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Nr. 83. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 16. Juli 1910. Seite 6. Berlin, 14. Juli. (Verhaftet.) Heute mittag wurde vor dem PalaiS des Fürsten Guido Henckel zu Donners marck auf dem Pariser Platz der Schriftsteller Eduard H. in dem Moment verhaftet, als er von dem Fürsten die Summe von 500000 Mark erpressen wollte. H., der be reits durch frühere Affären der Polizei bekannt war, be schuldigte den Fürsten, daß er unter den Besitzungen seiner Nachbarn in Schlesien nach Erzen habe schürfen lasten. Fürst Henckel zu Donnersmarck weilt gegenwärtig in Gastein. Bieberach, 14. Juli. (Erdbeben.) Heute früh gegen 9.80 Uhr wurde hier ein heftiger Erdstoß wahrgenommen. Der auf dem Gigele im Hochwächterturm stationierte Türmer bemerkte ein Schwanken des Ofens und der Bilder. Im Bezirksspital bemächtigte sich der Kranken eine große Erregung. Innsbruck, 14. Juli. (Zur Erdbebenkatastrophe in Tirol.)) Das gestrige Erdbeben war am stärksten in Nord- und Westtirol. In einzelnen Häusern weisen die Wände Risse bis zu 20 cm Breite auf. Leichtere Schuppen stehen schief, oder sind eingestürzt. Paris, 15. Juli. (Großer Waldbrand.) Wie der „Herald" aus Newyork meldet, stehen die Wälder des Staates Montana seit einigen Tagen in Hellen Flammen. Das Feuer ist an nicht weniger als 13 Stellen angelegt worden. Man vermutet ein Verbrechen von Indianern. Eine Stadt ist vollständig vom Feuer eingeschlosten. Bis her konnte der Stadt keine Hilse gebracht werden. London, 15. Juli. (Schiffs zusammen stoß.) Bei den Flottenmanövern in der Bucht von „Bantry" stieß das Kriegsschiff „Britannia" mit dem Dreimaster „Lock- Tore" zusammen. Der Segler wurde stark beschädigt und mußte von einem Schlepper nach Queenstown ge bracht werden. Die Havarie der „Britannia" ist nur leicht und konnte an den Manövern teilnehmen. Vermisstes. * (Keine Trommeln mehr.) Wie verlautet, sol len die Trommeln beim österreichischen Herre abgeschafft werden, weil sie im Regen den Dienst versagen und beim Angriff nicht gehört werden. An ihrer Stelle werden Trompeten eingeführt werden, und zwar je 4 bei einem Bataillon. * (Die Kosten für König Eduards Leichen, begängniS.) Nach einer jetzt veröffentlichten Abrechnung hat das Begräbnis König Eduards die Summe von 810000 M gekostet. Davon kamen etwa 250000 M auf die Bewirtung fremder Gäste. Für die Aufbewahrung und Ausschmückung von Westminster Hall und der Schloß- kapelle von Windsor wurden 110 000 M ausgegeben. * (Beim Mörder der Kaiserin.) Als Vertreter des Pariser Gefängniskongrestes hat Harry de Windt das Schweizer Gefängnis l'Echeve besucht und dort auch Luccheni, den Mörder der Kaiserin von Oesterreich, gesehen. Die über seine Behandlung verbreiteten Schauernachrich- ten sind, wie de Windt in einem Londoner Blatt erzählt, unwahr. Luchem ist nur dreimal wegen Unbotmäßigkeit in einer verdunkelten Zelle gewesen. Ich fand ihn, so fährt der Gefängnisfachmann fort, heute sehr vergnügt und guter Laune in einem hohen Hellen Saale mit herr licher Aussicht auf den Genfer See. Luccheni war mit Buchbinden beschäftigt und unterhielt sich dabei lebhaft mit anderen Sträflingen. Zu arbeiten braucht er eigent lich nicht, wenn er keine Lust hat. Er ist jetzt 30 Jahre alt; ein kräftiger untersetzter Mann mit unruhigem Mie nenspiel und einem fortwährend finsterem Lächeln. Trotz dem er, wie der Gouverneur selber erzählt, auf ihn, den Gouverneur, mit einer aus einer Sardinendose gefertig ten Waffe vor kurzem einen Mordversuch gemacht