ner ebenfalls auf Verlangen Löwes nach gehöriger Bearbeitung durch dessen Hilfsarbeiter Kaufmann Schöne, der jetzt wegen un ternommener Meineidsverleitung eine Zuchthausstrafe von 1 /z Jah ren verbüßt, zwei auf seine Ehefrau gezogene Wechsel über 3600 M und 292 M und mußte für Löwe eine Hypothek von 3170 M auf sein Grundstück eintragen lassen. Um Werner zu diesem Schritt zu bewegen, den dieser vor seiner Familie nicht verantworten zu können vermeinte, soll Löwe geäußert haben, Werner müsse in diesen „sauren Apfel beißen", da sonst sein Grundstück „angehängt" werde. Löwe diskontierte den Wechsel bei dem Seifensieder Näther in Bischofswerda, der nach seinen heutigen Angaben jährlich über 1 Million in Geldgeschäften umsetzt, und gab ihm dafür 360 M für ein Vierteljahr. Werner erhielt nun zur Auszahlung an Tautz 3170 M Den Wechsel über 292 M löste Werner ein, könnte dies aber nicht betreffs des Wechsels über 3600 M, den Löwe am 1. Juli 1908 prolongierte und der auf sein Verlangen nunmehr auf 3S00 M ausgestellt wurde. Diesen neuen Wechsel veräußerte Löwe an den Privatmann Neubert in Chemnitz, der 300 M von der Summe abzog. Auch diesen Wechsel prolongierte Löwe, da Wer ner ihn nicht emlösen konnte, es wurden wiederum 2 Wechsel von 3600 M und 300 M auf die Ehefrau Werners gezogen und von Näther eine Vergütung von 390 M diskontiert. Zuletzt wurde die verehelichte Werner nach Abzug von angeblich 600 M Barzahlung von Löwe wegen einer Wechselschuld von 3220 Al 25 Pf. verklagt, der Prozeß wurde aber ausgesetzt und das Verfahren wegen Wuchers gegen Löwe eingeleitet Löwe wollte heute glauben machen, die Beschaffung der 3170 M habe ihm alles in allem selbst 1050 M Kosten, also einen Schaden von ungefähr 460 M verur sacht. Bezeichnend für das Geschäftsgebahren Löwes war die eid liche Aussage seines Angestellten Schöne, der bekundete, er habe im Auftrage Löwes Geldsuchenden erklären müssen, Löwe verlange für Beschaffung von je 1000 M pro Vierteljahr 100 M, Löwe habe sich vom Januar bis April 1908 um die Beschaffung der von Werner gesuchten 3000 M nicht bemüht, die Beschaffung von Gel dern durch Löwe sei für die Bedürftigten stets sehr teuer gewor den. Es wurde auch festgestellt, daß Löwe durch eine eiugeholte Auskunft vor dem 1. April 1908 genau über die mißliche Vermö genslage Werners informiert worden war und deshalb wußte, daß dieser sich in einer Notlage befand. Ueber das Vermögen Löwes ist übrigens seit einiger Zeit das Konkursverfahren verhängt wor den, doch werden seine Gläubiger nach den getroffenen Festellun- gen ungefähr 90 Prozent oder noch mehr erhalten. Der Vertreter der Kgl. Staatsanwaltschaft führte aus, Löwe habe trotz der für ihn eingetragenen Hypothek sich für Beschaffung der Summe von 3000 M einen Vorteil von 722 M in bar gesichert, das sei eine ungerechtfertigte und wucherische Ausbeutung der Notlage Werners gewesen. Er sei Werner gegenüber der eigentliche Darlehnsgeber gewesen und habe sich auch einer Verschleierung des Geldgeschäftes schuldig gemacht. Es habe bis jetzt leider nicht nachgewiesen wer den können, daß seine Geldgeber Näther und Neubert Helfershelfer gewesen seien, sonst wären auch sie unter Anklage gestellt worden. Löwe habe absichtlich das Geschäft bis April 1908 verschleppt, um sein Opfer zu jedem Schritt aus Angst gefügig zu machen. Löwe habe auch gewerbsmäßig gehandelt, er sei in der ganzen Lausitz als gewerbsmäßiger Wucherer längst bekannt und als solcher heute zu bestrafen. Der Verteidiger widersprach diesem Antrag und plädierte auf Freisprechung. Der Gerichtshof hielt Löwe des Wu chers und der Verschleierung für schuldig, den Beweis für Ge werbsmäßigkeit seines Handelns aber nicht für erbracht. Das Ur teil lautete deshalb nach Z 302a und 302 b des N.