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Pulsnitzer Wochenblatt 'lelegr.-KLr.: V^ochenbiatt Erscheint: Orensrag, Oonnsrsiag u.Lonnabsnd. 5lm1s des lRömgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Inserats kür denselben lag sind bis vormittags IO Uhr aukzugebsn. Oie funk mal gespaltene Zeile oder deren Naum l 2 pk., Lokalpreis l 6 Pf. Nsklams 25 Pf. Vei Wiederholungen Nadatt. Zeil raubender und tadeilarischsr Satz nach be sonderem Tarik. Lrküiiungsort ist Pulsnitz. Fernsprecher: Nr. 18. GEZlrKs-MnZSlgSr und Isttung blatt Mit „liiusir. Sonntagsblatt", ^Landwirischakt- Lcher Beilage" und „§ür Baus und Berd". Ndonnsment: Monatlich 48 pk., vierteljährlich Mk. 1LS bei kreier Zustellung ins Baus, durch dis Post bezogen Mk. t.41. ———— SM. umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Bretnig, Bauswalde, Ohorn, Obsrstsina, NisLer- »UlUSUiUU i ul Ueli rrniiSgei ^-UlSIili), steina,weitzbach,Ober-u.Niedsrlichtenau,§riedersdorf-Thiemsndork,Mittelbach,Orotzncmndorf,Lichtenberg,KIsin-Oittmannsdork. Druck und Verlag von C. L. §örstsr's Lrbsn (Inh.: Z. XV. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Bsdaktsur: Z. XV. Mohr in Pulsnitz. Ul'- 15 Dienstag, den 8. Aeöruar 1910. 62. Jahrgang. Das Wichtigste. Die Zweite Kammer erledigte am Montag das Dekret über den Personal- und Besoldungsetat der Lan desbrandversicherungsanstalt und nahm den Ent wurf eines Gesetzes über Einwirkung der Armen unterstützung auf öffentliche Rechte endgültig an. (S. .Landtagsbericht.) Der geschäftsführende Ausschuß des Alldeutschen Ver bandes nahm am Sonntag Stellung zu dem Schreiben des Reichskanzlers, betr. das scharfe Vorgehen der rheinisch-westfälischen Vertrauens männer des Verbandes gegen das Auswärtige Amt. (S. Tagesgesch.) In Breslau fanden am Sonntag bei Wahlrechts demonstrationsumzügen blutige Zusammenstöße mit der Polizei statt. (S. Tagesgesch.) Das deutsch-amerikanische Handelsabkommen ist im „Reichsanzeiger" veröffentlicht worden. Neuesten Pariser Depeschen zufolge hat der Todes kampf Björnsons nunmehr begonnen. Die Zahl der durch die Hochwasser-Katastrophe in Frankreich obdachlos gewordenen Personen beträgt I1OOOO, davon entfallen 25 000 auf Paris. Durch heftige Schneestürme ist der Bahnverkehr in Mittel- und Südfrankreich unterbrochen. SerMmrsdes neuen preuWen WWesetzes. In dem Bestreben, das als veraltet geltende preu ßische Wahlrecht zu reformieren, ist nun ein großer Schritt getan worden. Der Entwurf für das neue Wahl gesetz in Preußen ist fertiggesteüt worden, und bereits am nächsten Donnerstag soll di. erste Beratung dieser wich tigen Vorlage im preußischen Abgeordnetenhause begin nen. Bei der Schwierigkeit der Reform des Wahlrechtes in Preußen h .t wohl niemand gehofft, daß in dieser wichtigen Frage alle Wünsche der Parteien eine Berück sichtigung finden würden, und man kann schon jetzt sagen, daß auch bei dem neuen preußischen Wahlrecht an der bisher geltenden konservativen Grundstimmung für das Wahlrecht in Preußen festgehalten werden soll. Drei wich tige Punkte des alten preußischen Wahlrechtes sollen daher auch für das neue Wahlgesetz in Kraft bleiben, nämlich das Dreiklasfen-Wahlsystem, ferner die öffentliche Aus übung der Wahl und drittens die Erhaltung der bis herigen Wahlkreise. Als fehlerhaft und nicht mehr den politischen Anforderungen der Neuzeit entsprechend hat man in Preußen nur das indirekte Wahlsystem erkannt, und sollen nach dem neuen Wahlgesetz die Wahlen künftig in allen drei