hat, wird Luccheni äußerst liebenswürdig behandelt. Er fühlt sich, wie er sagte, sehr wohl und hat gutes Esten mit täglich einer Flasche Wein und vier Zigaretten. Obwohl er hin und wieder Wahnsinn simuliert, ist er ganz nor- Frida verbeugt sich jedesmal mechanisch, wenn der Bei« sallssturm erklingt, und der Clown verbeugt sich natürlich auch. Dabei will «» Brümmel Vorkommen, al« ob er die Entfernung zwischen ihr und sich nicht richtig abmißt, denn seine lange, spitze Nase berührt ihre Schulter. Kann der Mensch wirklich so schlecht sehen, daß er ohne Kneifer nicht einmal die weiße schlanke Ge» palt de« Mädchen», ander«, al» in unbestimmten Umrissen vor sich sieht?" Auf Frida» Nummer folgen andere, aber Brümmel gibt wenig acht aus sie, denn seine Gedanken weilen bei dem zuvor Gesehenen. Di« große Pause ist vorüber, ein japanischer Jongleur tritt auf und dann kommt abermal» Frida, jetzt mit ihrer Geig«. Long-Bell folgt ihr abermal», statt einer Geige hält er eine Schlummerrolle im Arm, auf der er mit einem Spazirrstock her« umstreicht. Sie trägt ein tast fußsreie» Kleid au« mattblauer Seide und um der Uebereinstimmung willen hat er sich auch einen blauen Fetzen um den Hal« gebunden. Wieder fällt e« Brümmel auf, wie schlecht seine Augen sein müssen, denn mit seinem Stock stößt er da« Mädchen wiederholt in den Rücken. Der Detektiv hat dabei ein Gefühl, al« müsse er den widrigen GesMen von der holden Gestalt fortre-ßen. Anita« Nummer ist die vorletzt«. Sie führt wie allabend- lich auch heut« drr Loto»blume Tanz au« und auch al« chr Schatt«» erscheint Long.Bell. Brümmel kann nicht umhin, sich zuzugestehen, daß e« etwa« Graziösere«, Eigenartigere» und Be- rauschendrre» nicht geben kann, al» dir Italienerin mit ihrem Rabenhaar und ihren schlangenhaften Bewegungen, aber merk» würdiger Weis« erregt da« zotenhaft« Gebühren de« Clown«, mit dem er ihren Tanz parodiert, die»mal nicht seine Entrüstung. Diese schöne Gestalt, deren Antlitz so kühl und ruhig ist, ver. mag in seinem Herzen k«in Mitleid wachzurufen, wie da« junge, hilflos« Kind mit der um den Geliebten trauernden Seele. Wunderlich ist Anita« Benehmen gegen den Clown; ungleich Frida, dir seine Gegenwart gar nicht beachtet, wirft sie ihm mal und liest Montesquieu, Diderot, Dickens und Rous seau mit Genuß. Seine Zelle ist zweimal so groß wie irgend eine andere Gefängniszelle, die ich je gesehen. Sie enthält ein bcquemes Bett und elektrisches Licht, auch einen wohlgefüllten Bücherschrank. Die Wände bedecken zahllose Ansichtspostkarten, die Luccheni von Mitgefangenen geschenkt worden sind. Ich bemerkte darunter das Bild des Kaisers und der ermordeten Kaiserin von Oesterreich. Als ich den Gouverneur darauf aufmerksam machte, riß er die Karten herunter. Die Leute behaupten, Luccheni sei zu streng bestraft. Ist er, fragte Harry de Windt, überhaupt bestraft worden? * Der größte Gänsemarkt der Welt befindet fich in Friedrichfelde bei Berlin. Die Saison hat in die sem Jahre frühzeitig eingesetzt. In der ersten Juliwoche waren bereits 63 205 Gänse am Markt, und der Antrieb wird sich in den nächsten Tagen noch bedeutend steigern; häufig werden an den Hauptmarkttagen 20000 Gänse verkauft. Dre weitaus größte Zahl kommt aus Rußland, die Tiere müssen oft meilenweite Wanderungen zu Fuß durchmachen. Damit sie die Strapazen besser ertragen, werden die Füße künstlich mit Teer präpariert. Die Einrichtungen in Friedrichfelde sind, was Reinlichkeit, Ge sundheit und Pflege der Tiere anbetrifft, mustergültig, weitgehende Vorsichtsmaßregeln