-Str.-G.-Bs. auf 3 Monate Gefängnis, 300 M Geldstrafe oder weitere 30 Tage Ge fängnis und 3 Jahren Ehrenrechtsverlust. — Die Kgl. Staatsan waltschaft war durch Herrn Staatsanwalt vr. Hennicker vertreten, verteidigt wurde Löwe durch Herrn Rechtsanwalt Hientzsch aus Dresden. Vermisodtss * (Die wissenschaftlichen Beobachtungen des neuen Kometen.) Wer den neuen sogenannten Tageslichtkometen eigentlich entdeckt hat, scheint nicht recht feststellbar zu sein. Wahrscheinlich sind es Berg leute in Johannisburg gewesen, deren Name der Nach welt aber kaum überliefert werden wird. Die erste wissenschaftliche Beobachtung geschah durch den Astronom Innes am Transvaal-Observatorium am gleichen Tage der Entdeckung, am 16. Januar um ü'/z Uhr nach mitt lerer Greenwich-Zeit, als die Sonne noch über dem Hori zont stand. Nach der mit dieser ersten Sichtung verbun denen Messung hatte der Kops des Kometen einen Durch messer von S Bogenminuten und einen Schweif von 1 Grad Länge. Der außerordentliche Glanz des Schwei fes, der in diesem ersten Bericht herorgehoben wird, ist zum Teil durch die ungewöhnliche Reinheit der Luft in jenem Gebiet von Südafrika zu erklären. Die erste Be obachtung in Europa geschah an der Sternwarte in Cambridge am 19. Januar und verzeichnet den Kopf des Kometen mit einer Helligkeit, die dem Planeten Merkur entsprach und den Schweif mit einer Länge von 2 Grad. Ferner ist hervorzuheben die Beobachtung an der Srern- warte in Mailand, wo der Komet bei vollem Tageslicht, aber ohne Schweif gesehen wurde. Ein zunächst aufsal. lender Punkt bei dem Vergleich aller Beobachtungen ist die Verschiedenheit in den Angaben über die Länge des Schweifes. Wahrscheinlich ist dieser Umstand durch die Unterschiede in der günstigen oder ungünstigen Beschaffen heit der Atmosphäre zu suchen. Die Lichtwankungen, die mehrfach als ein schwaches, aber beständiges Flackern des Schweifes beschrieben worden sind, haben ihren Ursprung wahrscheinlich in einer Eigenschaft des Gestirns selbst nicht, sondern sind auf Einwirkungen der Atmosphäre zurückzuführen, die bei dem niedrigen Stand des Kometen besonders stark sind. Außer dem Schweif ist das nach dem Horizont hin gerichtete Horn am Kometenkopf von mehreren Beobachtern gesichtet worden, sodaß diese merk würdige Erscheinung, die noch keine Aufklärung gefunden hat, wohl als Tatsache betrachtet werden muß. Auf Photographien erschien der Kopf des Kometen als ein bräunlichroter Kern, der mit einer neblichen Hülle von schwächerem Rot umgeben war. Die Größe des Kometen kopfes entsprach der des Planeten Mars bei seiner größ ten Erdnähe oder war noch etwas größer. Das Spektrum des neuen Gestirns ist zuerst an der Lick-Sternwarte be obachtet worden, und zwar gleichfalls bei Tage. Es stellte sich als ein kontinuierliches dar, ließ aber die Helle Natriumlinie erkennen. Später wurden ähnliche Studien des Spektrums an der Sternwarte in Glasgow ausge führt, die etwa dasselbe Ergebnis hatten, aber außerdem das Vorhandensein eines von Kohlenwassenstoffen