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Pulsnitzer Wochenblatt Vezirks-Nnzeigsr Fernsprecher: Nr. 18. Ielegr.-5ldr.: Wochenblatt Pulsnitz Erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabsnd. 5lmts Les l^önigl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugebsn. Die künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf., Lokalpreis l 0 Pf. Neklame 25 pk. Sei Wiederholungen Nabatt. und Zeitung W^vlatt Mit „Illustr. Sonntagsbialt", „Landwirtschaft licher Beilage" und „§ür Baus und Berd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1L5 bei freier Zustellung ins Baus, durch dis Post bezogen Mk. 1.41. siin umfassend dis 0rtschaktsn: Pulsnitz, Pulsnitz M.S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Bauswalde, Ohorn, Oberstem«, DieLer- »»IlllBlNUll l Ul vEi l Ic11ttDLsEt stsina,Weitzbach,Ober-u.Disdsrlichtsnau,§riedersdork-1'hismendorf,Mittelbach,Orotznaundork,Lichtenberg,Mein-Dittmannsdork. Druck und Verlag von E. L. Förster's Erben (!nh.: I. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Dr. 265. Verantwortlicher Nedaktsur: I. W. Mohr in Pulsnitz. Sonnaöend, dm 16. Juki 1910. Ar. 83. 62. Jahrgang. Die Cholera hat in den letzten Wochen in Rügland so weite Gebiete erfaßt, daß dem russischen Auswandererverkehr wieder erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden ist. Das Ministerium des Innern hält es für geboten, nach 8 13 des Seuchengesetzes vom 30. Juni 1900 (Reichsgesetzblatt Seite 306) Ziffer 1 unter l der Ausführungsbestimmungen hierzu vom 21. Februar 1904 (Reichsgesetzblatt Seite 67) und § 8 der Anweisung zur Bekämpfung der Cholera folgendes zu verordnen. Jede in einem Gemeinde- oder Gutsbezirk zureisende Person, die unmittelbar oder in unterbrochener Fahrt aus Rußland kommt und nicht nachweisen kann, daß sie mehr als 5 Tage vor ihrem Eintreffen Rußland verlassen hat, ist binnen 12 Stunden nach ihrer Ankunft der Ortspolizeibehörde oder, wenn der Gutsvorsteher meldepflichtig ist, der Amtshauptmannschaft mündlich oder schriftlich zu melden. Die Anmeldung liegt dem Zureisenden oder seinem gesetzlichen Vertreter, außerdem aber auch den Inhabern oder Verwaltern von Gastwirtschaften, Pensionen oder dergleichen, den Haushal tungsvorständen und Arbeitgebern ob, wo von dem Zureisenden Wohnung oder Arbeit genommen wird. Jede zu meldende Person ist bis zum Ablaufe von 5 Tagen seit ihrem Austritt aus Rußland, soweit dieser Zeitpunkt nachweisbar ist, sonst seit ihrer Ankunft in dem betreffenden sächsischen Ge- meinde- oder Gutsbezirke der amtlichen Beobachtung zu unterwerfen. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Verordnung oder die über die ärztliche Beobachtung etwa zu treffenden polizeilichen Anordnungen werden nach 88 45 Ziffer 4 und 46 Ziffer 2 des Seu chengesetzes mit Geldstrafe bis 150 Mark oder mit Haft bestraft. Dresden, den 12. Juli 1910. Ministerium des Innern. ILekannLmachung, betreffend den Erlaß münzpolizeilicher Vorschriften. Nachstehende Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 23. Juni 1910, Erlaß münzpolizeilicher Vorschriften betr. Reichsgesetzblatt vom Jahre 1910 S. 909), wird hierdurch zum Abdruck gebracht. Dresden, den 6. Juli 1910. vis Ministerien der Finanzen und des Innern. «Nr. 3795.) Bekanntmachung, betreffend den Erlast münspolffeilicher Vorschriften. Vom 