find getroffen, damit et waige Geflügelkrankheiten nicht verbreitet werden können. Die Retterinnen des Kapitols haben ihre Ställe ganz hinten am Ende des mächtigen Geländes. Vom weilen schon hört man das ohrenbetäubende „Konzert". Von Friedrichsfelde gelangen die Gänse meistens in die Mä stereien des OderbruchS; als Oderbrucher Fettgänse halten sie dann im Oktober oder November ihren Einzug in die Reichshauptstadt. * (Die Kosten der Bauarbeiteraussperrung) Der Abschluß der Sammlungen für die ausgesperrten Bauarbeiter ergab, daß etwa 1100000 M bei der Gene rallommission eingegangen sind. Vom 12. Juni bis 2. Juli, wo also die Arbeiten fast überall ausgenommen waren, liefen bei der Generalkommission noch über 350 000 M ein, sodaß insgesamt (früher waren bereits 655 591 M eingegangen) 1037 829 M zur Verteilung übermittelt werden konnten. Das Ausland hat voll kommen bei diesen Sammlungen versagt, die kleinen Summen kamen von deutschen Arbeitern in Rotterdam, Brüssel, Arose (Schweiz), Prag. Die Aussperrung hat mehrere Millionen gekostet, obgleich die ersten 14 Tage Unterstützungen nicht gewährt wurden. Die Arbeitneh- merorganisationen haben in den letzten Tagen eine ganze Anzahl Mitglieder gewonnen. * („Min Mann beschlabbert sich nit.") Bei dem Gemeindevorsteher eines kleinen Dörfchens aus dem Sauerlande war der Landrat zu einem besseren SchmauS eingeladen und auch erschienen. Kurz vor Beginn der Mahlzeit fiel dem Landrat auf, daß ihm eine Serviette hingelegt wurde, während der Gemeindevorsteher eine solche nicht erhielt. AIS der Landrat der Gastgeberin hierüber seine höchste Verwunderung ausdrückte und nach dem Grunde fragt, antwortete die biedere Landfrau in echtem Platt: „Dat iS auk nit noidig, min Mann be schlabbert sich nit." * Vor Freude gestorben ist ein Knabe von 13 Jahren in Giflitz (Kreis Wildungen) Es wurde Schulfest gefeiert, und bei Sang und Spiel herrschte ausgelassene Fröhlichkeit. Als dann nach verschiedenen Preiswettspielen der Lehrer die Geschenke den Kindern über- reichen wollte, stürzte der Knabe beim Entgegennehmen des Preises vor Freude tot zu Boden. * (Ich werde Gott in Hemdsärmeln loben.") Ein lustiges Stück, das während der Hitze in Amerika passiert ist, meldet die „B. Z. a. M." aus Newyork: Dem Reverend Merrit Watcrbury war es während der Predigt zu Heitz geworden. Er fragte: Sind unter den Anwesenden welche, die es als eine große Formlosigkeit ansehen würden, wenn euer Geistlicher es sich bequemer machen würde? Niemand antwortete. Dann fragte er weiter: alle sind damit einverstanden, daß ich jetzt in jedermal, wenn «r ihr »u nahe kommt, einen Blick unsäglichster Verachtung zu. Der Clown weicht dann wie erschrocken von ihr zurück, für eine Weile erscheinen seine Bewegungen dann mechanisch, wie gelähmt. Al« di« Lotosblume auf da« Wasser zuschwebt und darin untertaucht, tut Long-Bell da« gleiche, aber wie schon öfter verfehlt «r die Richtung. Andere bemerken e« nicht, aber Brümmel, der von seiner außerordentlichen Kurzsichtigkeit gehört hat, entgeht e« nicht. Einmal will r« scheinen, al« ob die Italienerin dem Menschen etwa« zuruft, irgend ein zornige«, gehässige« Wort, denn jener zuckt zusammen und bleibt ein«» Augenblick wie »erstarrt stehen. Nachdem dies« Nummer vorüber ist, verläßt der Detektiv da« Lokal und promeniert draußen dann vorüber, um zu sehen, wenn Anita und Long-Bell herau-kommen. Er hat «ine Ahnung, daß e« dabei für ihn noch etwa« zu beobachten geben wird. Und richtig er hat sich nicht getäuscht. Al» Anita, von ihrer Gesellschafterin