her rührenden Bandes fcststellten. Die Natriumlinie ist früher an dem großen Kometen von 1882 gesehen.worden. Die doppelte Schweifbildung, die vorübergehend stattgefunden zu haben scheint, wird mit der des großen Kometen von 1874 verglichen, bei dem aber die Schweife weiter aus einander standen. Sogenannte Tageslichtkometen sind übrigens ziemlich selten Besucher der Sonne. Während deS neunzehnten Jahrhunderts erschienen solche nur in den Jahren 1843, 1847, 1853, 1861 und 1882. In Eng land scheint man nicht übel Lust zu haben, dem Kometen den Namen „Parlamentswahlkometen" zu geben, aber diese Neigung ist selbstverständlich von wissenschaftlichen Kreisen abgelehnt worden. Außerdem hat der Druck fehlerteufel bei der Benennung des Gestirns seine Hand im Spiele gehabt und hat aus ihm einen Drake-Kometen gemacht, eine Bezeichnung, die schon in verschiedene Ver öffentlichungen übergegangen ist, aber gar keine Berech tigung besitzt. * Wie der neue Komet den Gaunern zu statten kommt, zeigt ein Massengaunertrick, der jüngst in Salzburg mit dem Kometen 1910 7^ verübt wurde, und der sicherlich den Vorzug der Originalität und Aktua- liiät hat. Wie der „Ins." aus Wien geschrieben wird, hatten sich mehrere anscheinend höchst „moderne" Diebe in Salzburg nm 29. Januar zusammengetan, von denen einer gegen Abend, als der Komet sichtbar werden sollte, aus dem Markte ein großes Fernrohr aufstellte um den Kometen zu besichtigen. Kaum wurde er seiner ansichtig, als er mit lauter Stimme ausrief, das eben der Komet erscheine. Von dem Publikum, das sich anscheinend zu fällig um das Fernrohr geschart hatte, liefen sofort mehrere Männer in die benachbarten Gasthäuser, um den Gästen das Erscheinen des neuen Kometen mitzuteilen. Alles stürzte vom Glase Bier fort, um sich dieses Ereig nis nicht entgehen zu lassen Während die „Sterngucker" aber nach der Himmelserscheinung suchten, benutzten die Entdecker die allgemeine Aufregung, in allen denjenigen Lokalen, die völlig verlassen von Gästen, Wirt und Kellner dalagen, sämtliche Ueberzieher, Pelze und wert vollen Spazierstöcke beiseite zu schaffen. Der „Astronom" am Fernrohr hielt durch lange Erklärungen und Ge spräche das Publikum auf und wußte eine solche Span nung zu erzielen, daß niemand an eine Rückkehr in das Gasthaus dachte. Schließlich forderte er die Umstehen den auf, ohne Entgelt selbst einmal das Fernrohr zu benutzen. Während die Leute sich um das Fernrohr drängten, verschwand der Sterndeuter unbemerkt. Diese Kommödte, die noch dadurch lebhafter wurde, daß das „Fernrohr" nur ein Blechrohr in der Form eines Fern rohres war, eine Linse aber nicht hatte, dauerte unge fähr eine Stunde. Als die Astronomen nun von dem Gesehenen befriedigt wieder zu ihrem Biertopf zurück kehrten, machten sie die „angenehme" Entdeckung, daß alle ihre Ueberzieher und Pelze fehlten. Schnell ver breitete sich die Meldung in der ganzen Stadt, zumal sie aus den Gasthäusern drang und überall dasselbe zu berichten wußte. Es wurden nach dem Polizeibericht 283 Ueberzieher und Pelze gestohlen. Jedenfalls ein sehr einträglicher „Komet". Die Diebe hatten übrigens den Humor, überall Zeitel des Inhalts zu hinterlassen, daß bei der großen Nähe des wärmenden Kometen die Ueberzieher hoffenlich überflüssig sein. Man sucht jetzt eifrig nach dem eigenartigen Sternkundigen, da die
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