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Nr. 6. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den 18. Januar 1910. Seite S. Handlung. Die „Dresdner Rundschau" will den Beweis für die von ihr behaupteten Tatsachen in vollem Um fange antreten und hat mehr als 40 Zeugen und Zeuginnen, darunter viele Balletrdamen aus Dresden und Prag laden lassen, die aussagen sollen, daß die dem Ballettmeister zur Last gelegten Uebergriffe gegen Ange hörige des Ballettkorps tatsächlich erfolgt sind. Unter den geladenen Zeugen befindet sich auch der Dresdner Heldentenor Karl Burrian, der sich augenblicklich in Newport als Gast des Metropolitantheaters aushält, aber bis zum Verhandlungstermine wieder nach Dresden zu rückgekehrt sein wird. Dresden. Die neu erbaute Augustusbrücke soll am 1. September 1910 dem Verkehr übergeben werden. Da sich für die Jnterimsbrücke bereits Interessenten ge funden haben, b schloß der Rat, diese Brücke zum Ver kehr öffentlich auszuschreiben. Von dem Ausfall der Ausschreibung wird es abhängen, ob die Jnterimsbrücke weiterverkauft oder zu einer Verbindung zwischen der Schlachthofsinsel und dem jenseitigen Ufer verwendet wird. Dresden, 17. Januar. (Das Schicksal des Bal lons „Luna". Den übereinstimmenden Berichten der russischen, schwedischen und norwegischen Behörden zu folge ist vom Ballon „Luna" nichts entdeckt worden. Der Führer des Ballons, Leutnant Richter, ist offiziell als verschollen erklärt worden. Radeberg. Unter dem dringenden Verdacht, an einem 18jährigen, geistig minderwertigen Mädchen ein. Sittlich keitsvergehen begangen zu haben, ist heute vormittag der hiesige Bürgerschullehrer Gude verhaftet und in das hiesige König!. Amtsgericht eingeliefert worden. Bautzen, 17. Januar. Landwirtschaftlicher Vor- tragSkursus für Soldaten. Gegenwärtig findet an der hiesigen Landwirtschaftlichen Lehraistalt der ».Land wirtschaftliche Vortragskursus für Soldaten statt, an dem 102 Soldaten teilnehmen. Der Kursus bezweckt einen anregenden Einfluß zu gewähren in das gesamte Gebiet der Landwirtschaft. 8. Meißen, 18. Januar. (Furchtbares Ende.) Einen schrecklichen Tod fand in der Nacht zum Sonntag der 25 Jahre alte Arbeiter Albert Lehmann aus Mühl berg i. Sa. Er kehrte gegen Mitternacht in Begleitung seiner LogiSwirtin in seine Wohnung zurück, fand letztere aber verschlossen und wollte nun vom Abortfenster aus an das Fenster seines von einem Schlafkollegen mitbe nutzten Schlafzimmers klopfen. Er verlor aber den Halt und stürzte mit einem lauten Aufschrei aus der Höhe des dritten Stockwerkes in die dunkle Tiefe, wo er auf den gepflasterten Hof aufschlug und so schwere Verletzungen erlitt, daß er bald darauf starb. Großschönau. Ein merkwürdiges Inserat be findet sich in einer der letzten Nummer der hier erschei nenden „Oberlausitzer Presse". Es lautet: Abhanden gekommen ist meine liebe und so teure Frau Auguste. Da sie schon vorher die Sprache verloren hatte, bin ich über den großen Verlust ganz zusammengeknickt und ver zichte sogar aus die Wiedererlangung des kostbaren Schatzes. Großschönau, 12. Januar 1910. 504b. Man ist nun hier aus die Antwort der „lieben teuren Auguste" gespannt. Vielleicht hatte sie allen Grund, 504b den Rücken zu kehren. Schirgiswalde. (Masern-Epid emie.) Die Masern treten hier epidemisch auf; über 100 Kinder sind gegen wärtig erkrankt. Eine Klasse der katholischen Volksschule mußte bereits geschlossen werden. 