23. Juni 1910. Auf Grund des § 14 des Münzgesetzes vom 1. Juni 1909 (Reichs-Gesetzbl. S 507) hat der Bundesrat folgende Vorschriften erlassen: § 1. Medaillen und Marken (Reklame-, Rabatt-, Spiel-, Speise- und sonstige Wertmarken) dürfen nicht das Bildnis des Kaisers oder eines Bundesfürsten in der auf den Reichsmünzen befind lichen Gestaltung tragen oder mit einer auf dem Rande befindlichen Schrift versehen sein. Auch dürfen sie nicht die Bezeichnung einer im Deutschen Reiche geltenden Münzgattung oder die Angabe eines Geldwertes enthalten. Von dem Verbot im Abs. 1 Satz 1 ist das auf Denkmünzen etwa in abweichender Gestaltung angebrachte Bildnis des Kaisers oder eines Bundesfürsten ausgenommen. Unter das Verbot der Randschrift (Abs. 1 Satz 1 fällt nicht die Anbringung eines Stempelzeichens, des Namens, der Firma des Herstellers oder bei Preismedaillen die Anbringung des Namens des Preisträgers. 8 2. Marken (ß 1) dürfen nicht mit einem Durchmesser von mehr als 20 bis einschließlich 22 Millimeter hergestellt werden. Dies gilt auch für Medaillen aus unedlem Metalle, die zu geringen Preisen für den Massenabsatz angefertigt werden. ' § 3. Medaillen und Marken von ovaler oder von drei- bis achteckiger Form werden von der Vorschrift in § 2 nicht berührt. Diese Medaillen und Marken sowie die Medaillen und Marken mit einem Durchmesser von wenigstens 41 Millimeter sind von dem Verbot in § 1 Satz 1 ausgenommen. 8 4. Die in den §§ 1 und 2 enthaltenen Beschränkungen finden keine Anwendung auf solche Medaillen und Marken, die für das Ausland hergestellt und unmittelbar ausgeführt werden. 8 5. Es ist verboten, Münzen, die auf Grund der Reichsmünzgesetze vom Bundesrat außer Kurs gesetzt sind, nachzumachen und solche nachgemachten Münzen in d en Verkehr zu bringen oder sonst zu vertreiben, sofern diese nicht vermittels einer festen metallischen Verbindung Bestandteile anderer Gegenstände bilden. 8 6. Wer gewohnheits- oder gewerbsmäßig obigen Vorschriften zuwider Medaillen oder Marken herstellt, feilhält, verkauft oder zu geschäftlichen Zwecken in Gebrauch hält, oder dem Verbote des 8 5 zuwider Nachmachungen von solchen Münzen, die auf Grund der Reichsmünzgesetze vom Bundesrat außer Kurs gesetzt sind, in den Verkehr bringt oder sonst vertreibt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu 6 Wochen bestraft. 8 7. Die vorstehenden Bestimmungen treten mit dem 1. April 1912 in Kraft. Berlin, den 23. Juni 191». Der Reichskanzler. In Vertretung: Wermuth. Aas Wichtigke. Se. Majestät der König begab sich gestern nach Gele- nan zum Besuche des König Albert-Heims. Von dort fuhr der König nach Oberammergau, um sich dann mit der königlichen Familie nach Schloß Weißenstein zu begeben. Fürst und Fürstin Bülow sind gestern morgen in Ber lin eingetroffen. Durch einen furchtbaren Wolkenbruch wurden in Allers berg in Mittelfranken die Straßen aufgcrissen und die Ernte vollständig vernichtet. Anläßlich der Verabschiedung v. Kidcrlen-Wächters von Bukarest wurden zwischen dem neuen Staats sekretär des Aeußeren und dem rumänischen Minister des Aeußeren herzliche Ansprachen getauscht. Der Syndikat der französischen Eisenbahner veröffent licht einen Aufruf, in dem erklärt wird, der Kriegs plan zu einem Generalstreik sei vollkommen fertig gestellt. In Frederiksstad (Norwegen) erkrankten