gefolgt, au« dem Portal tritt, erscheint dicht hinter ihr di« dürr« Gestalt mit dem hechtgrauen Paletot. Der Clown eilt ihr dann vorau«, auf den Fiaker zu, der schon ihrer harrt, und reißt den Wagenschlag auf, um al«dann in demütiger Stellung, wie ein Lakai, daneben stehen zu bleiben. Al« sie sich dem Fiaker nähert, vernimmt Brümmel ganz deutlich, wie sie ihm zu,sicht: „Vada — mostro!" „Geh', UngeheuerI" heißt da« auf deutsch. Dann ziehen die Pferde an. der Wagen verschwindet gleich darauf um die Ecke nach dem Stephamtplatz zu, aber der Clown steht noch immer auf seinem Platz und starrt dem Geführt nach, bi« er fich endlich aufrafft, um sich langsam zu entfernen. Jetzt hat sein Gesicht nicht mehr den Ausdruck «iner Teuseltmatke, sondern den eine« todunglücklichen, verzweifelten Menschen. „Er ist der Mörder — «r und kein anderer!" sagte sich Brümmel. „Aber wie hat er den Grasen ermordet — wie?" Daß er die Tat au« Eifersucht vollbracht, deuchte ihn wahr scheinlich, aber keinetweg« gewiß. Denn, wenn er di« schöne Kollegin auch liebte, so hätte er doch wissen müssen, daß sie nie- einem Kostüm predige, das immerhin noch anständig ist. Wer dafür ist, der hebe die Hand hoch. Wie ein Blitz flogen die Hände aller Anwesenden in die Höhe. In eurem Einverständnis und mit eurem Willen werde ich von nun an Gott in Hemdsärmeln loben und dies so lange fortsetzen, bis das Wetter wieder kühler geworden ist. * („Habt Ihr auch alle Euer Todesurteil un terschrieben?") Die „Berliner Morgenpost" weiß von dem Unglücksaufstieg des Ballons „Erbslöh" fol gendes zu berichten: Der Ballon wurde kurz vor 6 Uhr aus der Halle gebracht. Als alles zur Abfahrt bereit war, richtete Herr ErbS.'öh scherzenderweise an seine Ge fährten die Frage: „Habt Ihr auch alle Euer Todes urteil unterschrieben?" Dann gab er das Zeichen zur Abfahrt, und das Luftschiff verschwand bald in dem herrschenden Höhennebel. kirckenvorstandssitzung zu Pulsnitz den 14. Juli 1910, abends »/, 5 Uhr. Nach der üblichen Eröffnung der Sitzung begrüßte der Vor sitzende Pfarrer Schulze, den zum ersten Mal anwesenden Hilfs geistlichen Schuster. Sodann tritt man in die Tagesordnung ein. Unter „Mitteilungen" kommen zunächst die Erinnerungen der Konsistorialbehörde zur Kirchrechnung 1908 zum Vortrag; diese Erinnerungen sind bereits erledigt worden und die Richtig- sprechung der Rechnung ist daher erfolgt. Die Monita derselben Behörde zur Rechnung auf 1909 werden zur Kenntnis gegeben und besprochen. Weiter nimmt man Kenntnis von einer Zu schrift des Rats, nach welcher der Stadtrat für die beiden Lampen am Hauptportal der Kirche eine jährliche Pauschalgebühr von 3 Mark für Stromverbrauch berechnet. Einer Bitte des Sächs. Jerusalem Vereins um Beitritt wird entsprochen, und zwar beschließt man, bis auf weiteres jährlich 10 Mark beizusteuern. Pastor Resch verliest einige Sätze, durch welche die Verwen dung der für Arme und Kranke gesammelten Gelder geregelt wird. Die aufgestellten Grundsätze werden nach kurzer Erläuterung an genommen. Schließlich tritt man in die Beratung der neuen Ge bührenordnung ein; erledigt wurden bis auf einige noch in der Schwebe gelassenen Punkte die Kapitel „Taufen" und „Trauungen". Am Schluß der Sitzung wird darauf aufmerksam gemacht, daß im Herbst dieses Jahres in den Orten Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Obersteina und Niedersteina Kirchenvorstandswahlen stattfinden. Zur Teilnahme berechtigt sind Gemeindeglieder von christlicher Ge sinnung, die das 25. Lebensjahr vollendet und sich zur