82K. Chemnitz, 16. Januar. (Uraufführung der „Erlösung", Op. 24, von Theodor Blumer.) Am Sonnabend sand in Chemnitz die Uraufführung eines neuen Tonwerkes, „Erlösung", eines vielversprechenden jungen sächsischen Tons tzerS, des Kapellmeisters am Alten burger Hostheater Theodor Blumer, unter der Leitung des bekannten Kapellmeisters Malata, früher an der Dresdner Hofoper, statt. — Der Erfolg war ein glänzen der. Das effektvolle und zündende Werk zeichnet sich nicht nur durch warme Empfindung und Lebendigkeit der Themen, sondern auch durch die wahrhaft virtuose Behandlung des vorzüglich instrumentierten Orchesters aus, demzufolge die Wirkung durch die lyrischen und dramatischen Gegensätze bis zum Eintritt der mächtig klingenden Orgel eine derart durchschlagende war, daß das überaus zahlreiche Publikum den hochtalentierten jungen Tonsetzer — übrigens ein geborener Dresdner — sowie Kapellmeister Malata wiederholt begeistert hervor- jubelte und mit Lorbeerkränzen und Blumen ehrte — Jedenfalls wird das Werk seinen Weg durch alle Konzert säle finden. - v. n. — lagesgsscbickts. Deutsches Reich. Berlin, 16. Januar. Die Feier des Krönungs- und Ordensfe> es wurde am Berliner Hofe in der üblichen Weise begangen. Die hier an wesenden Personen, denen der Kaiser Orden verliehen hat, hatten sich zu dieser Feier im Schlosse versammelt, wo ihnen der Präses der Generalordenskommission, Gene ralleutnant von Jakobi im Auftrage des Kaisers die Auszeichnungen aushändigte. Dann wurden die neuer- nannten Ritter in die Schloßkapelle geführt, um dem Gottesdienst beizuwohnen, der in Anwesenheit des Kaiser- paareS und des gesamten Hofes stattfand. Hofprediger Ohly hielt die Liturgie und die der Feier des Tages ge widmete Predigt. Zum Schluß wurde der Segen ge sprochen. Vorher waren die neuernannten Ritter dem Kaiser im Rittersaal vom Präses der Generalordens kommission vorgestellt worden. Nach dem Gottesdienst begab sich das Kaiserpuac mit den übrigen Fürstlichkeiten zur Tafel in den Marinesaal, nachdem die Eingeladenen im Weißen Saal und den angrenzenden Gemächern ihre Plätze eingenommen hatten. Der Kaiser brachte den Toast auf das Wohl der neuen und älteren Ritter aus. Nach der Aufhebung der Tafel unterhielten sich der Kaiser und die Kaiserin noch mit einer großen Anzahl der eingeladenen Ritter. Berlin, 16. Januar. Ueber das Befinden des er krankten Reichstagspräsidenten Grafen Stolberg wird gemeldet, daß, nachdem am Freitag der Zustand des Patienten nicht bedenklich schien, am Sonnabend eins Wendung zum Bessern eingetreten ist. Immerhin wird Graf Stolberg noch mindestens acht Tage das Zimmer hüten müssen. Berlin, 17. Januar. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" veröffentlicht einen Auszug aus dem angekün digten, dem Reichstage zugegangenen Weißbuch über die marokkanischen Minenfragen. Berlin, 17. Januar. Die „Nordd. Allg. Zeitung" bezeichnet die dem Staatssekretär Freiherrn von Schoen in den Mund gelegten Worte, daß die Reichstagsabge ordneten in der Mannesmann-Affäre der Regierung wie die jungen Hunde folgen würden, als böswillige Er findung. Berlin, 17. Januar. Das Kaiserpaar beabsichtigt am 25. d. M. im Anschluß an die Eröffnung der aus Anlaß des Geburtstages deS Kaisers von der Akademie der Künste veranstaltenden französischen Kunstausstellung einen Empfang beim französischen Botschafter beizuwohnen. Berlin, 17. Januar. Aus Paris geht der „Berliner Morgenpost" eine sonderbare Meldung zu, die dieselbe mit allem Vorbehalt wiedergibt. In der Meldung heißt es: In einer Gesellschaft, die hauptsächlich von franzö sischen Politikern besucht war, erz hlte eine an hervor ragender Stelle stehende amtliche Persönlichke't, daß eines TageS der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, von Schoen, mit dem französischen Botschafter in Berlin, Chambon, über die Angelegenheit der Gebrüder Mannes mann in Marokko konferiert habe. Herr von Schoen