infolge Milch vergiftung mehr als 70 Personen. Bis jetzt ist noch kein Todesfall zu verzeichnen. Die Kämpfe zwischen Portugiesen und Chinesen auf der Insel Colowan sind mit der Besetzung des Forts Colowan durch die Portugiesen beendet. Milische Wochenschau. Ein Jahr ist es gerade, daß Fürst Bülow zurücktrat, um als Privatmann ein oiium cum cki§ni1aie zu genießen. Nächst Bismarck hat in Deutschland kein Rücktritt eines Staatsmannes einen derartigen einschneidenden Einfluß auf die Gestaltung der Dinge ausgeübt, leider haben aber die Verhältnisse seitdem eine so bedenkliche Zuspitzung erfahren, daß sie jeden aufrichtigen VaterlandSsreund mit tiefer Besorgnis erfüllen müssen. Der Zerfall des Blocks hat die Parteigegensätze auf das Schärfste hervortehren lasten, im bürgerlichen Lager ist eine Uneinigkeit einge- risten, welche lediglich der Sozialdemokratie zugute kommt, welche ohnehin schon aus der allgemein herrschenden Mißstimmung die meisten Vorteile zieht. Wie es heißt, wird Herr von Bethmann Hollweg mit dem Fürsten Bülow bei besten Durchreise nach Norderney in Berlin eine Besprechung haben. Ob er sich von seinem Vor gänger in der schwierigen Situation Rat holen will? ! Nach dem energischen Vorgehen des jetzigen Reichskanzlers I beim jüngsten Ministerschub deutet allerdings viel darauf hin, daß Herr von Bethmann Hollweg gewillt ist, seine eigenen Wege zu gehen und in dieser Hinsicht hat es den Anschein, als ob er nunmehr damit beginnen will, sein beim ersten ReichSkanzlerdebut im Reichstage dargelegtes kurzes Programm durchzuführen, welches darauf hinaus laufen soll, eine Sammlung der Parteien zu ermöglichen. Nachdem die mehrfachen Ersatzwahlen wenig erfreuliche Resultate gezeigt haben, glaubt Herr von Bethmann Hollweg die bürgerlichen Parteien am besten unter der Parole der Bekämpfung der Sozialdemokratie sammeln zu können. Ob er damit freilich viel Glück haben wird, läßt sich nicht so ohne weiteres behaupten, denn die Gründe für das Anwachsen der sozialdemokratischen Stimm n liegen tiefer, sie liegen in der in weiten Kreisen herrschenden Abneigung gegenüber dem jetzigen Kurs der Regierung. Auch ist der Gegensatz zwischen den bürger lichen Parteien ein zu schroffer, um einen wirklichen Er folg des Sammelns erwarten zu lassen. Man hofft, daß die Nationalliberalen von der Linken abschwenken werden und es läßt sich auch nicht leugnen, daß nament lich in Westdeutschland nicht wenige Angehörige dieser Partei, welche in der jüngsten Stellungnahme der Partei eine Demokratisierung derselben befürchten, lieber einen engeren Anschluß nach rechts wieder suchen möchten. Die Partei macht augenblicklich eine schwere Krisis durch, deren Ausgang wenig klar ist, jedenfalls kann es nicht als ausgeschlossen gelten, daß bei der Lösung nach der einen oder anderen Richtung hin eine Abbröckelung er folgen wird. Die geringe Aussicht auf eine Sammlung der bürgerlichen Elemente hat auch der zweite Vizepräsi dent des Reichstages, Erbprinz Hohenlohe, durch seinen Verzicht auf diesen Posten ausgedrückt. Der — wenig stens in diesem Augenblick — völlig unerwartet ge kommene Rücktritt des Erbprinzen Hohenlohe hat gro ßes Aufsehen erregt, namentlich wegen seiner Moti vierung. Insbesondere hat es vielfach Befremden her vorgerufen, daß der Prinz als einen seiner Beweg gründe die im Zusammenhang