Klaffen direkt stattfinden, die Wähler wählen alfo in Preußen künftig die Abgeordneten unmittelbar, und das veraltete System der Wahlmänner-Wahlen soll aus dem neuen Wahlgesetze ausscheiden. Als eine wei tere wichtige Neuerung für das preußische Wahlrecht soll die sogenannte Maximierung der Wahlberechtigten einge- sührt werden, und soll nach dieser Maximierung die fünftausend Mark Gesamtsteuer übersteigende Steuer leistung bei dem Wahlrechte nach Klaffen nicht mehr an gerechnet werden. Die dritte Neuerung für das Wahl recht bezieht sich darauf, daß außer der Steuerleistung bei der Einteilung in die Wahlklasfen auch die höhere Bildung, die reife Berufserfahrung und die verdienstvolle Tätigkeit im öffentlichen Leben eine Rolle spielen sollen. Wie diese Eigenschaften der Wähler in der Praxis berück sichtigt werden sollen, wird wohl erst nach einer gründ lichen Durchberatung der betreffenden Punkte des Gesetz entwurfes entschieden werden können. Auch für die Art der Zählung der Stimmen soll das neue preußische Wahl gesetz eine Verbesserung bringen, es soll danach in Ab teilungen in den Stimmbezirken abgestimmt werden. Die Zusammenrechnung der abgegebenen Stimmen soll also in jeder Abteilung für den ganzen Bezirk erfolgen, sodaß die Minoritäten in den einzelnen Stimmbezirken bei dem Gesamtresultate der Wahl zur Geltung kommen sollen. AIS Grund für die Beibehaltung der öffentlichen Wahl wird angegeben, daß auch die geheime Wahl den Wähler nicht vor ungesetzlichen Einflüssen schütze, und daß das öffentlich geübte Wahlrecht daS Gefühl der politischen Verantwortlichkeit steigere. Auch fei noch erwähnt, daß Personen, die nach ihrer Steuerleistung in die zweite Wahlklaffe oder gar in die dritte gehören, das Recht er werben, in die nächsthöhere Wahlklasse eingereiht zu werden, wenn sie eine abgeschloffene Hochschulbildung be sitzen, Mitglieder des Reichstages sind, eine ehrenamtliche Tätigkeit in der Selbstverwaltung oder in den Kommunal verbänden bekleiden oder Offiziere im Heere und der Marine gewesen sind. Aus eine neue eigenartige Weise soll das Wahlergebnis nach dem neuen preußischen Wahlrecht festgestellt werden, nämlich so, daß für jede Abteilung besonders die Zahl der im ganzen Landtags wahlbezirk abgegebenen gültigen Stimmen zusammen gerechnet und der Anteil jedes Kandidaten an den abge gebenen gültigen Stimmen abteilungswetse nach Hundert teilen der Stimmen festgestellt wird. Die sogenannten Hundertteilzahlen aller Stimmen jeder Abteilung werden dann für jeden Kandidaten gezählt. Die so erhaltene Summe wird dann durch drei geteilt und gewählt ist derjenige Kandidat, der einen durchschnittlichen Stimmen- antsil von mehr als fünfzig von hundert Stimmen er hält. ES ist sehr wahrscheinlich, daß viele Punkte der neuen Wahlrechtsvorlage im Landtage Preußens noch wesentlich geändert werden. 4- * * Die freisinnige, nationalliberale und Zentrumspresse, von der sozialdemokratischen gar nicht erst zu reden, er klären diese Reform für absolut ungenügend, die preu ßischen konservativen Organe erblicken in dem Gebotenen bereits eine zu starke Erschütterung des „bewährten preu ßischen Wahlrechts", und nur ein Teil der freikonserva tiven Blätte will den Regierungsentwurf als eine brauchbare Grundlage für die Weiterberatung gelten lasten. Die überwiegende Mehrheit des preußischen Volkes ist sonach von der Vorlage nicht befriedigt. Von den Konservativen abgesehen, werden alle Parteien des Abge ordnetenhauses mindestens di' geheime