Eintragung in die Wahlliste beim Pfarramt gemeldet haben. Anmeldungen werden schon jetzt entgegengenommen ; Formulare dazu sind bei den Herren Kirchenvorstehern, sowie in den Pfarrhäusern zu haben. Mutz man ven ricdtigsn Namsn auk dsn Meldezettel im kdtel sttrrslttsn? j. K. In Deutschland verlangt man bekanntlich die polizeiliche Meldang aller Fremden in den Hotels, Pen sionen usw, die meisten Reisenden erblicken darin eine unerträgliche Belästigung. Sie haben nicht den minim sten Grund, ihren Namen zu. verschweigen; dennoch tra gen sie sich falsch auf dem Meldezettel ein. Ist das straf bar? Eine Urkundenfälschung liegt unter solchen Um- ständen nicht vor. Das würde nur der Fall fein, wenn z. B. ein Hochstabler oder Zechpreller, der von vornherein garnicht die Mittel hat, die Hotelrechnung zu bezahlen, einen falschen Nomen einträgt. Allein man macht sich wegen Uebertretung strafbar. Irrig ist freilich die An sicht, daß ein Legitimationspapier zum Zweck des besseren Fortkommens gefälscht wurde. Solche Meldezettel lcgi- timitieren den Aussteller nicht und er kommt auch durch deren falsche Anfertigung nicht besser weiter^ auch unter seinem wirklichen Namen wäre er ebenso „fortgekommen". Aber er macht sich nach H 360 Abst 8 St. G. B. straf bar. „Mit Geldstrafe oder mit Haft wird bestraft, wer sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zustän digen Beamten gegenüber bedient." ES ist statthaft, oen Gastwirten pp. durch polizeiliche Anordnungen Verpflich tungen aufzuerlegen, die auf die polizeiliche Kontrollier- ung des Fremdenverkehrs abzielen. Meist legen sie Mel dezettel, zuweilen Fremdenbücher vor. Darauf wird man sich schwerlich beziehen können, daß man geglaubt habe, mal« seine Liebe erwidern würde. Da» schöne verführerische Weib konnte fich unmöglich «inen Menschen gleich diesem wider lichen Gesellen al» Gatten oder Liebhaber «»»suchen. Außer dem war der alternde Graf auch keine Person, auf die man hätte eifersüchtig sein können, und Anita hatte sicher früher schon anderen ihr« Lieb« grschenkt, so vor allem, wenn da» Gerücht nicht trog, dem hübschen und interessanten Olfer», den sie dann freilich später abgeschüttelt hatte. Warum aber der Clown auf den nicht eifersüchtig gewesen ist? Nein — je mehr Brümmel die Sache überdachte, desto mehr gelangte er zu der Ueberzru« gung, daß da andere Gründe mitgespielt hatten, al« Lieb« und Eifersucht. Im Laufe de« nächsten Tage« verbreitete sich in Wien da« Gerücht, daß de« Grasen Wel«hofrn Testament eröffnet worden war und daß er sein ganee« verfügbare» Vermögen seiner ver lobten Braut, Anita Brusio, hinterlassen hatte. — 8. Kapitel. — In ihrer Wohnung in der „Wollreile" saß Paula Hardegg und blättert in ihrer Skizzenmappe. Au« ihrem Zimmer führt« eine Wendeltreppe nach einem großen Raum im Oberstock, den sie sich al« Atelier eingerichtet hatte. Seme breiten großen Fenster waren e« eigentlich gewesen, die sie veranlaßt hatten, gerade diese Wohnung zu mieten. Den Vormittag pflegte sie meist dort malend zu verbringen, um den übrigen Teil de« Tage« dann anderen Arbeiten, Besuchen und Besichtigen von Kunstschätzen zu widmen. Viel beschäftigte sie sich auch mit dem Studium d«r italienischen Sprache, obgleich ihr diese Tätigkeit eigentlich verleidet war. Sie hatte nämlich ihren Lehrer im Wilson-Scool verloren und drr, welchen man ihr anstatt seiner gab, interessierte sie nicht. Er mochte ja ein ganz guter Lehrer sein, leider nur war er Paula nicht sonderlich sympathisch. Wo aber war Signor Lanzani? (Fortsetzung folgt.)