gab dem Botschafter beruhigende Erklärungen über die Haltung der deutschen Regierung in dieser Frage. Dabei seien auch die heftigen Artikel, die in einigen deut schen Blättern in dieser Angelegenheit erschienen waren, zur Sprache gekommen. Herr v. Schoen soll nun gesagt haben: „Lassen Sie sich durch die Presseartikel nicht irre- führen. Die Regierung hat damit nichts gemein und wenn die Reichsregierung ernstlich gewillt ist, etwas zu tun, so folgen ihr die ReichStagSabgeordneten wie die jungen Hunde." — Der Konflikt zwischen den Bischöfen von Metz und Straßburg und der reichsländischen Regierung besteht unbehindert fort. Das zunächst geheim gehaltene, dann aber der Oeffentlichkeit übergebene Schreiben des Statthalters Grafen von Wedel hält lediglich den Ein spruch der reichsländischen Regierung gegen das Ver halten der Bischöfe in Sachen des Beitritts katholischer Lehrer zu dem Allgemeinen deutschen Lehrerverein auf recht. In ihrer Antwort auf das Schreiben des Statt halters betonen die Bischöfe, daß sie den von ihnen ein genommenen Standpunkt nicht verlassen könnten. Da die Regierung schärfere Saiten nicht ausziehen will, so werden Kirche und Regierung über den umstrittenen Einzelfall wohl zur Tagesordnung übergehen und sich bemühen müssen, in Zukunft R ibungen zu vermeiden. Sollte regierungsseitig in dec Angelegenheit noch etwas getan werden, so würde das von Berlin aus geschehen. Auch der Statthalter, Graf von Wedel, weilt zurzeit in der Reichshauptstadt. — (Wohin gehört der Kausmannsstand?) Die in Nürnberg erscheinende „Mittelstands-Zeitung": schreibt: „Während im allgemeinen aus Handwerker kreisen dem „Hansabund" eine deutliche Absage gemacht wurde, strömten die Kaufleute in Massen in diesen Wurst kessel. Warum? Das missen die meisten nicht zu sagen; sie beziehen sich auf andere, die es auch so gemacht haben, und noch weniger Selbständige unterschrieben willenlos, weil der Herr Chef die Parole „Hansabund" ausgegeben hatte; kurzum: der Massenfang ist gelungen. Wenn aber die sämtlichen jetzigen Mitglieder aus dem Kauf mannsstande glauben, sie könnten der Brühe in diesem Wurstkessel auch nur einen kleinen Beigeschmack ihrer Würze (StandeSforderungen) beibringen, so werden sie sich schwer enttäuscht sehen. Dort herrscht das Groß kapital, das blos gegen den Grundbesitz arbeiten will; und klar und bestimmt strebt jenes der Weltherrschaf zu . . . Daß seine wirtschaftliche Lage sehr verbesserungS bedürftig ist, dessen ist sich der KausmannSstand klar be mußt, aber im „Hansabund" wird er bitter enttäusch werden. Kiel, 17. Januar. Den Versetzungen der drei Staats anwälte, die im großen Kiele: Werftprozeß die Anklage vertraten, nach Glatz, Frankfurt a. M. und Neuwied rst nunmehr die eines weiteren im Prozeß besonders betei ligt gewesenen Beamten gefolgt: Der Abteilungsvorsteher in der Verwaltung der Kieler Reichswerft, Marineinten- danturasseffor Frerichs erhielt seine Versetzung nach Wil helmshaven. England. London, 16. Januar. Bis gestern abend 10^/1 Uhr wurden gewählt: 31 ""wmsten, 18 Liberale, 6 Kandidaten der Arbeiterpart. d 2 Nationalisten. Die Unionisten gewinnen acht und die Liberalen 3 Sitze. In der Vertretung von Manchester und Stafford findet kein Wechsel statt. London, 16. Januar. Sämtliche Blätter kommentie ren das Ergebnis des gestrigen Wahltages. Die Mehr zahl stellt fest, daß, wie erwartet, die Liberalen ziemlich ihre Stellung behauptet haben, wenn auch unter der Einbuße zahlreicher Stimmen in mehreren Bezirken nur eine Zunahme von 400 Stimmen zu verzeichnen haben. Das Blatt „Obscroa" weist darauf hin, daß die Unio nisten die absolute Mehrheit nicht erlangt haben können weil