mit der Borromäus- Enzyklika bestehenden Vorgänge angegeben hat, obwohl diese an und für sich mit seinem Posten in keinerlei Zu sammenhang steht. Seine Entschließung ist wohl in erster Linie darauf zurückzuführen, daß der Prinz dem Evangelischen Bunde sehr nahesteht und daher wenig Neigung zeigte, mit dem Zentrum zusammenzuarbeiten. Freilich hätte er sich das schon bei seinem Amtsantritt sagen müssen und dem Drängen seiner Freunde, den Vizepräsidentenposten, wenn auch nur widerwillig, anzu nehmen, Widerstand entgegenzufetzen brauchen. Jeden ¬ falls ist aber der ganze Vorgang nicht dazu angetan, eine Beruhigung der Gemüter herbeizusühren, er wirft vielmehr ein weiteres bezeichnendes Schlaglicht auf die noch immer recht verworrene innerpolitische Situation. „I muß a Hatz haben, sonst macht's Leben ka Freud", sagt der Wiener. Eine ähnliche Stimmung beobachtet man zeitweise bei englischen Blättern, nur daß in solchen Fällen die „Hatz" keinen so liebenswürdigen Anstrich trägt, wie diejenige des lebensfrohen Wieners. Es gibt an der Themse Blätter, die nicht leben können, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit eine Hetze inszenieren und es ist kein Spiel des Zufalls, daß sich diese immer gegen Deutsch land richtet, denn wir bilden nun einmal das Schreck gespenst für unsere lieben Vettern jenseits des Kanals. Eine offizielle Staatsnote gelegentlich des Amtsantritts des Präsidenten von Nicaragua hat dazu dienen müssen, zu einem hochpolitischen Akte gestempelt zu werden, indem man es so darstellte, als ob Deutschland sich auch in die Angelegenheiten Amerikas einmischen wollte. Das ganze Treiben bezweckte natürlich im ganzen nur im Weltteil Mißtrauen gegen Deutschland zu säen und so dem ver haßten Rivalen einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Zum Glück wurde das Märchen sehr schnell zer- pflückt und der harmlose Tatbestand aller Welt mitgeteilt. Trotz alledem ist auch in diesem Falle wie immer bet allen Ausstreuungen etwas hängen geblieben, indem man jetzt hervorhebt, daß Deutschland den durch eine Revo lution emporgekommenen Präsidenten anerkannte, ohne sich vorher mit den Vereinigten Staaten in Verbindung gesetzt zu haben, wie dies von englischer Sette geschehen ist. Nun hat aber die von den Amerikanern willkürlich ausgestellte monroe ckoküin bisher keinerlei völkerrechtliche Anerkennung gefunden und die deutsche Reichsregierung hat daher keinerlei Veranlassung, sich bei ihrer Behand lung anderer amerikanischer Staaten von Washington aus Vorschriften machen zu lassen. Das schließt aber nicht aus, daß antideutsche Kreise trotz der harmlosen Auffassung des Vorganges durch die Unionsregierung selber den Vorgang weltlich auszuschlachten suchen, um die auf wirtschaftlichem Gebiete eingetretene Besserung der beiderseitigen Beziehungen wieder zu beeinträchtigen. ES wäre nicht ganz unmöglich, daß man damit Erfolg hat und damit würden bedauerlicherweise die englischen Jingos eben das erreicht haben, was sie mit ihrem ganzen -eiben bezweckten. Jedenfalls bedeutet der Vorgang ein S.^ aptom und er zeigt wieder einmal, wessen wir uns von unseren lieben englischen Freunden zu versehen haben. I . übrigen hat die auswärtige Lage wieder ein etwas freundlicheres Gesicht angenommen, insbesondere sind die Gefahren der orientalischen Frage deutend ge-