Abstimmung for dern und beschließen. Diese würde jedoch weder die Zu stimmung des Herrenhauses, noch dis der Staatsregierung finden. Täuscht nicht alles, so wird die Wahlrechts kampagne daher in ein totes Rennen auslaufen. OsrMckss unS SScdsiscdss. Pulsnitz. (Brand.) Infolge eines am Sonntag Nachmittag kurz vor 2 Uhr im Brennhause der früher Georg Borsdorsschen Töpferei entstandenen Feuers (einige Säcke waren vermutlich durch unvorsichtiges Wegwerfen eines Streichholzes in Brand geraten) wurde die hiesige freiwillige Feuerwehr alarmiert. Das Feuer konnte^ aber, bevor es größere Dimensionen annahm, gelöscht werden. Wie die von der hiesigen Polizei angestellten Erörterun gen ergeben haben, liegt fahrlässige Brandstiftung vor; als Täter wurde ein im Hause beschäftigter Kutscher er mittelt. Pulsnitz Der Ausfall der Wahl der Vertre ter für die Generalversammlungen der hiesigen Ortskran kenkasse gab der im Jahre 1908 gegründeten Vereinigung gegen die innerhalb der Ortskrankenkasse sich erhobene Kartellpartei Anlaß zu einer Aussprache vor den Arbeit gebern und Mitgliedern der Kasse. Herr Gustav Paufler, als Vorsitzender der Vereinigung, referierte am Sonnabend im Saale des Schützenhaufes in einer gutbesuchten, von Herrn Paul Moschke geleiteten Versammlung in eingehen der Weise über den Verlauf der letzten Vertreterwahlen und über dis stattgefundenen Generalversammlungen der letzten Jahre. In der Debatte nahm der Vorsitzende der Ortskrankenkasse, Herr Reinhold Gude, Gelegenheit, den unter der bisherigen Verwaltung erzielten günstigen Stand und die vorteilhaften Einrichtungen der Kasse, wie sie nur wenige Kassen Sachsens haben, zu beleuchten. Herr Carl Strugalla appellierte an die Mitglieder der Kasse, dahin zu wirken, daß die Herrschaft der Kartellpartei ver hindert werde. Im Schlußwort forderte Herr Paufler zu einer regen Beteiligung bei der am Montag, den 14. Februar stattfindenden Vertreterwahl auf. — Die Kasse zählt 83ö (640 männliche und 19ö weibliche) wahlberech tigte Mitglieder, welche das 21. Lebensjahr erreicht haben. An der am 23. Januar 1910 stattgefundenen Vertreter wahl haben sich 418 Mitglieder beteiligt, das sind nur SO Prozent. Pulsnitz. (Feuerwehr-Führerkursus.) In der am vergangenen Sonntag unter Vorsitz des Herrn Brand direktor Wehner-Ossel in Kamenz abgehaltenen, von zirka 70 Personen besuchten Kommandanten-Sitzung des Feuer wehrbezirks Kamenz wurde beschlossen, am 24. April d I. einen Führerkursus in unserer Stadt abzuhalten. Weitw wurde der Beschluß gefaßt, den diesjährigen Verbands tag in Kloster Marienstern stattftnden zu lassen. Die Spritzenprüfungen finden 1910 im Königsbrücker Bezirk statt/ Pulsnitz, 8. Februar. Der heute stattgefundene Vieh markt wies einen Bestand von 31 Rindern, 103 Schweinen und 3 Pferden auf. Das Geschäft in Rindern war schlecht, in Schweinen leidlich, der Verkehr aber lebhaft. Pulsnitz. (Französischer Winterkursus.) Nach der „Berlitz-Methode" wird die Direktion der Filiale in Kamenz in unserer Stadt zunächst einen französischen Winterkursus veranstalten und wird morgen, Mittwoch, im Hotel „Grauer Wolf" eine öffentliche Probestunde in Französisch geben. Ist ein solches Unternehmen, das bis her nur in den größeren Städten existierte, dankbarst zu begrüßen, so gewinnt dasselbe noch an Wert durch die dabei gehandhabte Methode „Berlitz", die in dieser Zeit dank der wärmsten Empfehlungen durch neuphilologische Autoritäten eine geradezu staunenswerte Verbreitung sand. Es wäre