die sozialistische Strömung noch zu heftig ist. Das Blatt fügt hinzu, daß die Unionisten die Taktik vom Jahre 1832 erneuern wer en, indem sie die Wahl von Liberalen durch eine ganze Reihe von Wahlgängen zu hintertreiben suchen werden. — Die englischen Parlamentswahlen haben im Ge gensatz zum Gebrauch fast aller Länder die Eigentümlich keit, daß sie nicht an einem einzigen, bestimmten Tage stattfinden, sondern sich auf eine längere, gesetzlich fest gelegte Zeit verteilen, so daß es eme ganze Werle dauert, ehe ein definitives Resultat vorliegt. Immerhin geben die ersten Tage schon eine gewisse Andeutung, und ihr Verlauf eröffnet mancherlei für den weiteren Ausfall und zeigt verschiedene charakteristische Begleitumstände. Allem Anschein nach werden die Liberalen ihre Mehrheit be haupten, indessen wird diese Mehrheit gegen die bisherige niedriger sein, und auch der Stimmenzuwachs der unio- nistischen Partei wird ein bedeutend größerer fern, als derjenigen der Liberalen. Die Wahlbeteiligung ist eine ganz enorme, in den meisten Bezirken haben über 90°/o aller Wähler ihre Stimme abgegeben, ein Beweis dafür, welche tiefe und weitgehende Bedeutung man dem Aus fall dieser Wahlen beilegt. Es ist der alte Kampf zwi schen Konservativen und Liberalen, der ss t Jahrhunder ten geht, zeitweise nachläßt, gelegentlich aber wieder er neut entflammt; so auch diesmal wo es sich um die Tarifreform handelt. Spanien. Madrid, 17. Januar. Wie die „Corre- spondenzia Espana" aus Tanger erfährt, haben Ueber- länser der Riffstämme die Mitteilung an die spanischen Behörden gelangen lassen, d ß sich zahlreiche Riffstämme vorbereiten, den Kampf gegen Spanien von Neuem aus zunehmen Die Häuptlinge sollen in Tanger ganz öffent lich Munitionsankäufe vornehmen. Serbien. Belgrad, 17. Januar. Wegen des Rekon- terS d s gewesenen Thronfolgers auf dem Hofballe wurde ein Mrnisterrat abgehalten, der dem Stadtpräfekten volle Genugtuung gewährte. Der Ministerrat beschloß, Alim- Pietschs Abdankung nicht anzunehmen, da er sein Amt stets zur vollsten Zufriedenheit verwaltet trabe. Dagegen soll Prinz Georg baldigst das Land verlassen. Osutscdsr Nsrckstag. Der Reichstag setzte am Sonnabend die erste Lesung der Ju stiznovellen fort. Abg. Stadthagen (Soz.) meinte, der neue Ent wurf ebne der Klassenjustiz noch mehr die Wege und sei nament lich gegen die Arbeiter gerichtet. Staatssekretär Lisco drückte dem gegenüber seine Verwunderung über diese Behauptung des Abge ordneten Stadthagen aus. Er sei für die Heranziehung von Laien aus allen Berufskreisen, müsse ater fordern, daß vor allem unab hängige und intelligente Leute dazu genommen werben. Abg. Graef (W Vgg.) begrüßte freudig die vermehrte Heranziehung der Laien und fordert diese auch für die zweite Instanz. Abg. Brun- stermann (Rp.) betonte, daß mit den Schöffen ein beruhigendes Moment in die Straskammer einziehen werde und forderte Besei tigung des übermäßigen Schreibwerkes. Nachdem noch der Abg. Ablast tfrs. Vgg.) die Zuziehung auch der Frauen zum Schöffen amt gefordert hatte, wurden die Vorlagen an eine Kommission ver wiesen. Es folgte nun die erste Lesung des Entwurfes einer Aen- derung des Strafgesetzbuches, die Staatssekretär Lisco kurz begrün dete. Die Befürchtungen, daß vielleicht auch berechtigte Interessen der Presse berührt werden, sei grundlos. Der Hintertrcppenklatsch müsse freilich scharf angegriffen werden. Abg. Engelen (Ztr.) wünscht schärfere Bestrafungen der Kindermißhandlungen. Abg. perniock (kons) begrüßte namentlich den verschärften Schutz der Ehre. Die Abg. Heinze (natl ), Müller-Meiningen frs. Vp.) und Heine (Soz.) äußerten sich ähnlich. Staatssekretär vr. Lisco er