ein besonderer Vorzug für unseren Ort, einen Lehrkursus für fremde Sprachen zu besitzen. Das Zustande kommen hängt aber ganz selbstverständlich von der Be teiligung hiesiger Kreise ab. Im Uebrigen verweisen wir auf das diesbezügliche Inserat in der heutigen Nummer. Pulsnitz. (Der große American-Circus Gi- ganto-Kineto-Plastograph im Schützenhaus.) Herrn Ploner ist es gelungen, den in Dresden durch seine hervorragenden und großzügigen kinoplastischen Vorstel lungen in Ansehen stehenden Civ-Jng. Kade zu drei Vorstellungen zu gewinnen und zwar für Sonnabend, den 12. Februar, abends 8 Uhr, und Sonntag, den 13. Februar, nachmittags ^4 Uhr (Kinder-und Familien- Vorstellung) und abends 8 Uhr. Herr Ing. Kade gibt seit zirka 10 Jahren alljährlich in Dresden im Evange lischen Vereinshause und in dem der Stadt Dresden ge hörigen großen Kuppelsaale des städtischen Ausstellungs palastes derartige Vorstellungen, die jedesmal eine Sen sation für die Residenz sind. Die zuletzt im städtischen AuSstellungSpalaste stattgefundenen 2S Vorstellungen waren von zirka 60000 Personen, also mehr als dem 10. Teil der Dresdner Einwohnerschaft, besucht. Es steht zu erwarten, daß auch in hiesiger Stadt die Vorstellungen die gebührende Würdigung durch zahlreichen Besuch finden. — Ein kometenreiches Jahr scheint dieses Jahr werden zu wollen. Jetzt ist wieder ungeahnt am west lichen Himmel ein solcher Weltenbummler ausgetaucht. Erwartet werden noch in diesem Jahre der im Jahre 1873 entdeckte Tempelsche Komet, der uns seitdem schon viermal und zwar in den Jahren 1878, 1894, 1899 und 1904 seinen Anblick gönnte, ferner der d'Arrestsche Komet, der im Jahre 1851 entdeckt wurde und seitdem uns schon fünfmal in den Jahren 1857, 1870, 1877, 1890 und 1897 mit feiner Erscheinung beehrte. Auch vom Faye- schen Kometen, der 1843 entdeckt wurde und der sich für gewöhnlich alle 7*/s Jahre blicken läßt, nimmt man an, daß er sich schon Ende dieses Jahres zeigen wird. Der Halleysche Komet, dessen Umlaufszeit schon der im Jahre 1656 geborene englische Astronom Halley berechnete, wird aber noch der weitaus interessanteste für uns werden, obwohl er an Lichtstärke wohl nicht bedeutender als der in dem letzten Drittel des Januar aufgetauchte Komet ein wird. Nach einer Berechnung des Pater Searle vird die größte Annäherung des Halleyschen Kometen an die Erde am 19. Mai 1910 stattfinden. Seine Entfer nung von der Erde soll dann nur die Kleinigkeit von zirka 3 Millionen Meilen betragen, und der 18.N!ai soll ,er Tag sein, an dem die Erde von Teilen seines Schwei- fes eingehüllt wird. Der französische Astronom Flam- narion meint, daß, wenn die Erde mit dem Schweife in Berührung kommt, der Wasserstoff des Kometen sich mit dem Sauerstoff der Erde verbinden und dann eine unge- >eure Explosion stattfinden könne, die das Ende des Lrdenlebens herbeiführt. Schon im Mittelalter hatte man ähnliche Befürchtungen. Allein sie waren irrige und sie werden auch ferner irrige sein, denn die Materie des Schweifes ist aller Wahrscheinlichkeit nach keine solche, daß von einer Einwirkung derselben aus unsre Erde gar keine Rede sein kann. DaS Zusammentreffen der Erde mit dem Kern des Kometen aber ist so gut wie ausge- chlossen, denn die Bedingungen hierfür sind, daß die Erde die Bahn eines Kometen wirklich schneidet und daß beide Körper im Durchschnittspunkte anwesend sind. Hierfür ist abe- die Wahrscheinlichkeit gleich Null. Aengst- liche Gemüter wollen sich also nicht weiter beunruhigen.