widerte, daß die Regierung sich keineswegs mit dem Vorentwurf des Strafgesetzbuches identifiziere. Nachdem noch Abg. Barenhorst (Rp.) es als erfreulich bezeichnete, daß auch das moralische Recht des Tieres auf Schutz anerkannt werde, schloß die Beratung unter Verweisung auf die Vorlage an eine Kommission. Es folgte die erste Lesung des Entwurfs betr. die Haftung des Reiches für seine Beamten. Nach kurzer Begründung des Staatssekretärs Lisco und kurzer Debatte ging die Vorlage an eine Kommission. Darauf ver tagte sich das Haus Auf der Tagesordnung der Sitzung vom Montag standen die Interpellationen des Zentrums und Nationalliberalen betr. die Pensionsversicherung der Privaibeamten. Abg. Sittard lZtr.) begründete die Interpellation seiner Partei, indem er ausführte, durch allerlei Gerüchte über eine unfreundliche Stellung des Staats sekretärs sei eine gewisse Beunruhigung in den Kreisen der Privat beamten eingezogen. Er wollte einer Verzögerung der Vorlage ent gegentreten und sprach die Hoffnung aus, daß die Wünsche der Privatbeamten bald in Erfüllung gehen. Aehnlich begründete Abg. Stresemann (nt.) die Interpellation seiner Partei. In der Be antwortung der Interpellationen erklärte Staatssekretär vr. Del brück, daß er die von seinen Vorgängern Hinterlassnen Ausgaben mit vollem Ernst zu fördern gesucht habe. Der Lösung der Auf gabe stellten sich aber noch technische Schwierigkeiten entgegen. Aus der Unzweckmäßigkeit, diese Versicherung mit der Reichsverfi- cherungsordnung zu verbinde», habe sich leider eine notwendige Zurückstellung der in Aussicht genommenen Vorlage ergeben. Er werde sich bemühen, diese Angelegenheit nach Kräften zu fördern. In der Besprechung der Interpellationen erklärte Abg. Dröscher (kons.), daß es ihm nicht recht verständlich sei, warum die Regie rung nicht endlich e ne entsprechende Vorlage einbringe. Er wünsche eine Beschleunigung der Angelegenheit, damit der Reichstag noch in dieser Session schlüssig werden kann. Abg. Hormann streif. Vgg) wünschte keine Ueberhastung, erklärte aber die Versicherung für notwendig. Abg. Heine (Soz.) sprach sich für eine Anglie derung an die allgemeine Arbeiterversicherung aus. Abg. Lin? (Rp.) hielt die Sicherung gegen Krankheit, Alter und Invalidität für unbedingt erforderlich im Interesse der Arbeitsfreudigkeit. Nachdem noch die Abgg. Brejski (Pole), Borchardt (wtsch. Vgg.) und Nacken (Ztr.t sich in gleichem Sinne geäußert hatten, wurde die Beratung geschloffen. Es folgte die Interpellation der Sozial demokraten über die Unterstützung arbeitsloser Tabakarbeitsr, die vom Abg. Geyer (Soz.) begründet wurde. Zur Beantwortung der Interpellation führte Reichsschatzselretär Wermuth aus, er habe sich seit Antritt seines Amtes redlich bemüht, die Unterstützungs frage sachgemäß zur Durchführung zu bringen. Bis Ende Dezem ber seien 1615000 M. ausgegeben worden Die Bewegung auf dem Tabakmarkte sei erfreulicherweise lange nicht so tiefgehend ge wesen, wie bei gleichartigen Anlässen dec Jahre 1870, 1879 und 1905. In der vom Hause einstimmig beschlossenen Besprechung zeigte sich Abg. Giesberts (Ztr.) bereit, sofern der Biermillionen- sonds nicht ausreiche, später neue Summen zu bewilligen. Abg. Sielermann (kons.) glaubte, es liegen in der Hauptsache Mißver ständnisse der weiteren Instanzen gegenüber den Ausführungsbe- stimmungen vor. Wo Unterstützungen nötig seien, müssen sie auch gewährt werden. Auch Abg. Lonye (nl.), Hormann (frs. Vp.), v. Oeryen (Rp.) und Brejski (Pole) erklärten sich zur Neubc- willigung bereit, sofern der Fonds nicht zureiche, ebenso Abg. Burckharot (wtsch. Vgg ). Nach kurzer weiterer Besprechung ver tagte sich das Haus auf Dienstag.